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Arbeitslosenhilfe; Vermögen; Treuhandverhältnis; Beweislastumkehr; Anschlussberufung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat Entscheidungsdatum 27.01.2011
Aktenzeichen L 8 AL 474/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 134 Abs 1 S 1 Nr 3 AFG, § 137 Abs 2 AFG, § 190 Abs 1 Nr 5 SGB 3, § 193 Abs 2 SGB 3, § 330 Abs 3 SGB 3, § 335 SGB 3, § 6 AlhiV 1974, § 8 AlhiV 1974, § 9 AlhiV 1974, § 1 AlhiV 2002, § 4 AlhiV 2002, § 45 Abs 1 SGB 10, § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB 10, § 50 Abs 1 SGB 10

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung der Beklagten vom 27. Januar 2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Aufhebung von Leistungsbewilligungen und die Rückforderung von Leistungen sowie Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Der Kläger ist 1961 in der Türkei geboren worden, seit 1974 lebt er in Deutschland. Er ist seit 1985 verheiratet. Nach dem Ende eines seit 1983 bestehenden Beschäftigungsverhältnisses meldete er sich ab 3. November 1992 arbeitslos und bezog antragsgemäß Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 1. November 1993. Aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger eine Abfindung von 15.000,-- DM erhalten. In den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses hatte er Entgelte zwischen ca. 2.700,-- und 3.500,-- DM erzielt.

Ab 2. November 1993 bezog der Kläger antragsgemäß Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt von anfangs 770,-- DM. In den Leistungsanträgen – genannt wird im Folgenden jeweils das Datum der Unterschrift des Klägers, falls nicht vorhanden das Eingangsdatum bei der Beklagten – vom 15. Oktober/8. November 1993 (für den am 2. November 1993 beginnenden Bewilligungszeitraum), 16. August 1994 (Wiederbewilligung nach genehmigter Ortsabwesenheit und anschließender Säumniszeit), 2. September 1994 (für den am 1. Oktober 1994 beginnenden Bewilligungsabschnitt), 18. September 1995 (für den am 2. Oktober 1995 beginnenden Bewilligungsabschnitt), ohne Datum (für den am 1. Oktober 1996 beginnenden Bewilligungsabschnitt), 20. August 1997 (für den am 1. Oktober 1997 beginnenden Bewilligungsabschnitt), 16. September 1998 (Wiederbewilligung ab 16. September 1998 nach Zwischenbeschäftigung), 1. April 1999 (Wiederbewilligung nach nicht erneuerter Arbeitslosmeldung ab 1. April 1999 – zwischenzeitlich geringfügige Beschäftigung bei der BSR), 10. August 1999 (für den am 1. Oktober 1999 beginnenden Bewilligungsabschnitt), 17. Juli 2000 (Wiederbewilligung ab 14. Juli 2000 nach Zwischenbeschäftigung), 2. Dezember 2001 (Wiederbewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 12. Februar 2001 nach zwischenzeitlichem Bezug von Unterhaltsgeld und Anschluss-Unterhaltsgeld) 25. Februar 2002 (für den am 1. Juli 2002 beginnenden Bewilligungsabschnitt) und 20. Juni 2003 (für den am 1. Juli 2003 beginnenden Bewilligungsabschnitt) verneinte der Kläger jeweils die Fragen nach Vermögenswerten.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2003, bei der Beklagten eingegangen am 21. Juli 2003, teilte das Finanzamt Wilmersdorf mit, dass der Kläger zumindest in den Kalenderjahren ab 1995 über Kapitalvermögen mit einem Vermögensstamm von ca. 275.000,-- DM verfügt habe, der nach Aktenlage zu Zinseinnahmen von 44.571,-- DM im Jahr 1995, 32,-- DM im Jahr 1996, 34.741,-- DM im Jahr 1997, 35.772,-- DM im Jahr 1999 und 2.046,-- DM im Jahr 2000 geführt habe.

Nachdem die Beklagte den Kläger aufgefordert hatte, sich hierzu zu äußern und ab dem 1. Juli 2003 zunächst die Leistungen eingestellt hatte, gab der Kläger mit Schreiben vom 7. August 2003 bekannt, dass er aus Kapitalvermögen Einkünfte versteuert habe. Hierzu reichte er Einkommensteuerbescheide betreffend die Jahre 1995 bis 2002 ein, aus denen sich die vom Finanzamt mitgeteilten Zahlen, darüber hinaus für das Jahr 2001 Einkünfte aus Kapitalvermögen von 2.732,-- DM und für das Jahr 2002 von 98,-- DM ergaben.

