Gericht | VG Potsdam 11. Kammer | Entscheidungsdatum | 03.12.2013 | |
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Aktenzeichen | VG 11 K 2609/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 32 GrStG |
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten um einen Grundsteuererlass aus denkmalschutzrechtlichen Gründen für die Jahre ab 2008.
Betroffen ist das Grundstück Gemarkung ..., Flur ::, Flurstück ::, mit der postalischen Bezeichnung „... 24 in ... ... “. Dieses 756 m² große Eckgrundstück ist mit einem im Jahre 1893 errichteten viereckigen Wasserturm bebaut. Im Zusammenhang mit der Unterschutzstellung der Kasernenanlage ... II wurde der Wasserturm laut Bescheid der unteren Denkmalschutzbehörde vom 6. November 1995 in das Verzeichnis der Denkmale des Landkreises Teltow-Fläming eingetragen.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 5. Juni 2007 erwarb die Klägerin dieses Grundstück vom Voreigentümer, für das sie im April 2008 als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde. Mit Grundsteuermessbescheid vom 28. März 2008 setzte das Finanzamt den Grundsteuermessbetrag im Rahmen einer Zurechnungsfortschrei-bung auf den 1. Januar 2008 – wie bisher – auf 139,58 € fest; eine Berücksichtigung des Denkmalschutzes auf der Bewertungsebene fand nicht statt. Auf dieser Grundlage zog der Beklagte die Klägerin bei einem Hebesatz von 350 % zu einer Grundsteuer B für das Jahr 2008 in Höhe von 488,53 € heran. Diesem folgte für das Jahr 2009 ein gleichlautender Grundsteuerbescheid vom 13. Januar 2009.
Weiterhin zog der Beklagte die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 12. Januar 2009 zur Zahlung der vom Voreigentümer für die Jahre 2006 und 2007 nicht gezahlten Grundsteuer heran. Nach Widerspruch vom 23. Januar 2009, Aufhebung vom 27. März 2009 und Neuerlass des Haftungsbescheides vom 1. April 2009 wies der Beklagte den erneuten Widerspruch der Klägerin vom 5. Mai 2009 mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2009 bestandskräftig zurück.
Parallel hierzu beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Januar 2009 den Erlass der Grundsteuer aus denkmalschutzrechtlichen Gründen ab dem Jahre 2007. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass mit dem Wasserturm seit Eigentumsübergang keinerlei Einnahmen erzielt worden seien bzw. erzielt werden könnten, da der Voreigentümer das Gebäude komplett entkernt habe und der Wasserturm in diesem Zustand nicht nutzbar sei. Die Befreiung sei auch bereits für das Jahr 2007 zu gewähren, da der Beklagte die grundbuchliche Eintragung der Klägerin rechtswidrig verzögert habe.
Mit Bescheid vom 8. Juni 2009 lehnte der Beklagte den beantragten Grundsteuererlass mit der Begründung ab, dass eine Vermietbarkeit des Wasserturms gegeben wäre, wenn die Klägerin diesen modernisieren würde. Zudem bestünde die Möglichkeit, angesichts des baulichen Zustandes den bisherigen Einheitswert beim Finanzamt ... überprüfen zu lassen. Letztlich sei eine Befreiung für das Jahr 2007 bereits deshalb abzulehnen, weil das Finanzamt der Klägerin den Grundbesitz erst ab dem 1. Januar 2008 zugerechnet habe; für die Zeit davor hätte der Voreigentümer den Befreiungsantrag stellen müssen.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Juni 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung wies sie auf die besondere denkmalschutzrechtliche Bedeutung des Wasserturms hin, der laut Eintragungsbescheid „mit seinem giebelgekrönten Eingangsbau und seinem weit vorkragenden Gesims, das Wehrarchitektur assoziiert, einen wirkungsvollen Auftakt zu dem dahinterliegenden Kasernengelände biete“. Hinsichtlich der Ertragslosigkeit wies sie darauf hin, dass es auf den derzeitigen Istzustand ankomme, der Einnahmen nicht zulasse. Vielmehr entstünden derzeit nur Kosten zur Erhaltung und Pflege des Wasserturms bzw. des Geländes Drumherum.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2009 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ergänzend wies er darauf hin, dass die Grundsteuerpflicht grundsätzlich nicht von der Ertragskraft des Grundbesitzes abhängig sei.
