Gericht | VG Cottbus 2. Kammer | Entscheidungsdatum | 15.11.2019 | |
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Aktenzeichen | 2 K 1280/18 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2019:1115.2K1280.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 4 Abs 1 RdFunkBBZArbStVtr BE, Art 4 Abs 1 GG, § 4 Abs 6 RdFunkBBZArbStVtr BE |
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger, der beim Beklagten unter der Beitragsnummer 4... geführt wird, begehrt von diesem die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht.
Der Kläger stellte mit Schreiben vom 19. März 2018 beim Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Zur Begründung führte er aus, dass er durch die Finanzierung des Beklagten gemäß § 1 RBStV in eine innere Gewissensnot geraten würde. Öffentlich-rechtliche Sender hätten einen Bildungsauftrag und hätten unabhängige Berichterstattung frei von wirtschaftlichen und politischen Interessen zu leisten. Dies sei jedoch beim Beklagten nicht gewährleistet.
Mit Bescheid vom 24. April 2018 lehnte der Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab. Zur Begründung führte er aus, dass nach Prüfung der besonderen Umstände des klägerischen Einzelfalles sich die Annahme eines besonderen Härtefalles nach § 4 Absatz 6 S. 1 RBStV nicht rechtfertigen lasse. Al-lein der willentliche Verzicht auf die Nutzung von Rundfunkprogrammen stelle keinen Härtefall dar. Der subjektive Wille Rundfunkprogramme nicht nutzen oder empfangen zu wollen, spiele für die Rundfunkbeitragspflicht grundsätzlich keine Rolle. Für jede Wohnung sei ein Rundfunkbeitrag zu zahlen, unabhängig davon, ob und wie viele Rundfunkgeräte im Einzelnen vorhanden seien.
Gegen diesen Ablehnungsbescheid vom 24. April 2018 hat der Kläger mit Schreiben vom 15. Mai 2018 Widerspruch erhoben. Zur Begründung beruft er sich inhaltlich im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Befreiungsantrag. Ergänzend führt er jedoch aus, dass er seine innere Not nicht dadurch lindern könne, dass er nicht die Angebote des Rundfunks nutze. Der Kläger könne aus Gewissensgründen nicht die Abgabe entrichten. Er habe aus diesem Grund den Härtefallantrag gestellt und sich damit an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gehalten.
Unter dem 25. Mai 2018 wies der Beklagte den klägerischen Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 24. April 2014 als zulässig, aber in der Sache unbegründet zurück. Dem klägerischen Vortrag sei nicht zu entnehmen, dass er eine der in § 4 RBStV genannten Voraussetzungen für eine Befreiung erfülle. Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrages sei der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nach Art. 4 des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991, zuletzt geändert durch den 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 3. bis zum 7. Dezember 2015. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei durch die Ratifizierung den Länderparlamenten in allen Bundesländern zu geltendem Landesrecht geworden. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht natürlicher Personen seien in § 4 RBStV geregelt. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 RBStV sei an den Empfang bestimmter sozialer Leistungen gebunden und für den Personenkreis taubblinder Menschen möglich. Es gelte das Grundprinzip, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung zustehe, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft wurde. Einen Nachweis darüber, dass der Kläger eine der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Leistungen erhalte, sei beim Beklagten nicht eingegangen. Nach § 4 Abs. 6 RBStV könne die Rund-funkanstalt unbeschadet der Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV in besonderen Härtefällen Antragssteller von der Rundfunkbeitragspflicht befreien. Eine Befreiung wegen eines besonderen Härtefalls könne gewährt werden, wenn dem Antragsteller eine der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen bewilligt und auf diese gegenüber der Sozialbehörde