Im September 2003 zahlte die Beklagte dem Kläger die Leistungen für den Zeitraum ab 1. Juli 2003 nach, ab 15. September 2003 hob sie die Leistungsbewilligung wegen Arbeitsaufnahme (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) auf. Mit Datum des 9. September 2003 reichte der Kläger bei der Beklagten ein Schreiben ein, in dem er ausführte, seit seinem Schulabschluss bis 1993 bei der Firma H in Wechselschicht gearbeitet zu haben. Er habe in diesen Jahren gut Geld verdient. Seine Abfindung habe er zusammen mit seinem gesparten Geld bei der türkischen Bank angelegt. Weil die Arbeitslosenhilfe für die Extra-Ausgaben nicht ausgereicht habe, hätten er und seine Familie das Geld nach und nach ausgegeben.

Mit Schreiben vom 27. November 2003 forderte die Beklagte den Kläger auf, bis zum 15. Dezember 2003 Nachweise über die Höhe des Vermögens zu den Zeitpunkten der Fortzahlungsanträge von November 1993 bis Juli 2003 anzugeben und stellte die Entziehung der Leistung in Aussicht, falls er nicht antworte oder die angeforderten Unterlagen nicht einreiche.

Mit Wirkung ab 1. Februar 2004 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosenhilfe. Erneut verneinte er die Fragen nach vorhandenem Vermögen. Durch Bescheid vom 19. Februar 2004 versagte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Februar 2004 wegen mangelnder Mitwirkung. Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass er seit dem Jahr 2000 kein Geld und keine Zinseinnahmen mehr habe. Mit dem Geld, das er von der Bank abgehoben habe, habe er private Zwecke verfolgt. Er fügte eine Aufstellung über „Kapitaleinkünfte im Ausland“ für die Jahre 1996 bis 2002 bei und gab Kontonummern bei der Türkischen Zentralbank (TCMB) an. Nachdem der Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19. April 2004 zurückgewiesen worden war, erhob der Kläger vor dem Sozialgericht Berlin Klage, mit der er neben der Aufhebung des Versagungsbescheides die Gewährung von Arbeitslosenhilfe anstrebte (Aktenzeichen SG Berlin S 78 AL 2787/04). In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht in diesem Rechtsstreit am 23. November 2004 gab der Kläger an, dass das Geld auf dem Konto bei der TCMB in Wahrheit hauptsächlich seinem Onkel gehört habe. Er habe es von ihm bar bekommen. Anfang 2000 habe er ca. 100.000,-- DM in bar in der Filiale der D Bank in der Ustraße abgehoben. Mitte 2000 habe er nochmals 116.000,-- DM in bar in einer Filiale der D Bank abgehoben. Beide Beträge habe er Mitte 2000 in bar seinem Onkel in der Türkei übergeben. Belege über die Transaktionen habe er weggeworfen. Der Kläger legte ein Schriftstück des A G vor, ausweislich dessen er – der Verfasser – den Kläger beauftragt hatte, sein Geld bei der TCMB anzulegen. Er (der Verfasser) habe sein gesamtes Geld Anfang und Mitte des Jahres 2000 mit Zinsen abgehoben. Durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 23. November 2004 hob das Sozialgericht den Versagungsbescheid auf. Die auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe gerichtete Klage wies es als unzulässig ab.

Unterdessen hatte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 13. Juli 2004 mitgeteilt, dass er nach ihren Erkenntnissen vom 2. Dezember 1993 bis zum 15. September 2003 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 45.185,21 € zu Unrecht bezogen habe. Er habe Vermögen in bis heute nicht nachgewiesener Höhe besessen, das er in den Leistungsanträgen nicht angegeben habe. Der Kläger erwiderte am 1. Oktober 2004, dass es richtig sei, dass auf seinen Namen Geld bei der TCMB angelegt worden sei. Der meiste Teil des Geldes habe aber nahen Angehörigen gehört. Ihnen habe er im Jahr 2000 insgesamt 235.190,80 DM zurückgezahlt.