Am 30. Oktober 2009 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Erlassbegehren unter Vertiefung der bisherigen Begründung für die Jahre ab 2008 weiterverfolgt. Hinsichtlich einer möglichen Modernisierung weist sie darauf hin, dass die vorhandenen Fenster viel zu klein seien, um die nach der Bauordnung für eine Wohnnutzung erforderliche Belichtung zu gewährleisten. Veränderungen an der äußeren Fassade seien aufgrund des Denkmalschutzes aber kaum genehmigungsfähig, was auch für den erforderlichen zweiten Rettungsweg im Falle eines Ausbaues zu Wohnzwecken gelte. Ihr als Architektin komme es in erster Linie auch nicht auf eine kommerzielle Nutzung des Wasserturms an, sondern vielmehr darauf, diesen als sog. „Entree“ zu dem dahinterliegenden Bereich mit denkmalgeschützten Kasernengebäuden zu erhalten. Diese seien unter ihrer Mitarbeit zwischenzeitlich alle saniert und zu Wohnzwecken vermietet worden.
Aber selbst wenn eine Sanierung stattfände und das Innere des Wasserturms zu Wohn- oder Gewerbezwecken – aufgrund der nur vorhandenen einen Steintreppe könne es nur eine einheitliche Nutzung geben - ausgebaut würde, könnte bei den dann vorhandenen 210 m² Fläche maximal eine Nettokaltmiete von 1.125,00 € (3,90 €/m² - 5,50 €/m²) erzielt werden. Diesem Ertrag stünde dann aber eine Zins- und Tilgungsrate für den aufzunehmenden Kredit in Höhe von 300.000,00 € gegenüber, der zu monatlichen Kosten von 1.500,00 € führen würde.
Für die Jahre 2008 – 2010 seien folgende jährliche Kostenpositionen zu berücksichtigen:
Grundsteuer | 488,53 € | ||
Aufwendungen für Sicherungsmaßnahmen am Wasserturm pauschal | 75,00 € | ||
Rasen- und Baumpflege (in Eigenleistung erbracht; 0,10 €/m²/a) | 700,00 € | ||
Winterdienst von November bis März (in Eigenleistung erbracht) | 870,00 € | ||
(Bereitschaftspauschale: 39,00 €/Monat x 5 Mon. = | = 195,00 €/a.) | ||
(3 Einsätze pro Monat: 56 m x 0,80 €/m x 3 =145,00 € x 5 Mon. | = 675,00 €/a.) | ||
Verwaltungsaufwand | pauschal | 75,00 € | |
Jährliche Aufwendungen in Höhe von | 2.208,53 € |
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 zu verpflichten, ihr für die Jahre ab 2008 die Befreiung von der Grundsteuer aus denkmalschutzrechtlichen Gründen gemäß § 32 Abs. 1 Grundsteuergesetz für das Grundstück Gemarkung ..., Flur 41, Flurstück 336 mit der postalischen Anschrift: ... 24 in ... ... zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide. Ergänzend weist er darauf hin, dass die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Kausalität zwischen der Denkmaleigenschaft und der Unrentierlichkeit nicht gegeben sei, da die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen auch ohne den Denkmalschutz entstehen würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 8. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass der Grundsteuer gemäß § 32 GrStG für die Jahre ab 2008.
Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG ist die Grundsteuer zu erlassen für Grundbesitz (oder Teile von Grundbesitz), wenn er – erstens – privilegiert im Sinne dieser Bestimmung ist („Grundbesitz ..., dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt“) und er – zweitens – infolge der durch das öffentliche Erhaltungsinteresse ausgelösten Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen in der Regel unrentabel ist („die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile (Rohertrag) in der Regel unter den jährlichen Kosten liegen“). Diese Voraussetzungen liegen im Ergebnis nicht vor. Zwar liegt die Erhaltung des klägerischen Grundbesitzes im öffentlichen Interesse (dazu I.). Auch ist der klägerische Grundbesitz in der Regel unrentabel (dazu II.); es fehlt jedoch an der notwendigen Kausalität zwischen der Kultureigenschaft des Grundbesitzes und der Unrentabilität (dazu III.).
