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(Prozessuale Stellung einer beklagten Behörde bei Zuständigkeitswechsel im sozialgerichtlichen Verfahren - Krankenversicherung - Festbetragsfestsetzung - Allgemeinverfügungen der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 7.4.2008 bezüglich der Festbetragsfestsetzung für den Wirkstoff Atorvastatin und Absenkung des Festbetrages für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer rechtmäßig - Klagebefugnis des betroffenen Arzneimittelherstellers)


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 24.02.2010
Aktenzeichen L 9 KR 104/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 54 Abs 1 S 2 SGG, § 35 Abs 1 SGB 5, § 35 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 5, § 35 Abs 1 S 3 Halbs 1 SGB 5, § 35 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB 5, § 35 Abs 1 S 3 SGB 5, § 35 Abs 1 S 4 SGB 5, § 35 Abs 1 S 5 SGB 5, § 35 Abs 1a SGB 5, § 35 Abs 1a SGB 5, § 35 Abs 1b SGB 5, § 35 Abs 2 Nr 5 SGB 5, § 35 Abs 5 SGB 5, § 35 Abs 5 S 3 SGB 5, § 35 Abs 3 S 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 5, § 217f Abs 1 SGB 5, § 25 Abs 2 Nr 4 AMG

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvastatin in der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer. Streitig ist dabei nur noch die Rechtmäßigkeit der derzeit geltenden Allgemeinverfügung der ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen vom 7. April 2008.

Der im Jahre 1954 geborene Kläger ist freiwillig krankenversichert bei der Techniker Krankenkasse. Er leidet an erhöhten Blutfettwerten (Hyperlipoproteinämie) und beginnender geringer Arteriosklerose in den Halsschlagadern. Hinweise für eine koronare Herzerkrankung bestehen nicht. Seine Therapie hat die Absenkung des LDL-Cholesterin-Werts zu verfolgen. Seit dem Jahr 2003 erfolgte die Therapie mit Sortis® 20 mg/d (Wirkstoff Atorvastatin); durch diese Behandlung erreichte der LDL-Cholesterin-Wert die angestrebte Größe von unter 70 mg/dl (vgl. Attest des behandelnden Internisten Dr. A vom 3. Januar 2005). Seit dem Jahr 2005 erfolgt eine Therapie mit dem Kombipräparat Inegy® 10/20, zusammengesetzt aus den Wirkstoffen Ezetimib und Simvastatin. Auch unter dieser Therapie wurde der Zielwert von unter 70 mg/dl LDL-Cholesterin erreicht; laut Attest des behandelnden Internisten vom 21. Januar 2008 erfolge eine „optimale LDL-Senkung“, Inegy 10/20 werde vom Kläger „bestens vertragen“.

Atorvastatin gehört zur Wirkstoffgruppe der Statine, wird synthetisch hergestellt, hemmt die HMG-CoA-Reduktase und senkt auf diese Weise das LDL-Cholesterin. Der Wirkstoff ist enthalten in dem seit 1997 in Deutschland hergestellten und vertriebenen Fertigarzneimittel Sortis®. Atorvastatin wurde am 17. Dezember 1996 zugelassen und genießt bis 2011 Patentschutz. Die Zulassung erfasste zunächst die Wirkstärken 10, 20, 40 mg, später auch die Wirkstärke 80 mg.

Nach der Fachinformation mit Stand vom Januar 2003 (Wirkstärken 10, 20, 40 mg) bzw. Januar 2006 (Wirkstärken 10, 20, 40 und 80 mg) erstreckte sich die Zulassung von Sortis® auf folgende Anwendungsgebiete:

Die Anwendung von Sortis ist zusätzlich zu einer Diät angezeigt zur Senkung erhöhter Gesamtcholesterin-, LDL-Cholesterin-, Apo-Lipoprotein-B- und Triglyzeridspiegel bei Patienten mit Primärer Hypercholesterinämie, einschließlich Familiärer Hypercholesterinämie (heterozygote Variante) oder Kombinierter (Gemischter) Hyperlipidämie (entsprechend Typ II a und II b nach Fredrickson), wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen keine ausreichende Wirkung erbringen.

Sortis ist auch zur Senkung von Gesamt- und LDL-Cholesterin bei Patienten mit Homozygoter Familiärer Hypercholesterinämie angezeigt – entweder zusätzlich zu anderen lipidsenkenden Maßnahmen (z. B. LDL-Apherese) oder falls solche Behandlungsmöglichkeiten nicht verfügbar sind.

Seit Mai 2006 enthält die Fachinformation zusätzlich zur Hypercholesterinämie folgendes Anwendungsgebiet:

Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen

Zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten, deren Risiko für ein erstes kardiovaskuläres Ereignis als hoch eingestuft wird, zusätzlich zur Behandlung weiterer Risikofaktoren.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 setzte der Arbeitsausschuss „Arzneimittel“ des seinerzeitigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ein Anhörungsverfahren in Bezug auf die beabsichtigte Bildung einer Festbetragsgruppe für HMG-CoA-Reduktasehemmer in Gang; es war beabsichtigt, die Wirkstoffe Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin in einer Festbetragsgruppe zusammenzufassen. Die Herstellerin von Sortis® wandte sich gegen die Einbeziehung von Atorvastatin in die geplante Festbetragsgruppe, weil der Wirkstoff besondere pharmakologisch-therapeutische Eigenschaften besitze und eine therapeutische Verbesserung darstelle.

Im April 2004 beauftragte der Beigeladene zu 1), der Gemeinsame Bundesausschuss, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ) mit der Bewertung der von Seiten der Angehörten eingegangenen Stellungnahmen. In ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2004 formulierte die AKdÄ als Ergebnis, dass die Einwände gegenüber der Gruppenbildung nicht stichhaltig seien und keiner der fraglichen fünf Wirkstoffe hinsichtlich seines pharmako-therapeutischen Stellenwerts eine wesentliche Verbesserung darstelle; das gelte auch für das jeweilige Wechsel- und Nebenwirkungsprofil. Keiner der fünf Wirkstoffe nehme eine Sonderstellung ein. Es bestehe ein großer Mangel an direkten Vergleichsstudien mit klinischen Endpunkten. Die einzige vorliegende direkte Vergleichsstudie (PROVE-IT) weise ein fragwürdiges Studiendesign und eine sehr enge Patientenauswahl auf und könne daher eine Sonderstellung von Atorvastatin nicht belegen.

Der Beigeladene zu 1) beschloss hierauf in seiner Sitzung am 20. Juli 2004, die Arzneimittelrichtlinien in der Anlage 2 um die Festbetragsgruppe der Stufe 2 „HMG-CoA-Reduktasehemmer“ wie folgt zu ergänzen (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 182 vom 25. September 2004, S. 21086):

HMG-CoA-Reduktasehemmer

                          

Wirkstoffe:

        

Vergleichsgröße:

Atorvastatin

        

16,7

Fluvastatin

        

42,2

Lovastatin

        

23,2

Pravastatin

        

21,3

Simvastatin

        

20,7

                          

orale, abgeteilte Darreichungsformen

Kapseln; Filmtabletten; Retardtabletten; Tabletten.

In der Beschlussbegründung heißt es im Wesentlichen: Die Analyse der chemischen Strukturen der Mitglieder der Wirkstoffgruppe lasse keinen Zweifel an der chemischen Verwandtschaft. Der Wirkmechanismus lasse von einer pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit im Hinblick auf Pharmakodynamik, Pharmakokinetik, Nebenwirkungsspektrum und Interaktionsprofil ausgehen. Die vorliegenden Daten zur Arzneimittelsicherheit rechtfertigten keine Sonderstellung eines der Vertreter der Statine. Eine klinische Überlegenheit insbesondere von Atorvastatin sei nicht erkennbar. Zwar senke Atorvastatin stärker und schneller als andere Statine das LDL-Cholesterin und damit das Risiko bestimmter kardiovaskulärer Ereignisse, wobei dies höchstwahrscheinlich durch seine besondere Pharmakokinetik bedingt sei; jedoch stehe zugleich fest, dass dies keine therapeutische Verbesserung bedeute, zumal der Wirkstoff auch nicht zu einer erheblichen Verringerung des Häufigkeitsgrades einer schwerwiegenden Nebenwirkung führe. Willkürfrei könne Atorvastatin nicht aus der Festbetragsgruppe ausgeschlossen werden. Ferner heißt es in der Begründung, dass eine Sonderstellung von Atorvastatin auch nicht durch die PROVE-IT-Studie gerechtfertigt werde, weil die in ihr untersuchte Population nur einen geringen Bruchteil der Patienten repräsentiere und nicht repräsentativ für die übliche Behandlungssituation sei. Ein Konsens über den therapeutischen Vorteil von Atorvastatin sei allein mit dieser Studie zudem nicht belegt.

Mit Schreiben vom 12. August 2004 teilte das Bundesministerium für Gesundheit dem Beigeladenen zu 1) mit, den Beschluss vom 20. Juli 2004 nicht zu beanstanden.

Auf dieser Grundlage verfügten die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen am 29. Oktober 2004 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 210 vom 5. November 2004, Seite 22602), für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Januar 2005 einen Festbetrag festzusetzen (Standardpackung zu 100 Stück, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97, Festbetrag 62,55 Euro).

Die Wirkstoffe Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin waren bei Beschlussfassung zu diesem Festbetrag erhältlich. Der Apothekenpreis des Wirkstoffs Atorvastatin lag und liegt seit Inkrafttreten der Festbetragsregelung deutlich über dem Festbetrag.

Am 1. Dezember 2004 hat der Kläger Klage gegen die Festsetzung eines Festbetrages für HmG-CoA-Reduktasehemmer durch die Allgemeinverfügung der ehemaligen Spitzenverbände der Krankenversicherungen vom 29. Oktober 2004 erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht: Unter dem Festbetrag von 57,08 Euro müsse er für eine N3-Packung Sortis® 20 mg (Apothekenverkaufspreis: 150,12 Euro) nun 93,04 Euro zuzahlen. Die Festbetragsfestsetzung müsse einer vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegen; einen Beurteilungsspielraum hätten die Akteure in Bezug auf ihre Wertungen insoweit nicht. Für die indizierte Reduzierung des Herzinfarktrisikos wiesen die übrigen Statine keine therapeutische Vergleichbarkeit auf; es fehle überdies an der chemischen Verwandtschaft. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Berlin im Urteil vom 22. November 2005 (S 81 KR 3778/04) sei ein Wirkstoff von der Festbetragsgruppe auszunehmen, wenn er neuartig sei oder eine therapeutische Verbesserung bedeute. Die mit Atorvastatin verbundene therapeutische Verbesserung sei wissenschaftlich belegt (Hinweis auf die Gutachten von Gund M, von W und von K sowie auf die Studien PROVE-IT, REVERSAL und CARDS). Die „Nutzenbewertung“ durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom 15. August 2005 sei unbrauchbar; sie sei gesetzeswidrig ohne Auftrag, entgegen selbst gesetzter methodischer Vorgaben und unter Verstoß gegen Beteiligungsrechte zustande gekommen und widerspreche dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Mit der Gruppenbildung würden Therapiemöglichkeiten eingeschränkt, denn die in der Gruppe enthaltenen Statine seien nicht therapeutisch austauschbar. Fehlerhaft sei auch die Bestimmung der Wirkstärkenvergleichsgröße, denn sie führe im Fall von Atorvastatin zu einem Festbetrag, der im Verhältnis zur tatsächlichen Wirkstärke viel zu niedrig sei; die therapeutische Wirkung dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, der Preiswettbewerb nicht verzerrt werden. Eine hinreichende Arzneimittelauswahl bzw. ausreichende Versorgung der Versicherten sei unter Geltung des Festbetrages nicht mehr gewährleistet.

Mit Urteil vom 22. Januar 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei „noch klagebefugt“, weil er wieder mit Sortis® behandelt werden wolle und in der Freiheit, dieses Medikament auszuwählen, durch die Festbeträge indirekt eingeschränkt sei. Dass er nun seit Längerem mit Inegy 10/20 versorgt werde, lasse die Klagebefugnis nicht entfallen, wenngleich nach dem Attest des behandelnden Arztes vom 21. Januar 2008 fraglich sei, ob ein Umstieg auf Sortis® medizinisch sinnvoll sei, denn mit Inegy 10/20 sei der Kläger offenbar bestens therapiert. Die Klage sei unbegründet, denn zu Recht habe der Beigeladene zu 1) die HMG-CoA-Reduktasehemmer einschließlich Atorvastatin in einer Festbetragsgruppe zusammengefasst. Es handele sich um Arzneimittel mit phamakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V. Zu einer Einschränkung von Therapiemöglichkeiten komme es nicht; notwendige Verordnungsalternativen stünden zur Verfügung. Auch sei eine therapeutische Verbesserung durch Atorvastatin nicht nachgewiesen. Dem Festbetrag lägen geeignete Vergleichsgrößen zugrunde. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Übrigen auf das Urteil des Sozialgerichts Berlin im Urteil vom 22. November 2005 (S 81 KR 3778/04) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 29. Januar 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Februar 2008 Berufung eingelegt.

Den Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat der Senat zunächst mit Beschluss vom 17. Juli 2008 zum Verfahren beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2009 hat der Senat beschlossen, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen als Funktionsnachfolger für die bisherigen Bundesverbände der Krankenkassen und damit als alleinigen Beklagten zu behandeln; die bisherigen Beklagten hat der Senat als Beigeladene zu 2) - 7) beigeladen.

Bereits am 10. Februar 2006 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 48 vom 9. März 2006, Seite 1534) haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen verfügt, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. April 2006 bei gleich bleibender Wirkstärkenvergleichsgröße von 0,97 um fünf Prozent auf 59,42 Euro abzusenken.

Am 11. Mai 2006 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 105 vom 7. Juni 2006, Seite 4219) haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung des § 35 Abs. 5 SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Juli 2006 bei gleich bleibender Wirkstärkenvergleichsgröße (0,97) von 59,42 Euro auf 36,61 Euro abzusenken.

Am 13. März 2008 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 52 vom 4. April 2008, Seite 1224) hat der Beigeladene zu 1) beschlossen, die Vergleichsgrößen in der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer wie folgt zu aktualisieren:

HMG-CoA-Reduktasehemmer

Wirkstoffe:

        

Vergleichsgröße:

                          

Atorvastatin

        

25,9

Atorvastatin Calcium-3-Wasser

                 
                          

Fluvastatin

        

58,2

Fluvastatin Natrium

                 
                          

Lovastatin

        

25,2

Pravastatin

        

25,3

Pravastatin Natrium

                 
                          

Simvastatin

        

26,9

                          

orale, abgeteilte Darreichungsformen

Kapseln; Filmtabletten; Retardtabletten; Tabletten.