Durch Bescheid vom 28. Juni 2005 nahm die Beklagte die Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe für die Zeiten 2. November 1993 bis 30. Juni 1994, den 22. Juli 1994, 13. August 1994 bis 16. Juni 1998, 16. September 1998 bis 13. Januar 1999, 1. April 1999 bis 16. April 2000, 14. Juli bis 20. August 2000 und 1. September 2000 bis 29. Juli 2001 zurück. Die Bewilligungen seien rechtswidrig gewesen. Der Kläger habe sie durch falsche oder unvollständige Angaben wenigstens grob fahrlässig herbeigeführt. Nachvollziehbare Unterlagen über das Vermögen seien nicht eingereicht worden. Es seien 43.776,41 € (Gegenwert von 85.619,21 DM) an überzahlten Leistungen sowie 12.280,99 € (Gegenwert von 24.019,52 DM) an Beiträgen zur Krankenversicherung und 849,07 € (Gegenwert von 1.660,65 DM) an Beiträgen zur Pflegeversicherung zu erstatten.

Durch weiteren Bescheid vom 28. Juni 2005 nahm die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit gleicher Begründung auch für den Zeitraum 11. Februar 2002 bis 14. September 2003 zurück. Zu erstatten seien 9.669,28 € an überzahlten Leistungen sowie Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 1.691,34 € und zur Pflegeversicherung von 164,38 €.

Durch einen dritten Bescheid vom 28. Juni 2005 lehnte die Beklagte schließlich die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Februar 2004 ab. Der Kläger habe nicht innerhalb des letzten Jahres vor der Arbeitslosmeldung Arbeitslosengeld bezogen.

Am 27. Juli 2005 ging bei der Beklagten ein Widerspruch betreffend „Aufhebungs- und Erstattungsbescheid“ ein. Der Kläger führte zur Begründung aus, dass die Sache in der Gerichtsverhandlung am 23. November 2004 geklärt worden sei. Auf Nachfrage der Beklagten, auf welchen Bescheid sich der Widerspruch beziehe, übersandte der Kläger Kopien der beiden Aufhebungs- und Erstattungsbescheide.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 1. November 2005 zurück. Die Leistungsbewilligungen seien aufzuheben gewesen. Der Kläger habe keine Nachweise betreffend das Vermögen erbracht. Angesichts dessen müsse davon ausgegangen werden, dass es sich um Vermögen gehandelt habe, das seine Bedürftigkeit und damit eine Leistungsvoraussetzung für die Arbeitslosenhilfe ausschließe. Er sei seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für die Leistung erheblicher Umstände wenigstens grob fahrlässig nicht nachgekommen.

Mit seiner Klage hat der Kläger sein Anliegen weiterverfolgt. Er habe das Geld von seinem Onkel bereits im Jahr 1993 gehabt. Es habe keinen schriftlichen Vertrag mit ihm gegeben. Er habe lediglich den Auftrag gehabt, das Geld anzulegen und ihm später wiederzugeben. Das Geld sei jeweils für zwei Jahre angelegt worden, dies erkläre die deutlichen Unterschiede bei den jährlichen Zinseinkünften. Er habe das Geld auf Wunsch seines Onkels im Jahr 2000 zurückgegeben. Dass 2001 noch Zinserträge versteuert worden sein, könne daran liegen, dass sie erst in diesem Jahr ausgezahlt worden seien. Die Erklärung seines Onkels sei insoweit „ungenau formuliert“, als nicht dieser, sondern er – der Kläger – das Geld und auch die Zinsen abgehoben habe. Auch die Altersrente des Onkels (VBL-Rente) werde im übrigen auf sein Konto überwiesen.