I. Die Erhaltung des klägerischen Grundbesitzes liegt im öffentlichen Interesse im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – der sich das Gericht anschließt – ist für das Verständnis namentlich des Tatbestandsmerkmals „öffentliches Interesse“ auszugehen davon, dass durch § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG eine Regel durchbrochen wird, nämlich die Regel, dass für jeden Grundbesitz – mag er rentabel sein oder nicht – Grundsteuer zu entrichten ist, und dass deshalb an das Vorliegen der Voraussetzungen, die ein Abgehen von dieser Regel rechtfertigen, (relativ) hohe Anforderungen zu stellen sind. Das zwingt zu der Annahme, dass (im Ergebnis zu Lasten des Grundstückseigentümers, der eine Grundsteuerbefreiung begehrt) für die Anwendbarkeit des § 32 Abs. 1 Nr.1 GrStG nicht jedes allgemeine – etwa durch Ermittlung einer Mehrheitsmeinung oder des Urteils von Experten erkennbar werdende – öffentliche Interesse ausreicht. Es muss sich vielmehr um ein besonderes öffentliches Interesse handeln, und zwar besonders vor allem darin, dass es in rechtlichen Bindungen (zugunsten der in § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG bezeichneten Zwecke) zum Ausdruck kommt, die über das hinausgehen, was Grundstückseigentümern von der Rechtsordnung allgemein zugemutet wird, d. h. Bindungen, die den Eigentümern zur Unrentierlichkeit führende zusätzliche Nutzungsbeschränkungen auferlegen. Für Grundbesitz, der – wie hier – aus heimatgeschichtlichen Gründen bedeutsam ist, folgt daraus: Ein öffentliches Interesse im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG kann insoweit nur angenommen werden, wie für den Grundbesitz rechtliche Bindungen – sei es des förmlichen Denkmalschutzes oder sei es von einer ihm eigentumsrechtlich gleichstehenden Qualität – bestehen, die in ihrer nutzungsbeschränkenden Wirkung die Grenze dessen überschreiten, was namentlich das Baurecht von Grundstückseigentümern an Rücksichtnahme auf Gemeininteressen ohnehin verlangt. Eine solche Bindung begründet vor allem das („echte“) denkmalschutzrechliche Erhaltungsgebot. Ihm gleichzustellen sind insbesondere denkmalschutzrechtliche Gestaltungsgebote, die so eng sind, dass sie im Falle der Beseitigung des Gebäudes zwingen würden, dieses in (nahezu) identischer Gestalt wiederherzustellen, d. h. etwa jede Verwendung anderer Baumaterialien und die Veränderung der Fassadengestaltung zu unterlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 1984 – 8 C 62/82 -, Juris, Rn. 17, und Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23/97 -, Juris, Rn. 14).
Bindungen der bezeichneten, von § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG vorausgesetzten Art bestehen für den klägerischen Grundbesitz. Auf der Grundlage des Antrages des Landesamtes für Denkmalpflege ist u. a. der klägerische Wasserturm durch den Bescheid der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Teltow-Fläming förmlich in die Denkmalliste des Landkreises Teltow-Fläming aufgenommen worden. Zur Begründung heißt es auf den Seiten 3 und 4 des an den Rechtsvorgänger der Klägerin gerichteten Bescheides vom 6. November 1995: „Städtebauliche Akzente setzen die beiden Wassertürme. Der südliche (Nr. 33), der, dem eigentlichen Eingang zur Kasernenstadt vorgelagert, am Ende der ... liegt, ist ein annähernd quadratischer Bau. Mit seinem giebelgekrönten Eingangsbau und seinem weit vorkragenden Gesims, das Wehrarchitektur assoziiert, bietet er einen wirkungsvollen Auftakt zu dem dahinterliegenden Kasernengelände.“ … „Die Gebäude der Anlage sind von historischer, architekturgeschichtlicher, künstlerischer sowie städtebaulicher Bedeutung. Sie werden als Einzeldenkmal „Kasernenanlage ... II“ in das Denkmalverzeichnis eingetragen und unterliegen damit den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes.“ … „Gemäß §§ 12 und 13 DenkmSchG sind Sie verpflichtet, das Denkmal so zu erhalten und zu nutzen, dass die Erhaltung der originalen Substanz auf Dauer gewährleistet ist. Um dies sicherzustellen, sind nach § 15 Abs. 1 – 4 DenkmSchG beabsichtigte Veränderungen, Wiederherstellungsmaßnahmen, Umgestaltungen, Wegnahmen oder Hinzufügungen erlaubnispflichtig und bei der unteren Denkmalschutzbehörde zu beantragen“. Damit ist dessen Bedeutung für Kunst und Geschichte der Region erwiesen und „ins Bewusstsein der Bevölkerung oder mindestens eines breiteren Kreises von Sachverständigen eingegangen.“
II. Der klägerische Grundbesitz ist auch in der Regel unrentabel im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG. Das Tatbestandsmerkmal der Unwirtschaftlichkeit setzt voraus, dass „in der Regel“ – d. h. auf Dauer prognostizierbar – (dazu 1.) „die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile (Rohertrag)“ – also die grundstücksbezogenen geldwerten Zuflüsse – (dazu 2.) die „jährlichen Kosten“ – also die ebenfalls grundstücksbezogenen Ausgaben zur Erhaltung des Grundbesitzes und seiner wirtschaftlichen Ertragskraft – (dazu 3.) unterschreiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23/97 -, Juris, Rn. 17).