Auf dieser Grundlage haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen den Festbetrag überprüft und am 7. April 2008 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 57 vom 15. April 2008, Seite 2283) verfügt, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Juni 2008 wie folgt anzupassen: Standardpackung zu 100 Stück, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,4, Festbetrag 13,48 Euro.

Der Senat hat die Beteiligten insoweit darauf hingewiesen, dass die Allgemeinverfügungen vom 10. Februar 2006, 11. Mai 2006 und 7. April 2008 nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Im Hinblick auf die Allgemeinverfügungen vom 29. Oktober 2004 (Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils), 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006 haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kläger wendet sich damit nur noch gegen die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 7. April 2008. Aktuell liegt für ihn eine Verordnung von Atorvastatin 40 mg N3 der Ärztin Prof. Dr. S vom 23. November 2009 vor.

Zur Begründung seiner Berufung hat er auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen und ergänzend vorgebracht: Nach wie vor begehre er die Behandlung seiner Erkrankung mit Sortis® 20 mg. Er bedürfe einer besonders intensiven LDL-Senkung, die mit dem Wirkstoff Atorvastatin bewirkt werden könne. Zwar werde er inzwischen seit 2005 erfolgreich mit Inegy 10/20 behandelt, doch seien in diesem Kombipräparat zwei Wirkstoffe enthalten, was potentiell mehr Nebenwirkungen mit sich bringe. Auch sei die jetzige Therapie unwirtschaftlich, denn 100 Tabletten Sortis ® 20 mg kosteten gegenwärtig 160,80 Euro, während für 100 Tabletten Inegy 10/20 204,66 Euro aufzuwenden seien. Nach wie vor halte er vor allem die Vergleichsgrößenbildung für rechtswidrig. Durch den Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 13. März 2008 werde die bisher gegebene Verzerrung sogar noch stärker: Wenn zum Beispiel Atorvastatin 10 mg und Pravastatin 40 mg als äquipotent bezeichnet würden, mithin zur identischen LDL-Senkung die vierfache Menge Pravastatin im Vergleich zu Atorvastatin benötigt werde, seien die Vergleichsgrößen mit 25,9 bzw. 25,3 nahezu identisch. Letztlich lägen die Festbeträge der übrigen Statine doppelt so hoch wie für die äquipotente Dosis Atorvastatin. Das vom Beigeladenen zu 1) angewandte Modell der verordnungsgewichteten Einzelwirkstärke sei nicht „geeignet“ im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V. Angesichts der PROVE-IT-Studie wäre der Beigeladene zu 1) auch berechtigt bzw. verpflichtet gewesen, Atorvastatin als therapeutischen Verbesserung zu beurteilen. Seinen insoweit vorhandenen Beurteilungsspielraum habe er kontinuierlich nicht ausgeübt. Schon aus diesem Grunde sei die Festbetragsfestsetzung rechtswidrig und nichtig. Diese Nichtbefassung des Beigeladenen zu 1) mit der Frage der therapeutischen Verbesserung könne als Systemversagen bezeichnet werden; der in der Festbetragsfestsetzung liegende Grundrechtseingriff gegenüber dem Kläger sei daher nicht legitimiert. Nach Inkrafttreten des AVWG habe die Gruppenbildung der Statine nur noch den Rechtsschein der Wirksamkeit besessen. Keinesfalls sei das Ermessen des Beigeladenen zu 1) zur Aufrechterhaltung der Festbetragsgruppe auf Null reduziert gewesen, denn es sei jedenfalls vertretbar, in Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung gegenüber den anderen Statinen zu sehen.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 7. April 2008 bezüglich des Festbetrages für den Wirkstoff Atorvaststin aufzuheben.

Hilfsweise beantragt der Kläger,

Herrn Prof. Dr. W, als Zeugen zu hören, zum Beweis für die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. W im Jahre 2004 vom GBA mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Festbetragsgruppenbildung für Statine beauftragt worden ist.

Weiter hilfsweise beantragt der Kläger,

Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Tatsache, dass in den medizinischen Fachkreisen, von nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht, dass ein abgrenzbarer Kreis von Risikopatienten mit familiär bedingter Hypercholesterienämie medizinisch nicht ausreichend mit Simvastatin, Pravastatin, Lovastatin oder Fluvostatin behandelt werden kann, aber mit Atovastatin.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält das mit der Berufung angegriffene Urteil für zutreffend und macht sich das erstinstanzliche Vorbringen des auf Seite der vormaligen Beklagten federführenden BKK-Bundesverbandes zu eigen.

Der Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor: Soweit der Senat zur Vorlage der Verwaltungsvorgänge zum Beschluss vom 13. März 2008 aufgefordert habe, könne nur auf die tragenden Gründe dieses Beschlusses verwiesen werden, denn diese bildeten den in Zusammenhang mit der Änderung der Vergleichsgrößen nach § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V entstandenen Verwaltungsvorgang lückenlos ab. Die Stellungnahmeberechtigten seien zu den in Zusammenhang mit der Vergleichsgröße aufgeworfenen Fragestellungen angehört worden. Für eine Überprüfung der Festbetragsgruppe an sich habe kein Anlass bestanden, da im Rahmen der laufenden Befassung des Beigeladenen zu 1) mit der Festbetragsgruppe der Statine keine neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt geworden seien, die unter dem Gesichtspunkt der therapeutischen Verbesserung eine Herausnahme von Atorvastatin aus der Gruppe geboten hätten. So habe das Sozialgericht Berlin bis Dezember 2008 in verschiedenen Urteilen wiederholt die Rechtmäßigkeit von Gruppenbildung und Festbetragsfestsetzung bestätigt. Vor diesem Hintergrund habe man davon ausgehen dürfen, dass die Festbetragsgruppe der Statine durchweg dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Seiner Überprüfungspflicht habe der Beigeladene zu 1) insbesondere auch entsprochen, indem er einem Überprüfungsantrag der P Deutschland GmbH vom 12. Juni 2006 nachgekommen sei. Der Unterausschuss „Arzneimittel“ habe die Überprüfung auf der Grundlage des seit dem 1. Mai 2006 geltenden § 35 Abs. 1b SGB V vorgenommen und in Auswertung des zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnismaterials keinen Anlass zu einer Ausgruppierung von Atorvastatin gesehen.

Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2010 hat der Beigeladene zu 1) das Ergebnis einer „systematischen Literaturrecherche“ vorgelegt, die mit dem Ziel durchgeführt worden sei zu klären, ob im Zeitraum 2006 bis 2009 wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne von § 35 Abs. 1 b Satz 5 SGB V vorgelegt worden sei, das eine Herausnahme von Atorvastatin aus der Festbetragsgruppe der Statine aufgrund einer therapeutischen Verbesserung rechtfertige. Insoweit wird auf Bl. 793 bis 799 der Gerichtsakte nebst Anlagenband Bezug genommen.

Der Senat hat über die Sache ein erstes Mal am 2. Dezember 2009 mündlich verhandelt und beschlossen, die Sache in einem neuen Termin am 24. Februar 2010 zu entscheiden.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte (vier Bände sowie drei Anlagenbände) und des Verwaltungsvorgangs des Beigeladenen zu 1) (ein Ordner) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.

A. Der Senat entscheidet (nur) erstinstanzlich über die Klage gegen die erst während des Berufungsverfahrens ergangene Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 7. April 2008. Diese ist gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, denn sie ersetzt die vorangegangene Regelung, indem ein der Höhe nach neuer Festbetrag festgesetzt wird. Im Hinblick auf die Allgemeinverfügungen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006 trifft der Senat keine Entscheidung, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (vgl. insoweit aber die Urteile des Senats vom 2. Dezember 2009, L 9 KR 8/08, und vom 24. Februar 2010, L 9 KR 351/09, zu den Klagen der Pharmahersteller gegen die genannten Festbetragsfestsetzungen). Das erstinstanzliche Urteil, das ausschließlich die Allgemeinverfügung vom 29. Oktober 2004 zum Gegenstand hatte, steht damit nicht mehr zur Überprüfung durch den Senat (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 14. Oktober 2009, L 6 AL 154/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 23 bis 25).

B. Die Klage ist infolge eines Parteiwechsels kraft Gesetzes gegen den jetzigen Beklagten, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zu richten (vgl. schon Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2008, L 9 B 192/08 KR ER, zitiert nach juris). Dementsprechend hatte der Senat das Rubrum umzustellen, die bisherigen Beklagten sind beigeladen worden. Zuständig für die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel ist gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung i.V.m. § 217 f Abs. 1 SGB V nämlich ausschließlich der Spitzenverband Bund der Krankenkassen; den Beigeladenen zu 2) bis 7) fehlt hierzu seit diesem Zeitpunkt jegliche Kompetenz. Zwar bleibt die prozessuale Stellung einer beklagten Behörde grundsätzlich unberührt, wenn nach Erhebung einer Klage eine andere Behörde für den Erlass der streitgegenständlichen Entscheidung zuständig wird. Eine Ausnahme gilt aber jedenfalls dann, wenn der Zuständigkeitswechsel auf einem Organisationsakt der Verwaltung beruht. Organisationsakte in diesem Sinne sind – wie im vorliegenden Fall – gesetzliche oder durch die Verwaltung getroffene Maßnahmen, durch die der bisherige Zuständigkeitsbereich der ursprünglich beklagten Behörde geändert wird (vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Oktober 2002, I R 17/01, zitiert nach juris). Prozessuale Folge dieses Wechsels in der Behördenzuständigkeit ist zumindest bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ein Parteiwechsel kraft Gesetzes, da mit diesen Klagen in der Regel ein auch in die Zukunft gerichtetes Begehren verfolgt wird und maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in diesen Fällen die letzte mündliche Verhandlung ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Juli 2007, B 9/9a SB 2/07 R, zitiert nach juris). Anderes gilt für (reine) Anfechtungsklagen, da diese allein in die Vergangenheit, nämlich auf den Zeitpunkt des angefochtene Bescheides, weisen und sich daher grundsätzlich gegen die den Bescheid erlassende Behörde richten (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O. sowie Urteil vom 5. Juli 2007, B 9/9a SB 2/06 R, zitiert nach juris). Von Letzterem ist jedoch im Falle der Funktionsnachfolge wiederum eine Ausnahme zu machen, da sie zu einer ersetzenden Zuständigkeitsverlagerung führt, wie der vorliegende Rechtsstreit anschaulich belegt. Soweit der Gesetzgeber neue Zuständigkeitszuordnungen vornimmt bzw. die Besetzung von kollegial verfassten Behörden ändert, sind die nunmehr als zuständig bestimmten Behörden in ihrer dem aktuellen Recht entsprechenden Zusammensetzung für alle Entscheidungen in allen Verfahren aus ihrem sachlichen Aufgabenbereich zuständig, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt sich die zu prüfenden Umstände abgespielt haben. Soweit keine Übergangsbestimmungen erlassen werden, treten die neu als zuständig bestimmten Behörden bzw. diese in ihrer neuen Besetzung in vollem Umfang an die Stelle der alten Behörden. Für sämtliche anstehenden Entscheidungen - unter Einschluss von Nebenentscheidungen zu bereits getroffenen Entscheidungen (z.B. zu den Kosten) - sind ausschließlich die nunmehr zuständigen Behörden verantwortlich (im Ergebnis ebenso: Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juli 2007, B 12 P 4/06 R, sowie Urteil vom 9. April 2008, B 6 KA 34/07 R, jeweils zitiert nach juris). Weil den Beigeladenen zu 2) bis 7) ab dem 1. Juli 2008 jegliche Kompetenz im Bereich der Festbetragsfestsetzung genommen wurde, fehlt ihnen seither jede rechtliche Befugnis, die angegriffene Festbetragsfestsetzung zu ändern oder aufzuheben; die Abgabe eines prozessualen (Teil-)Anerkenntnisses etwa wäre rechtlich unzulässig. Hierzu ist nur noch die seit dem 1. Juli 2008 zur Festbetragsfestsetzung gesetzlich ermächtigte Behörde – der Spitzenverband Bund der Krankenkassen – berechtigt.

C. Als Klageart ist grundsätzlich die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. SGG statthaft (vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 13), denn bei der Festbetragsfestsetzung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V handelt es sich um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung nach § 31 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X); die Regelung richtet sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis, nämlich u.a. an Krankenkassen, Ärzte und Versicherte. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet die Festbetragsfestsetzung in Form einer Allgemeinverfügung nicht; insbesondere gebietet Verfassungsrecht nicht, Festbeträge durch Rechtsverordnung festzusetzen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2002, 1 BvL 28, 29, 30/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 99, 126, 131).

Ein Vorverfahren war nicht erforderlich (§ 35 Abs. 7 Satz 3 SGB V).

Soweit der Kläger die Rechtmäßigkeit der vom Beigeladenen zu 1) vorgenommenen Gruppeneinteilung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB V angreift, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, dass eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung unzulässig ist (§ 35 Abs. 7 Satz 4 SGB V). Damit wird eine gerichtliche Überprüfung der Gruppeneinteilung nicht entgegen Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ausgeschlossen, sondern in die spätere gerichtliche Kontrolle der gesamten Festbetragsfestsetzung für ein Arzneimittel einbezogen. Im Rahmen einer Klage gegen die Festsetzung eines Festbetrages kann die Gruppenbildung in vollem Umfang zur Überprüfung gestellt werden (Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 16, unter Hinweis auf BT-Drucksache 11/3480 S. 54).

Der Kläger ist auch klagebefugt im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Grundsätzlich ist eine Klagebefugnis gegeben, sofern rechtlich geschützte Individualinteressen betroffen sind, sei es in Gestalt einfachrechtlicher Schutznormen, sei es in Gestalt grundrechtlicher Gewährleistungen. Ein Eingriff in bloße Reflexrechte reicht zur Bejahung der Klagebefugnis nicht aus, ebenso wenig wie der Eingriff in nur wirtschaftliche, politische, kulturelle oder religiöse Interessen oder ein faktisches Betroffensein. Unzulässig ist eine Klage danach, wenn eine Verletzung eigener Rechte des Klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise in Betracht kommt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, Rdnr. 12, 12a zu § 54 SGG).

Der Kläger ist zwar lediglich früherer Konsument eines von der Festbetragsfestsetzung betroffenen Arzneimittels. Nach den Attesten seines behandelnden Internisten Dr. A erfolgte im Jahre 2005 – also vor mehr als vier Jahren – eine Umstellung von Sortis® 20 mg auf Inegy® 10/20, das der Kläger „bestens verträgt“ und das zu einer „optimalen LDL-Senkung“ führt. Der Sachleistungsanspruch des Klägers gegenüber seiner Krankenkasse nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V wäre somit erfüllt. Der Kläger ist nach dem Vorbringen des behandelnden Arztes optimal versorgt. Ein größeres Nebenwirkungsspektrum wird nicht vom Arzt behauptet, sondern nur vom Kläger gemutmaßt, ohne dass es hierfür nachvollziehbare Anhaltspunkte gibt. Allerdings hat der Kläger eine vertragsärztliche Verordnung für Atorvastatin vom 23. November 2009 vorgelegt. Über diese Verordnung ist er unmittelbar und aktuell von der Festbetragsfestsetzung betroffen, denn sie löst grundsätzlich einen Sachleistungsanspruch für Atorvastatin gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V aus. Vor diesem Hintergrund ist der Kläger jedenfalls in seiner Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz berührt, weil die Freiheit zur Auswahl unter Arznei- und Hilfsmitteln, die ihm als Sachleistung zur Verfügung gestellt werden, eingeengt wird (vgl. insoweit Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2002, 1 BvL 28, 29, 30/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 125).

