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Feuerwehr; Zuvielarbeit; 55-Stunden-Dienst; europarechtliche/ unionsrechtliche Staatshaftung; beamtenrechtliche Billigkeitsentschädigung; Freizeitausgleich; Entschädigung in Geld bei Unmöglichkeit; zwingende dienstliche Gründe; Berechnung; Abzüge für Urlaub; Krankheit; Fortbildungen; Mehrarbeitsvergütung; Abzug wegen Be-reitschaftsdienst


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 18.10.2011
Aktenzeichen OVG 4 B 13.11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen EGRL 104/93, § 242 BGB, § 3 MArbV

Leitsatz

1. Feuerwehrbeamte, deren Arbeitszeit europarechtswidrig zu hoch angesetzt war, haben einen Anspruch auf Ausgleich nach den allgemeinen Regeln der unionsrechtlichen Staatshaftung für Schäden, die durch den Verstoß eines Mitgliedstaates gegen das Unionsrecht entstanden sind.

2. Die Ausgestaltung dieses Anspruchs richtet sich nach nationalem Recht, soweit dieses mit dem Äquivalenzgrundsatz und dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar ist. Der Effektivitätsgrundsatz erfordert es, dass statt des Freizeitausgleichs eine Entschädigung in Geld geleistet wird, wenn der Gewährung von Freizeitausgleich zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

3. Zu den Voraussetzungen und zur Bemessung des unionsrechtlich geschuldeten Ausgleichs

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. November 2010 teilweise geändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.253,60 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger verlangt Freizeitausgleich und hilfsweise einen Ausgleich in Geld für Zuvielarbeit im Zeitraum vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2006.

Er ist seit 1978 für die Berliner Feuerwehr tätig und bekleidet seit 30. Oktober 1992 das Amt eines Hauptbrandmeisters (A 9), seit 21. August 2010 mit Amtszulage. Die Wochenarbeitszeit bei der Berliner Feuerwehr betrug entsprechend der Geschäftsanweisung AV D 22 Einlage 3.1, Anhang 3 vom 20. September 2000 bis Ende Januar 2008 im 24-Stunden-Dienst durchschnittlich 55 Stunden pro Woche.

Nach dem Gesetz über die Gewährung einer Zulage bei erhöhter wöchentlicher Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst des Landes Berlin vom 12. Juli 2007 (GVBl. S. 278) wurde für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2008 auf Antrag eine besondere Zulage in Höhe von 20 Euro je geleisteter Dienstschicht bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 55 Stunden gewährt. Am 18. Oktober 2008 beantragte der Kläger eine entsprechende Zulage und erhielt diese für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Januar 2008.

Mit der am 27. Januar 2008 in Kraft getretenen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes und des Polizeivollzugsdienstes (Arbeitszeitverordnung Feuerwehr und Polizei – AZVO FuP –) vom 15. Januar 2008 (GVBl. S. 6 f.) wurde die regelmäßige Arbeitszeit der Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Schichtdienst einschließlich des Bereitschaftsdienstes auf im Durchschnitt 48 Stunden in der Woche festgesetzt (§ 2 Abs. 1 Satz 1). Diese Regelung wurde in den Dienstplänen der Berliner Feuerwehr ab 1. Februar 2008 umgesetzt.

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 machte der Kläger Ansprüche aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (Rechtssache Simap – C-303/98 –) geltend. Mit Schriftsätzen vom 20. Februar 2007 und vom 10. September 2007 beantragte er unter Hinweis auf die Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts, die seit 1993 geleisteten ca. 6.884 Stunden Mehrarbeit in Freizeit auszugleichen oder, soweit dies nicht möglich sein sollte, diese entsprechend der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (BMVergV) zu bezahlen. Diese Anträge wurden vom Beklagten nicht beschieden.