schriftlich verzichtet wurde (§ 46 Abs. 1 SGB I). Als Nachweis müssten der Bescheid über die Bewilligung der Sozialleistung und die schriftliche Erklärung über den Verzicht auf diese Leistung vorgelegt werden. Eine einfache Bescheinigung der Sozialbehörde werde ausnahmsweise akzeptiert, wenn dieser unzweifelhaft zu entnehmen sei, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers umfassend geprüft wurden. Unter einer umfassenden Prüfung durch die zuständige Behörde sei zu verstehen, dass ein Anspruch auf eine der unter § 4 Abs. 1 RBStV aufgeführten Sozialleistungen bestehe, ein detaillierter Berechnungsbogen mit den einzelnen aufgeschlüsselten Positionen vorliege, das Vermögen die maßgebliche Freigrenze nicht überschreite und keine vorrangigen Unterhaltsansprüche gegenüber Dritten bestünden. Die Nachweispflicht in § 4 Abs. 7 RBStV gelte sowohl für Befreiungen nach § 4 Abs. 1 RBStV wie für Befreiungen nach § 4 Abs. 6 RBStV. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger eine Sozialleistung beantragt habe. Einen in § 4 Abs. 6 S. 2 RBStV ausdrücklich genannten Ablehnungsbescheid habe der Kläger nicht vorgelegt. Die vom Kläger vorgebrachten Gewissensgründe stünden der Erhebung der Rundfunkbeiträge nicht entgegen. Selbst ein hinreichend substantiierter Vortrag rechtfertige eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus Gewissensgründen nicht, da es dem Betroffenen unbenommen bleibe, dass Rundfunkprogramm der jeweiligen Landesrundfunkanstalten nicht zu nutzen. Die Tatsache, dass jemand aus Gewissensgründen nicht an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beteiligt werden wolle, stelle keinen atypischen Sachverhalt dar. Vielmehr habe der Gesetzgeber sich bei der Änderung der Rundfunkfinanzierung durch den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag bewusst dazu entschieden, die Beitragspflicht im privaten Bereich zukünftig an das Innehaben einer Wohnung und nicht mehr an das Bereithalten von Rundfunkempfangsgeräten zu knüpfen. Es handele sich demnach nicht um eine Regelungslücke und auch nicht um einen atypischen Sachverhalt, sondern um eine bewusste und gewollte gesetzgeberische Entscheidung, dass die Rundfunkbeiträge unabhängig von den tatsächlich vorhandenen Rundfunkgeräten erhoben werden würden. Nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhaltes lasse sich die Annahme eines besonderen Härtefalls nach § 4 Abs. 6 RBStV nicht rechtfertigen.
Mit seiner undatierten Klage, die am 26. Juni 2018 bei Gericht eingegangen ist, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er aus, dass er von der Rundfunkbeitragspflicht aus innerer Gewissensnot zu befreien sei. Öffentlich-rechtliche Sender hätten einen Bildungsauftrag und hätten insoweit unabhängige Berichterstattung frei von politischen Interessen zu gewährleisten. Es werde jedoch durch den Beklagten Propaganda und Kriegshetze verbreitet und die Bevölkerung werde jeden Tag angelogen und mit Fehl- und Falschinformationen verunsichert. Dies widerspreche dem klägerischen Lebensstil. Er setzte sich für Wahrheit, Freiheit, unzensierte Medien, freie Meinungsäußerung und für Menschen- und Tierrechte ein. Dem Kläger sei bewusst, dass der jeweiligen Rundfunkanstalt das Recht der Rundfunkfreiheit eingeräumt worden sei und damit jedwede Informations- und Meinungsverbreitung des Rundfunks fast uneingeschränkt und nicht justiziabel verbreitet werden könne. Er selbst müsse aber entsprechend seiner inneren Instanz verantwortlich handeln dürfen und könne diese Art und Weise nicht gutheißen. Er lehne sie vollständig ab. Der Kläger werde durch Nötigung und Erpressung gezwungen, dieses korrupte System mitzufinanzieren und zu unterstützen. Dies könne er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren. Eine solche Zwangsabgabe in Höhe von monatlich 17,50 € habe es weder in der DDR noch im Dritten Reich gegeben. In der damaligen Zeit sei es vielmehr jedem freigestellt gewesen, das Rundfunksystem nicht zu unterstützen, indem keine Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereitgehalten würden. Dieses Freiheitsrecht sei jedem in Deutschland wohnenden Menschen im Jahr 2013 entzogen worden. Die Anknüpfung der Abgabepflicht an das bloße Innehaben einer Wohnung, sei unbeschadet der Tatsache, ob überhaupt Rundfunk genutzt werde, nicht zu rechtfertigen. Die Entrichtung dieser Rundfunkabgabe löse in dem Kläger eine innere Not aus, die er abwehren müsse. Seine innere Gewissensnot entstünde nicht dadurch, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ihm die Freiheit einräume, die Programmangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht nutzen zu müssen. Seine Gewissensnot entstehe vielmehr dadurch, dass er durch die Zahlung des Rundfunkbeitrags aktiv eine finanzielle Unterstützung leiste, einem politisch monopolisieren Medienanbieter bei der massenhaften Manipulation, Suggestion, in Vertretung und Vergiftung des menschlichen Geistes behilflich zu sein. Er könne deswegen keinen Rundfunkbeitrag freiwillig entrichten und benötige aus diesem Grunde eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Um diese zu erzielen, habe er entsprechend den Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zum Az. 1 BvR 2550 / 12 ordnungsgemäß einen entsprechenden Härtefallantrag am 19. März 2018 bei dem Beklagten gestellt. Das Bundesverfassungsgericht habe seinerzeit klargestellt, dass gegenüber dem Beschwerdeführer die von ihm gerügten Grundrechtsverletzungen zunächst in zumutbarer Weise in einem verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden müssten. Der Kläger ergänzt schließlich mit Blick auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass das Bundesverfassungsgericht sich in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2018 nicht ausdrücklich mit der Gewissensfreiheit befasse. Es gebe auch eine anhängige Bundesverfassungsbeschwerde zur Frage, ob ein Verstoß gegen die Gewissensfreiheit durch die Leistung von Rundfunkbeiträgen gegeben sei. Diese Verfassungsbeschwerde sei im März 2019 von Herrn O... anhängig gemacht worden. Über diese Verfassungsbeschwerde sei vom Bundesverfassungsgericht bislang noch nicht entschieden worden.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom 24. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2018 zu verpflichten den Kläger auf seinen Antrag vom 19. März 2018 hin von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist dem klägerischen Vorbringen entgegengetreten. Zur Begründung verweist der vollinhaltlich auf seine Widerspruchsentscheidung vom 25. Mai 2018.
Mit Beschluss vom 16. August 2019 wurde der Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten bezüglich des Sach- und Streitstandes wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang, die Gerichtsakte sowie die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2019 verwiesen.
Über die Klage konnte durch den Einzelrichter entschieden werden, weil die Kammer den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit unanfechtbarem Beschluss vom 16. August 2019 auf den Berichterstatter übertragen hat, § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Das Gericht konnte auch trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil der Beklagte mit der Ladung auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist, § 102 Abs. 2 VwGO.
Die als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO statthafte Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der hier streitgegenständliche Ablehnungsbescheid des Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger auch nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch von der Rundfunkbeitragspflicht befreit zu werden, § 113 Abs. 5 VwGO.
Die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags und die Pflicht zur Leistung von Rundfunkbeiträgen sind verfassungsrichterlich geklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2018 für alle Gerichte verbindlich entschieden (§ 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes [BVerfGG]), dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17, juris).