D. Die Klage bleibt jedoch ohne Erfolg. Die allein streitgegenständliche, aktuell geltende Allgemeinverfügung vom 7. April 2008 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zu messen ist sie an § 35 SGB V in der seit dem 1. Mai 2006 geltenden Fassung (unten 1.). Sowohl formell (unten 2.) als auch materiell (unten 3.) hält sie einer rechtlichen Überprüfung stand.

1. Ihre Rechtsgrundlage findet die angefochtene Allgemeinverfügung vom 7. April 2008 in § 35 Abs. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) mit seinen mit Wirkung vom 1. Mai 2006 eingeführten maßgeblichen Änderungen (BGBl. I, S. 984).

In der Fassung des AVWG lauten § 35 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 1b seit dem 1. Mai 2006 wie folgt (Abs. 1b neu eingefügt; übrige Änderungen unterstrichen):

(1) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. 2In den Gruppen sollen Arzneimittel mit

1. denselben Wirkstoffen,

2. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen,

3. therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen,

zusammengefasst werden; unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel sind zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind. 3Die nach Satz 2 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen; ausgenommen von diesen Gruppen sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. 4Als neuartig gilt ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht. 5Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt auch die nach Absatz 3 notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen. 6 Für die Vorbereitung der Beschlüsse nach Satz 1 durch die Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses gilt § 106 Abs. 4a Satz 3 und 7 entsprechend. 7 Soweit der Gemeinsame Bundesausschuss Dritte beauftragt, hat er zu gewährleisten, dass diese ihre Bewertungsgrundsätze und die Begründung für ihre Bewertungen einschließlich der verwendeten Daten offen legen. 8 Die Namen beauftragter Gutachter dürfen nicht genannt werden.

(1a) 1Für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen kann abweichend von Absatz 1 Satz 4 eine Gruppe nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 mit mindestens drei Arzneimitteln gebildet und ein Festbetrag festgesetzt werden, sofern die Gruppenbildung nur für Arzneimittel erfolgt, die jeweils unter Patentschutz stehen. 2Ausgenommen von der Gruppenbildung nach Satz 1 sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. 3 Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Arzneimittelkombinationen, die Wirkstoffe enthalten, die in eine Festbetragsgruppe nach Absatz 1 oder 1a Satz 1 einbezogen sind oder die nicht neuartig sind.

(1b) 1Eine therapeutische Verbesserung nach Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz und Absatz 1a Satz 2 liegt vor, wenn das Arzneimittel einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Gruppe vorzuziehen ist. 2Bewertungen nach Satz 1 erfolgen für gemeinsame Anwendungsgebiete der Arzneimittel der Wirkstoffgruppe. 3Ein höherer Nutzen nach Satz 1 kann auch eine Verringerung der Häufigkeit oder des Schweregrads therapierelevanter Nebenwirkungen sein. 4Der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung erfolgt aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. 5Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. 6Die Ergebnisse der Bewertung sind in der Begründung zu dem Beschluss nach Absatz 1 Satz 1 fachlich und methodisch aufzubereiten, sodass die tragenden Gründe des Beschlusses nachvollziehbar sind. 7Vor der Entscheidung sind die Sachverständigen nach Absatz 2 auch mündlich anzuhören. 8Vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses aus wichtigem Grund ist die Begründung des Beschlusses bekannt zu machen, sobald die Vorlage nach § 94 Abs. 1 erfolgt, spätestens jedoch mit Bekanntgabe des Beschlusses im Bundesanzeiger. 9Ein Arzneimittel, das von einer Festbetragsgruppe freigestellt ist, weil es einen therapierelevanten höheren Nutzen nur für einen Teil der Patienten oder Indikationsbereiche des gemeinsamen Anwendungsgebietes nach Satz 1 hat, ist nur für diese Anwendungen wirtschaftlich; das Nähere ist in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 zu regeln.

2. Die Festbetragsfestsetzung vom 7. April 2008 ist unter formellen Aspekten rechtmäßig. Die Spitzenverbände der Krankenkassen waren zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügungen, § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V; Rügen gegen das von ihnen durchgeführte Verfahren (insbes. § 35 Abs. 6 i.V.m. § 213 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der 2004 geltenden Fassung: „gemeinsam und einheitlich“) sind nicht erhoben, Mängel auch sonst nicht erkennbar; die für die Festsetzung notwendige Form wurde gewahrt, indem die Festbeträge im Bundesanzeiger Nr. 105 vom 7. Juni 2006 bzw. Nr. 57 vom 15. April 2008 bekannt gemacht wurden, § 33 Abs. 7 Satz 1 SGB V.

3. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung vom 7. April 2008 ist auch materiellrechtlich beanstandungsfrei. Hierfür ist maßgeblich: Rechtmäßig waren ihrerseits die vorangegangenen Allgemeinverfügungen zur Festsetzung von Festbeträgen für die Gruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer vom 29. Oktober 2004 und 10. Februar 2006 sowie vor allem der Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 zur Gruppenbildung der Statine (unten a). Diese Gruppenbildung und damit auch die auf ihr beruhenden Festbetragsfestsetzungen können nur rechtswidrig werden, wenn der Beigeladene zu 1) im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null dazu gezwungen ist, sie aufgrund neuen Rechts oder aufgrund neuer Erkenntnisse aus dem Bereich der evidenzbasierten Medizin zu korrigieren (unten b). Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1) verpflichtet war, die ursprünglich rechtmäßige Einbeziehung von Atorvastatin in die Festbetragsgruppe später aufzuheben (unten c). Beanstandungsfrei ist auch der Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 13. März 2008 mit der in ihm vorgenommenen Aktualisierung der Vergleichsgrößen (unten d). Schließlich ist die Festsetzung der Festbeträge mit der Allgemeinverfügung vom 7. April 2008 auch der Höhe nach rechtmäßig (unten e).

a) Als Ausgangspunkt legt der Senatseiner rechtlichen Bewertung hier das Ergebnis des Rechtsstreits L 9 KR 8/08, Urteil vom 2. Dezember 2009, zugrunde (Streitgegenstand dort: Rechtmäßigkeit der Festbetragsfestsetzungen vom 29. Oktober 2004 und vom 19. Februar 2006; inzident: Beschluss des Beigeladenen zu 1) zur Bildung der Festbetragsgruppe der Statine vom 20. Juli 2004). Die Bildung einer Festbetragsgruppe durch den Beigeladenen zu 1) ist ein Akt der untergesetzlichen Normgebung, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Der der hier streitgegenständlichen Allgemeinverfügung vorausgegangene, ihr zugrunde liegende und ihre Rechtmäßigkeit maßgeblich mitbestimmende Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 sowie die hierauf gründenden (erledigten) Festbetragsfestsetzungen vom 29. Oktober 2004 und 10. Februar 2006 sind frei von Verfahrens- oder Formfehlern. In materieller Hinsicht sind die in der Gruppe enthaltenen fünf Statine pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar; mit der Gruppenbildung war gewährleistet, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen; Atorvastatin ist zwar ein patentgeschützter Wirkstoff, aber kein solcher mit neuartiger Wirkungsweise; auf die Frage der therapeutischen Verbesserung kam es nach der bis zum 30. April 2006 geltenden Rechtslage nicht an; auch die Vergleichsgrößen hat der Beigeladene zu 1) ursprünglich rechtsfehlerfrei ermittelt. Im Einzelnen hat der Senat im Urteil vom 2. Dezember 2009 auf die Klage der Sortis® herstellenden und vertreibenden pharmazeutischen Unternehmen insoweit ausgeführt (vgl. Bl. 29 bis 50 des Urteilsabdrucks zu L 9 KR 8/08, veröffentlicht u.a. bei www.lsg.berlin.brandenburg.de, Pressemitteilung vom 16. Dezember 2009; Revision anhängig zu B 1 KR 7/10 R):

„D. (…)

3. Die Festbetragsfestsetzung vom 29. Oktober 2004 war auch materiell rechtmäßig.

a) Der der Allgemeinverfügung vom 29. Oktober 2004 vorausgegangene, ihr zugrunde liegende und ihre Rechtmäßigkeit maßgeblich mitbestimmende Beschluss des Beigeladenen zu 1) zur Bildung der Festbetragsgruppe der Statine vom 20. Juli 2004 verletzt die Klägerinnen jedenfalls nicht in ihren Rechten. Die Bildung einer Festbetragsgruppe durch den Beigeladenen zu 1) ist ein Akt der untergesetzlichen Normgebung (unten aa), der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (unten bb). Der Beschluss vom 20. Juli 2004 ist frei von Verfahrens- oder Formfehlern (unten cc). Materiellrechtlich hat der Beigeladene zu 1) die Vorgaben aus § 35 SGB V teilweise verkannt, doch ist damit keine Verletzung von subjektiven Rechten der Klägerinnen verbunden (unten dd).

aa) Aus den oben zitierten Vorschriften (§ 35 Abs. 1 Sätze 1 und 5 SGB V) ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1) die nach § 35 Abs. 1 bis 2 SGB V zu treffenden Entscheidungen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zu bestimmen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung der mit dieser Frage befassten Senate des Bundessozialgerichts stellen die Arzneimittelrichtlinien untergesetzliche Rechtsnormen dar (vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 16. September 1997, 1 RK 32/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 25, 32; Urteil vom 26. Januar 2006, B 3 KR 4/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20; Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 28). Mit der „Verbindlicherklärung“ in § 91 SGB V hat auch der Gesetzgeber die Rechtsnormqualität der Richtlinien des Beigeladenen zu 1) außer Frage gestellt (§ 91 Abs. 9 SGB V in der Fassung vom 1. Januar 2004 bis 30. Juni 2008; § 91 Abs. 6 SGB V in der seitdem geltenden Fassung; vgl. hierzu Beck in jurisPK-SGB V, § 91 Rdnr. 60; Beier, ebd., § 92 Rdnr. 18 ff.; s.a. Engelmann, MedR 2006, S. 245 [248]).

Die Verfassungsmäßigkeit dieser besonderen Form der Rechtsetzung in den Richtlinien des Beigeladenen zu 1) ist höchstrichterlich abschließend geklärt (vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 58, m.w.N.). Die Normsetzung durch den Beigeladenen zu 1) ist Teil eines umfassenden gesetzlichen Konzepts, nach dem auf der Grundlage der Vorgaben im SGB V die für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten mit Sach- und Dienstleistungen erforderlichen Regeln durch die Partner der Versorgung in Normativverträgen vereinbart oder von Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung dieser Partner in Gestalt von Richtlinien getroffen werden. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht speziell für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung mit Urteil vom 17. Dezember 2002 das System der Festsetzung von Festbeträgen (§§ 35 ff. SGB V)als verfassungskonform bewertet (Urteil vom 17. Dezember 2002, 1 BvL 28 bis 30/95, BVerfGE 106, 275). Bei der Anwendung der Festbetragsregelung greifen die Normsetzungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1) (Zusammenstellung von Gruppen von Arzneimitteln mit denselben und vergleichbaren Wirkstoffen nach § 92 Abs. 2§ 35 Abs. 1 SGB V) und die eigentliche Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände bzw. heute den Spitzenverband Bund (§ 35 Abs. 3 SGB V) ineinander. Obwohl die Kompetenzen des Beigeladenen zu 1) im Rahmen des Festbetragsfestsetzungsverfahrens nicht ausdrücklich angesprochen werden, kann ausgeschlossen werden, dass das Bundesverfassungsgericht prinzipielle verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Befugnisse des Beigeladenen zu 1) in diesem Bereich hat. Denn dessen Regelungen über die mit Festbeträgen zu versehenden „Gruppen von Arzneimitteln“ gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V sind notwendige Vorstufen für die vom Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfte und nicht beanstandete Festbetragsfestsetzung. Ohne die vorgelagerte Entscheidung des Beigeladenen zu 1) kann eine Festsetzung der Festbeträge durch die Spitzenverbände der Krankenkassen (§ 35 Abs. 3 SGB V) nicht erfolgen.

bb) Dass die Entscheidungen des beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses im Rahmen von § 35 SGB V untergesetzliche Normgebung darstellen, hat entscheidenden Einfluss auf den Prüfungsmaßstab, den der Senat im Rahmen der rechtlichen Kontrolle anzulegen hat. Die Richtliniensetzung des Beigeladenen zu 1) erfolgt nämlich – wie andere untergesetzliche Normgebung auch – im Rahmen eines gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Gestaltungsspielraumes (vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 8 Rdnr. 38; Beier, a.a.O., § 92 Rdnr. 38; Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 67 ff. [Erlass von Therapiehinweisen]; Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 20/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 31 [Überprüfung einer EBM-Ä-Regelung]; Urteil vom 19. März 2002, B 1 KR 36/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 29 [Leistungsausschluss für Hippotherapie]). Daher sind die Richtlinien des Beigeladenen zu 1) von den Gerichten im Wesentlichen nur darauf zu überprüfen, ob die maßgeblichen Verfahrens- und Formvorschriften eingehalten sind, sich die untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 68). Somit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Beigeladenen zu 1) getroffenen Wertungen setzen, was sich insbesondere bei Handhabung und Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe auswirkt; ansonsten drohte eine funktionswidrige Einengung der gesetzgeberisch gewollten Gestaltungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1) als paritätisch und sachverständig besetztem und rechtsfähigem Beschlussgremium (vgl. § 91 Abs. 1 SGB V; s.a. Engelmann, a.a.O., S. 249 f.). Nicht nur dem parlamentarischen Gesetzgeber, sondern auch anderen Normgebern steht bei der ihnen überantworteten Rechtsetzung generell weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren ist und von dieser nur in Ausnahmefällen korrigiert werden darf.

Der Gestaltungsspielraum eines Normgebers ist um so mehr zu beachten, wenn – wie hier – Regelungen über die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme betroffen sind oder wenn es um die Bewältigung besonders komplexer Sachverhalte geht. Dabei darf nicht übersehen werden, dass gerade im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung der Aufgabe, durch normative Vorgaben die Funktionsfähigkeit dieses Sozialleistungssystems zu erhalten, ein sensibles, hochrangig einzustufendes Gemeinschaftsgut darstellt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 20/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 32).