Durch Urteil vom 21. Juni 2007 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit darin die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung geltend gemacht worden ist. Hierfür gebe es seit dem 1. Januar 2005 keine Rechtsgrundlage mehr. Im übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Gewährung von Arbeitslosenhilfe sei von Beginn an mangels Bedürftigkeit rechtswidrig gewesen. Das vom Kläger eingeräumte Vermögen von anfangs insgesamt 235.190,80 DM sei im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen gewesen. Es sei nicht eindeutig erkennbar gewesen, dass der Kläger als Treuhänder in fremdem Interesse gehandelt habe. Eine schriftliche Vereinbarung sei nicht abgeschlossen worden. Die Erklärung des Onkels des Klägers vom 3. November 2004 sei derart ungenau, dass sie den Vortrag eines Treuhandverhältnisses nicht stütze. Auch sei die Erklärung insoweit unzutreffend, als der Kläger vorgetragen habe, dass er und nicht sein Onkel das Geld abgeholt habe. Schließlich lasse sich den Einkommensteuerbescheiden auch entnehmen, dass noch im Jahr 2001 Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt worden seien. Die vom Kläger geltend gemachte verdeckte treuhänderische Verwaltung führe zu einer Umkehr der Beweislast, wenn aufgrund der unterbliebenen Angaben zum Vermögen in den Leistungsanträgen später Vorgänge nicht mehr aufgeklärt werden könnten, die in der Sphäre des Klägers lägen. Ausgehend von einem Vermögen von 235.190,80 DM und abzüglich der Freibeträge für den Kläger und seine Ehefrau von insgesamt 16.000,-- DM sowie in Höhe von 10.000,-- DM für die gezahlte Abfindung habe für 271 Wochen kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestanden. Darüber hinaus erlösche der Anspruch spätestens drei Jahre nach dem letzten Bezug von Arbeitslosenhilfe. Es sei auch grob fahrlässig, wenn der Kläger nicht gewusst habe, dass er das Vermögen hätte angeben müssen. Die Wertung, ob Vermögen anzurechnen sei, obliege der Beklagten. Das habe der Kläger den Antragsformularen und Merkblättern entnehmen können. Die überzahlten Leistungen seien zurückzuerstatten.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Er bleibe dabei, dass das auf einem Konto bei der TCMB auf seinen Namen angelegte Geld zum größten Teil seinem Onkel gehört habe. Dieser habe 25 Jahre bei der Berliner Stadtreinigung gearbeitet und sei dann 1993 oder 1995 freiwillig in die Türkei zurückgegangen. Das angelegte Geld stamme aus der Abfindung und zurückerstatteten Beiträgen zur Rentenversicherung. Sein Schreiben an das Arbeitsamt vom 9. September 2003 sei inhaltlich richtig. Die Zinsen habe er dem Finanzamt nicht gemeldet, weil er auch gar keine Steuererklärung abgegeben habe. Etwa 2002 habe er dann ein Schreiben vom Finanzamt erhalten und sofort alle nötigen Unterlagen vorgelegt. Er habe nichts nachzahlen müssen, es sei da etwas verrechnet worden. Das Geld habe er in den Anträgen bei der Beklagten nicht angegeben, weil das meiste doch seinem Onkel gehört habe. Er habe nicht gedacht, dass er die Abfindung von der Firma H angeben müsse. Er habe es für eine Überbrückung gehalten, weil das, was man vom Arbeitsamt bekomme, viel weniger sei.

Der Kläger hat nach Aufforderung des Senats eine Übersicht der TCMB über die auf seinen Namen lautenden Konten (erstellt am 15. März 2010) sowie ein Schreiben des A E G vom 15. März 2010 in türkischer Sprache eingereicht, das im Auftrag des Senats in die deutsche Sprache übersetzt worden ist.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 zu ändern und die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 28. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2005 in vollem Umfang aufzuheben.

Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2011 Anschlussberufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt hat, beantragt er außerdem,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend, auch so weit damit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückgefordert worden sind.

Mit Einverständnis des Klägers hat der Senat die Steuerakten des Finanzamtes B-W beigezogen und eine ergänzende Auskunft vom 6. April 2010 eingeholt.

Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Der Senat hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren durch Beschluss vom 15. November 2007 mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, die Anschlussberufung der Beklagten dagegen bereits unzulässig.

I.

Zur Berufung des Klägers:

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide der Beklagten ist jeweils § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i. V. mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Nach diesen Vorschriften darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur zurückgenommen werden, wenn das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte unter anderem dann nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat; grobe Fahrlässigkeit liegt gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Im Bereich der Arbeitsförderung ist ein Verwaltungsakt zwingend (auch) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegen.

Die mit den Bescheiden vom 28. Juni 2005 aufgehobenen Leistungsbewilligungen waren im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X rechtswidrig.

Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe war während der gesamten im Streit stehenden Zeiträume unter anderem, dass der Arbeitslose bedürftig war (bis 31. Dezember 1997 § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz [AFG]; ab 1. Januar 1998 § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III). Nicht bedürftig war ein Arbeitsloser unter anderem, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen oder das Vermögen seiner nicht dauernd getrennt lebenden Ehegattin die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt war (§§ 137 Abs. 2 AFG, 193 Abs. 2 SGB III).