Zunächst liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus sozialen Gründen hier nicht vor. So kann sich der Kläger zunächst nicht mit Erfolg auf eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht gemäß § 4 Abs. 1 RBStV berufen. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus wirtschaftlichen Gründen nach § 4 Abs. 1 RBStV kann nämlich nur derjenige beanspruchen, der mittels eines aktuellen Bescheides den Bezug einer der in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV genannten Sozialleistungen nachweisen kann. Hierzu hat der Kläger weder etwas vorgetragen noch ist hierfür etwas ersichtlich.
Auch ist eine Härtefallbefreiung nach § 4 Abs. 6 RBStV vorliegend ausgeschlossen.
Nach § 4 Abs. 6 S. 2 RBStV liegt ein Härtefall zunächst insbesondere dann vor, wenn eine Sozialleistung nach Abs. 1 Nr. 1 bis 10 der Vorschrift in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrag überschreiten. Auch insoweit hat der Kläger nichts vorgetragen.
Der hier zu entscheidende Fall ist schließlich auch von § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV nicht erfasst. Eine Befreiung aufgrund eines ungeschriebenen besonderen Härtefalls ist zwar grundsätzlich nicht von vornherein ausgeschlossen – insoweit ist hier dem Kläger Recht zu geben –; ein solcher ungeschriebener Härtefall liegt im hiesigen Fall jedoch nicht vor. Anknüpfungspunkt für eine Härtefallbefreiung ist eine atypische, vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Situation, denn es handelt sich bei der zitierten Vorschrift nicht um eine allgemeine Härte-Auffangklausel (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2011 – 6 C 34/10 –, zur entsprechenden Regelung im früheren Rundfunkgebührenrecht, § 6 Abs. 3 RGebStV, zitiert nach juris).
§ 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV ist seinem Wortlaut nach zwar nicht nur lediglich auf soziale Härtefälle beschränkt, so dass die Vorschrift etwa auch solche Wohnungsinhaber begünstigen kann, denen die Beitragsentrichtung deshalb unzumutbar ist, weil ihnen der Rundfunkempfang in ihrer Wohnung objektiv unmöglich ist (so VG Neustadt a.d. Weinstraße (5. Kammer), Urteil vom 20. September 2016 - 5 K 145/15.NW, beck-online). So sollen auch absolute körperliche Rezeptionshindernisse beim Wohnungsinhaber (z. B. aufgrund schwerer Demenzerkrankung) oder besondere örtliche Gegebenheiten (Funkloch) qualifizierte Gründe für eine Beitragsbefreiung darstellen können (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 23. Dezember 2015, 6 K 43/15, juris, Rn. 92 f, m. w. N.). Abgesehen von dem in Deutschland wohl höchst seltenen Fall eines – sachverständig nachweisbaren – „Funklochs“ kann aber zur Feststellung der objektiven Unmöglichkeit des Rundfunkempfangs nicht für sich betrachtet darauf abgestellt werden, ob Empfangsmöglichkeiten durch geeignete Geräte in einer Wohnung tatsächlich bestehen, denn angesichts jederzeit verfügbarer, nach außen nicht sichtbarer multifunktionaler Geräte, die in der Kleidung oder in Taschen mitgeführt werden können, ist diese Frage letztlich nicht überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2016, 6 C 6.15, juris, Rn. 37). Insofern erscheint die Beitragsbefreiung wegen Unmöglichkeit des Rundfunkempfangs in einem objektiven Sinne allenfalls aufgrund evidenter, außergewöhnlicher Lebensumstände des Wohnungsinhabers gerechtfertigt, die den genannten Fällen absoluter körperlicher Rezeptionshindernisse vergleichbar und entsprechend eindeutig feststellbar sein müssen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die objektive Unmöglichkeit des Rundfunkempfangs dauerhaft bestehen muss, um die Beitragsentrichtung unzumutbar werden zu lassen (vgl. VG Neustadt a.d. Weinstraße (5. Kammer), Urteil vom 20. September 2016 - 5 K 145/15.NW, beck-online). Eine solche objektive Unmöglichkeit des Rundfunkempfangs besteht vorliegend offensichtlich nicht. Eine solche hat der Kläger ebenfalls nicht geltend gemacht. Hiervon zu unterscheiden ist nämlich, ob der Beitragspflichtige selbstbestimmt und insoweit subjektiv auf die Nutzung von Empfangsgeräten – wie der Kläger hier – verzichtet und keine vorhält.