Mit der am 28. Dezember 2007 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis 31. Dezember 2006 weiter. Mit Urteil vom 5. November 2010 hat das Verwaltungsgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Mit den bis 31. Januar 2008 geltenden Dienstplänen habe der Beklagte zwar gegen Europarecht verstoßen, wonach die durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche 48 Stunden nicht überschreiten dürfe. Es bestünden aber keine europarechtlichen Ansprüche auf Ausgleich. Auch nach nationalem Recht bestehe kein Anspruch auf Freizeitausgleich. Die Voraussetzungen für eine Dienstbefreiung wegen angeordneter Mehrarbeit nach § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG lägen nicht vor, ebenso wenig ein Leistungsanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Auch aus dem im Beamtenrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben ergebe sich kein Anspruch, da die erforderliche Antragstellung fehle. Der Freizeitausgleich sei erst nach Ablauf des Monats zu gewähren, in dem der Kläger Freizeitausgleich beantragt habe. Der Antrag vom Februar 2007 liege außerhalb des Zeitraumes, für den Ansprüche gestellt würden. Der Antrag vom Oktober 2001 habe nicht die illegale Überschreitung der 48-Wochenstunden-Grenze gerügt. Ein Anspruch auf eine Entschädigung in Geld bestehe nicht, da die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Mehrarbeitsvergütung nicht vorlägen. Für einen Schadensersatzanspruch fehle es an einem Vermögensschaden.

Gegen das am 22. November 2010 zugegangene Urteil hat der Kläger am 16. Dezember 2010 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 17. März 2011 entsprochen hat. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, ein Entschädigungsanspruch bestehe nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 25. November 2010, Fuß – C-429/09 –). Eine Anwendung von Verjährungsvorschriften verstoße gegen den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz. Zudem richte sich die Verjährung nach § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Bei der Berechnung sei von 28 Stunden Zuvielarbeit im Monat auszugehen. Pauschale Abzüge von 5 Stunden monatlich und einem Sechstel des Stundensatzes der Mehrarbeitsvergütung seien europarechtswidrig.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. November 2010 den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für die von ihm über die Höchstwochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistete Arbeitszeit ab dem 1. November 2001 bis zum 31. Dezember 2006 vollen Freizeitausgleich zu gewähren,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine Vergütung für die geleistete Mehrarbeit nach den Grundsätzen der Mehrarbeitsvergütungsverordnung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte macht die Einrede der Verjährung geltend. Bei dem geltend gemachten Anspruch handle es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch im Sinne von § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB.

Auf einen rechtlichen Hinweis des Senats hin hat der Beklagte mitgeteilt, dass die Gewährung von Freizeitausgleich nicht möglich sei. Es seien gegenwärtig noch 2000 Anträge offen, über die nach Maßgabe der Rechtsprechung zu entscheiden sein werde. Bei rund 3000 Feuerwehrleuten im Einsatz würde der Dienstbetrieb weitestgehend lahm gelegt, wenn im jetzt absehbaren Umfang Freizeitausgleich gewährt werden müsste. Bei der Berechnung des Ausgleichs seien auch Krankheits- und Fortbildungszeiten in Abzug zu bringen. Der Kläger habe im Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 an 44 Tagen krankheitsbedingt gefehlt. Im gleichen Zeitraum habe er 33 Tage lang an Fortbildungsveranstaltungen mit jeweils 8 Stunden teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitakte, den Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie die Personalakte des Klägers verwiesen, die vorgelegen haben und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist in dem im Tenor ausgewiesenen Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen – mit dem Hilfsantrag geltend gemachten – Anspruch auf finanziellen Ausgleich für Zuvielarbeit in der ausgewiesenen Höhe (4) für die Zeit ab 1. Januar 2004 auf der Grundlage der europarechtlichen Staatshaftung (1) in Verbindung mit einem beamtenrechtlichen Billigkeitsausgleich nach deutschem Recht (2). Für die Zeit vor dem 1. Januar 2004 ist der Anspruch verjährt. Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte vorrangige Anspruch auf Freizeitausgleich ist aus zwingenden dienstlichen Gründen (3) nicht erfüllbar.

1. Ein Anspruch des Klägers auf finanziellen Ausgleich für europarechtswidrig zu hoch angesetzte wöchentliche Arbeitszeit (Zuvielarbeit) ergibt sich aus der unionsrechtlichen Haftung des Staates für Schäden, die durch den Verstoß eines Mitgliedstaates gegen das Unionsrecht entstehen.