Gemäß § 6 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 7. August 1974 (AlhiV 1974) war Vermögen des Arbeitslosen und seiner nicht dauernd getrennt lebenden Ehegattin zu berücksichtigen, soweit es verwertbar war und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar war, jeweils 8.000,-- DM überstieg. Das Vermögen war, ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften, mit seinem Verkehrswert in dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem der Antrag auf Arbeitslosenhilfe gestellt wurde; bei späterem Erwerb galt der Zeitpunkt des Erwerbs (§§ 6, 8 AlhiV 1974). Bedürftigkeit bestand nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergab, nach dem sich die Arbeitslosenhilfe richtete (§ 9 AlhiV 1974). Die Vorschriften der AlhiV 1974 galten grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2001. Mit Ausnahme des § 9 galten sie darüber hinaus für die Dauer der laufenden Bewilligung weiter, wenn die Anspruchsvoraussetzungen im Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2001 vorlagen, mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Freibetrags von 8.000,-- DM ein Betrag von 4.100,-- € trat (§ 4 Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 13. Dezember 2001 [AlhiV 2002]).

Gemäß § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 war ab 1. Januar 2002 bzw. nach dem Ende des Übergangszeitraums das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es den Freibetrag überstieg. Der Freibetrag belief sich bis Ende 2002 sowie darüber hinaus für die Dauer einer laufenden Leistungsbewilligung, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe im Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2002 vorgelegen haben (§ 4 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 in der Fassung des Art. 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 – im Folgenden: AlhiV 2002 n.F.) auf 560,-- € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seiner Ehegattin, höchstens aber jeweils 33.800,-- €, und ab 1. Januar 2003 bzw. nach dem Ende des Übergangszeitraums auf 200,-- € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seiner Ehegattin, höchstens aber jeweils 13.000,-- €.

Vermögen im Sinne der AlhiV 1974 und 2002 ist die Gesamtheit der dem Vermögensträger gehörenden Sachen und Rechte in Geld oder Geldeswert einschließlich der Ansprüche aus Sparguthaben (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], zusammenfassend in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 4-4220 § 6 Nr. 4). Kein Vermögen stellen jedoch Ansprüche dar, die den Arbeitslosen zwar formal gegenüber dem Schuldner berechtigen, aber zugleich mit einer zivilrechtlichen Herausgabeverpflichtung gegenüber einem Dritten belegt sind (s. hierzu und zum folgenden BSG wie eben und daran anschließend BSG, Urteile vom 13. September 2006 – B 11a AL 13/06 R, vom 21. März 2007 – B 11a AL 21/06 R und vom 28. August 2007 – B 7/7a AL 10/06 R). Ob der Arbeitslose einen als Vermögen zu berücksichtigenden Anspruch hat oder einer berücksichtigungsfähigen Verpflichtung ausgesetzt ist, beurteilt sich nach bürgerlichem Recht. Allein die bestehende oder fehlende Publizität einer zivilrechtlichen Herausgabeverpflichtung entscheidet danach nicht darüber, als wessen Vermögen das Kontoguthaben zu behandeln ist. Vielmehr schließt auch ein verdecktes Treuhandverhältnis aus, dass tatbestandlich dem Grunde nach berücksichtigungsfähiges „Vermögen“ vorliegt.

Ob und mit welchem Inhalt ein Treuhandverhältnis begründet worden ist, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Die objektive Beweislast dafür, dass sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen lassen, trägt grundsätzlich die Beklagte, da sie mit den angefochtenen Bescheiden eine für sie günstige Rechtsfolge durchsetzen will. Abweichend davon kann jedoch eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein, wenn Vorgänge nicht aufklärbar sind, die eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen aufweisen, weil sie in dessen persönlicher Sphäre oder Verantwortungssphäre wurzeln (z.B. unterlassene Angaben zu Sparbüchern bzw. getroffenen Vereinbarungen, wodurch eine Aufklärung in späteren Jahren erschwert wird oder nicht vollständig zugänglich gemachte Kontenbewegungen, wodurch eine Plausibilitätsprüfung unmöglich wird).