Auch hilft die von dem Kläger zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im hier zu entscheidenden Fall nicht weiter. Das Bundesverfassungsgericht hat seinerzeit im Falle eines strenggläubigen Christen, der geltend gemacht hat, auf jede Form elektronischer Medien zu verzichten und aus religiösen Gründen in bescheidenen Verhältnissen ohne Fernseher, Radio, Telefon, Handy, Internetanschluss oder Auto zu leben, die Zuerkennung einer Härtesituation unter Hinweis auf die Befreiungsfälle wegen objektiver Unmöglichkeit des Rundfunkempfangs nicht von vorneherein als ausgeschlossen angesehen (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – 1 BvR 2550/12, beck-online), jedoch hierbei keine (ausdrückliche) Entscheidung darüber getroffen, dass ein solcher (Härte-) Fall tatsächlich vorlag. Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle zudem, dass sich die vorgenannte Entscheidung auf die Rechtslage vor dem 1. Januar 2013 bezogen hat.
Der Kläger kann schließlich eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus Gewissensgründen nicht fruchtbar machen. So führt die Ablehnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in den Fällen, in denen sich die Betroffenen zur Begründung auf die grundrechtlich geschützte Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) berufen, grundsätzlich schon nicht zur Unzumutbarkeit der Beitragserhebung.
Ungeachtet dessen, dass vorliegend bereits erhebliche Zweifel an einem tatsächlichen Gewissenskonflikt des Klägers bestehen und insoweit ein Berufen auf die Gewissensfreiheit als äußerst unglaubhaft erscheint, da der Kläger nicht hinreichend konkret bezogen auf seinen besonderen Einzelfall vorgetragen hat, worin im Einzelnen ein Gewissens- bzw. Glaubenskonflikt in seiner Person bestehe, der die Annahme eines besonderen Härtefalles rechtfertigt, der zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht berechtigen würde. Der Kläger hat insbesondere schon unklar gelassen, ob er einer Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft angehört oder nicht. Hierzu hatte er in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit. Im Ergebnis hat er lediglich vorgetragen, dass er kein Fernseh- und Rundfunkempfangsgerät besitzt – was für sich genommen, wie oben dargestellt nicht ausreicht –, um sich von der einseitigen Stimmungsmache und den Falschinformationen des Beklagten zu schützen. Inwieweit hier ein Konflikt zwischen der Pflicht zur Leistung der Rundfunkbeiträge und seinem Gewissen, seinen Glaubensinhalten bzw. seine Religionszugehörigkeit oder -ausübung gegeben ist, hat er insoweit nicht näher dargelegt.
Hinzu kommt, dass die Ausführungen des Klägers ganz überwiegend lediglich allgemein gehaltene Aussagen zur Unvereinbarkeit der Rundfunkbeitragspflicht mit Art. 4 Abs. 1 GG darstellen, die hinsichtlich einer individuellen Betroffenheit des Klägers gerade nicht fruchtbar gemacht werden können.