Die Festsetzung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit einschließlich von Bereitschaftsdienst auf 55 Stunden durch die Berliner Feuerwehr verstieß seit dem 23. November 1996 gegen Unionsrecht. An diesem Tag endete die Umsetzungsfrist der EU-Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Abl. L 307, S. 18) (vgl. Art. 18 I a), nach deren Art. 6 b die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreiten darf. Diese Richtlinie ist inzwischen von den insoweit gleichlautenden Richtlinien 2000/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 2000 (Abl. L 195, S. 41) und 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 (Abl. L 299, S. 9) abgelöst worden, ohne dass eine erneute Umsetzungsfrist gesetzt worden ist. Der Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit auf der Dienststelle ist als Arbeitszeit einzurechnen (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000, Simap – C-303/98 –, eur-lex Rn. 46 ff.); dies gilt grundsätzlich auch für die staatliche Feuerwehr (EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005, Personalrat der Feuerwehr Hamburg – C-52/04 –, eur-lex Rn. 52). Die Bestimmung der Richtlinien über die wöchentliche Höchstarbeitszeit entfaltet eine unmittelbare Wirkung (EuGH, Urteil vom 9. März 2004, Pfeiffer u.a. – C-397/01 bis C-403/01 –, eur-lex Rn. 103 bis 106). Die Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie trifft die Träger öffentlicher Gewalt gegebenenfalls auch in ihrer Eigenschaft als öffentliche Arbeitgeber (EuGH, Urteil vom 15. April 2008, Impact – C 268/06 –, eur-lex Rn. 85), also als Dienstherrn von Beamten.

Die EU-Richtlinie, die der Beklagte erst ab Februar 2008 vollständig umgesetzt hat, dient in Bezug auf die Höchstarbeitszeit dem Gesundheitsschutz und der Sicherheit der Arbeitnehmer und regelt nicht deren Einkommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 9.03 –, juris Rn. 15, 17). Sie enthält auch keine Regelung zu Sanktionen bei Verstößen gegen die wöchentliche Höchstarbeitszeit (EuGH, Urteil vom 25. November 2010, Fuß – C-429/09 –, eur-lex Rn. 44).

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aber nach den allgemeinen Regeln der unionsrechtlichen Staatshaftung für Schäden, die dem Einzelnen durch dem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Unionsrecht entstehen (EuGH, Urteil vom 19. November 1991, Francovich u.a. – C-6/90 und C-9/90 –, eur-lex Rn. 35). Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs haben Geschädigte einen Entschädigungsanspruch, wenn die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen wird, die Verleihung von Rechten an den Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß und dem entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2010, Transportes Urbanos y Servicios Generales – C-118/08 –, eur-lex Rn. 30). In seinem Urteil vom 25. November 2010 (Rs. Fuß, a.a.O., Rn. 45 ff.) hat der Europäische Gerichtshof das Vorliegen dieser Voraussetzungen für Ansprüche eines Feuerwehrmanns wegen Zuvielarbeit in der Zeit vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 bejaht. Danach gewährt Art. 6 b) der Richtlinie 2003/88/EG jedem Arbeitnehmer einen Mindestanspruch, den er unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (ebenda Rn. 49). Der Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist danach im für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum hinreichend qualifiziert, da die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs offenkundig verkannt worden ist (ebenda Rn. 51 bis 58). Seit der Entscheidung vom 3. Oktober 2000 (Rs. Simap, a.a.O.) ist klar, dass Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit am Arbeitsort unter den Begriff der „Arbeitszeit“ fällt. Diese Rechtsprechung hat der Europäischen Gerichtshof mehrfach bestätigt, u.a. mit Urteil vom 9. September 2003 (Rs. Jaeger – C-151/02 –, eur-lex Rn. 63) für den Bereitschaftsdienst von Ärzten im Krankenhaus und mit Urteil vom 9. März 2004 (Rs. Pfeiffer, a.a.O.) für den Rettungsdienst. In der Entscheidung vom 14. Juli 2005 (Rs. Personalrat der Feuerwehr Hamburg, a.a.O.) hat der Europäische Gerichtshof – mangels Raum für vernünftige Zweifel in Form eines Beschlusses – klargestellt, dass auch die von Einsatzkräften einer staatlichen Feuerwehr ausgeübten Tätigkeiten in den Anwendungsbereich der Richtline fallen. Hinsichtlich dieser Frage hatte das Urteil vom 3. Oktober 2000 (Rs. Simap, a.a.O., Rn. 36) noch ausgeführt, dass sich eine Ausnahme in Art. 2 Abs. 2 der Grundrichtline 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (Abl. L 183, S. 1) auf bestimmte spezifische Tätigkeiten im öffentlichen Dienst beziehe, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleisten sollten und für ein geordnetes Gemeinwesen unentbehrlich seien. Das Bundesarbeitsgericht hatte hieraus geschlossen, dass die Richtlinie 93/104/EG nicht für den Bereich der Feuerwehr gelte (BAG, Urteil vom 29. Mai 2002 – 5 AZR 370/01 –, juris Rn. 26 – 28). Gleichwohl ist der Europäische Gerichtshof davon ausgegangen, dass ein qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht bereits am 1. Januar 2004 vorgelegen hat (Rs. Fuß, a.a.O., Rn. 58). Diese Wertung stellt der Senat nicht in Frage. Schließlich besteht ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht und dem Schaden, der dem Feuerwehrbeamten nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes (ebenda Rn. 59) durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die ihm zugestanden hätte. Insoweit geht der Europäische Gerichtshof offenbar von einem naturalistischen Schadensbegriff aus, der weder eine Rechtsgutverletzung noch einen Vermögensschaden voraussetzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hat der Mitgliedstaat die Folgen des entstandenen Schadens im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben, wobei die im nationalen Schadensersatzrecht festgelegten Voraussetzungen nicht weniger günstig sein dürfen als bei ähnlichen Rechtsbehelfen, die nur nationales Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz) und darüber hinaus nicht so gestaltet werden dürfen, dass sie die Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (EuGH, Urteile vom 14. Dezember 1995, Peterbroeck – C-312/93 –, eur-lex Rn. 12 und vom 29. Oktober 2009, Pontin – C-63/08 –, eur-lex Rn. 43). Das nationale Recht darf keine zusätzlichen Voraussetzungen für die Haftung aufstellen; insbesondere kann ein Verschulden der Behörde nicht verlangt werden (EuGH, Rs. Fuß, a.a.O., Rn. 66, 68).