Dieser eingeengte Prüfungsmaßstab führt dazu, dass der Senat die Wertungen des Beigeladenen zu 1) bei der Anwendung von § 35 Abs. 1 SGB V hinzunehmen hat, so lange sie verfahrensfehlerfrei und unter Anwendung beanstandungsfreier Maßstäbe getroffen wurde; wissenschaftliche medizinische oder pharmakologische Streitigkeiten sind nicht vom Senat zu entscheiden; maßgeblich ist nur, ob die vom Beigeladenen zu 1) bezogene Position beurteilungsfehlerfrei war. Die gerichtliche Sachaufklärung beschränkt sich in diesem Fall auf die Frage, ob der Beigeladene zu 1) den Sachverhalt, insbesondere die maßgeblichen Auffassungen in der medizinischen Wissenschaft zur pharmakologischen Wirkstoffbewertung, vollständig ermittelt und die vorhandenen relevanten Studien ausgewertet hat und ob deren Würdigung bzw. die Gründe, aus denen der Beigeladene zu 1) von deren Einbeziehung abgesehen hat, nachvollziehbar sind. Damit unterliegt die Vollständigkeit der Ermittlungen zum Stand der medizinisch-pharmakologischen Erkenntnisse uneingeschränkter gerichtlicher Nachprüfbarkeit; die Bewertung des zuvor festgestellten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft dagegen ist nur eingeschränkt gerichtlich nach zu prüfen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 73, 74). Gleichzeitig ist ohne Bedeutung, wie ein vom Gericht bestellter Sachverständiger aus seiner Sicht die in Rede stehenden Wirkstoffe bewerten würde. Es geht nämlich nicht um die sachverständige Beurteilung etwa eines einzelnen Behandlungsfalles, sondern um die auf genereller Ebene angesiedelte Beurteilung, ob und gegebenenfalls bei welchen Patientengruppen nach dem Stand der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft die Wirkstoffe vergleichbar und vergleichbar wirksam sind (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 76; Sozialgericht Dresden, Urteil vom 10. Juli 2008, S 18 KR 372/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24). Letztlich hat der Senat damit nicht selbst zu entscheiden, wie der Stand der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft zu bestimmten Einzelfragen zu bewerten ist; zu entscheiden ist nur, ob der Beigeladene zu 1) diese Fragen beurteilungsfehlerfrei beantwortet hat. Diese begrenzte gerichtliche Nachprüfbarkeit hat das Sozialgericht in seiner mit der Berufung angegriffenen Entscheidung nicht durchgehend beachtet.

cc) Die sich aus § 35 SGB V ergebenden Verfahrens- und Formerfordernisse hat der Beigeladene zu 1) im Rahmen des Beschlusses vom 20. Juli 2004 gewahrt.

aaa) Das auf den Erlass einer untergesetzlichen Rechtsnorm gerichtete Verfahren des Beigeladenen zu 1) ist kein Verwaltungsverfahren nach § 8 SGB X wie das darauf aufbauende und sich anschließende Verfahren der Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen. Die sich aus dem SGB X ergebenden Vorschriften über das Verwaltungsverfahren und den Verwaltungsakt – etwa § 24 SGB X (Anhörung) und § 25 SGB X (Akteneinsichtsrecht) – sind daher nicht auf die Gruppeneinteilung nach § 35 Abs. 1 SGB V durch den Beigeladenen zu 1) anzuwenden. Dieser hat hier zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Offenlegung der Erwägungen eines Normgebers - also insbesondere durch Akteneinsicht - grundsätzlich nicht geboten ist. Etwas anderes folgt weder einfach-gesetzlich noch aus Gründen des Verfassungsrechts. Dies liegt darin begründet, dass bei (untergesetzlichen) Rechtsnormen nur entscheidend ist, ob die Regelung sachlich gerechtfertigt ist. Ihr müssen objektiv ausreichende Erwägungen zugrunde liegen und die zur Erreichung der verfolgten Ziele gewählten Mittel müssen angemessen sein. Die mangelnde Offenlegung, insbesondere durch Nichtgewährung einer Akteneinsicht, als solche berührt die Wirksamkeit der Norm hingegen nicht (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 24. Senat, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 80). Wenn damit schon keine Akteneinsicht beansprucht werden konnte, geht erst recht die Rüge der Klägerinnen ins Leere, der Beigeladene zu 1) habe seine Akten nicht ordnungsgemäß geführt. Denn erstens kann ein Normunterworfener keine bestimmte Aktenführung seitens des Normgebers beanspruchen, zweitens enthalten die dem Gericht vom Beigeladenen zu 1) übersandten Akten sämtliche essentiellen Bestandteile und drittens würde eine unzureichende Aktenführung ohnehin nicht zur Nichtigkeit der untergesetzlichen Rechtsnorm führen können.

bbb) Zudem bedarf Normsetzung zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich keiner Begründung. Für eine öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügung ergibt sich dies aus § 35 Abs. 2 Nr. 5 SGB X (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 38; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 24. Senat, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 78). Einer besonderen (gemeinschaftsrechtlichen) Begründungspflicht unterliegen die Festbetragsfestsetzung oder die ihr zugrunde liegende Gruppeneinteilung entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch nicht aufgrund der Transparenz-Richtlinie (Richtlinie 89/105 EWG vom 21. Dezember 1988,gültig ab 27. Dezember 1988,ABl. L 040 vom 11. Februar 1989, S. 8–11). Wie das Bundessozialgericht im Zusammenhang mit § 35 SGB V bereits entschieden hat (Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 35 bis 38; vgl. auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 88 bis 98) sind weder Art. 6 noch Art. 7 der Transparenz-Richtlinie einschlägig, denn durch die Festbeträge wird nicht die Abgabefähigkeit der preislich darüber liegenden Medikamente zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt ausgeschlossen, vielmehr werden lediglich die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Kosten begrenzt. Außerdem wird die Verordnungsfähigkeit eines nicht auf das Festbetragsniveau abgesenkten Arzneimittels zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht berührt; mit dem Festbetrag wird auch kein rechtlicher Zwang zur Preissenkung ausgelöst.

ccc) Beachtet hat der Beigeladene zu 1) auch die in § 35 Abs. 2 SGB V abschließend umschriebenen Verfahrensregelungen. Danach ist Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker vor der Entscheidung des Beigeladenen zu 1) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Dieses Verfahren dient ähnlich der Anhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens dazu, den besonderen Sachverstand der bezeichneten Berufsgruppen- und Interessenvertreter bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrages zu nutzen. Dies erfordert, dass der Beigeladene zu 1) den Regelungsgegenstand und die dazu beabsichtigten Regelungen kundtut. Er darf sich auf die eingegangenen Stellungnahmen beschränken; er ist also grundsätzlich nicht verpflichtet, eigene Sachverständige zu bestellen, insbesondere wenn Stellungnahmen nicht von jedem der in § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB V genannten Stellungnahmeberechtigten vorliegen. Soweit das Gesetz verlangt, die Stellungnahmen in die Entscheidung einzubeziehen, ist ausreichend, dass sich der Beigeladene zu 1) damit auseinandersetzt, sie erwägt, sich gegebenenfalls zur Auswertung eines Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft bedient, sofern er auf weitere Sachkunde angewiesen ist, und auf deren Grundlage die erforderlichen Entscheidungen trifft. Eine solche Entscheidung kann verfahrensrechtlich allenfalls dann zu beanstanden sein, wenn sie sich willkürlich und ohne nachvollziehbaren Grund über Stellungnahmen hinwegsetzt.

Letzteres ist hier aber nicht gegeben. Der Beigeladene zu 1) hat den Klägerinnen wie auch anderen Betroffenen hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zur Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen hat er sich sodann in nicht zu beanstandender Weise der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ), eines ständigen Ausschusses der Bundesärztekammer, bedient, die in ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2004 ein eigenverantwortliches Votum abgegeben hat. Unerheblich ist, dass die AKdÄ offenbar „nachgearbeitet“ hat, indem sie dem Beigeladenen zu 1) eine zweite Fassung ihrer Stellungnahme hat zukommen lassen, denn beide Fassungen unterscheiden sich nur in Nuancen und finden zum selben tragenden Ergebnis.

Prof. K mag sein Gutachten vom 2. Juli 2004 als Mitglied der AKdÄ in deren Auftrag erstattet haben, doch ist allein maßgeblich, zu welchem Votum die AKdÄ intern gefunden hat, denn nur dieses abschließende Ergebnis war dem Beigeladenen zu 1) als Stellungnahme zu übermitteln. Dem Beigeladenen zu 1) oblag es nicht, neben der eigentlichen Stellungnahme der AKdÄ noch sämtliche für diese intern erstellten Papiere zur Kenntnis zu nehmen und inhaltlich zu erwägen; dies liefe dem Zweck des Ersuchens an die AKdÄ, ein Votum zur Gruppenbildung abzugeben, zuwider. Außerdem entspricht es allgemeinen Verfahrensgrundsätzen, interne Stellungnahmen und Gutachten, die zur Vorbereitung der Entscheidung eines Kollegialorgans abgegeben werden, nicht nach außen hin zur maßgeblichen Grundlage einer Entscheidung zu machen.

Ob der Beigeladene zu 1) das Gutachten von Professor W vom 12. Juni 2004 in seinen Entscheidungsprozess hätte einbinden und ihm gegebenenfalls sogar hätte folgen müssen, ist nicht als Aspekt formeller Rechtmäßigkeit anzusehen, sondern wird im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 20. Juli 2004 unter der Fragestellung zu beantworten sein, ob der Beigeladene zu 1) bei Subsumtion unter die einzelnen Merkmale des § 35 Abs. 1 SGB V das zur Verfügung stehende Erkenntnismaterial fehlerfrei gewürdigt hat.

Auf dem Weg zur Entscheidungsfindung (bzw. zur Normgebung) vermag der Senat danach keinen ins Gewicht fallenden Verfahrensfehler zu erkennen. Für eine „unzureichende Sachaufklärung“ oder eine „unzulässige Vorabfestlegung“ ist schlechthin nichts zu ersichtlich. Aus dem Umstand, dass der Beigeladene zu 1) dem gesetzgeberischen Auftrag, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung zu gewährleisten, entschieden und mit Nachdruck nachgeht, kann nicht gleichsam automatisch Voreingenommenheit und Willkür abgeleitet werden. Die Aspekte formeller Rechtmäßigkeit waren insgesamt in den Schriftsätzen der Verfahrensbeteiligten weit überbetont, denn nicht ansatzweise lassen sich eine Nichtigkeit der Normsetzung begründende Verfahrensfehler erkennen.

dd) Materiellrechtlich ist die Festbetragsgruppenbildung durch den Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 nicht zu beanstanden. Die in der Gruppe enthaltenen fünf Statine sind pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar (unten aaa); mit der Gruppenbildung bleibt gewährleistet, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (unten bbb); Atorvastatin ist zwar ein patentgeschützter Wirkstoff, aber kein solcher mit neuartiger Wirkungsweise; auf die Frage der therapeutischen Verbesserung kommt es bei der hier maßgeblichen (alten) Rechtslage nicht an (unten ccc); die Vergleichsgröße wurde rechtsfehlerfrei ermittelt (unten ddd).

aaa) Zu Recht ist der Beigeladene zu 1) bei seiner Gruppeneinteilung von einer Vergleichbarkeit der fünf in der Gruppe enthaltenen Statine ausgegangen. Maßgeblich ist insoweit § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V, der eine Zusammenfassung von „Arzneimitteln mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen“ erlaubt. Der Wortlaut des Gesetzes gebietet damit einen kombinierten Prüfansatz, indem es auf pharmakologische und auf therapeutische Aspekte ankommt.

Vor diesem Hintergrund erweisen sich die vom Beigeladenen zu 1) bei der Gruppenbildung herangezogenen Maßstäbe als beanstandungsfrei; die getroffene Wertung ist frei von Willkür und sonstigen Beurteilungsfehlern. Sowohl die pharmakologischen als auch die therapeutischen Eigenschaften der verschiedenen Wirkstoffe belegen ihre Vergleichbarkeit.

Im Rahmen seiner „Entscheidungsgrundlagen der Festbetragsgruppenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V (…)“ vom 15. Juni 2004 hat der Beigeladene zu 1) zutreffend erkannt, dass eine Gruppierung auf der Wirkstoff-Ebene nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit, insbesondere chemische Verwandtschaft erfordert. Als Ausgangspunkt für die Feststellung der Vergleichbarkeit wird die anatomisch-therapeutisch-chemische Klassifikation der WHO (siebenstelliger ATC-Code) nach Maßgabe des § 73 Abs. 8 Satz 5 SGB V herangezogen. Weiter wird gesondert nach pharmakologischer Vergleichbarkeit, hier insbesondere nach chemischer Verwandtschaft, und nach therapeutischer Vergleichbarkeit gefragt. Der pharmakologische Aspekt soll die Pharmakokinetik und die Pharmakodynamik berücksichtigen. Chemische Verwandtschaft soll grundsätzlich auch bei unterschiedlichen Herstellungsverfahren gegeben sein. Die therapeutische Vergleichbarkeit schließlich soll sich ganz wesentlich nach der jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung richten. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass diese vom Beigeladenen zu 1) abstrakt gesetzten Prämissen unzutreffend wären; vielmehr werden sie der gesetzlichen Vorgabe in jeder Hinsicht gerecht.

Die Gruppenbildung orientiert sich an den abstrakten Vorgaben und setzt sie detailliert um. Auf der Grundlage des ATC-Indexes verfügen die Wirkstoffe Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin über die Codes C10AA01, C10AA02, C10AA03, C10AA04 und C10AA05. In der ausführlichen schriftlichen Begründung des Beschlusses vom 29. Oktober 2004, die sich eingehend mit den im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwänden auch der Klägerinnen auseinandersetzt, heißt es insoweit, im Wesentlichen unter Berufung auf die Stellungnahme der AKdÄ vom 5. Juli 2004:

„Der ATC-Code ist weiterhin als Orientierungshilfe für die Gruppenbildung geeignet. Bei auf dieser Basis vorgeschlagenen Gruppen (vierte Ebene) ist ergänzend zu prüfen, ob unter pharmakologisch-therapeutischen Aspekten bestimmte Wirkstoffe (fünfte Ebene) wegen einer relevanten therapeutischen Verbesserung oder wegen therapeutisch relevanter geringerer Nebenwirkungen von der Gruppenbildung gänzlich ausgenommen werden müssen oder ob Untergruppen zu bilden sind. Nach der Gesetzessystematik erfolgt die Gruppenbildung auf der Ebene von Wirkstoffen. Daher sind grundsätzlich auch Gruppenbildungen zulässig für Wirkstoffgruppen, die auf der vierten Ebene identisch, aber bei übergeordneten Klassifikationsmerkmalen unterschiedlich sind.

