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Entscheidung 2 Sa 1810/19


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 2. Kammer Entscheidungsdatum 13.03.2020
Aktenzeichen 2 Sa 1810/19 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2020:0313.2SA1810.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 Abs 1 TVG, § 1 Abs 3 TVG, § 12 TV-L

Leitsatz

1) Die Eingruppierung einer Servicekraft bei einem Gericht der Bundesländer erfolgt im Bereich des TV-L grundsätzlich nach EG 6 der Entgeltordnung Anlage A Abschnitt 12.1 zum TV-L

2) Die im Ergebnis zutreffende Entscheidung des BAG vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 - zur Eingruppierung einer Geschäftsstellenverwalterin bei einem Bundesgericht ist auf die Eingruppierung einer Servicekraft bei einem Gerichft eines Bundeslandes nicht übertragbar.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24.09.2019 - 58 Ca 15415/18 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin als Beschäftigte in einer Serviceeinheit an einem Amtsgericht des beklagten Landes.

Die Klägerin ist seit dem 01.07.1986 als Justizbeschäftigte beim beklagten Land beschäftigt. Auf den letzten Änderungsvertrag vom 01.08.1992 wird Bezug genommen, insbesondere auf § 3, der auf den BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder jeweils geltenden Fassung verweist (Anlage K1, Blatt 36 bis 37 der Akte).

Die Klägerin war zunächst als Maschinenschreiberin in der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 2 Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I Anlage 1a zum BAT beschäftigt. Mit Ablösung des BAT durch den TV-L wurde die Klägerin am 01.11.2010 in die Entgeltgruppe 5 übergeleitet. Der Klägerin wurden die Aufgaben einer Beschäftigten in Serviceeinheiten bei Gerichten dauerhaft übertragen; der Zeitpunkt der dauerhaften Übertragung ist zwischen den Parteien streitig. Sie wurde am 01.04.2016 in die Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 Teil II Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L eingruppiert.

Im streitgegenständlichen Zeitraum nahm die Klägerin am Amtsgericht M. die Aufgaben als Beschäftigte in Serviceeinheiten „im Sachgebiet Nachlass“ wahr (vergleiche die Beschreibung des Aufgabenkreises vom 20.10.2016, Blatt 40 der Akte). Die Arbeitsplätze in der Serviceeinheit im Sachgebiet Nachlass bei dem Amtsgericht Mitte wurden nach einem Erfassungsbogen untersucht. Dabei wurden 31 unterschiedliche Tätigkeiten der Servicekräfte unterschieden, die zu 10 Arbeitsvorgängen zusammengefasst wurden, von denen unter anderem unter Hinweis auf die Anerkennung durch die Senatsverwaltung für Finanzen und das daraus entwickelte Arbeitsmaterial für die Personalsachbearbeiter/innen 7 als schwierig eingestuft wurden (vergleiche im Einzelnen den Vermerk vom 25.11.2016, Blatt 41 bis 42 der Akte). Nach dieser Auswertung machten die schwierigen von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten rechnerisch 14,04 % der Gesamtarbeitszeit aus, das beklagte Land errechnete jedoch 14,06 %.

Die Klägerin beantragte die Neubewertung ihrer Tätigkeit mit der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 1 bzw. 2 TV-L und die rückwirkende Auszahlung des höheren Entgelts unter Berücksichtigung der Ausschlussfrist (vergleiche dazu die Anlage K6, Blatt 48 der Akte). Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.10.2018 machte sie ihre Ansprüche erneut geltend (Anlage K7, Blatt 49 ff. der Akte).

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Berlin am 27.11.2018 eingegangenen Klage hat die Klägerin Entgeltdifferenzvergütung im Wege der Leistungs- und hilfsweise der Feststellungsklage verlangt. Sie ist der Auffassung unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ( BAG ) vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 - gewesen, ihr stehe Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zu. Innerhalb des tarifrechtlich einheitlich zu bildenden Arbeitsvorgangs fielen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß schwierige Tätigkeiten an. Der Klägerin seien sämtliche Geschäftsstellentätigkeiten einschließlich der Tätigkeiten, die dem Merkmal von schwierigen Tätigkeiten im Tarifsinne entsprächen, einheitlich und allein verantwortlich übertragen worden. Die Gesamttätigkeit der Klägerin sei bei natürlicher Betrachtungsweise ein Arbeitsvorgang. Bei der Bestimmung des Arbeitsvorgangs sei nicht zwischen gewöhnlichen und schwierigen Tätigkeiten zu unterscheiden. Ihre Tätigkeiten gehörten alle zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang, weil die Tätigkeit der Klägerin die vollumfängliche Betreuung der Aktenvorgänge in der Geschäftsstelle vom Eingang bis zum Abschluss des jeweiligen Verfahrens samt Protokollführung umfasse. Die Einzeltätigkeiten dienten einer vorgegebenen und einheitlichen Funktion eines Arbeitsergebnisses, nämlich der Verwaltung der Geschäftsstelle mit allen dazu gehörenden Tätigkeiten.

Die Klägerin hat behauptet, der Anteil der schwierigen Tätigkeiten an ihrer Gesamtarbeitszeit betrage 14,06 %. Es komme auch nicht darauf an, ob die schwierigen Tätigkeiten zeitlich überwiegend anfielen, sondern nur darauf, dass sie in einem rechtlich nicht unerheblichen Maß anfielen. Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 9.084,95 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem jeweiligen Teilbetrag

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.04.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.05.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.06.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.07.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.08.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.09.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.10.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.11.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.12.2018,

- in Höhe von 697,19 EUR seit dem 01.01.2019,

- in Höhe von 704,35 EUR seit dem 01.02.2019,

- in Höhe von 704,35 EUR seit dem 01.03.2019,

- in Höhe von 704,35 EUR seit dem 01.04.2019,

zu zahlen.