Auf den Namen des Klägers bestanden bereits seit 1993 Geldanlagen bei der TCMB. Das ergibt sich aus der vom Kläger selbst vorgelegten Aufstellung der Konten der TCMB, die für 1995 Zinserträge für Geldanlagen nach Ablauf von zweijährigen Laufzeiten ausweist. Im Einzelnen wurde am 6. Juni 1993 ein Konto mit einer Einlage von 100.000,-- DM eröffnet. Für diese Geldanlage wurden am 3. August 1995 und am 16. Juli 1997 Zinsen in Höhe von jeweils 17.800,-- DM durch eine Filiale der D Bank ausgezahlt. Der Kapitalstamm wurde am 14. Juli 2000 durch eine Filiale der D Bank ausgezahlt. Die am 10. Juni 1999 fällig gewordenen Zinsen von 16.492,-- DM wurden nochmals für zwei Jahre angelegt und am 24. Januar 2002 mit Zinsen durch eine Filiale der D Bank ausgezahlt, insgesamt 9.822,87 €. Ein zweites Konto wurde am 5. Oktober 1993 mit einer Einlage von 50.000,-- DM eröffnet. Der Kapitalstamm dieses Kontos wurde am 1. November 1995 durch eine Filiale der D Bank ausgezahlt, die Zinsen von 8.900,-- DM am 1. Dezember 1995 ebenfalls durch eine Filiale der D Bank. Schließlich wurde am 6. Dezember 1993 nochmals ein Konto mit einer Einlage von 1000.000,-- DM eröffnet. Die am 6. Dezember 1995 fällig gewordenen Zinsen von 17.800,-- DM wurden am 12. Januar 1996 durch eine Filiale der D Bank ausgezahlt. Die am 6. Dezember 1997 fällig gewordenen Zinsen von 16.910,-- DM wurden dagegen zusammen mit dem Kapitalstamm nochmals für zwei Jahre angelegt. Die Summe aus Kapitalstamm und diesen Zinsen, insgesamt 116.910,-- DM, wurden am 6. Januar 2000 durch eine Filiale der D Bank ausgezahlt, die am 6. Dezember 1999 fällig gewordenen Zinsen von 19.280,80 DM am 1. Februar 2000 ebenfalls durch eine Filiale der D Bank.

Es ist nicht gelungen, den Nachweis dafür zu erhalten, dass von den unter dem Namen des Klägers bei der TCMB angelegten Geldbeträgen weniger als 100.000,-- DM nicht seinem Vermögen zuzuordnen sind.

Der Kläger selbst behauptet nicht, dass die angelegten Geldbeträge nur von anderen Personen stammten. Vielmehr hat er angegeben, dass auch er selbst Gelder bei der TCMB angelegt hat, nämlich seine Abfindung und eigene Ersparnisse. Über die Höhe der von ihm selbst stammenden Gelder hat er keine genauen Angaben machen können. Aus dem Schreiben seines Onkels vom März 2010 ergibt sich dagegen, dass der Kläger für ihn nur einen Betrag von 150.000,-- DM angelegt hat. Selbst wenn unterstellt wird, dass der Kläger für diese Gelder im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung „treuhänderisch“ gehandelt hat und sie deshalb nicht als Vermögen bei ihm zu berücksichtigen sind, bliebe ein Betrag von 100.000,-- DM offen.

Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Betrag nicht dem Vermögen des Klägers zuzurechnen ist. Der Kläger stellt zwar infrage, dass er in der Lage gewesen wäre, 100.000,-- DM anzusparen. Zum einen ist es aber die Sache des Klägers, den Nachweis dafür zu erbringen, dass es sich nicht um sein Vermögen handelte. Hierzu hat er nichts Konkretes vorgetragen. Zum anderen war es auch rechnerisch nicht unmöglich, einen solchen Betrag anzusparen und trotzdem noch über ausreichende Mittel zum Lebensunterhalt zu verfügen: Dazu benötigte er neben der Abfindung von 15.000,-- DM noch einen Betrag von 85.000,-- DM. Selbst wenn die Zeit vom 18. September 1985 bis zum 17. Februar 1986 herausgerechnet wird, in der der Kläger nach seinem Unfall kein Arbeitsentgelt bezog, blieb ihm noch ein Zeitraum von knapp zehn Jahren, um einen derart hohen Betrag anzusparen. Dies entspricht einem monatlichen Sparbetrag von zirka 700,-- DM. Diesen aufzubringen ist selbst dann nicht rechnerisch unmöglich, wenn die Angaben des Klägers über seine Verdienste bei der Firma H zugrunde gelegt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er bis 1992 - auch noch nach seiner Heirat 1985 und der Geburt des eines Kindes im Jahr 1986 - in der Wohnung seiner Eltern gewohnt hat und somit für ihn keine hohen Kosten für Miete und Wohnungseinrichtung zugrunde zu legen sind. Abgesehen davon ergibt sich aus den vom Finanzamt beigezogenen Unterlagen, dass der Kläger am 4. Januar 1994 von der Dresdner Bank einen Betrag von 17.860,-- DM ausgezahlt bekommen hat, der in der Aufstellung der TCMB nicht vermerkt ist. Das spricht dafür, dass der Kläger bereits vor 1993 Gelder bei der TCMB angelegt hat.