Für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer (vierte Ebene) bestätigt z.B. die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, dass die Wirkstoffe Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin (fünfte Ebene) das gesetzliche Kriterium nach § 35 Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz SGB V erfüllen und eine weitergehende Differenzierung nicht erforderlich ist. Bei Festbetragsgruppen der Stufe zwei ist ergänzend das gesetzliche Kriterium „insbesondere chemisch verwandte Stoffe“ zu berücksichtigen. Eine chemische Verwandtschaft erstreckt sich nicht nur auf Molekülvariationen aus kombinatorischen Syntheseverfahren, sondern schließt auch Strukturformen ein, die auf Verfahren der Gentechnik oder des „molecular modeling“ beruhen. So haben alle Statine nicht nur eine gemeinsame b-, d- Dihydroxy-n-Carbonsäure-Struktur, sondern darüber hinaus auch eine gemeinsame molekulare räumliche Struktur, die erst die spezifische Interaktion Wirkstoff - Enzym ermöglicht. Insoweit genügt die auf Basis des ATC-Codes gebildete Festbetragsgruppe „HMG-CoA-Reduktasehemmer“ allen gesetzlichen Anforderungen.“ (S. 14 f.)

Alle CSE-Hemmer besitzen ein vergleichbares Wirkungsprofil: Durch Hemmung der HMG-CoA-Reduktase werden Vorstufen von Cholesterin verringert synthetisiert. Die daraus resultierende Verarmung an interzellulärem Cholesterin führt zu einer Zunahme von LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche. Die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Zelle wird hierdurch erhöht. Daneben werden Cholesterin-unabhängige pleiotrope Effekte auf Gefäßendothel, Gerinnung und entzündliche Vorgänge in den Gefäßplaques vermutet, deren Bedeutung bislang noch nicht hinreichend bewertbar ist. Unterschiede in der Wirksamkeit sind für die Statine bislang nicht anhand von Studien zu klinisch relevanten Endpunkten belegt worden. Somit liegen keine hinreichenden Befunde in Bezug auf Pharmakodynamik, Pharmakokinetik, Nebenwirkungsspektrum und Interaktionsprofil vor, die eine Sonderstellung eines der Wirkstoffe begründen könnte.“ (S. 21)

Diese Begründung für eine „Vergleichbarkeit“ der Wirkstoffe im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V hält der Senat in dem Sinne für tragfähig, dass die getroffene Bewertung nachvollziehbar erscheint, sich an den zu billigenden Maßstäben orientiert und keine Denkfehler erkennen lässt oder entscheidungserheblichen Sachverhalt willkürlich ausblendet.

So durfte der Beigeladene zu 1) im Rahmen der Pharmakokinetik eine Sonderstellung von Atorvastatin ausschließen, denn selbst wenn Atorvastatin eine besonders lange Halbwertszeit und eine besondere Wirkstärke durch seine aktiven Metaboliten besitzen sollte, wäre dies unerheblich, weil dies keine therapeutische Relevanz nach sich zöge. Jeder der in der Festbetragsgruppe zusammengefassten Wirkstoffe wird nämlich nur einmal täglich verabreicht, was auf eine ausreichende klinische Wirkung bezüglich der Wirkstoffkonzentrationen innerhalb von 24 Stunden hinweist. Außerdem ist nicht belegt, dass aktive Metabolite, die auch in Lovastatin und Simvastatin enthalten sind, zu verbesserter Wirksamkeit führen. Auch die Pharmakodynamik (den Wirkmechanismus) der Wirkstoffe der Festbetragsgruppe durfte der Beigeladene zu 1) für vergleichbar halten, denn alle Wirkstoffe hemmen die HMG-CoA-Reduktase, haben also Auswirkungen auf das geschwindigkeitsbestimmende Enzym der endogenen Cholesterinsynthese. Die chemische Verwandtschaft der fünf Wirkstoffe belegt die Beschlussbegründung nachvollziehbar.

Für die therapeutische Vergleichbarkeit schließlich durfte der Beigeladene zu 1) entscheidend berücksichtigen, dass sämtliche Wirkstoffe jedenfalls für ein gemeinsames Anwendungsgebiet, die Hypercholesterinämie, zugelassen sind. Der Senat hält es methodisch in besonderem Maße für überzeugend und zugleich für rechtlich zwingend, bei der Bestimmung der therapeutischen Vergleichbarkeit maßgeblich auf die arzneimittelrechtliche Zulassung und damit den Inhalt der Fachinformation abzustellen; nur so wird berücksichtigt, dass die Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) den rechtlichen Rahmen der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels und in diesen Grenzen dessen Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt. Das Krankenversicherungsrecht verzichtet nämlich bei der Arzneimittelversorgung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit an das Arzneimittelrecht an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments abhängig macht (§ 21 Abs. 2 AMG). Da dies dieselben Kriterien sind, an denen die Leistungen der Krankenversicherung gemessen werden, kann bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung davon ausgegangen werden, dass damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt sind. Unbeschadet der unterschiedlichen Zielsetzung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht rechtfertigt dies die Vorgreiflichkeit der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Anwendung eines Medikaments im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2002, B 1 KR 37/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 11). Diese Verknüpfung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten beanstandungsfrei (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1997, 1 BvR 1071/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 10). In der arzneimittelrechtlichen Zulassung liegt somit ein verlässliches, eindeutiges und zugängliches Kriterium nicht nur für die Beurteilung der Wirksamkeit, sondern gerade auch der Vergleichbarkeit bestimmter Wirkstoffe im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V. Kriterium für die Zulassung eines Arzneimittels ist nach § 25 Abs. 2 Nr. 4 AMG nämlich insbesondere auch die therapeutische Wirksamkeit, also die Fähigkeit, einen bestimmten Krankheitszustand in Richtung auf das erwünschte Behandlungsziel zu beeinflussen. Konkret besitzen alle fünf in der Festbetragsgruppe zusammengefassten Statine eine Zulassung für das Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie; schon daraus ergibt sich die therapeutische Vergleichbarkeit. Atorvastatin besitzt zudem seit Mai 2006 (also nach dem hier relevanten Zeitraum Januar 2005 bis März 2006) eine Zulassung auch für das Anwendungsgebiet der Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen; über eine Zulassung für dieses Anwendungsgebiet verfügen aber auch die Konkurrenzwirkstoffe Fluvastatin, Pravastatin und Simvastatin, so dass auch insoweit für Atorvastatin keine Sonderstellung beansprucht werden kann.

Hiervon abgesehen hat das Sozialgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung zu Recht angeführt, dass „vergleichbar“ nicht „austauschbar“ oder „gleich“ heiße, sondern eben nur „sich mit etwas anderem vergleichen lassend“; Vergleichbarkeit sei schon gegeben, wenn sich verschiedene Dinge einem gemeinsamen Bezugspunkt unterstellen ließen. Zwar kann es hier für den Senat aufgrund der eingeschränkten Kontrolldichte nur darauf ankommen, die vom Beigeladenen zu 1) gewählten Maßstäbe und ihre konkrete Handhabung auf Beurteilungsfehler zu prüfen; gleichwohl erscheint auch die vom Sozialgericht unter Berücksichtigung einschlägigen Schrifttums gewählte Definition der Vergleichbarkeit sachgerecht: Pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar sollen Wirkstoffe sein, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden und die einerseits entweder in ihrer Art oder ihrem chemischen Aufbau, dass heißt ihrer molekularen Grundstruktur, oder ihren Wirkungen, und andererseits im Hinblick auf die zu heilende oder lindernde Krankheit, also bezüglich der Anwendungsgebiete, zumindest eine Gemeinsamkeit aufweisen. Zu Recht hat das Sozialgericht weiter gezeigt, dass alle Statine unstreitig eine ähnliche Wirkung bzw. einen übereinstimmenden Wirkmechanismus aufweisen, da sie die HMG-CoA-Reduktase hemmen. Übereinstimmung besteht, gemessen an der insoweit maßgeblichen jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung, auch in jedenfalls einem Anwendungsgebiet, nämlich in der Behandlung der primären und der kombinierten Hypercholesterinämie. All dies genügt, um die Annahme einer Vergleichbarkeit beurteilungsfehlerfrei zu begründen. Aufgrund der chemischen Verwandtschaft sowie angesichts des im wesentlichen deckungsgleichen Zulassungsbereichs aller Statine gibt es schlechthin keinen Ansatzpunkt, der bei Beurteilung der „Vergleichbarkeit“ eine Sonderstellung von Atorvastatin auch nur erwägenswert erscheinen ließe.

bbb) Zu Recht hat der Beigeladene zu 1) auch angenommen, dass die Gruppeneinteilung Therapiemöglichkeiten nicht einschränkt und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (§ 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V). Der Senat folgt insoweit dem vom Sozialgericht in der erstinstanzlichen Entscheidung entwickelten normgerechten Begriffsverständnis, wonach gemäß § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V nur ein solches Arzneimittel von der Gruppenbildung auszunehmen ist, das eine arzneimittelrechtliche Zulassung in einem Bereich besitzt, für das kein anderes Arzneimittel eine Zulassung besitzt, so dass eine medizinisch notwendige Verordnungsalternative nicht zur Verfügung steht und dieses Arzneimittel für das fragliche Anwendungsgebiet die einzige Therapiemöglichkeit darstellt; geboten, vorhersehbar und kontrollierbar ist der zulassungsbezogene Prüfansatz auch hier. Notwendig ist also, dass ein Arzneimittel zur Behandlung von Versicherten durch ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht gleichwertig ersetzt werden kann, weil es für die ärztliche Therapie bestimmter Erkrankungen generell oder auch nur in bestimmten, nicht seltenen Konstellationen unverzichtbar ist (vgl. insoweit ausdrücklich in Zusammenhang mit § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB V und dem Begriff der „medizinisch notwendigen Verordnungsalternative“: Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 Kr 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 29). Die weitergehende Auffassung, dass medizinisch notwendige Verordnungsalternativen eine freie Austauschbarkeit der gruppierten Wirkstoffe beinhalte, hält der Senat nicht für sachgerecht, weil sie schon mit dem Grundgedanken der Gruppenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V kollidiert, wonach es nur auf die Vergleichbarkeit, nicht aber auf die Identität der Wirkstoffe ankommt (vgl. Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 16).

Hieran gemessen ist die Entscheidung des Beigeladenen zu 1) zur Bildung der Festbetragsgruppe der Statine nicht zu beanstanden, denn die Gruppeneinteilung führt nicht zur Einschränkung von Therapiemöglichkeiten; medizinisch notwendige Verordnungsalternativen stehen im Rahmen der ärztlichen Behandlung nach wie vor zur Verfügung. Atorvastatin war im hier zu prüfenden Zeitraum (1. Januar 2005 bis 31. März 2006) nämlich für kein Behandlungsgebiet zugelassen, für das nicht wenigstens ein anderes Statin zugelassen war. Gleichzeitig erlaubt die arzneimittelrechtliche Zulassung von Atorvastatin keinen Rückschluss darauf, dass ausschließlich mit diesem Wirkstoff – etwa in Hochdosierung – besondere Patientenkollektive zu erschließen seien. Ebenso wenig kommt es unter dem Aspekt der Nebenwirkungen zu einer Einengung der Therapiemöglichkeiten, denn der Fachinformation für Atorvastatin ist im Vergleich zu denen der übrigen Statine der Gruppe kein Vorteil im Hinblick auf das Nebenwirkungsspektrum zu entnehmen; dies wird im Übrigen auch von den Klägerinnen nicht behauptet.

ccc) Auch im Lichte von § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V ist die Gruppeneinteilung beurteilungsfehlerfrei. Zwar handelt es sich bei Atorvastatin um einen noch bis 2011 patentgeschützten Wirkstoff. Allerdings ist die Wirkungsweise von Atorvastatin nicht gleichzeitig „neuartig“ und eine „therapeutische Verbesserung“.

Der Senat ist der Überzeugung, dass § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V in der hier maßgeblichen, bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung in Bezug auf die Konjunktion „und“ so zu verstehen ist, dass gleichzeitig (kumulativ) „Neuartigkeit“ der Wirkungsweise und „therapeutische Verbesserung“ vorliegen mussten, um die Aufnahme eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB V auszuschließen. Die Auslegung eines „und“ als „oder“ verstieße schlechthin gegen die in der juristischen Methodenlehre anerkannte Regel, dass der Wortlaut einer Norm ihrer Auslegbarkeit strikte Grenzen setzt. Diese Grenze wäre überschritten, läse man hier das „und“ als „oder“. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die ausführliche und überzeugende Argumentation des Sozialgerichts im mit der Berufung angefochtenen Urteil, dort Punkt I. 1. c), Bl. 20 unten bis 26 oben des Umdrucks, wo in überzeugender systematischer Auslegung der Vorschrift auch auf die Regelung in § 35 Abs. 1a SGB V eingegangen und nachgewiesen wird, dass die Lesweise als „und“ in § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V zwingend ist (siehe auch Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 26).

Erst mit Wirkung vom 1. Mai 2006 hat der Gesetzgeber das Erfordernis des kumulativen Vorliegens beider Tatbestandsvoraussetzungen aufgegeben, indem das „und“ durch ein „oder“ ersetzt worden ist. Dass der Gesetzgeber selbst diese Änderung nur als Klarstellung bezeichnet hat (BTDrs. 16/194, Seite 7), ist dabei unerheblich. Es liegt nicht in der Interpretationsmacht des Gesetzgebers des Jahres 2006 zu bestimmen, wie für die Vergangenheit eine Norm zu verstehen sein soll, die der Gesetzgeber des Jahres 1988 erlassen hat.

Danach kommt es für den Zeitraum der ersten Festbetragsgeltung vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 nicht auf die „therapeutische Verbesserung“ an, denn es fehlt bereits an der „Neuartigkeit“ der Wirkungsweise von Atorvastatin. Nach § 35 Abs. 1 Satz 4 SGB V gilt als neuartig ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht. Diese Voraussatzungen waren für Atorvastatin zu Beginn des Jahres 2005 nicht gegeben, denn zwar genießt es selbst bis 2011 Patentschutz, doch als erster der Gruppe der Statine wurde Lovastatin in Verkehr gebracht, das schon vor 2003 patentfrei war.