2. Hilfsweise, für den Fall der vollständigen oder teilweisen Abweisung des Antrags zu 1.:

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.03.2018 bis 01.03.2019 nach der Entgeltgruppe E9, hilfsweise nach der Entgeltgruppe E8 der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem Ersten des Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.04.2019 nach der Entgeltgruppe E9, hilfsweise nach der Entgeltgruppe E8 der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem Ersten des Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land ist der Auffassung gewesen, die neue Rechtsprechung des BAG vom 28.02.2018 lasse den Willen der Tarifvertragsparteien nach einer Differenzierung der Eingruppierung nach Schwierigkeitsgraden außer Acht. Die Vereinheitlichung des Arbeitsvorgangs hebe die Entgeltdifferenzierung im Tarifvertrag auf und stelle einen Eingriff in die Tarifautonomie des Artikel 9 Absatz 3 GG dar. Die Tarifvertragsparteien hätten Aufstiegs- und Differenzierungsmöglichkeiten schaffen wollen. Daher sei weiter davon auszugehen, dass tariflich verschieden zu bewertende und tatsächlich trennbare Tätigkeiten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden dürften. Jedenfalls die Tätigkeiten in den Nummern 4 bis 10 der BAK seien nicht in den Arbeitsvorgang mit einzubeziehen, weil diese als schwierig im Sinne der tariflichen Tätigkeitsmerkmale zu bewerten seien. Jedenfalls könne die Auffassung des BAG hinsichtlich der Eingruppierung von Geschäftsstellenverwaltern (an Bundesgerichten) nicht auf die Eingruppierung von Angestellten in Serviceeinheiten in den Gerichten der Länder übertragen werden.

Das beklagte Land hat behauptet, der Zeitanteil der schwierigen Tätigkeiten betrag 14,04 %. Außerdem ist es der Auffassung gewesen, die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TV-L.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die zulässige Klage unbegründet sei, weil die Klägerin weder in die Entgeltgruppe (EG) 9 noch in die EG 8 einzugruppieren sei. Dabei könne es dahinstehen, ob sich die Eingruppierung nach dem BAT oder nach dem TV-L richte. Die Kammer käme für beide Varianten zum gleichen Ergebnis. Die Klägerin könne nur dann gemäß Anlage A Teil II Abschnitt 12.1 in die Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert sein, wenn ihre Tätigkeit zu über 50 % als schwierig gilt. Diese Anforderung könne die Klägerin nach § 12 Absatz 1 Satz 4 TV-L nur erreichen, soweit ihre jeweiligen Aufgaben einen überhälftigen Arbeitsvorgang bildeten, der dergestalt zu bewerten wäre, dass eingruppierungsrechtlich ausreichend sei, wenn in diesem Arbeitsvorgang in rechtlich nicht unerheblichem Maß schwierige Tätigkeiten anfielen. Die Notwendigkeit der Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen ergebe sich aus dem Umstand, dass aus der Beschreibung des Aufgabenkreises der Klägerin, auf den sich beide Parteien bezögen, nicht schwierige Tätigkeiten im Umfang von mehr als der Hälfte der Gesamttätigkeiten folgten. Ein derart zu bildender und zu bewertender Arbeitsvorgang sei nicht feststellbar.

Die Klägerin könne sich nicht pauschal auf das Urteil des BAG vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – dergestalt beziehen, dass sämtliche Tätigkeiten der Klägerin gemäß der zur Akte eingereichten BAK zu 100 % als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu verstehen seien. Dies lasse sich dem Urteil nicht entnehmen.

Das BAG habe mit Urteil vom 28.02.2018 über die Eingruppierung einer Geschäftsstellen-verwalterin und Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichts auf der Grundlage des BAT–O und der dazugehörigen Entgeltordnung entschieden. Das BAG habe die Eingruppierung an den Regelungen der Anlage 1a des BAT-O gemessen. Danach sei die Ausgangsgruppe die Vergütungsgruppe IV Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O für Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften. Die Vergütungsgruppe VIb gelte für Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeiten sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 heraushebe, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig sei. Im dritten Orientierungssatz führe das Bundesarbeitsgericht aus, die Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens sei ein abgrenzbares Arbeitsergebnis. Zu ihm gehörten sämtliche mit der Aktenführung und -betreuung im Zusammenhang stehende Tätigkeiten einschließlich der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen sowie – darüber hinaus – die Fertigung des Schreibwerks und der Verteilung der Neueingänge. Das BAG habe ausdrücklich offengelassen, ob die Aufgaben der dortigen Klägerin als Kostenbeamtin sowie der Protokollführung in mündlichen Verhandlungen als gesonderte Arbeitsvorgänge zu berücksichtigen seien. Nach der Feststellung eines Arbeitsvorgangs, der 78 % der Tätigkeit der Klägerin umfasse, habe das BAG ausgeführt, dass Merkmal der schwierigen Tätigkeiten im Sinne der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1 BAT sei erfüllt, wenn Arbeitsvorgänge, die mindestens die Hälfte der gesamten Arbeitszeit in Anspruch nähmen, schwierige Tätigkeiten enthielten. Dabei sei es nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs zeitlich überwiegend anfielen. Vielmehr genüge es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfielen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt würde. Auf der Grundlage der Verbindung der Feststellung eines Arbeitsvorgangs, der 78 % der gesamten Tätigkeit der Klägerin umfasse, mit dem Rechtssatz, dass schon ein rechtlich nicht ganz unerhebliches Ausmaß von schwierigen Tätigkeiten genüge, komme das BAG zu dem Ergebnis, dass ein Anteil schwieriger Tätigkeiten von 9 % der Gesamttätigkeit (bezogen auf den Arbeitsvorgang ein Anteil von 11,54 %) das Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O erfülle.

Die Feststellungen und Erkenntnisse, die dem vom BAG am 28.02.2018 entschiedenen Fall zugrunde lägen, ließen sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das Bundesarbeitsgericht habe in seiner Entscheidung nicht sämtliche ausgeführten Tätigkeiten einem großen Arbeitsvorgang zugeordnet. Vielmehr habe es ausdrücklich offengelassen, ob die Tätigkeiten als Kostenbeamtin und in der Protokollführung als weitere Arbeitsvorgänge zu berücksichtigen seien. Des Weiteren habe das Bundesarbeitsgericht über die Tätigkeiten einer Geschäftsstellenverwalterin am Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden gehabt. Dass zu den Tätigkeiten einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit an Gerichten und in der Staatsanwaltschaft inhaltliche Unterschiede bestehen, dürfte auf der Hand liegen und ergäbe sich bereits aus den Definitionen in den Protokollerklärungen Nr. 1 und 2 zu Teil II Abschnitt 12.1.

Auch die Auslegung des einschlägigen Tarifvertrages gebiete kein solches Ergebnis. Eine Auslegung des § 12 Absatz 1 TV-L in Verbindung mit der Anlage A Teil II Abschnitt 12.1 dahingehend, dass Tätigkeiten von Beschäftigten in Serviceeinheiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften unterschiedlichen Inhalts und mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit pauschal in einem überhälftigen Arbeitsvorgang mit der Folge zusammenzufassen seien, dass ein bereits rechtlich nicht unerheblicher Anteil an schwierigen Tätigkeiten genüge, um insgesamt zur Annahme einer schwierigen Tätigkeit zu gelangen, sei nach Auffassung der Kammer nicht geboten. Einer solchen Auslegung stehe die Systematik des Abschnitts 12.1 für Beschäftigte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften der Entgeltordnung in Anlage A zum TV-L und der darin zum Ausdruck kommende Wille der Tarifsvertragsparteien entgegen.