Im Übrigen ist es Sache des nationalen Rechts zu bestimmen, ob der Ersatz des Schadens bei Zuvielarbeit in Form von Freizeitausgleich oder in Form einer finanziellen Entschädigung zu gewähren ist, und Regeln für die Art und Weise der Berechnung der Anspruchshöhe festzulegen (ebenda Rn. 94); allerdings muss der Ersatz der Schäden dem erlittenen Schaden angemessen sein, so dass ein effektiver Schutz der Rechte des Einzelnen gewährleistet ist (ebenda Rn. 92).

2. Das deutsche Staatshaftungsrecht scheidet als nationale Rechtsgrundlage für die Ausfüllung der unionsrechtlichen Staatshaftung aus, da der durch die Zuvielarbeit verursachte Verlust von Freizeit nach allgemeinem Schadensrecht keinen – allein ersatzfähigen – Vermögensschaden darstellt (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 – 2 C 28.02 –, juris Rn. 17, 25).

Das Bundesverwaltungsgericht hat aber einen Anspruch auf Freizeitausgleich für eine rechtswidrig zu hoch angesetzte regelmäßige Arbeitszeit aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und den gesetzlichen Vorschriften über den Ausgleich überobligationsmäßiger Mehrarbeit hergeleitet (ebenda Rn. 19 ff.). Eine ohne jeden Ausgleich bleibende Mehrbeanspruchung des Beamten über einen langen Zeitraum würde Grundwertungen widersprechen, die in den Vorschriften des beamtenrechtlichen Arbeitszeitrechts zum Ausdruck kommen. Sie wäre mit dem sozialen Zweck der Arbeitszeitregelung einschließlich des Ausgleichs der Überbeanspruchung durch Dienstbefreiung nicht vereinbar. Die maßgeblichen Vorschriften sind nach Treu und Glauben in einer Weise zu ergänzen, welche die beiderseitigen Interessen von Beamten und Dienstherrn zu einem billigen Ausgleich bringen und dabei Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung gerecht werden (ebenda Rn. 21).