Aus alledem ergibt sich gleichzeitig, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seines Beschlusses vom 20. Juli 2004 aufgrund der fehlenden „Neuartigkeit“ von Atorvastatin die Frage der therapeutischen Verbesserung nicht prüfen durfte. Die in der Beschlussbegründung analysierte Studienlage ist insoweit unerheblich. Dass der Beigeladene zu 1) gleichwohl eine therapeutische Verbesserung geprüft hat, ist rechtswidrig. Dies führt jedoch nicht etwa zum Erfolg der Klage, denn mit der Rechtswidrigkeit geht keine Rechtsverletzung auf Seiten der Klägerinnen einher. Die zusätzliche Prüfung der mit Atorvastatin verbundenen therapeutischen Verbesserung ist den Klägerinnen gegenüber ein ausschließlich positiv wirkender Umstand; mit Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals hat der Beigeladene zu 1) nämlich engere Tatbestandsvoraussetzungen als erforderlich zum rechtlichen Maßstab erhoben. Damit kommt es auch auf etwaige, von den Klägerinnen schriftsätzlich ausführlich behauptete Fehlwertungen in diesem Zusammenhang nicht an. Insbesondere kommt es nicht darauf an, wie Prof. Dr. W, dessen Gutachten vom 12. Juni 2004 seit dem 13. Juni 2004 (und damit vor Beschlussfassung am 20. Juli 2004) beim Beigeladenen zu 1) vorlag, die Frage der therapeutischen Verbesserung in Auswertung der Studienlage beurteilte. Somit war der Senat auch nicht gehalten, dem Hilfsantrag der Klägerinnen nachzukommen und aufzuklären, ob Prof. Dr. Konrad W im Jahre 2004 vom Beigeladenen zu 1) mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Frage der Festbetragsgruppenbildung für Statine beauftragt worden ist. Dieser Umstand ist nicht entscheidungserheblich.

ddd) Auch mit seiner Entscheidung der Vergleichsgrößenbildung hat der Beigeladene zu 1) beurteilungsfehlerfrei gehandelt. § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V benennt zwar als zulässige Vergleichsgröße ausdrücklich die rechnerische mittlere Tages- oder Einzeldosis. Die Vorschrift lässt aber auch andere geeignete Vergleichsgrößen nach Maßgabe eines Gestaltungsspielraumes des Beigeladenen zu 1) zu. Die Vergleichsgrößen dienen dem Zweck sicherzustellen, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff für die von jedem Versicherten individuell benötigte Arzneimitteldosis annähernd gleich sind. Bei gleichen Packungsgrößen wird damit dem stärkeren Wirkstoff ein höherer Festbetrag als dem schwächeren Wirkstoff zugeordnet. Dies ist sachgerecht, denn zur Erreichung desselben Therapieziels muss der schwächere Wirkstoff in entsprechend höherer Dosierung verabreicht werden. Je geringer die Vergleichsgröße ist, desto höher ist der Festbetrag. Da in der Regel keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen einer bestimmten Dosierung und dem Umfang eines bestimmten Therapieerfolges vorliegen, insbesondere weil bei vielen Wirkstoffen die einzunehmende Dosis individuell durch den Arzt bestimmt werden muss, ist eine rein rechnerische Ermittlung der Vergleichsgröße vom Gestaltungsspielraum des Gemeinsamen Bundesausschusses gedeckt und an sich beurteilungsfehlerfrei (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 206; Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 20). Von einer zulässigen entsprechenden Typisierung geht das Gesetz selbst aus, wenn es als zulässige Vergleichsgröße die rechnerische mittlere Tages- oder Einzeldosis benennt.

Nach Ziffer 3 Buchstabe C § 1 (Ermittlung der Vergleichsgrößen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V) der Begründung des Beschlusses vom 29. Oktober 2004 hat der Beigeladene zu 1) als geeignete Vergleichsgröße die verordnungsgewichtete durchschnittliche Wirkstärke bestimmt. Sie wird nach Maßgabe der folgenden Methodik ermittelt:

„1. Ermittlung der gewichteten Wirkstärke

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken zugelassen werden. Um der therapeutischen Relevanz der einzelnen Wirkstärken angemessen Rechnung zu tragen, ist ihre jeweilige Verordnungshäufigkeit zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck werden für jeden einzelnen Wirkstoff die zu den im Markt verfügbaren Wirkstärken ausgewiesenen Verordnungen anhand der zum Stichtag zuletzt verfügbaren Jahresdaten des GKV-Arzneimittelindexes herangezogen.

Jeder wirkstärkenbezogen ermittelte prozentuale Verordnungsanteil wird zunächst abgerundet und zu diesem Ergebnis der Wert 1 addiert. Der Gewichtungswert ist also stets die nächst größere ganze Zahl. Jede Wirkstärke wird dann mit ihrem Gewichtungswert multipliziert und als gewichtete Wirkstärke ausgewiesen.

2. Ermittlung der durchschnittlichen Wirkstärke

Anschließend werden für jeden einzelnen Wirkstoff die gewichteten Wirkstärken addiert und durch die Summe der Gewichtungswerte des Wirkstoffes dividiert. Die so ermittelte durchschnittliche Wirkstärke ergibt die Vergleichsgröße. Diese berücksichtigt die Verordnungsrelevanz der einzelnen Wirkstärken und erlaubt einen quantitativen Vergleich der therapeutischen Einsatzbreite des jeweiligen Wirkstoffes.“

Der Beigeladene zu 1) hat die Vergleichsgröße für Atorvastatin mit 16,7 danach wie folgt ermittelt (für die Wirkstärke 80 mg besaß Atorvastatin im Oktober 2004 noch keine Zulassung):

Tabelle Gewichtung der Wirkstärken

Wirkstoffbase

Wirkstärke

Verordnungsanteil
in Prozent

Gewichtungswert

Wirkstärke,
gewichtet

Atorvastatin

10,00

45,9

46   

460,0

Atorvastatin

20,00

49,1

50   

1000,0

Atorvastatin

40,00

5       

6       

240,0

Tabelle Ermittlung der Vergleichsgröße

Wirkstoffbase

gewichtete
Wirkstärkensumme

Summe
Gewichtungswerte

Vergleichsgröße

Atorvastatin

1700,0

102

16,7

Der Beigeladene zu 1) ist damit von seiner ursprünglichen Konzeption der Bildung der Vergleichsgrößen, wie noch mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 bekannt gegeben, abgewichen. Danach hätte die (endgültige) Vergleichsgröße für Atorvastatin 20,8 betragen. Zur Bildung der endgültigen Vergleichsgröße sollte zunächst eine vorläufige Vergleichsgröße als Intervallmitte der Wirkstärkenspannen festgelegt werden. Für Atorvastatin wurde hierbei eine Wirkstärkenspanne von 10,00 als Minimum und von 40,00 als Maximum angenommen, woraus eine Intervallmitte von 25,00 resultierte. Die endgültige Vergleichsgröße sollte aus der vorläufigen Vergleichsgröße (25,00) dividiert durch einen Indikationswert errechnet werden. Dazu erfolgte zunächst eine Gewichtung des Indikationsbereiches (1.) für die Hypercholesterinämie (kombinierte Hyperlipidämie, wenn die Hypercholesterinämie im Vordergrund steht) mit 1,00 (100 Prozent = alle fünf Statine), (2.) für die Prävention cardiovaskulärer und zerebrovaskulärer Ereignisse mit 0,60 (60 Prozent = drei Statine), (3.) für die monozygote familiäre Hypercholesterinämie mit 0,20 (20 Prozent = ein Statin und (4.) für die Hypercholesterinämie Typ IV nach Fredickson mit 0,20 (20 Prozent = ein Statin). Daraus ergab sich für Atorvastatin, da es für den ersten und den vierten Indikationsbereich zugelassen war, ein Indikationswert von 1,20 als der Summe der Anteile der Wirkstoffe mit dem Indikationsbereich (1,00 + 0,20). Die endgültige Vergleichsgröße für Atorvastatin mit 20,8 resultierte aus der Division der vorläufigen Vergleichsgröße (25,0) und dem Indikationswert (1,20).

Der Beigeladene zu 1) hat im Verlauf seiner Willensbildung sodann den Einwänden der Stellungnehmenden Rechnung getragen. Er hat beanstandungsfrei die Intervallmitte der Wirkstärken durch die verordnungsgewichtete durchschnittliche Wirkstärke ersetzt, denn den therapeutisch notwendigen Differenzierungen wird man gerecht, wenn die jeweilige Verordnungshäufigkeit der einzelnen Wirkstärken berücksichtigt wird (vgl. hierzu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 217). Eine Gleichbehandlung aller Wirkstärkenausprägungen entspricht nicht der jeweiligen Verordnungsrelevanz, der jedoch im Hinblick auf das Therapieziel wesentliche Bedeutung zukommt. Die Beklagtenseite verweist daher zutreffend darauf, dass die Gewichtung aller Wirkstärkenausprägungen in Form der jeweiligen Einzelwirkstärke mit den entsprechenden Verordnungen die ambulanten Therapiemöglichkeiten und die therapeutisch notwendigen Dosierungen repräsentiert und damit Ausdruck der realen Marktverhältnisse und Verordnungsgewohnheiten ist. Dieses Verfahren hat zudem den Vorteil, dass sämtliche in einem Jahr an GKV-Versicherte abgegebene Arzneimittel eines Wirkstoffes der Festbetragsgruppe und deren zugelassene Wirkstärken die Vergleichsgröße bestimmen und eigene Bewertungen des Beigeladenen zu 1) entbehrlich machen.

Beurteilungsfehler vermag der Senat bei alledem nicht zu erkennen. Die Ermittlung der Vergleichsgrößen hat sachgerechte Prämissen, ist nicht willkürlich, führt zur Gleichbehandlung der einbezogenen Wirkstoffe und zu Ergebnissen, die die jeweiligen Wirkstärken hinreichend differenziert. Denkfehler sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Es ist vom Gestaltungsspielraum des Beklagten umfasst, sich für eine bestimmte wissenschaftliche Methode zu entscheiden und sie zu praktizieren; dass es auch andere Methoden geben mag, ist insoweit unerheblich, da nichts dafür ersichtlich ist, dass die praktizierte Methode sachwidrig ist. Im Gegenteil erscheint es besonders sachgerecht, bei Ermittlung der Vergleichsgröße auf die verordnungsgewichtete durchschnittliche Einzelwirkstärke abzustellen, denn das Verhältnis zwischen der von jedem Versicherten individuell benötigten Arzneimitteldosis zu den für diese Dosis aufzuwendenden Arzneimittelkosten lässt sich nicht allein anhand der tatsächlichen Wirkstärken oder des ATC/DDD-Systems ermitteln, weil bei vielen Arzneimitteln die Dosis individuell bestimmt werden muss und ein Arzt Gründe haben kann, einem Patienten ein Medikament geringerer tatsächlicher Wirkstärke zu verordnen; so werden nicht nur die realen nationalen Marktverhältnisse und ärztlichen Verordnungsgewohnheiten wiedergegeben (vgl. auch Kraftberger/Adelt, a.a.O. Rdnr. 21, 22 zur Entwicklung der Methode bei Bestimmung der Vergleichsgröße), sondern die vom Beigeladenen zu 1) gewählte Methode trägt auch den Versorgungsbedürfnissen der Versicherten nach den dafür maßgeblichen Feststellungen der Vertragsärzte Rechnung.

b) Die Festsetzung der Festbeträge durch die Allgemeinverfügung der der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 35 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB V sind die Festbeträge so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen.

Bei der Anwendung der hier enthaltenen Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe mit teilweise divergierenden Zielvorgaben stand den Spitzenverbänden der Krankenkassen ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, SGB V, § 35 Rdnr. 11). Dies gilt insbesondere für die Festsetzung des Festbetragsniveaus, da sich aus der Anwendung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe wegen des Gebotes der Ermöglichung einer ausreichenden Therapieauswahl keine allein richtige Festsetzung treffen lässt. Es gibt vielmehr eine Bandbreite in der jeweils vorhandenen Preisspanne, innerhalb der Festbeträge festsetzungsfähig sind. Bei der Anwendung dieser Kriterien darf keine willkürliche Differenzierung unter den einzelnen Arzneimittelgruppen getroffen werden.

Hieran gemessen war die konkrete Festbetragsfestsetzung von 62,55 Euro für eine Standardpackung zu 100 Stück beurteilungsfehlerfrei. In der Qualität ist die Versorgung im Allgemeinen gesichert, wenn den Versicherten insgesamt zum Festbetrag für die gruppenspezifischen Bereiche eine Arzneimittelversorgung ermöglicht wird. Zu gewährleisten ist eine gesicherte Versorgung zum Festbetrag in jeder einzelnen Festbetragsgruppe durch Einhaltung der so genannten Maßzahl M, die als Summe des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Verordnungen und des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Packungen definiert ist. Als Grenzwert für die Maßzahl M haben die Spitzenverbände der Krankenkassen für die Festbetragsgruppen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V den Wert 100 festgelegt. Dies bedeutet, dass im Idealfall mindestens die Hälfte der Verordnungen und die Hälfte der Packungen für die Versicherten ohne festbetragsbedingte Zuzahlung zur Verfügung stehen. In der Festbetragsgruppe der Statine liegt die Maßzahl M bei 98,8. Damit stehen rund 75 Prozent der Packungen und 26,3 Prozent der Verordnungen den Versicherten zum Festbetrag zur Verfügung. Dabei sind drei der fünf Wirkstoffe der Gruppe der Statine zum Festbetrag ohne Mehrzahlung erhältlich (Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin). Damit wird der gesetzgeberische Zweck verwirklicht, auf hochpreisige Arzneimittel einzuwirken und eine in der Qualität gesicherte Versorgung sowie eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl zu gewährleisten.

E. Unbegründet ist auch die Klage gegen die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006, denn diese war ebenfalls rechtmäßig.

1. Maßgeblich für die rechtliche Überprüfung dieser Verfügung, die nur im Zeitraum 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 Wirkung entfaltete, ist wiederum § 35 SGB V in der oben (D. 1) wiedergegebenen Fassung, die im Regelungszeitpunkt (10. Februar 2006) und zu Beginn des Geltungszeitraumes (1. April 2006) der Allgemeinverfügung galt. Grundsätzlich kann daher nichts anderes für die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung vom 10. Februar 2006 gelten als für diejenige vom 29. Oktober 2004; das oben unter D. Gesagte gilt insoweit entsprechend.

2. Auch der Höhe nach ist die Anpassung der Festbeträge durch die Regelung vom 10. Februar 2006 rechtlich nicht zu beanstanden. Die Anpassung ist aufgrund der gesetzlichen Vorgabe in § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V erfolgt, wonach die Festbeträge einmal im Jahr zu überprüfen sind und eine Anpassung an die geänderte Marktlage vorzunehmen ist. Der Beklagte hat insoweit schlüssig und unwidersprochen vorgetragen, dass zwischen dem Berechnungsstichtag 1. April 2004 und dem 1. Juli 2005 Marktveränderungen eingetreten seien, die eine Absenkung des Festbetrages zum 1. April 2006 erforderlich gemacht hätten. Es sei festgestellt worden, dass nach Inkrafttreten der Festbetragsregelung zum 1. Januar 2005 ein Preiswettbewerb unterhalb der Festbeträge stattgefunden habe, der Wirtschaftlichkeitsreserven offenbart habe; am 1. Juli 2005 habe das Festbetragsniveau über dem Preisniveau gelegen, weshalb eine Absenkung des Festbetrages indiziert gewesen sei. Dasselbe habe eine Packungs- und Herstelleranalyse ergeben. Gegenüber dem 1. April 2004 habe es am 1. Juli 2005 drei neue Anbieter gegeben; die Anzahl der Packungen habe um 159 zugenommen. Der Anpassungssatz von minus fünf Prozent sei nach dem iterativen Verfahren ermittelt worden. Die Maßzahl M habe am Berechnungsstichtag bei 60,8 gelegen. Rund 87,5 Prozent der 766 Packungen und 51,7 Prozent der Verordnungen hätten den Versicherten zum angepassten Festbetrag zur Verfügung gestanden; nach wie vor seien drei der fünf Wirkstoffe der Festbetragsgruppe zum Festbetrag erhältlich gewesen.