Aus den üblichen Auslegungsgrundsätzen ergebe sich insbesondere nicht, dass bei den Tätigkeiten von Beschäftigten in Serviceeinheiten pauschal von einem umfassenden Arbeitsvorgang mit der Folge auszugehen sei, dass bereits ein rechtlich nicht unerheblicher Anteil schwieriger Tätigkeiten genüge, um insgesamt zu Annahme einer schwierigen Tätigkeit zu gelangen.

Dieser pauschalen Annahme stehe die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 12 Absatz 1 TV-L entgegen. Danach bilden Arbeitsleistungen einschließlich Zusammenhangsarbeiten dann einen Arbeitsvorgang, wenn sie zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis führten. Das Führen zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis solle sich aus natürlicher Betrachtung ergeben. Die natürliche Betrachtung gebiete es keinesfalls ausschließlich, nur bei einem alle Tätigkeiten umfassenden Arbeitsvorgang zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis zu kommen. Vielmehr seien durchaus auch kleinteiligere Arbeitsergebnisse bei natürlicher Betrachtung denkbar, wie der 2. Klammerzusatz in der Protokollerklärung zeige. Wird dort aufgeführt, dass die „unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags“ jeweils ein abgrenzbares Arbeitsergebnis darstellen könne, so sei es auch möglich, dass sich unterschiedliche Arbeitsvorgänge bei der Bearbeitung in ein und derselben Akte bilden ließen.

Dieses Verständnis gebiete auch folgende Überlegung: Die funktionale Bedeutung des Arbeitsvorgangs im Eingruppierungsprozess erfordere es geradezu, im Zweifel den kleinstmöglichen, bei natürlicher Betrachtungsweise abgrenzbaren Teil der gesamten Tätigkeit zu bewerten; denn nur so lasse es sich als ungerecht empfundene Ergebnis vermeiden, dass innerhalb einer umfangreicheren Tätigkeit bereits die Erfüllung eines verhältnismäßig geringen Maßes einer qualifizierenden Anforderung genüge, um das betreffende Tätigkeitsmerkmal zu erfüllen. Durch die pauschale Annahme eines großen Arbeitsvorgangs werde auch die Differenzierung zwischen Aufgabenkreis, Arbeitsvorgang und Arbeitsergebnis verwischt. Der Aufgabenkreis des Arbeitnehmers umfasse, auf die Person des Arbeitnehmers bezogen, dessen gesamte auszuübende Tätigkeit. Der Aufgabenkreis setze sich in der Regel aus mehreren Aufgaben zusammen. Innerhalb der jeweiligen Aufgaben fielen einzelne Arbeitsvorgänge an, die jeweils zu einzelnen Arbeitsergebnissen führten. Der Arbeitsvorgang könne daher nicht mit der Aufgabe oder gar den gesamten Arbeitskreis gleichgesetzt werden.

Weiterhin hätten die Tarifvertragsparteien des TV-L im Teil II Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L bei Beschäftigten in Serviceeinheiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften dem Wortlaut nach ein nach dem Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit ausdifferenziertes Vergütungssystem vorgesehen. Für Beschäftigte im Serviceeinheiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften seien anknüpfend an vier Sachverhalte drei unterschiedliche Entgeltgruppen bestimmt worden. Die Heraushebung aus der einen Entgeltgruppe erfolge danach jeweils nach dem Anteil der schwierigen Tätigkeiten im Sinne der Protokollerklärungen Nr. 3 bis 5 zu Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L an der Gesamttätigkeit. Beschäftigte in Serviceeinheiten seien in die Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 eingruppiert, es sei denn ihre Tätigkeit sei mindestens zu einem Fünftel schwierig – Folge sei die Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 – oder sie sei zu mindestens einem Drittel schwierig – Folge sei die Entgeltgruppe 8 Fallgruppe 2 – oder sie sei zu mindestens zur Hälfte schwierig – Folge sei die Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2.

Die Regelungen zu einem differenzierten Verfügungssystem seien in Abschnitt 12.1 der Entgeltordnung und damit in einem spezielleren Teil des Tarifvertrags enthalten als § 12 Absatz 1 TV-L; sie genössen daher im Zweifel den Vorrang. Der Wille der Tarifvertragsparteien sei im Wege systematischer Auslegung bei der Bestimmung und Bewertung des Arbeitsvorgangs zu beachten. Die Auslegung des § 12 Absatz 1 Satz 1 bis 4 TV-L könne nicht entgegen dem normgebenden Willen der Tarifvertragsparteien – an einem ausdifferenzierten Entgeltsystem festzuhalten – erfolgen. Die zwingende Annahme eines „großen“ Arbeitsvorgangs, der mehr als 50 % der Gesamttätigkeit umfasse, sowie die Annahme für den eingruppierungsrelevanten Anteil an schwierigen Tätigkeiten genüge ein rechtlich nicht unerhebliches Ausmaß und nicht notwendig der Umfang der Bruchteile der Entgeltgruppen 6 bis 9 TV-L, ließe die Entgeltgruppen 8 und 6 Fallgruppe 2 TV-L ohne Anwendungsbereich. Aufstiegs- und Differenzierungsmöglichkeiten gingen verloren, denn unterhälftige Anforderungen in einem Tätigkeitsmerkmal könnten in einzelnen Arbeitsvorgängen nicht vorkommen, sondern könnten sich nur aus der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge ergeben. Für eine abweichende Bestimmung des Arbeitsvorgangs und dessen eingruppierungsrelevanter Bewertung spreche auch § 12 Absatz 1 Satz 5 TV-L. Zwar könne qualitativ die Erfüllung der Anforderung von schwieriger Tätigkeit nicht erst bei Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden. Quantitativ könne die Anforderung aber erst bei zusammenfassender Betrachtung aller Arbeitsvorgänge erfolgen, wenn die Vergütungssystematik dahingehend verstanden werde, dass sie den Anteil der schwierigen Tätigkeit in Bezug auf die Gesamttätigkeit meine.