1. Das Erfordernis, dass die Unwirtschaftlichkeit „in der Regel“ gegeben sein muss, lässt es nicht bei einem rechnerischen Minus im jeweiligen Erlasszeitraum bewenden, sondern stellt auf einen zeitlich andauernden Zustand, d. h. auf die Erwartung einer dauernden Unrentierlichkeit, ab. Dem entspricht es, dass gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 GrStG dem Erlassantrag insoweit eine gewisse Dauerwirkung zukommt, als er nicht jährlich wiederholt zu werden braucht. Aus dieser gesetzlichen Vorgabe folgt zunächst, dass eine prognostizierende Beurteilung auf der Grundlage u. a. der sich aus der Vergangenheit ergebenden wirtschaftlichen Daten geboten ist und ferner dass auf der Einnahmen- wie auf der Kostenseite nur „dauerhafte“ Rechnungsposten berücksichtigungsfähig sind. In Übereinstimmung mit Abschnitt 35 Absatz 2 Sätze 11 – 15 der Grundsteuerrichtlinien (GrStR) vom 9. Dezember 1978 ist für die Beurteilung des hiesigen Falles zutreffend auf den Dreijahreszeitraum von 2008 – 2010 abzustellen, da sich der Erlassantrag der Klägerin vom 23. Januar 2009 unter Beachtung des § 34 Abs. 2 Satz 2 GrStG nur auf das Veranlagungsjahr 2008 beziehen konnte; zumal ihr das Grundstück mit dem Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes ... vom 28. März 2008 auch erst zum 1. Januar 2008 zugerechnet wurde.
2. Als „Einnahmen“ sind alle Güter anzusehen, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Grundbesitz zufließen (vgl. § 8 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG –). Hieran anknüpfend bestimmt Abschnitt 35 Abs. 2 Satz 1 GrStR, dass zum Rohertrag sämtliche Einnahmen und sonstigen Vorteile, die der Grundbesitz bietet, gehören. Zu den Einnahmen rechnen z. B. die Miet- und Pachteinnahmen sowie die Einnahmen aus Besichtigungen und Führungen (Abschnitt 35 Abs. 2 Satz 2 GrStR). Zu den sonstigen Vorteilen gehört auch der Nutzungswert, den die eigene Benutzung des denkmalgeschützten Wasserturmes für die Kläger hat und der mit den bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung zu erzielenden ortsüblichen Miet- und Pachteinnahmen einzusetzen ist (Abschnitt 35 Abs. 2 Sätze 3 und 4 GrStR). Unter Beachtung dieser Vorgaben gehen die Beteiligten unstreitig und nachvollziehbar davon aus, dass zum einen mit dem Wasserturm keinerlei Einnahmen erzielt werden und angesichts des entkernten Zustandes auch kein Nutzungswert für die Klägerin anzusetzen ist.
3. Diesen Einnahmen sind die „jährlichen Kosten“ – also die ebenfalls grundstücksbezogenen Ausgaben zur Erhaltung des Grundbesitzes und seiner wirtschaftlichen Ertragskraft – gegenüberzustellen.