Es ist auch deshalb unwahrscheinlich, dass der Onkel des Klägers auf den Namen des Klägers mehr als 150.000,-- DM angelegt hat, weil ihm dann die Vorteile der hohen Zinsen für Devisenkonten der TCMB entgangen wären: Wären von den 1993 eingezahlten Beträgen die zweimal 100.000,-- DM vom Onkel des Klägers gewesen und hätte der Kläger seinem Onkel im Jahr 2000 einen Betrag von 235.190,80 DM übergeben, dann beliefe sich die jährliche Rendite gerade auf etwas mehr als 2 %.

Da der Kläger die Aufklärung selbst erschwert hat, indem er zeitnah keine Angaben zum Vermögen gemacht hat und da er keinerlei Unterlagen vorgelegt hat, die seine Angaben untermauern könnten, treffen ihn im vorliegenden Fall die Folgen der Beweislast. Da auch nicht aufklärbar war, welche der drei 1993 getätigten Geldanlagen aus den Ersparnissen des Klägers stammten, ist er so zu behandeln, als ob jedenfalls die im Zeitpunkt des Beginns der Arbeitslosenhilfe im Jahr 1993 auf seinen Namen angelegten Geldbeträge von 100.000,-- DM zu seinem Vermögen gehörten.

Der Zeitraum, für den mit diesem Vermögen gemäß § 9 AlhiV 1974 keine Bedürftigkeit bestand, betrug 99 Wochen: Von dem Vermögen von 100.0000,-- DM waren die Vermögensfreibeträge für den Kläger und seine Ehefrau – insgesamt 16.000,-- DM – abzuziehen und außerdem ein Betrag von 10.000,-- DM, der gemäß § 7 Abs. 1 AlhiV 1974 für die Dauer von fünf Jahren als nicht verwertbar galt, weil er aus der Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes stammte. Die sich ergebende Summe von 74.000,-- DM war durch 770,-- DM – dem für die Bemessung der Arbeitslosenhilfe 1993 maßgeblichen Arbeitsentgelt – zu teilen und auf volle Wochen abzurunden.

Da der Kläger aufgrund dessen mehr als ein Jahr mangels Bedürftigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatte, bestand ab 2. November 1994 bereits deshalb kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe mehr, weil der Kläger die sogenannte Vorfrist als weitere Leistungsvoraussetzung nicht mehr erfüllte (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchstabe a) und Abs. 1 Satz 3 AFG).

Der Kläger muss sich auch vorhalten lassen, wenigstens grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht zu haben, die zu den rechtswidrigen Leistungsbewilligungen geführt haben. Grob fahrlässig handelt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (stellvertretend BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45; SozR 4100 § 152 Nr. 3 und § 71 Nr. 2; SozR 1300 § 48 Nr. 39); dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff, stellvertretend dazu BSG SozR 4-4300 § 118 Nr. 2). Der Kläger hat die in den Leistungsanträgen eindeutigen und unmissverständlichen Fragen nach Vermögen nicht beantwortet. Dies, obwohl er nach seinem eigenen Vortrag über Vermögenswerte verfügte, die ihm selbst zuzurechnen sind, nämlich über eine Geldanlage, die sich nicht nur aus seiner Abfindung, sondern aus weiteren Ersparnissen zusammensetzte.