Die Absenkung des Festbetrages um fünf Prozent auf 59,42 Euro ist danach plausibel. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Handhabung von § 35 Abs. 5 SGB V sind weder ersichtlich noch von Seiten der Klägerinnen vorgetragen.“

b) All dies im Ausgangspunkt zugrunde legend sind auch die nachfolgenden Festbetragsfestsetzungen vom 11. Mai 2006 und – hier streitgegenständlich – vom 7. April 2008 rechtmäßig. Rechtswidrig wären diese Allgemeinverfügungen jedenfalls dann, wenn der Beigeladene zu 1) aufgrund der Rechtsänderung zum 1. Mai 2006 bzw. durch neue Erkenntnisse der evidenzbasierten Medizin gezwungen war, die Bildung der Festbetragsgruppe der Statine zu revidieren oder jedenfalls Atorvastatin aus ihr herauszunehmen. Mit anderen Worten: So lange eine wirksame und rechtlich beanstandungsfreie Gruppenbildung existiert, darf diese als Ausgangsposition für die Festbetragsfestsetzung fungieren; zu beachten bleibt dabei, dass die Bildung einer Festbetragsgruppe als Bestandteil der Arzneimittelrichtlinie Normqualität und daher prinzipiell dauerhaften Geltungsanspruch besitzt, also nicht ständiger und beliebiger Verwerfungsgefahr ausgesetzt ist bzw. sein darf. Kommt es allerdings zu einer Rechtsänderung (oder zu erheblichen Veränderungen der Sachlage), die den Beigeladenen zu 1) im Sinne einer Reduzierung des normgeberischen Ermessens auf Null dazu zwingt, von der Gruppenbildung Abstand zu nehmen, wird die Festbetragsfestsetzung rechtswidrig, sofern der Beigeladene zu 1) es pflichtwidrig unterlässt, die Bildung der Festbetragsgruppe zu ändern oder aufzuheben. Ab einem bestimmten Zeitpunkt muss es nämlich auf die Rechtmäßigkeit einer Festbetragsfestsetzung durchschlagen, dass die Gruppenbildung aufgrund einer Rechtsänderung oder aufgrund neuer Erkenntnisse im Bereich der evidenzbasierten Medizin gegebenenfalls nicht mehr tragfähig ist. Änderungen der maßgeblichen Rechtslage oder nennenswerte neue Erkenntnisse im Bereich der evidenzbasierten Medizin verpflichten den Beigeladenen zu 1), Festbetragsgruppen zeitnah zu überprüfen und die Gruppenbildung gegebenenfalls zu korrigieren. Denn ebenso wie bei der Normsetzung im Vertragsarztrecht korrespondiert mit dem weiten Normsetzungsermessen eine Beobachtungs- und Korrekturpflicht des Normgebers (vgl. hierzu die vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätze bei der Normsetzung im Vertragsarztrecht: Beschluss vom 11. März 2009, B 6 KA 31/08 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 22, m.w.N.). Eine Pflicht zur Korrektur besteht indes nur dann, wenn der Beigeladene zu 1) im Rahmen des ihm zustehende Gestaltungsspielraums durch eine Rechtsänderung oder eine erhebliche Änderung der Sachlage gezwungen ist, von der bisherigen Gruppenbildung Abstand zu nehmen, weil die die Norm legitimierenden Gründe weggefallen sind. In diesem Sinne trifft den Beigeladenen zu 1) als Normgeber – und nicht etwa im Rahmen eines herkömmlichen und offenen Verwaltungsverfahrens im Sinne von § 8 SGB X – eine Pflicht zur permanenten Überprüfung der von ihm festgesetzten Festbetragsgruppen. Dabei hat er nicht ständig „frei“ zu erwägen, ob er die Gruppenbildung im Rahmen seines Ermessens rückgängig machen will; eine solche Sichtweise liefe dem Normcharakter der Arzneimittelrichtlinie zuwider, weil sie dem dauerhaften Geltungsanspruch einer Norm widerspräche. Justitiabel im Sinne von angreifbar wird das gesetzgeberische Stillhalten des Beigeladenen zu 1) nur, wenn neue Umstände ihn rechtlich verpflichten, die ursprünglich rechtmäßige Rechtsnorm zu ändern, er aber im Sinne eines „Systemversagens“ seinem in §§ 35 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V vorausgesetzten Auftrag nicht gerecht wird („rechtswidrige Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses“, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12. August 2009, B 3 KR 10/07 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20 a.E. sowie Urteil vom 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 18).

c) Zur Überzeugung des Senats durfte der Beigeladene zu 1) die zuvor durch Beschluss vom 20. Juli 2004 rechtsfehlerfrei gebildete Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer auch nach der ab 1. Mai 2006 geltenden Rechtslage bestehen lassen.

aa) Mit der durch das AVWG vorgenommene Rechtsänderung war der Beigeladene zu 1) erstmalig gehalten, die Frage der therapeutischen Verbesserung in sein Prüfprogramm einzubeziehen.

aaa) § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz SGB V in der bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung nahm von der Festbetragsgruppenbildung solche Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen aus, „deren Wirkungsweise neuartig ist und (Hervorhebung hier) die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten“. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2009 (L 9 KR 8/08) entschieden, dass das „und“ auch als solches zu verstehen sei und die Ausschlussklausel daher nicht greife, weil es Atorvastatin jedenfalls an der Neuartigkeit fehle. Auf die Frage der therapeutischen Verbesserung komme es daher für Atorvastatin nach der bis zum 30. April 2006 geltenden Rechtslage nicht an.

bbb) Mit dem AVWG hat sich dies geändert. Der Gesetzgeber hat die Privilegierung noch patentgeschützter Arzneimittel in § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz SGB V erweitert und das „und“ durch ein „oder“ ersetzt. Damit hat sich das gesetzliche Prüfungsprogramm für den Beigeladenen zu 1) ab dem 1. Mai 2006 in einem entscheidenden Punkt gewandelt. Im Rahmen seiner Pflicht zur permanenten Überprüfung der Festbetragsgruppenbildung war er gehalten, die Frage der therapeutischen Verbesserung in Bezug auf Atorvastatin zu stellen und zu beantworten. Der Senat hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2009 weiter entschieden, dass der Beigeladene zu 1) jedenfalls für den Übergangszeitraum bis zum 30. Juni 2006 (Allgemeinverfügung vom 10. Februar 2006, Geltungszeitraum 1. April 2006 bis 30. Juni 2006) schon deshalb nicht verpflichtet war, Atorvastatin aus der Festbetragsgruppe der Statine herauszunehmen, weil er nicht in der Lage gewesen wäre, binnen nur zweier Monate eine abschließende Neuprüfung der Gruppenbildung im Lichte der geänderten Rechtslage und unter Beachtung der aktuellen Erkenntnisse der evidenzbasierten Medizin vorzunehmen. Mit zunehmendem Zeitablauf werde sich die Notwendigkeit einer Neuprüfung aber zwingender ergeben. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2006 und die hier streitgegenständlichen Festbetragsfestsetzungen vom 11. Mai 2006 und vom 7. April 2008 muss dagegen vorausgesetzt werden, dass der Beigeladene zu 1) grundsätzlich in der Lage war, die Gruppenbildung unter Beachtung der neuen Rechtslage und unter Einbeziehung aktueller Erkenntnisse der evidenzbasierten Medizin zu überprüfen.

ccc) Bei Prüfung einer therapeutischen Verbesserung sind die weiteren gesetzgeberischen Änderungen in § 35 SGB V zu beachten, insbesondere der neu geschaffene § 35 Abs. 1 b SGB V. Die Vorschrift unterzieht diesen zentralen Begriff einer Legaldefinition und verlangt (Sätze 4 und 5) als Nachweis die Fachinformation bzw. die Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten. Die danach an eine therapeutische Verbesserung anzulegenden Kriterien sind weitgehend deckungsgleich mit den schon zuvor vom Beigeladenen zu 1) angelegten Maßstäben; letztlich hat der Gesetzgeber den Entscheidungsgrundlagen des Beigeladenen zu 1) mit § 35 Abs. 1b SGB V Gesetzesrang verschafft (vgl. hierzu Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 29); die vormalige Kritik an den Entscheidungsgrundlagen des Beigeladenen zu 1), die etwa verlangte, den Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht an das Vorliegen direkter, endpunktbezogener Vergleichsstudien mit Präparaten derselben Substanzklasse zu knüpfen (vgl. Reese/Posser, NZS 2005, S. 244 [249]), läuft somit leer.

Zusammengefasst heißt all dies: Ursprünglich war die Gruppenbildung der Statine rechtmäßig. Allerdings ist der Beigeladene zu 1) laufend und erst recht nach der Rechtsänderung zum 1. Mai 2006 gehalten, die Tragfähigkeit der Gruppenbildung zu beobachten. Ab dem 1. Mai 2006 war die Frage der therapeutischen Verbesserung entscheidungserheblich. Der Maßstab für ihre Prüfung liegt in § 35 Abs. 1 b SGB V.

bb) Ob, wann und in welchem Umfang der Beigeladene zu 1) nun die Gruppenbildung der Statine einer Neuprüfung unterzogen hat, kann der Senat offen lassen. Es ist nämlich schlechthin kein Material der evidenzbasierten Medizin ersichtlich, das ihn tatsächlich und im Sinne einer Reduzierung seines gesetzgeberischen Ermessens auf Null gezwungen hätte, Atorvastatin aus der Festbetragsgruppe der Statine herauszunehmen. Unter Würdigung des dem Beigeladenen zu 1) zukommenden Gestaltungsspielraums durfte es daher auch nach dem 30. Juni 2006 und bis heute bei der Bildung der Festbetragsgruppe der Statine bleiben.

aaa) Das gesetzgeberische Ermessen des Beigeladenen zu 1) wäre nur dann auf Null reduziert, wenn ein einhelliges Urteil in medizinischer Theorie und Praxis dahin ginge, dass mit Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung verbunden ist und wenn diese Einschätzung – wie von § 35 Abs. 1 b SGB V verlangt – auf der Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, insbesondere auf direkten Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, beruhte. Der Grad zu fordernder medizinischer Gewissheit ähnelt hier dem Grad an Gewissheit, der in ständiger Rechtsprechung vom Bundessozialgericht für die Statthaftigkeit des Off-label-Gebrauchs von Arzneimitteln verlangt wird („zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet, aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht“, vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR17/06 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 15). Hieran gemessen genügen also bloße Anhaltspunkte für eine therapeutische Verbesserung durch ein in einer Festbetragsgruppe befindliches Arzneimittel nicht, um eine Handlungspflicht des Beigeladenen zu 1) zu begründen; vielmehr muss ein nach den Methoden der evidenzbasierten Medizin begründbarer Konsens über die behauptete therapeutische Verbesserung bestehen.

bbb) Von einem Konsens in diesem Sinne kann im Fall von Atorvastatin zur Überzeugung des Senats nicht ansatzweise die Rede sein. Es mag vereinzelte und vertretbare Stimmen im wissenschaftlichen Schrifttum geben, die Atorvastatin aufgrund seiner hohen Wirkpotenz eine therapeutische Verbesserung beimessen. Weder manifestiert sich hier aber ein Konsens im oben genannten Sinne, noch ist dieser etwa nach den Methoden der evidenzbasierten Medizin hinreichend belegt. Im Gegenteil – und dies allein ist schon entscheidend – gibt es ernst zu nehmende Stimmen im medizinwissenschaftlichen Schrifttum bzw. erhebliche Teile der Ärzteschaft, die eine therapeutische Verbesserung bei Atorvastatin gerade bestreiten bzw. zwischen den einzelnen Statinen keine signifikanten Unterschiede sehen. Der Senat stützt sein Urteil insoweit auf zwei in das Verfahren eingeführte Veröffentlichungen maßgeblicher Autorenkollektive mit erheblicher fachwissenschaftlicher Autorität, die umso ergiebiger sind, als sie den Nutzen der Statine unter Berücksichtigung beider in der Medizin vertretenen Behandlungsstrategien („feste Dosis“ vs. „Titration“) diskutieren:

- Nationale Versorgungs-Leitlinie Chronische KHK (Koronare Herzkrankheit), Langfassung, Version 1.8 April 2008, basierend auf der Fassung von Juni 2006, herausgegeben bzw. getragen von der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, recherchiert bei http://infomed.mds-ev.de, den Beteiligten auszugsweise ausgehändigt in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2010; dort heißt es zu der von den Klägerinnen in den Vordergrund gestellten Hochdosis-Behandlung mit Atorvastatin 80 mg und in Würdigung der PROVE-IT-Studie u.a. (Kapitel H 10, Fettstoffwechselstörungen, Lipidsenkung mit Statinen, Strategie der festen Dosis):

„Belege für die Wirksamkeit von hohen Dosierungen von Statinen, zu denen man unter der Titrierungsprämisse häufig greifen muss, sind begrenzt. Wir wissen allerdings, dass bei höheren Dosen der zusätzliche Effekt auf die Lipidspiegel immer kleiner wird [32]. Zwar sind die Statine grundsätzlich sichere Medikamente. Während der Grenznutzen durch höhere Dosierungen jedoch immer kleiner wird, steigen die Nebenwirkungen linear [33].“ (Seite 112)

Außerdem:

„Praktische Pharmakotherapie

Folgende in großen Endpunkt-Studien auf ihre Wirksamkeit untersuchten Substanzen stehen in jeweiliger Tagesdosis zur Verfügung: Simvastatin 40 mg, Pravastatin 40 mg, Atorvastatin 10 mg, Lovastatin 40 mg. Die kürzlich publizierte PROVE-IT-Studie [38] kann die Kontroverse `feste Dosierung oder Titrierung` nicht lösen. Hier wurde eine feste Hochdosis (Atorvastatin 80 mg) bei Patienten nach akutem Koronarsyndrom mit einer Kontrollgruppe verglichen, in der Pravastatin auf einen Zielwert von LDL = 125 mg/dl titriert wurde.