Insoweit geht die Kammer mit dem Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 15. Februar 1991 – 8 C 3/89 -, Juris, Rn. 13, von einem grundsätzlich weiten Kostenbegriff im Sinne des Einkommensteuerrechtes aus. Nach Auffassung des Gerichts wird eine sachgerechte Konkretisierung des maßgeblichen Kostenbegriffes durch Abschnitt 35 Abs. 2 Sätze 6 – 8 GrStR vorgenommen. Diese im Jahre 1978 geschaffenen Regelungen knüpfen zwar nicht direkt an das Einkommensteuerrecht an; offensichtlich hat sich der damalige Bundesfinanzminister aber an der bereits damals existierenden, bereichsspezifischen Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II.BV) orientiert. Für die Wirtschaftlichkeitsberechnung von Wohnraum werden im dortigen vierten Abschnitt „Laufende Aufwendungen und Erträge“ (§§ 18 – 31 II.BV) die laufenden Aufwendungen in § 18 Abs. 1 II.BV unterteilt in die Kapitalkosten (§§ 19 – 23 a II.BV) und die Bewirtschaftungskosten (§§ 24 – 30 II.BV). Zu den Bewirtschaftungskosten gehören nach § 24 Abs. 1 II.BV die Abschreibungen (§ 25 II.BV), die Verwaltungskosten (§ 26 II.BV), die Betriebskosten (§ 27 II.BV), die Instandhaltungskosten (§ 28 II.BV) und das Mietausfallwagnis (§ 29 II.BV). In Anknüpfung hieran bestimmt Abschnitt 35 Abs. 2 Satz 6 GrStR zunächst, dass „zu den Kosten alle im Zusammenhang mit dem Grundbesitz stehenden Verwaltungs- und Betriebsausgaben gehören“. Verwaltungskosten sind gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 II.BV die Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht sowie der Wert der vom Vermieter persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit. Und Betriebskosten sind nach § 27 Abs. 1 Satz 1 II.BV die Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes … und des Grundstücks laufend entstehen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist für die Ermittlung der Betriebskosten seit dem 1. Januar 2004 die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) zugrunde zu legen. Im Anschluss hieran werden dann die Kapitalkosten im Sinne der §§ 19 – 23 a II.BV durch Abschnitt 35 Abs. 2 Satz 7 GrStR ausgeschlossen. Bei Gebäuden werden sodann die Abschreibungen im Sinne des § 25 II.BV und die Instandhaltungskosten im Sinne des § 28 II.BV durch Abschnitt 35 Abs. 2 Satz 8 GrStR mit einbezogen; letztere aber nur insoweit, als es um Rückstellungen für „größere“ Reparaturen geht.
Unter Beachtung dieser Grundsätze waren die Angaben der Klägerin zu den Kostenpositionen uneingeschränkt zu übernehmen, zumal auch noch der Ansatz von Abschreibungen auf die Gebäudesubstanz gemäß § 7 Abs. 4 Ziffer 2. lit. b) EStG in Höhe von jährlich 2,5 % in Betracht kommt und auch die Umlage der Verbandslasten des Wasser- und Bodenverbandes „Nuthe“ in Höhe von jährlich 0,59 € zu berücksichtigen wären.
Bei nicht vorhandenen Einnahmen sind somit jährlich mindestens 2.200,00 € an Ausgaben zu berücksichtigen, so dass an der Unrentabilität keine Zweifel bestehen.
III. Ein Anspruch auf Grundsteuererlass nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG ist gleichwohl nicht gegeben, weil die notwendige Kausalität zwischen der Kultureigenschaft des Grundbesitzes und der Unrentabilität nicht gegeben ist. Der Anspruch auf Erlass der Grundsteuer wegen Unwirtschaftlichkeit eines unter Denkmalschutz stehenden Grundbesitzes gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG setzt voraus, dass die Unrentabilität auf der Kultureigenschaft (kausal) beruht (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23/97 -, Juris, Rn. 28 ff. und Urteil vom 21. September 1984 – 8 C 62/82 -, Juris, Rn. 15; BFH, Beschluss vom 8. September 2005 – II B 129/04 -, Juris, Rn. 15; VG Halle, Urteil vom 8. Oktober 2009 – 4 A 297/09 -, Juris, Rn. 35; VG Oldenburg, Urteil vom 12. März 2009 – 2 A 2964/05 -, Juris, Rn. 47; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. März 2007 – 5 K 2864/05-, Juris, Rn. 44 f.).