Mit dem Bundesarbeitsgericht sei zutreffend zuerst der Arbeitsvorgang zu bilden, jedoch folge daraus nicht, dass bei der Bildung die weitere Tarifsystematik nicht beachtet werden müsse. Die Berücksichtigung der vorgesehenen Entgeltgruppen bei der Auslegung des Tarifvertrages und damit der Bildung des Arbeitsvorgangs bedeute nicht, dass Arbeitsvorgänge ausschließlich dergestalt gebildet werden könnten, dass sie entweder nur „schwierige Tätigkeiten“ oder nur „gewöhnliche Tätigkeiten“ oder zwingend nach dem Umfang der Schwierigkeit zu bestimmen wären. Insofern sei mit dem Bundesarbeitsgericht anzunehmen, dass die Tarifvertragspartei einen solchen Automatismus nicht wollten, weil anzunehmen sei, dass sie sonst eine entsprechende Regelung getroffen hätten. Die Protokollerklärung Nr. 3 Teil II Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L treffe überhaupt keine Aussage zu Arbeitsvorgängen. Es sei tariflich ohne weiteres möglich, Arbeitsvorgänge zu bilden, die sowohl „schwierig ist“ als auch „gewöhnlich ist“ enthielten und im zweiten Schritt zu bewerten, ob der Arbeitsvorgang als „schwierig“ zu bewerten sei. Zu beachten sei nach der Rechtsprechung nur, dass eine Zusammenfassung von Tätigkeiten von unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit zu einem Arbeitsvorgang dann ausgeschlossen sei, wenn diese Tätigkeiten tatsächlich voneinander getrennt werden könnten.

Dem entspreche der geäußerte Wille der Tarifvertragsparteien in einer Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder vom 02.03.2019 zur Sicherstellung einer differenzierten Eingruppierung anhand des zeitlichen Umfangs, in dem eine bestimmte Anforderung (z.B. Schwierigkeit) innerhalb der auszuübenden Tätigkeit erfüllt sein müsse. Die Tarifnormen seien in einem in Artikel 9 Absatz 3 GG garantierten autonomen Bereich angesiedelt, in dem der übereinstimmende Wille der vertragsschließenden Tarifvertragsparteien der Ansicht des Gerichts vorgehe, jedenfalls soweit – wie vorliegend – Ausdruck in dem Tariftext finde.

Das Ergebnis ergebe sich schließlich auch bei historischer Auslegung. Die Differenzierung der Entgeltgruppen nach dem Anteil der schwierigen Tätigkeit an der Gesamttätigkeit und die Aufführung von Beispielen schwieriger Tätigkeiten in einer Protokollerklärung sei von den Tarifvertragsparteien des BAT im TV-L fortgesetzt worden. Auch der BAT habe bereits eine Auflistung enthalten. Damit hätten die Tarifvertragsparteien bekräftigt, dass sie schwierigen Tätigkeiten das Gewicht geben wollten, welches ihrem Prozentsatz eine Gesamttätigkeit entspreche und nicht das Gewicht eines noch zu bestimmenden rechtlich erheblichen Anteils eines überhälftigen Arbeitsvorgangs. Der BAT enthalte als Beispiel für eine schwierige Tätigkeit die „Aufgaben als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle beim Bundesverfassungsgericht, bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes und bei dem Generalbundesanwalt“. Diese Regelung finde sich im TV-L nicht, da dieser nicht für Bundesgerichte gelte. Die grundsätzliche Beibehaltung des differenzierten Entgeltssystems zeige jedoch, dass die Tarifvertragsparteien aufgrund ihrer Sachnähe erkannt hätten, dass sich die ganzheitliche Tätigkeit von Beschäftigten in Serviceeinheiten in den verschiedenen Spruchkörpern der unterschiedlichen Gerichtszweige und Instanzen unterschiedlich darstelle.

Hinsichtlich der Bewertung der Arbeitsvorgänge für Beschäftigte in Serviceeinheiten an Gerichten und Staatsanwaltschaften gelte darüber hinaus: Ausweislich der Protokollerklärung Nr. 2 zu Teil II Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L handele es sich bei den Beschäftigten in Serviceeinheiten um solche Personen, die die Aufgabenstellungen in der Geschäftsstelle, in der Protokollführung, in der Kanzlei und als Urkundsbeamter in einer Person zusammenführten. Der Begriff „Ganzheitlich“ bedeute lediglich, dass nunmehr die Beschäftigten in Serviceeinheiten all dasjenige leisteten, was zuvor arbeitsteilig auf mehrerer Beschäftigte verteilt gewesen sei. Dass die einzelnen Tätigkeiten dieser Tradition entsprechend unterschiedlich seien und unterschiedlich blieben, sei dadurch nicht negiert. Der Begriff „Ganzheitlich“ gebe für die Bestimmung der Arbeitsvorgänge somit nichts her. Protokollführung und Kanzleitätigkeiten seien stets nicht „schwierig“ im Sinne der Protokollerklärung Nr. 3 zu Teil II Abschnitt 12 Unterabschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L gewesen, die Geschäftsstellentätigkeit sei stets ausdifferenziert, die Tätigkeit als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle wohl stets „schwierig“ gewesen. Der Wille der Tarifvertragsparteien an einem differenzierten Entgeltgruppensystem bestehe demnach gerade darin, die Tätigkeit von Beschäftigten und Serviceeinheiten dahingehend zu bewerten, wie sich die früher bestehende Arbeitsteilung heutzutage in Anteilen an „Schwierigem“ und „Gewöhnlichem“ fortsetze.

Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts Berlin und des Parteivortrags erster Instanz wird auf das Urteil vom 24.09.2019 Blatt 169 bis 187 der Akten verwiesen.