Die Überlegenheit der hohen Dosis in Bezug auf ein kombiniertes Zielkriterium kommt nur dadurch zustande, dass hier auch Revaskularisationen und Krankenhausaufnahmen berücksichtigt wurden – höchst problematisch, da durch die niedrigeren Lipidspiegel unter Atorvastatin die Verblindung nicht konsequent gegeben war, und damit die Indikationsstellung beeinflusst werden konnte. Die absolute Risikoreduktion für die Kombination von koronarem Tod und Myokardinfarkt dagegen beträgt lediglich 1,1 % und ist statistisch nicht mehr signifikant. Wenn hier überhaupt ein Mehrwert für die Hochdosis-Behandlung vorliegt, so ist er minimal und steht in keinem sinnvollen Verhältnis mehr zum Aufwand [39; 40].“ (Seite 113)

- Positionspapier zur Statintherapie der Klinischen Kommission der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung, online publiziert am 10. Januar 2007, recherchiert bei http://www.springerlink.com, den Beteiligten ausgehändigt in der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2009; das „Positionspapier“ ist insoweit von besonderem Wert für die Beantwortung der Frage nach der „therapeutischen Verbesserung“, weil es angesichts bestehender „Verunsicherung von Ärzten und Patienten“ gerade zur Klärung beitragen wollte, ob es zwischen verschiedenen Statinen eine Differenzialindikation gibt. Auch durch die Festbetragsregelung des Jahres 2005 sei es nämlich zu großen Preisunterschieden bei den einzelnen Statinen gekommen, was erhebliche Umwälzungen in der Verordnungshäufigkeit einzelner Präparate nach sich gezogen habe. Eine Preissenkung für Statine könne zu einer besseren Versorgung beitragen (Seite 8).

Zur Frage der Differenzialindikation zwischen verschiedenen Statinen heißt es dort u.a.:

„Die absolute Risikoreduktion durch eine Statintherapie hängt von dem globalen vaskulären Risiko eines Patienten ab. (…) Weiterhin hängt die absolute Risikoreduktion von der Höhe des LDL-Cholesterins vor Therapie und der erzielten absoluten LDL-Cholesterinsenkung ab. Dieser Tatsache wird durch die nach Risiko abgestuften Zielwerte der aktuellen Leitlinien Rechnung getragen:

Patienten ohne zusätzliche Risikofaktoren (10-Jahres Herzinfarktrisiko <10%): LDL-Ziel <160 mg/dl (4,1 mmol/l)

Patienten mit weiteren Risikofaktoren (10-Jahres Herzinfarktrisiko 10–20%): LDL-Ziel <130 mg/dl (3,4 mmol/l)

Patienten mit koronarer Herzerkrankung oder äquivalentem Risiko (Diabetesmellitus, Bauchaortenaneurysma):LDL-Ziel <100 mg/dl (2,6 mmol/l).“ (Seite 8)

„Die absoluten Zahlenwerte der Empfehlungen (z. B. LDL-C<100 mg/dl) sind nur indirekt durch prospektive Studien belegt.“ (Seite 10)

„Für individuell zu identifizierende Patienten stellt ein LDL <70 mg/dl jedoch ein sinnvolles therapeutisches Ziel dar.“ (Seite 12)

„Die Verbesserung der Lebensqualität und Reduktion der Morbidität stellen neben der Senkung der Sterblichkeit relevante Therapieziele dar. Da klinische Studien immer eine Subgruppe aller Patienten abbilden, ist eine Extrapolation für jede individuelle ärztliche Handlung erforderlich. Aktuell liegen keine klinischen Studien vor, die 2 unterschiedliche Statine in einer Dosierung mit gleicher LDL-senkender Wirkung vergleichen.“ (Seite 13)

„Zusammenfassung : Die absolute Risikoreduktion hängt von dem individuellen Risiko des Patienten, von der Höhe des LDL-Cholesterins vor Therapie und der erzielten absoluten LDL-Cholesterinsenkung ab. Dieser Tatsache wird durch die nach Risiko abgestuften Zielwerte der aktuellen Leitlinien Rechnung getragen. Das Prinzip der Ausrichtung einer Statintherapie an Lipidzielwerten betont die Bedeutung von Lebensstilmaßnahmen (Ernährung, körperliche Aktivität) für alle Patienten und auf jeder Stufe der Therapie. Statine sind für die große Mehrheit der Patienten nebenwirkungs- und risikoarm. Aktuell gibt es keinen eindeutigen klinischen Beleg für differenzielle „pleiotrope“ Effekte zwischen verschiedenen Statinen. In Zusammenschau der vorliegenden Studien gibt es bei Einsatz von Dosierungen mit gleicher LDL-Senkung bislang keinen Beleg für eine unterschiedliche Wirksamkeit verschiedener Statine in Bezug auf kardiovaskuläre Endpunkte. Für alle Patienten mit koronarer Herzerkrankung wird eine Senkung des LDL-Cholesterins unter 100 mg/dl durch ein Statin empfohlen.“ (Seite 11 )

All dem entnimmt der Senat jedenfalls, dass alle Statine mit ihren zugelassenen Wirkstärken das Ziel einer therapeutisch sinnvollen LDL-Senkung erreichen und kein Statin signifikante therapeutische Vorteile bietet. Die Wirkpotenz der einzelnen Statine ist dabei unerheblich, denn es lässt sich mit den Methoden der evidenzbasierten Medizin kein verlässlicher Bezug herstellen zwischen der Wirkpotenz einerseits und definierten klinischen Endpunkten andererseits. Besonders das „Positionspapier“ macht deutlich, dass nicht allein Atorvastatin in Bezug auf bestimmte Patientengruppen in der Lage ist, therapeutisch sinnvolle LDL-Grenzwerte zu erreichen. „Konsens“ im oben genannten Sinne dürfte nach alledem eher darin bestehen, dass sich für Atorvastatin in der Gruppe der Statine keine relevante Sonderstellung feststellen lässt, weil Studien fehlen, die bei gleicher LDL-senkender Wirkung unterschiedliche Statine in der dazu erforderlichen Dosierung unmittelbar mit einander vergleichen. Danach war die Sachlage denkbar weit davon entfernt, den Beigeladenen zu 1) im Wege der Ermessensreduzierung auf Null zu einer Herausnahme von Atorvastatin aus der Festbetragsgruppe zu zwingen; „Systemversagen“ vermag der Senat nicht festzustellen.

ccc) Den Ausführungen des Klägers zum überlegenen Wirkprofil von Atorvastatin im Sinne einer „therapeutischen Verbesserung“ kommt nach alledem keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei. Eine Überlegenheit etwa in Bezug auf lipidsenkenden Effekt, Wirkeintritt und Sicherheitsprofil wird in den beiden genannten Veröffentlichungen nicht bestätigt. Unabhängig von der konkreten Studienlage und ihrer Bewertung war der Beigeladene zu 1) schon deshalb nicht verpflichtet, Atorvastatin aus der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer herauszunehmen.

Auch musste der Senat nicht den hilfsweise gestellten Beweisanträgen des Klägers entsprechen. Ob Prof. Dr. W im Jahre 2004 vom Beigeladenen zu 1) mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Festbetragsgruppenbildung für Statine beauftragt worden ist, ist aus dem oben zitierten (Bl. 29), im Urteil L 9 KR 8/08 vom 2. Dezember 2009 genannten Gründen unerheblich.

Auch dem weiteren Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens musste der Senat nicht nachkommen. Er ist zu unbestimmt und gleicht mehr einem allgemeinen „Studienauftrag“ als der Behauptung einer zu beweisenden konkreten Tatsache, denn was mit „medizinisch ausreichend behandelbar“ gemeint ist, bleibt unklar, insbesondere ist kein für eine erfolgreiche Behandlung entscheidender LDL-Zielwert benannt. Käme der Senat dem Beweisantrag nach, obläge es dem Sachverständigen, überhaupt erst zu ermitteln, nach welchen Eckdaten das relevante Patientenkollektiv zu bestimmen sei.

d) Beanstandungsfrei ist auch der Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 13. März 2008; die in ihm vorgenommene Aktualisierung der Vergleichsgrößen ist frei von Beurteilungsfehlern. Der Beigeladene zu 1) hat hier an der sachgerechten Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärken je Wirkstoff festgehalten (vgl. hierzu schon Urteil des Senats vom 2. Dezember 2009, L 9 KR 8/08) und eine Anpassung an die veränderte Marktlage vorgenommen. Außerdem hat der Beigeladene zu 1) die Sachgerechtigkeit der Berechnungsmethode, wie sie in den Entscheidungsgrundlagen vom 19. Juli 2007 niedergelegt ist, einer eingehenden Überprüfung unterzogen, dabei ein Stellungnahmeverfahren nach § 35 Abs. 2 SGB V durchgeführt und die eingegangenen Stellungnahmen u.a. der Klägerinnen ausführlich gewürdigt. Fehler in diesem Ablauf vermag der Senat nicht zu erkennen. Er ist geprägt von Transparenz und eingehender Begründungsarbeit etwa in Bezug auf grundlegende rechtliche Bedenken und Kritik am Applikationsfaktor, Einwände zur Methodik der Vergleichsgrößenermittlung oder Einwände in Bezug auf das Problem von Rundungen.

Identisch geblieben sind die „Entscheidungsgrundlagen“ vom 19. Juli 2007 gegenüber den vorigen vom 15. Juni 2004 damit im grundlegenden methodischen Ansatz. Die Ermittlung der gewichteten Wirkstärke und die Ermittlung der gewichteten durchschnittlichen Wirkstärke werden identisch dargestellt, wobei der Begriff der „Wirkstärke“ lediglich durch denjenigen der „Einzelwirkstärke“ ersetzt wurde. Im Übrigen sind die Entscheidungsgrundlagen nun detaillierter geworden, indem sie – anders als zuvor – unterscheiden zwischen Wirkstoffen mit vergleichbarer und mit unterschiedlicher Applikationsfrequenz bzw. Wirkstoffen mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen und Behandlungszeiten, Wirkstoffen mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen und Intervallen, unterschiedlichen Behandlungszeiten und unterschiedlicher Anzahl therapiefreier Tage sowie Wirkstoffkombinationen mit vergleichbarer Applikationsfrequenz. Einwände gegen diese zusätzlichen Differenzierungen sind weder vorgebracht noch sonst erkennbar.

Der Beigeladene zu 1) hat die Vergleichsgröße für Atorvastatin mit 25,9 danach wie folgt ermittelt:

Tabelle Gewichtung der Einzelwirkstärken

Wirkstoffbase

Einzel
wirkstärke

Verordnungs
anteil
in Prozent

Gewichtungswert

gewichtete
Einzelwirkstärke

Atorvastatin

10,00

25,8

26   

260

Atorvastatin

20,00

42   

43   

860

Atorvastatin

40,00

27,6

28   

1120

Atorvastatin

80,00

4,6

5       

400

Tabelle Ermittlung der vorläufigen Vergleichsgröße

Wirkstoffbase

Summe der
gewichteten
Wirkstärken

Summe der
Gewichtungswerte

Vorläufige
Vergleichsgröße

Atorvastatin

2640

102

25,9

Aufgrund des Applikationsfaktors „1“ ist sodann die vorläufige Vergleichsgröße identisch mit der endgültigen Vergleichsgröße von ebenfalls 25,9; der Applikationsfaktor als Rechengröße hat sich danach nicht weiter ausgewirkt.

Insgesamt bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene zu 1) seinen Gestaltungsspielraum mit der aufgezeigten Berechnungsmethode oder dem konkreten Rechenweg fehlerhaft ausgeübt hätte.

e) Schließlich ist die Festsetzung der Festbeträge durch die Allgemeinverfügungen der der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11. Mai 2006 und – hier entscheidend – vom 7. April 2008 auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Verfügung vom 11. Mai 2006 berücksichtigte erstmals – was an dieser Stelle allein relevant ist – § 35 Abs. 5 SGB V in der Fassung des AVWG; die Vorschrift lautet mit Wirkung vom 17. Februar 2006 (Änderungen unterstrichen):

(5) 1Die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. 2Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen. 3Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. 4Der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 sowie erstmals zum 1. April 2006 auch nach den Nummern 2 und 3 soll den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. 5 Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten. 6Bei der Berechnung nach Satz 4 sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als 1 vom Hundert an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen. 7Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten des Arzneimittelindexes der gesetzlichen Krankenversicherung zu Grunde zu legen.

Der auf dieser Grundlage festgesetzte Festbetrag in Höhe von 36,61 Euro begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Insoweit hat der Beklagte zutreffend betont, der Gesetzgeber habe nun noch mehr Wert auf das Ausschöpfen von Wirtschaftlichkeitsreserven gelegt. Die Höhe der Festbeträge solle konsequenter als bislang orientiert an der Höhe der preisgünstigen Arzneimittel in der Festbetragsgruppe festgesetzt werden. Nun sei festgelegt, dass nicht mehr die Hälfte der Packungen und Verordnungen zum Festbetrag zur Verfügung zu stehen hätten, sondern nur noch mindestens 20 Prozent (siehe BT-Drs. 16/194, Seite 9, linke Spalte zu Buchstabe d). Die Maßzahl M (gesetzlich definiert als Summe des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Verordnungen und des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Packungen) betrage 160. Schlüssig hat der Beklagte dargelegt, der neu festgesetzte Festbetrag von 36,61 Euro habe dem höchsten Abgabepreis des unteren Preisdrittels entsprochen, M habe bei 105,3 gelegen. Bezogen auf den Berechnungsstichtag hätten den Versicherten 47,4 Prozent der Packungen und 47,3 Prozent der Verordnungen zum Festpreis zur Verfügung gestanden, außerdem zwei von fünf Wirkstoffen der Festbetragsgruppe.

Die Absenkung des Festbetrages auf 36,61 Euro entspricht danach den gesetzlichen Vorgaben; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Handhabung von § 35 Abs. 5 SGB V neuer Fassung sind weder ersichtlich noch von Seiten der Klägerinnen vorgetragen.

Nichts anderes gilt für die Festsetzung der Festbeträge durch die Allgemeinverfügung vom 7. April 2008.

Insoweit hat der Beklagte schlüssig und unwidersprochen vorgebracht, die Aktualisierung der Vergleichsgröße gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V mit dem Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 13. März 2008 habe eine Anpassung der Festbeträge zum 1. Juni 2008 erfordert. Berücksichtigt worden sei der Effekt des Zusammenwirkens von Festbeträgen, Zuzahlungsfreistellung und kassenindividuellen Rabattverträgen. Den Versicherten hätten am Berechnungsstichtag 35,1 Prozent der Packungen und 68,5 Prozent der Verordnungen zum Festbetrag zur Verfügung gestanden (Maßzahl M = 96,4), außerdem zwei von fünf Wirkstoffen der Gruppe. Der Festbetrag von 13,48 Euro (Wirkstärkenvergleichsgröße 0,4, Packungsgröße 100 Stück) ist danach beurteilungsfehlerfrei zustande gekommen.

E. Die Entscheidung über die Kosten beruht für den entschiedenen Teil des Rechtsstreits auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Keine Kosten sind auch für den für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits zu erstatten, § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG, denn nach oben Gesagtem hatten Berufung bzw. Klage auch insoweit keine Aussicht auf Erfolg.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat die Revision zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.