Für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs kommt es somit darauf an, welche Bindungen und Beschränkungen im öffentlichen Interesse an der Nutzung des Grundbesitzes begründet worden sind, also darauf, welche Auflagen beispielsweise in der Baugenehmigung aus Gründen des Denkmalschutzes aufgestellt oder nachweislich und erkennbar infolge von Absprachen mit der Denkmalschutzbehörde schon im Bauantrag „vorweggenommen“ worden sind und welche wirtschaftlichen Auswirkungen durch sie ausgelöst worden sind. Hiernach ist die Kausalität gegeben, wenn ohne den Denkmalschutz entweder von naheliegenden Nutzungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht werden könnte, die einen höheren Ertrag abwerfen würden, und/oder Kosten eingespart werden könnten, und die sich hieraus ergebende Verbesserung der Ertragssituation einen Einnahmeüberschuss ergäbe.
Das ist bei dem klägerischen Grundbesitz indes nicht der Fall. Denn selbst wenn der Denkmalschutz hinweggedacht würde, würde sich an der Unrentabilität des klägerischen Grundbesitzes nichts Wesentliches ändern, weil ein Wasserturm als solcher einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung nicht bzw. kaum zugänglich ist, weil es naturgemäß an einer für Wohn- oder gewerbliche Zwecke bauordnungsrechtlich ausreichenden Belichtung fehlt. Verbleibt es damit bei der Einnahmesituation von 0,00 €, dann führt bereits die minimale Belastung des klägerischen Grundbesitzes mit der Umlage der Verbandslasten des Wasser- und Bodenverbandes Nuthe in Höhe von jährlich 0,59 € zu einer Unrentabilität des klägerischen Grundbesitzes. Selbst wenn die Klägerin in dieser Situation noch zusätzliche Aufwendungen für den Denkmalschutz hätte, begründet dies die Kausalität nicht, da es insoweit nicht ausreichend ist, dass der Denkmalschutz die vorhandene Unrentabilität nur verschärft (vgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 28. Dezember 1989 - 1 R 84/87 -, Juris, Rn. 47). Auf die der Klägerin vom Beklagten vorgehaltene Pflicht zur Modernisierung und anschließenden Vermietung kommt es deshalb ebenfalls nicht an, da die Klägerin nachvollziehbar dargelegt hat, dass der zu erwartende Kapitaldienst über die dann evtl. zu erzielenden Mieteinnahmen hinausgeht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Abs. 1 Nr. 11, 711 ZPO.
Gemäß § 134 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO war auf Antrag der Beteiligten die Revision zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Sie bietet die Möglichkeit zur Klärung der Frage,
ob ein Grundsteuererlass gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG aus Gründen des Denkmalschutzes auch dann ausgeschlossen sein soll, wenn mit dem denkmalgeschützten Grundbesitz auf Grund der Besonderheiten des Bauwerkes nach vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Privatnützigkeit nicht gegeben ist, dadurch keine Einnahmen mit dem Grundbesitz erzielt werden können und damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 8. Juli 1998 – 8 C 23/97 – und 21. September 1984 – 8 C 62/82 -) in keiner denkbaren Fallkonstellation mangels Kausalität ein Grundsteuererlass zu gewähren ist, weil die Unrentabilität bereits durch die kleinste Kostenposition außerhalb der denkmalbezogenen Aufwendungen verursacht wird, oder
ob es in dieser Konstellation für einen Grundsteuererlass gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG ausreichend ist, wenn der Steuerpflichtige – wie hier die Klägerin in ihren Schriftsätzen und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen hat – den denkmalgeschützten Grundbesitz allein aus Liebhaberei erworben hat, um gerade das Denkmal „um seinetwegen“ zu erhalten, statt in dieser Situation den nach der Rechtsprechung zum Denkmalschutzrecht möglichen Abriss zu beantragen oder von der Belegenheitsgemeinde die Übernahme des denkmalgeschützten Grundbesitzes zu verlangen.
B e s c h l u s s :
Der Streitwert wird auf 1.465,05 € festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
Beantragt ist die Grundsteuerbefreiung gemäß § 32 GrStG. Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird diese generell unbefristet gewährt; die Befreiung stellt also einen Dauerverwaltungsakt dar. Bei Abgabenbescheiden, die gemäß § 12 b Abs. 2 KAG als sog. Fortgeltungsbescheide ausgestaltet sind, geht die Rechtsprechung für die Streitwertfestsetzung vom 3-fachen Jahresbetrag aus. Übertragen auf die Erlasskonstellation ist es sachgerecht, auch hier den 3-fachen Jahresbetrag zu nehmen. Da die jährliche Grundsteuer auf 488,53 € festgesetzt wurde, entspricht dies einem Streitwert von 1.465,05 €.