Ihn trifft der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit auch, soweit es sich um Geldanlagen handelt, die nach seinen Worten nicht ihm selbst gehörten, sondern seinem Onkel. Die Geldanlagen liefen unter dem Namen des Klägers. Es bestand kein rechtlich erheblicher Grund für ihn zu der Annahme, dass er diese Geldanlagen gegenüber der Beklagten nicht als Vermögen angeben musste. Dass die Geldanlagen ihm nicht als Vermögen zuzurechnen sind, konnte – wie oben ausgeführt – allenfalls darauf beruhen, dass sie aufgrund einer privatrechtlichen Treuhandvereinbarung mit einem Herausgabeanspruch des Treugebers (des Onkels) belegt waren. Die Zuordnung von Vermögen rechtlich zu bewerten ist aber nicht Aufgabe des Klägers. Dies gilt noch umso mehr als der Kläger die Einkünfte aus den Geldanlagen gegenüber dem Finanzamt angegeben hat, nachdem dieses ihn dazu aufgefordert hatte. Dies legt nahe, dass er selbst erkannt hat, dass ihn wegen dieser Geldanlagen Pflichten gegenüber Behörden treffen.

Die Berechtigung der Beklagten, die für die Aufhebungszeiträume gezahlten Leistungen vom Kläger erstattet zu verlangen, ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Die Höhe der Erstattungsforderung ist nach eigener Prüfung durch den Senat rechnerisch richtig.

Da die Beklagte schon aufgrund des dem Kläger zuzurechnenden Anfangsvermögens von 100.000,-- DM berechtigt war, die Arbeitslosenhilfe für den gesamten Zeitraum aufzuheben, musste nicht mehr aufgeklärt werden, ob die 1995, 1997 und 2002 fällig gewordenen und an den Kläger ausgezahlten Zinsen den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe über das Ende der 96. Woche (am 13. September 1995) hinaus zusätzlich noch beseitigen würden.

II.

Zur Anschlussberufung der Beklagten:

Die Anschlussberufung ist unzulässig. Damit ist das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig geworden, soweit es für den Kläger erfolgreich war.

Als eigenständige Berufung wäre das erst am 27. Januar 2011 eingelegte Rechtsmittel gegen das der Beklagten am 3. August 2007 zugestellte Urteil des Sozialgerichts wegen Versäumung der Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG unzulässig. Die Berufung der Beklagten könnte deshalb nur als Anschlussberufung (§ 202 SGG i. V. mit § 524 Zivilprozessordnung) zulässig sein. Sie ist auch in der Sozialgerichtsbarkeit statthaft, und für sie gilt die Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG nicht (s. BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 - B 6 KA 6/09 R). Zulässig ist eine Anschlussberufung aber nur, wenn sie den gleichen prozessualen Anspruch wie die Hauptberufung betrifft (s. BSG wie eben mit Hinweis auf BSG SozR Nr. 12 zu § 521 ZPO und das Urteil des 6. Senat vom 19. Juni 1996 - 6 RKa 24/95 sowie zahlreichen Nachweisen aus der Literatur). Das ist hier nicht der Fall. Die Anschlussberufung der Beklagten hat vielmehr einen neuen Streitgegenstand in das Berufungsverfahren eingeführt.

In den angefochtenen Bescheiden sind - auch wenn diese teilweise unter der Überschrift „Begründung“ aufgeführt sind - jeweils drei eigenständige Regelungen getroffen worden, die selbstständig anfechtbar sind: (1.) Die auf § 45 SGB X beruhende Entscheidung über die Rücknahme von Leistungsbewilligungen, (2.) die auf § 50 Abs. 1 (i. V. mit Abs. 3) SGB X beruhende Entscheidung über die Erstattung der Leistungen für die Aufhebungszeiträume und (3.) die auf § 335 SGB III beruhende Entscheidung über die Ersatzforderung für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Wenn die Beklagte sich nun mit ihrer Berufung dagegen wendet, dass der Kläger mit seiner Klage gegen die jeweils dritte Regelung in den angefochtenen Bescheiden erfolgreich war, so betrifft diese Berufung folglich einen anderen Streitgegenstand als die (sich auf die Verfügungssätze „1“ und „2“ beziehende) Berufung des Klägers. Dass die Rechtmäßigkeit des Verfügungssatzes „3“ dem Grunde davon abhängt, dass auch der Verfügungssatz „1“ rechtmäßig ist (s. dazu BSG SozR 4-1500 § 128 Nr. 5), führt zu keinem anderen Ergebnis. Es handelt sich um eine trennbare Entscheidung, für die nicht allein die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung zu übernehmen, sondern in deren Rahmen auch die Höhe des Ersatzanspruchs zu berechnen ist.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass die Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung Anschlussberufung eingelegt hat, in der hierüber auch entschieden wurde. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Rechtsverteidigung gegen dieses Rechtsmittel können deshalb vernachlässigt werden.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.