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Entscheidung 9 UF 147/13


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 09.10.2013
Aktenzeichen 9 UF 147/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Beschwerdewert beträgt 1.500 €.

Gründe

I.

Das betroffene, am ... Dezember 1995 geborene Kind L… ist die Tochter von Frau S… und Herrn F… W…, die die elterliche Sorge ausüben. Seit dem 15. September 2013 befindet sich das Kind L… in stationärer jugendpsychiatrischer Behandlung in den … Kliniken, wohin sie gegen ihren Willen verbracht wurde.

Unter dem 16. August 2013 haben die Kindeseltern die vorläufige Unterbringung ihrer Tochter beantragt. Daraufhin hat das Amtsgericht Oranienburg mit Beschluss vom 16. September 2013 die vorläufige Genehmigung zur Unterbringung des Kindes in einer geschlossenen Abteilung (einer anderen psychiatrischen Klinik) erteilt. Zugleich hat das Amtsgericht die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses angeordnet und angeordnet, dass die Genehmigung unwirksam wird, sobald das betroffene Kind ärztlicherseits entlassen werde, spätestens aber am 18. Oktober 2013.

Mit als sofortige Beschwerde auszulegenden Schreiben vom 17. September 2013 hat das betroffene Kind einen Antrag auf Widerspruch oder Einspruch gegen den elterlichen Antrag gestellt. Nachfolgend hat das Amtsgericht das betroffene Kind persönlich angehört (Bl. 51) und für das Kind einen Verfahrensbeistand bestellt (Bl. 58). Das Jugendamt hat unter dem 19. September 2013 Stellung genommen (Bl. 56).

Mit Beschluss vom 23. September 2013 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2013 hat der Verfahrensbeistand Stellung genommen.

II.

Die gemäß §§ 57 Satz 2, 58 ff. FamFG statthafte und in zulässiger Weise durch das betroffene, derzeit 17 Jahre alte Kind, eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat zutreffend die vorläufige Unterbringung des betroffenen Kindes angeordnet.

Die Voraussetzungen des § 1631 b BGB liegen insoweit vor. Das Amtsgericht hat zutreffend die vorläufige Unterbringung für den Zeitraum von maximal sechs Wochen angeordnet.

Erforderlich für die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1631 b BGB ist zunächst ein Antrag der Aufenthaltsbestimmungsberechtigten (OLG Hamburg, FamRZ 2013, 1227), den die sorgeberechtigten Eltern vorliegend gestellt haben.

Nach § 1631 b Satz 1BGB bedarf die Unterbringung eines Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, der Genehmigung des Familiengerichts. Die Unterbringung ist zulässig, wenn sie zum Wohl des Kindes, insbesondere zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung, erforderlich ist und der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch andere öffentliche Hilfen, begegnet werden kann (§ 1631 b Satz 2 BGB). § 1631 b BGB stellt klar, dass die geschlossene Unterbringung aus Gründen des Kindeswohls erforderlich und verhältnismäßig sein muss. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass das Familiengericht im Verfahren nach § 1631 b BGB eine Entscheidung der sorgeberechtigten Eltern überprüft, denen im Rahmen ihres Beurteilungsvorrangs (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) ein Spielraum bei der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zufällt (BGH, FamRZ 2012, 1556). Die Entscheidung des Gerichts hat zugleich dem Freiheitsrecht des Minderjährigen Rechnung zu tragen (BGH, FamRZ 2012, 1556). Eine geschlossene Unterbringung kommt daher nur als letztes Mittel und nur für die kürzeste angemessene Zeit in Betracht (BGH, FamRZ 2012, 1556; vgl. auch Art. 37 Buchstabe b der UN-Kinderrechtekonvention). § 1631b Satz 1BGB nennt dabei als Unterbringungsgründe beispielhaft die Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung.

Nach den getroffenen Feststellungen ist das betroffene Kind L… aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht derart stark beeinträchtigt, dass mindestens zur Abwendung einer erheblichen Selbstgefährdung ihre vorläufige Unterbringung geboten ist. L… hat in der Vergangenheit Cannabis eingenommen, wie sie selbst bereits eingeräumt hat, und zwar etwa durchschnittlich ein Gramm täglich (ärztlich-psychologische Stellungnahme Chefarzt Dr. W…, Oberärtzin S… und Stationspsychologin H… vom 16.09.2013, Bl. 9 f., auf deren Inhalt Bezug genommen wird). Darüber hinaus kam es auch zu anderweitigen Drogen- bzw. zu Alkoholexzessen. Insgesamt stellt sich der Zustand des Kindes als verwirrt bis psychotisch dar.

Die Eltern haben bekundet, L… habe Selbstmordgedanken, poste bei Facebook wirres Zeug und habe teilweise selbstverletzendes Verhalten gezeigt. L… hat in der Klinik in selbstverletzender Weise angedroht, nichts mehr essen oder trinken zu wollen (Bericht der … Kliniken vom 16. September 2013, ärztlich-psychologische Stellungnahme der Ärzte Dr. W…, S… und H…). Zudem leidet L… unter Wahnvorstellungen. Aus dem vorgenannten ärztlichen Bericht der … Kliniken ergibt sich, dass L… wahrheitswidrig meinte, Fernseh- und Radiosender hätten auf ihre bei Facebook geposteten Mails reagiert. Bei ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht erklärte sie der Richterin, sie sei Jesus. Zudem kommt es zu Gedächtnislücken und Konzentrationsstörungen. Bei ihrer Anhörung durch den Verfahrensbeistand hat sie eine Verantwortlichkeit für die Terroranschläge in Nairobi hergestellt. Teilweise ist auch aggressives Verhalten aufgetreten, wie aus ihren eigenen schriftlichen Stellungnahmen (so das dokumentierte Zerstören von Gegenständen) hervorgeht.

Zur weiteren ärztlichen Untersuchung, der Sicherstellung und Abwendung einer Eigengefährdung und auch eines evtl. Drogenentzugs ist sie deshalb weiterhin vorläufig unterzubringen. Dass die damit verbundene vorläufige Freiheitsentziehung überhaupt bzw. von der angeordneten Dauer her nicht gerechtfertigt und damit unverhältnismäßig ist, kann nach den bislang getroffenen summarischen Feststellungen im vorliegenden Eilverfahren ausgeschlossen werden. Es ist nicht erkennbar, dass der insbesondere mit der Selbstgefährdungstendenz verbundenen Gefahr auf andere Weise, insbesondere durch andere öffentliche Hilfen, begegnet werden könnte. Die von L… für eine Entlassung angeführten Gründe – insbesondere die Teilnahme am Schulbetrieb – haben dahinter zurückzustehen, zumal insoweit unterstützende Maßnahmen durch die Behörden in Betracht kommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 FamFG, die Wertfestsetzung auf §§ 40 Abs. 1, 41, 42 Abs. 3 FamGKG.

Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde existieren nicht.