Gegen dieses ihr am 17.10.2019 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 18.10.2019 per Fax eingelegte und am 17.01.2010 per Fax nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.01.2020 begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin rügt konkret eine Rechtsverletzung durch das Arbeitsgericht Berlin und deren Erheblichkeit, stützt sich auf die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.02.2018 und meint, dass die BAG-Entscheidung keine Einzelfallentscheidung sei, sondern mit seinem Urteil die rechtlichen Maßstäbe der Bildung des Arbeitsvorgangs bei den Beschäftigten in Gerichten und Staatsanwaltschaften im Allgemeinen fortgeschrieben hätte, so dass sie auch auf den hiesigen Fall anzuwenden seien. Dies führt sie konkret unter Anwendung und Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil aus. Dabei schränkt sie ihre Klageanträge im Verhältnis zur ersten Instanz ein, außerdem stellt sie ihre Anträge auf die seit dem 01.01.2019 maßgebende Entgeltgruppe EG 9a um.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 24.09.2019 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Berlin

– 58 Ca 15415/18 –

1. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.03.2018 bis 31.12.2018 nach der Entgeltgruppe E9, hilfsweise nach der Entgeltgruppe E8, der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die jeweiligen Bruttonachzahlungsbeträge ab dem Ersten des jeweiligen Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

2. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.01.2019 nach der Entgeltgruppe E9 a, hilfsweise nach der Entgeltgruppe E8, der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem Ersten des jeweiligen Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des konkreten Vortrags in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 17.01.2020 (Blatt 233 ff. der Akten) und 04.03.2010 (Blatt 276 ff. der Akten) sowie den Schriftsatz des beklagten Landes vom 06.03.2020 (Blatt 344 ff. der Akten) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die gemäß §§ 8 Absatz 2; 64 Absatz 1, Absatz 2 b, Absatz 6; 66 Absatz 1 Satz 1 und Satz 5 ArbGG; §§ 519; 520 Absatz 1 und Absatz 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat die Berufung der Klägerin jedoch keinen Erfolg. Sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung hat das Arbeitsgericht Berlin zu Recht die zulässige Klage als unbegründet abgewiesen, da die Klägerin weder in die Entgeltgruppe E9/9a noch in die Entgeltgruppe E8 einzugruppieren ist. Dies folgt bereits daraus, dass das beklagte Land bzw. der Präsident des Kammergerichts zutreffend im Rahmen des anzuwendenden Tarifwerks (TV-L) Arbeitsvorgänge gebildet hat, die in ihrem Schwierigkeitsgrad nur für die Bewertung einer Entgeltgruppe E6 ausreichen. Selbst wenn man dem nicht folgte, sind die Aussagen in der von beiden Parteien und der ersten Instanz zitierten Entscheidung des BAG vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – zur Eingruppierung einer Geschäftsstellenverwalterin eines Bundesgerichts nicht auf die Serviceeinheit eines Landesgerichts übertragbar und führen damit anders als in der zitierten im Ergebnis richtigen Entscheidung des BAG nicht zu einer Eingruppierung der Klägerin nach Entgeltgruppe E9/9a. Selbst wenn man dem nicht folgt und mit dem BAG auch für die Tätigkeit von Servicekräften pauschal von einem Arbeitsvorgang ausginge, führt dies nicht zu einer Eingruppierung nach E9/9a TV-L.

1.

Die Klage ist als in der 2. Instanz noch verbliebene Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (vergleiche nur BAG 22.02.2017 – 4 AZR 514/16 – Randziffer 13, zitiert nach Juris mwN).

2.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

a.

Zwar fand zunächst auf das Arbeitsverhältnis der BAT gemäß § 3 des Arbeitsvertrages vom 03.08.1992 Anwendung. Die Parteien haben jedoch nach einer Neubewertung der Tätigkeit der Klägerin als Beschäftigte in einer Serviceeinheit in der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Sachgebiet Nachlass nach entsprechender Beteiligung des Personalrats (vergleiche Anlage K2, Blatt 38 der Akten) in Abänderung des Arbeitsvertrags vom 03.08.1992 die Klägerin als Justizbeschäftigte in einer Serviceeinheit tarifgemäß in die Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 Teil II Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L eingruppiert. Nach § 12 Absatz 1 Satz 3 und 4 TV-L ist die Klägerin in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen, die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

b.

Grundlage der tariflichen Bewertung ist danach der Arbeitsvorgang.

aa.

Nach der Protokollerklärung Nummer 1 zu § 12 Absatz 1 TV-L sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der/des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags, Betreuung bzw. Pflege einer Person oder Personengruppe, Fertigung einer Bauzeichnung, Erstellung eines EKG, Durchführung einer Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeit). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist gemäß Satz 2 der Protokollerklärung als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlichen nicht aufgespalten werden.

bb.

Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einem einzigen („großen“) Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Hierfür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte zu übertragen zu können. Nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers ist es vielmehr erforderlich, dass diese andere, einzelne Arbeitsaufgabe von vornherein gegenüber anderen Arbeitsaufgaben auseinandergehalten, organisatorisch getrennt und einer (anderen) Person real übertragen worden ist. Für die tarifliche Bewertung kommt es demnach nicht darauf an, ob und inwieweit Einzelaufgaben verwaltungstechnisch verschiedenen Beschäftigten theoretisch zugewiesen werden könnten. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang vielmehr, ob sie als eine einheitliche Arbeitsaufgabe tatsächlich einem (anderen oder mehreren) Beschäftigten übertragen worden sind. Die Verteilung, Zuteilung und Übertragung von bestimmten Arbeitsaufgaben ist Teil der (unternehmerischen) Organisationsfreiheit. So können beispielsweise entweder alle Aufgaben einer Geschäftsstelle eines Gerichts einer Sachbearbeiterin (Geschäftsstellenleiterin) übertragen oder auf mehrere Schultern verteilt werden, vorausgesetzt, die Aufgabenverteilung ist unter den verschiedenen Beschäftigten klar abgegrenzt worden (vergleiche dazu nur insbesondere in Interpretation des Urteils des BAG vom 28.02.2018 der ehemalige Vorsitzende des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts Eylert/Kreutzberg-Kowalczyk, ZfA 2019, 320, 339 mwN aus der Rechtsprechung).

cc.

Die Klägerin könnte nur dann gemäß Anlage A Teil II Abschnitt 12.1 in die Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert sein, wenn ihre Tätigkeit zu über 50 % als schwierig gilt. Diese Anforderung kann die Klägerin nach § 12 Absatz 1 Satz 4 TV-L nur erreichen, sobald ihre jeweiligen Aufgaben einen überhälftigen Arbeitsvorgang bilden, der dergestalt zu bewerten wäre, dass eingruppierungsrechtlich ausreichend ist, wenn in diesem Arbeitsvorgang in rechtlich nicht unerheblichem Maß schwierige Tätigkeiten anfallen bzw. zu mehr als einem Drittel schwierig im Hinblick auf die Entgeltgruppe E8. Dies ist hier nicht zu ersehen:

dd.