Doch selbst wenn man zugunsten des Klägers einen inneren Gewissenskonflikt hinsichtlich bestimmter Rundfunksendungen unterstellen würde, liegt hierin noch kein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung der Kammer verstößt nämlich die Heranziehung zur Rundfunkbeitragspflicht grundsätzlich nicht gegen die in Art. 4 Abs. 1 GG garantierte Gewissensfreiheit (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 30. November 2018, - 2 K 54/18, n.v., insoweit auch VG Saarlouis, Urteil vom 25. Januar 2016 - 6 K 525/15, Urteil vom 23. Dezember 2015 - 6 K 43/15, Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 K 1235/14 -; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. November 2015, 7 A 10455/15, alle juris). So ist der Schutzbereich der Gewissensfreiheit hier bereits nicht eröffnet (vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 18. April 1984 1 BvL 43/81 = BVerfGE 67, 26 wonach der Schutzbereich der Gewissensfreiheit bei der Verweigerung von Krankenkassenbeiträgen wegen der Finanzierung medizinisch nicht indizierter Schwangerschaftsabbrüche nicht betroffen ist). Eine Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG ist nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts eine ernste, sittliche, d. h. an den Kriterien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend erfährt, sodass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960, 1 BvL 21/60; BVerfG, Urteil vom 13. April 1978, 2 BvF 1/77, 2/77, 4/77, 5/77, juris). Selbst wenn es Sendungen geben sollte, die mit dem Gewissen des Klägers nicht in Einklang – worauf er im Wesentlichen seinen Gewissenskonflikt stützt – stehen, würde dies der Beitragspflicht nicht entgegenstehen. Die Zahlung einer Abgabe - hier des Rundfunkbeitrags - ist als solche gerade nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses verbunden (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 2. Juni 2003 - 2 BvR 1775/02 -, juris). Sowohl die Zahlung einer Steuer als auch eines Beitrags kann nicht mit der Begründung verweigert werden, dass ein Einzelner eine bestimmte Verwendung öffentlicher Abgaben für grundrechtswidrig und mit seinem Gewissen nicht vereinbar hält (BVerfG, Beschluss vom 18. April 1984 - 1 BvL 43/81 -, juris). Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg führt hierzu aus, dass die Zahlung einer Abgabe wie des Rundfunkbeitrags als solche nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses verbunden ist. Der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG sowie des Art. 9 EMRK wird durch die Beitragserhebung als solche nicht tangiert. Der Schutzbereich der Glaubensfreiheit reicht nur soweit wie der eigene Verantwortungsbereich des Grundrechtsträgers. Die Programmentscheidung liegt jedoch nicht im Verantwortungsbereich des Klägers. Zwar wird der Rundfunkbeitrag anders als die Steuer zu einem konkreten Zweck, nämlich der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Jedoch steht nicht fest, für welche Programme und Programminhalte der Beitrag des jeweiligen Schuldners verwendet wird. Der Beitragsschuldner, der sich auf seine Glaubens- und Gewissensfreiheit beruft, kann nicht davon ausgehen, dass ein konkreter Beitrag für Sendungen verwendet wird, deren Inhalt er aus Glaubens- oder Gewissensgründen ablehnt (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2019 – OVG 11 N 111.16 –, Rn. 16, juris, Senatsbeschlüsse vom 1. Februar 2017 – OVG 11 N 91.15 –, Rn. 27-28, juris, m.w.N.; sowie vom 23. September 2019 – OVG 11 N 98.17 –, n.v.). Der Beitragsschuldner wird zwar regelmäßig zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herangezogen, ist aber gerade nicht gezwungen, das Programmangebot der Rundfunkanstalten zu nutzen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 2. Dezember 2015 - VG 27 K 241/15, beck-online).
Dem Hinweis des Klägers, dass ein Herr K... eine Verfassungsbeschwerde zur Frage der Vereinbarkeit der Rundfunkbeitragspflicht mit der Gewissensfreiheit anhängig gemacht haben soll, war vor diesem Hintergrund auch nicht weiter nachzugehen.
Nach allem war die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Zu Gunsten des Klägers konnte hier von Gerichtskostenfreiheit nach § 188 S. 2 VwGO ausgegangen werden. Bei der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus sozialen Gründen handelt es sich um eine Angelegenheit der sozialen Fürsorge gemäß § 188 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. April - 6 C 10/10 -, beck-online).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abse. 1 u. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Aufgrund der Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens bedurfte es keiner Streitwertfestsetzung.