Denn nach der Arbeitsorganisation des Beklagten wurde nach den Leitlinien der Senatsfinanzverwaltung – und der parallel laufenden Überprüfung durch den Landesrechnungshof in Berlin – (vergleiche dazu auch den Vermerk vom 25.11.2016, Blatt 41 bis 42 der Akten) 31 Tätigkeiten in der Serviceeinheit im Sachgebiet Nachlass bei dem Amtsgericht Mitte ermittelt. Diese 31 Tätigkeiten wurden zu 10 Arbeitsvorgängen zusammengefasst und prozentual nach der Arbeitszeit ausgerechnet. Zusätzlich wurden diese nach den schwierigen Tätigkeiten entweder nach den Protokollnotizen im Sinne des Teils II Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L oder nach der Anerkennung durch die Senatsverwaltung für Finanzen als schwierig anerkannt. Insgesamt ergibt sich daraus ein Zeitanteil von 14,04 % an schwierigen Tätigkeiten bei 10 Arbeitsvorgängen. Dementsprechend machten diese schwierigen Tätigkeiten einen Umfang von weniger als einem Fünftel aus, sodass die Tätigkeit der Klägerin der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 Teil II Abschnitt 12.1 der Anlage A zum TV-L entsprach und bis heute entspricht.

Dabei ist auch aus den Schriftsätzen der Parteien ersichtlich und in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2020 erörtert, dass die Klägerin wie alle Servicekräfte, die keine Justizfachangestellten waren, geschult und erprobt wurden, ob sie tatsächlich nach der Überprüfung durch den Rechnungshof des Landes Berlin der Eingruppierung in EG 6 entsprach. Denn da es zum Zeitpunkt der Änderung des Tarifvertrages hinsichtlich der Servicekräfte noch kaum einen Justizfachangestellten gab und andererseits viele Mitarbeiter/innen, die ausschließlich die zuvor geringer vergüteten Tätigkeiten als Protokollführer/innen oder Maschinenschreiber/innen ausübten, prüfte der Landesrechnungshof, ob diese Kräfte nach den Schulungen und der tatsächlichen Tätigkeit Beschäftigte waren, „die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihren Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten in Serviceeinheiten ausüben“ (vergleiche Protokollnotiz Nr. 2 zur Anlage A Teil II 12.1 zum TV-L). Dabei rügte der Landesrechnungshof häufig die Eingruppierung in die EG 6 als zu hoch.

c.

Die Aussagen der Entscheidung vom 28.02.2018 des Bundesarbeitsgerichts, die die Eingruppierung einer Geschäftsstellenverwalterin bei einem Bundesgericht betrifft, lassen sich auf die Tätigkeit einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit eines Amtsgerichts nicht übertragen. Würde man dies tun, würde man in verfassungswidriger Weise vom Wortlaut des Tarifvertrages, seiner Systematik, der Tarifgeschichte und der gesamten Besoldungssystematik für die Arbeitnehmer/innen, Rechtspfleger/innen und Richter/innen der Länder abrücken. Denn den Tarifvertragsparteien steht als selbstständigen Grundrechtträgern aufgrund der durch Artikel 9 Absatz 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie haben eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen (vergleiche für die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur BAG 21.03.2018 – 10 AZR 34/17 zitiert nach Juris Randziffer 43). Dies hat zur Folge, dass keine generelle (Verhältnismäßigkeits) Kontrolle von Tarifverträgen durch die Gerichte stattfindet.

aa.

Danach steht der Klägerin nach der Auslegung des TV-L im Hinblick auf Wortlaut, Tarifgeschichte, Tarifsystematik und der gesamten Besoldungsstruktur sowie auch nach der bisherigen Handhabung in den Bundesländern (vergleiche zur Auslegung von Tarifverträgen nur Eylert/Kreutzberg-Kowalcyzk, aaO 347 mwN) nur die bisherige Vergütung nach Vergütungsgruppe E6 TV-L zu.

bb.

Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages unterscheidet der TV-L für Beschäftigte im Justizdienst soweit dies hier in Frage kommt für Beschäftigte in Serviceeinheiten nur 4 Entgeltgruppen, nämlich die Entgeltgruppe 6 Ziffer 4 als Ausgangsgruppe, die Entgeltgruppe 6 Ziffer 2 mit einem Schwierigkeitsgrad von mindestens einem Fünftel, die Entgeltgruppe 8 Ziffer 2 mit einem Schwierigkeitsgrad von mindestens zu einem Drittel sowie die Entgeltgruppe 9a (früher 9) mit einer überhälftigen Schwierigkeit:

Entgeltgruppe 9a:
1. Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie schwierig ist. (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 3).

2. 2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 heraushebt, dass sie schwierig ist. (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 2 und 3).

Entgeltgruppe 8:
1. Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel schwierig ist. (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 3).

2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel schwierig ist. (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 2 und 3).

Entgeltgruppe 6:
1. Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig ist. (Beschäftigte in dieser Fallgruppe erhalten eine monatliche Entgeltgruppenzulage gemäß Anlage F Abschnitt 1 Nr. 11). (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1, 3 und 4).

2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 4 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig ist. (Beschäftigte in dieser Fallgruppe erhalten eine monatliche Entgeltgruppenzulage gemäß Anlage F Abschnitt 1 Nr. 11.). (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 2, 3 und 4).

3.Protokollführer bei Gerichten, die in Strafsachen Inhaltsprotokolle selbstständig fertigen. (Beschäftigte in dieser Fallgruppe erhalten eine monatliche Entgeltgruppenzulage gemäß Anlage F Abschnitt I Nr. 11.) (Hierzu Protokollerklärung Nr. 5).

4. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften. (Hierzu Protokollerklärung Nr. 2)

Protokollerklärungen:
1. Geschäftsstellenverwalter sind Beschäftigte, die Schriftgut verwalten und mindestens zu einem Drittel ihrer Gesamttätigkeit die sonstigen, in den Geschäftsordnungen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften für ihr Arbeitsgebiet dem mittleren Dienst bzw. der entsprechenden Qualifikationsebene zugewiesenen Tätigkeiten wahrnehmen.

2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften sind Beschäftigte, die

die Ausbildung nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Justizfachangestellten/zur

Justizfachangestellten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 195) erfolgreich abgeschlossen haben

und Aufgaben des mittleren Justizdienstes bzw. der entsprechenden Qualifikationsebene und

der Justizfachangestellten (z.B. Geschäftsstellentätigkeit, Protokollführung, Assistenztätigkeiten)

ganzheitlich bearbeiten, sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten

und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten in Serviceeinheiten ausüben.

3. Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind z.B.

a) die Anordnung von Zustellungen, die Ladung von Amts wegen und die Vermittlung von

Zustellungen im Parteibetrieb, die Heranziehung und die Ladung der ehrenamtlichen Richter,

die Besorgung der öffentlichen Zustellung und Ladung,

b) die Erteilung von Rechtskraft- und Notfristzeugnissen sowie die Erteilung von

Vollstreckungsklauseln, die Vollstreckbarkeitsbescheinigung in Strafsachen,

c) die Aufgaben nach den Anordnungen über die Erhebung von statistischen Daten und der

Mitteilung an das Bundeszentralregister, das Gewerbezentralregister und das

Kraftfahrbundesamt,

d) die dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle

nach der Grundbuchordnung übertragenen Geschäfte einschließlich des Entwerfens von

Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen und des Entwerfens von

Berichtigungen und Ergänzungen derselben sowie

Führung des Tagebuchs,

die entsprechenden Geschäfte nach § 28 – 31 der Handelsregisterverordnung, § 26 der

Verordnung über das Genossenschaftsregister, § 3 der Bestimmung über das Vereins- und

Güterechtsregister vom 24. Januar 1924 (RMinBl. 22) bzw. der ergänzenden oder

ersetzenden landesrechtlichen Vorschriften über die Führung des Güterechtsregisters und

§ 10 der Vereinsregisterverordnung,

e) die Aufgaben des Kostenbeamten, die Aufgaben der Geschäftsstelle bei der Bewilligung

von Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung, die Festsetzung und Anweisung der den

Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richter sowie den Beteiligten zu

gewährenden Entschädigungen (einschl. etwaiger Vorschüsse),

f) die Mitwirkung bei der Überwachung von Auflagen und Weisungen Nach § 153a Absatz 1

Strafprozessordnung und dem Jugendgerichtgesetz sowie der Lebensführung des

Verurteilten nach § 453b Strafprozessordnung und der Gnadenverordnung sowie der

Überwachung von Zahlungen bei der Vollstreckung von Geldstrafen,

g) die unterschriftsreife Vorbereitung von Beschlüssen und Verfügungen sowie die

Anordnungen für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger, die Vorprüfung von Klagen

und Anschuldigungsschriften, Anträgen sowie Rechtsmittel und Rechtsbehelfen in

Gerichtsverfahren (Spruchkörperzuständigkeit, Ermittlung des Berichterstatters,

Fristwahrung, Beweisangebote in patentgerichtlichen Verfahren u.Ä.), die Überprüfung

fristgebundener Gebührenzahlungen in patentgerichtlichen Verfahren,

h) die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art sowie

die Überwachung von Akteneinsichten in patentgerichtlichen Verfahren.

Die Klägerin wurde zutreffend als Beschäftigte in einer Serviceeinheit beim Amtsgericht Mitte, deren Tätigkeit nicht mindestens zu einem Fünftel schwierig ist (nämlich 14,04 %) zutreffend in Entgeltgruppe 6 Ziffer 4 eingruppiert.

dd.

Dabei wurden wie bereits oben erörtert 10 Arbeitsvorgänge aus 31 unterschiedlichen Tätigkeiten zusammengeführt, von denen nur 14,04 % als schwierig anzusehen waren.

ee.

Entgegen der BAG Entscheidung vom 28.02.2018 waren diese 10 Arbeitsvorgänge nicht ein großer Arbeitsvorgang.

(1)

Die Grundsätze der Entscheidung des BAG vom 28.02.2018 sind auf die hiesige Fallgestaltung nicht übertragbar, da die Entscheidung zwar im Ergebnis richtig ist, allerdings nicht übertragbar auf Servicekräfte im Landesdienst. Denn die Tarifvertragsparteien haben für die oberen Bundesgerichte eigene Eingruppierungsregelungen aufgestellt. Sie haben für die Tätigkeit eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eine eigene Regelung in den Protokollnotizen des Teil 2 Abschrift T Unterabschnitt 1 Anlage 1a zum BAT hinter Protokollnotiz 2 h geschaffen, wonach schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals auch die Aufgaben als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle beim Bundesverfassungsgericht, bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes und bei dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof sind. Diese Regelung wird durch den TVöD weitergeführt. Sie haben damit für die Tätigkeit eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eine eigene Bewertung eingeführt indem sie die gesamte Tätigkeit als schwierig betrachtet haben. Damit haben sie nicht nur in Abgrenzung zu den Einzeltätigkeiten in den anderen Protokollnotizen bereits eine andere Regelung als für die Geschäftsstellenverwalter eines Landesgerichts getroffen, sie haben damit auch eine gehobene Vergütungsregelung getroffen, die der gesamten gehobenen Vergütung der übrigen Beschäftigten (Rechtspfleger/innen und Richter/innen) der Bundesgerichte entspricht. Die Tätigkeitszusammenfassung im Tatbestand des Bundesarbeitsgerichtsurteils vom 28.02.2018 zeigt, dass die Tätigkeiten als Urkundsbeamter/Geschäftsstellenverwalter identisch sind und auch bei außer Acht lassen von Protokollführeraufgaben und Kostenaufgaben immer mehr als die Hälfte der Tätigkeiten ausmachen.

(2)

Demgegenüber sind die Tätigkeitsbewertungen in den Serviceeinheiten der Länder andere. Diese haben die Tarifvertragsparteien in Abgrenzung zu den Tätigkeiten bei Bundesgerichten gerade nicht als einen Arbeitsvorgang, der schwierig ist, angenommen, sondern haben die einzelnen Merkmale bezüglich ihrer Schwierigkeit kleinteiliger aufgegliedert, nämlich nach den Protokollnotizen 2 a) bis 2 h) BAT bzw. 3 a) bis 3 g) nach den Protokollnotizen aaO des TV-L. In Ausfüllung dieser Protokollnotizen und der Handhabung in jedem Geschäftsbereich der einzelnen Bundesländer haben die jeweiligen Präsidentinnen und Präsidenten völlig unterschiedliche Arbeitsvorgänge gebildet. So sind vorliegend für den Bereich der Klägerin 10 Arbeitsvorgänge gebildet worden, im Fall der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12.02.2020 - 15 Sa 1260/19 – zitiert nach juris, dort unzutreffend das Datum 20.03.20 - 11 Arbeitsvorgänge, im Fall des Arbeitsgerichts Berlin 05.06.2019 – 60 Ca 13023/18 – zitiert nach juris 11 Arbeitsvorgänge).

(3)

Die unterschiedliche Zuordnung und Bewertung von Tätigkeiten als Arbeitsvorgänge war tarifhistorisch begleitet durch die Neuschaffung von Angestellten in der Tätigkeit von Beschäftigten in Serviceeinheiten. Wie das Arbeitsgericht Berlin im Verfahren 60 Ca 13023/18 ( s.o. ) zutreffend dargestellt hat ( vgl. dazu auch Natter, ZTR 2018, 623, 627; LAG Berlin-Brandenburg12.02.20, a.a.O., Rz. 109 ), wurde im Zuge von Reformbemühungen innerhalb der Justiz die klassische Arbeitseinteilung aufgebrochen und eine ganzzeitliche Tätigkeit in sogenannten Serviceeinheiten neu installiert. Die Tarifvertragsparteien des BAT reagierten darauf durch den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 29. November 2000 und schufen mit Wirkung ab 01. Januar 2001 eine Vergütungsordnung, die auch Angestellte in Serviceeinheiten kannte. Bis dahin gab es nur Geschäftsstellenverwalter/innen, Protokollführer/innen und Schreibkräfte, wobei die Geschäftsstellenverwalter/innen am höchsten eingruppiert waren. Damit das neue Konzept funktionierte, mussten die bisherigen Beschäftigten, die eine Vergütung auch nur der Ausgangsgruppe für Angestellte in Serviceeinheiten erzielen wollten, als „sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeit und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten in Serviceeinheiten ausübten“ angesehen werden. Dafür mussten diese Beschäftigten in Ansehung der Verordnung für die Berufsausbildung zum/zur Justizfachangestellten nicht nur geschult werden, sondern auch ihre Tätigkeit überprüft werden, ob sie diese entsprechenden Fähigkeiten auch besaßen. Dies wurde kritisch durch den Landesrechnungshof des Landes Berlin begleitet. So ist es auch vorliegend geschehen, wie oben ausgeführt.

(4)

Andere Gerichte haben dies ebenso gesehen und gehandhabt. Bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.02.2018 gab es – soweit ersichtlich – keinen einzigen Fall, in dem eine Servicekraft meinte, dass sie nach der Vergütungsgruppe E9/E9 a bzw. Vc/Vb BAT zu vergüten wäre.

(5)

Diese Handhabung durch die beteiligten Rechtskreise entsprach der Eingliederung des mittleren Dienstes in die Vergütungsgruppen bis Vc des BAT in Abgrenzung zu den Rechtspfleger/innen und den Richter/innen. Würde man dies entsprechend der allgemeinen Aussagen des BAG im Urteil vom 28.02.2018 dadurch anders handhaben, dass nunmehr die höchste Vergütungsgruppe Vb bzw. E9/9a die Eingangs- und Endgruppe wäre ( vgl. dazu Natter/Sänger, ZTR 2019, 475, 477), würde dies nicht nur die eben beschriebene Vergütungsstruktur, die durch die Tarifvertragsparteien in Ausübung der durch Artikel 9 Absatz 3 gewährten Tarifautonomie vorgegeben wurde, durchbrechen, man würde auch die ebenfalls durch die Tarifvertragsparteien vorgegebene unterschiedlichen Tätigkeitsvergütungen bei oberen Bundes- und den Landesgerichten entgegen der vorgegebenen Struktur gleichschalten. Darüber hinaus aber würde auch der mittlere und gehobene Dienst der Beamten bzw. der Angestellten nicht mehr den Abstand zu den Angestellten in Serviceeinheiten erhalten, den die Tarifvertragsparteien in Ansehung der unterschiedlichen Ausbildungen vorgesehen haben. Denn dann würde eine Servicekraft in Berlin selbst im Eingangsamt 2.997,21 EUR brutto pro Monat verdienen, während ein Beamter des gehobenen Dienstes mit der Besoldungsgruppe A9 nur 2.718,18 EUR brutto erhielte und der Beamte mit der Vergütungsgruppe A10 2.812,45 EUR. In der höchsten Erfahrungsstufe erhielte jede Servicekraft bei den Berliner Landesgerichten berechnet auf das Jahr einen Monatslohn von 4.139,69 EUR brutto während ein Richter im Saarland in der Eingangsstufe nur 4.073,25 EUR erhielte (vergleiche zu diesen Berechnungen nur www.öffentlicher-dienst.info).

d)

Selbst wenn man aber mit dem Bundesarbeitsgericht und den Gründen der Entscheidung vom 28.02.2018 zu einem Arbeitsvorgang käme, dürfte dieser nicht bereits dann als schwierig angesehen werden, wenn nur knapp 10 % - oder wie hier 14,04% - der Tätigkeit als schwierig anzusehen sind. Insofern folgt die erkennende Kammer der Entscheidung der 15. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg vom 12.02.2020– 15 Sa 1260/19 – die zusammengefasst meint, dass auch bei der Annahme eines großen Arbeitsvorgangs in Verbindung mit dem Kriterium, dass schwierige Tätigkeiten innerhalb eines Arbeitsvorgangs nur in einem „rechtlich nicht ganz unerheblichen Ausmaß anfallen“ müssen, der Wille der Tarifvertragsparteien im Hinblick auf die typischen Tätigkeiten der Beschäftigten in Serviceeinheiten nicht ausreichend berücksichtigt werde. Denn damit würden die Tarifstufen des Tarifvertrages gegenstandslos. Wolle man an der bisherigen Rechtsprechung nur geringfügige Veränderungen vornehmen und gleichzeitig den Willen der Tarifvertragsparteien nach einer Hierarchisierung der Vergütung bei den Beschäftigten in Serviceeinheiten berücksichtigen, dann müsse von der allgemeinen Regel abgewichen werden, wonach es zu einer Höhergruppierung ausreicht, dass auch innerhalb eines großen Arbeitsvorgangs der Anteil der schwierigen Tätigkeiten nur in nicht unerheblichen Umfang vorliegen brauche. Ausnahmsweise sei stattdessen zu verlangen, dass auch innerhalb des Arbeitsvorgangs das Heraushebungsmerkmal der schwierigen Tätigkeit entsprechend der prozentualen Vorgabe der Tarifvertragsparteien vorliegen müsse (vergleiche zum Gesamten nur LAG Berlin-Brandenburg 12.02.2020 - 15 Sa 1260/19 – zitiert nach juris).

III.

Da die Klägerin weder in die Vergütungsgruppe E8 noch in die Vergütungsgruppe E9/9a einzugruppieren ist, verbleibt es bei ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe E6, weshalb die Berufung gemäß § 97 Absatz 1 ZPO kostenpflichtig zurückzuweisen ist.

IV.

Die Revision war für die Klägerin zuzulassen.