Dem Tenor der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich entnehmen, dass der Anspruch erst ab dem Monat nach Eingang eines entsprechenden Antrags des Beamten geltend gemacht werden kann. Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Antrag des Klägers vom 10. Oktober 2001, der immerhin auf das Simep-Urteil des Europäischen Gerichtshofs verweist, als solcher Antrag zu qualifizieren ist. Denn es würde dem Effektivitätsgrundsatz widersprechen, wenn die unionsrechtliche Staatshaftung für die rechtswidrige Zuvielarbeit an die vorherige Stellung eines Antrags geknüpft würde. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25. November 2010 darf das nationale Recht die Haftung nicht davon abhängig machen, dass der betreffende Feuerwehrmann zuvor bei seinem Dienstherrn beantragt hat, die unionsrechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Der Europäische Gerichtshof behandelt diese Frage einerseits unter dem Aspekt des Effektivitätsgrundsatzes, andererseits im Rahmen eines für die Staatshaftung relevanten Mitverschuldens bzw. einer Schadensminderungspflicht. Das nationale Gericht kann prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht hat und ob er insbesondere rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat (EuGH, Rs. Fuß, a.a.O., Rn. 75). Allerdings widerspräche es dem Grundsatz der Effektivität, vom Geschädigten zu verlangen, systematisch von allen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, selbst wenn dies zu übermäßigen Schwierigkeiten führen würde oder ihm nicht zugemutet werden könnte (ebenda Rn. 77). In der Rechtssache Fuß hat der Europäische Gerichtshof eine vorherige Antragstellung teilweise wegen der Besonderheiten des Einzelfalls für unzumutbar gehalten. Die Stadt Halle hatte jedem Feuerwehrmann, der die Einhaltung der Höchstwochenarbeitszeit geltend machen wollte, im Vorhinein angekündigt, dass er auch gegen seinen Willen aus dem Einsatzdienst der Feuerwehr abgezogen werden würde (ebenda Rn. 82). Daneben führt das Urteil aber auch allgemeine Gründe an: Der Arbeitnehmer sei in der schwächeren Position (ebenda Rn. 81). Zudem könnten die Mitgliedstaaten ihre Aufgabe, auf die Einhaltung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu achten, systematisch auf den Einzelnen abwälzen, wenn sich die Behörden gegebenenfalls von der Einhaltung dieser Bestimmungen befreien könnten, soweit kein Antrag gestellt sei (ebenda Rn. 83, 89). Diese Begründung trägt nicht nur in Bezug auf einen Antrag des Feuerwehrbeamten, die Bestimmungen zur Höchstarbeitszeit einzuhalten, sondern auch für den Antrag, ihn für die Verletzung des Gemeinschaftsrechts zu entschädigen. Denn auch dieses Erfordernis soll nach nationalen Recht dem Dienstherrn die Möglichkeit geben, den Gesetzesverstoß abzustellen, während der Europäische Gerichtshof betont, dass die Behörde von sich aus verpflichtet ist, die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sicherzustellen und den qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht abzustellen.

Der Anspruch auf Ausgleich ist auch nicht auf den Beginn des Jahres begrenzt, in dem eine Entschädigung beantragt worden ist. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen vertritt die Auffassung, dass Alimentationsansprüche wegen geleisteter Mehrarbeit von dem Beamten grundsätzlich innerhalb eines Jahres geltend zu machen sind und dass deshalb nachträglich ein Freizeitausgleich für eine rechtswidrig zu viel geleistete reguläre Wochenarbeitszeit erst ab dem Beginn des Jahres zu gewähren ist, in dem der Beamte einen Ausgleich beantragt hat (Urteil vom 24. Januar 2008 – 6 K 847/07 –, juris Rn. 22 f.; bezüglich eines Anspruchs auf Entschädigung in Geld ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 9. Februar 2011 – 1 Bf 90/08 – juris Rn. 62 ff.). Zur Begründung wird darauf verweisen, dass Mehrarbeit innerhalb eines Jahres auszugleichen sei, und auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der Beamte im Rahmen des Treueverhältnisses zum Dienstherrn die Nachzahlung verfassungswidrig zu niedrig bemessener Besoldung nur ab dem Beginn des Haushaltsjahres verlangen können, indem sie den Anspruch gerichtlich geltend gemacht haben (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 –, juris Rn. 68 f.). Diese Rechtsprechung zum verfassungsrechtlich gebotenen Umfang der Alimentation ist nach Auffassung des Senats nicht auf die Geltendmachung eines Ausgleichs für eine rechtswidrig zu hoch angesetzte Arbeitszeit übertragbar. Die Kompensation von Mehrarbeit dient nicht der Alimentation, sondern entspricht dem Leistungsprinzip (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 9.03 –, juris Rn. 10). Es gibt aber nach nationalem Recht keine generelle Begrenzung beamtenrechtlicher Leistungsansprüche auf das jeweilige Haushaltsjahr. Darüber hinaus würde eine derartig kurze Begrenzung europarechtlich sowohl dem Äquivalenzgrundsatz als auch dem Effektivitätsgrundsatz widersprechen (a.A. offenbar OVG Hamburg, Urteil vom 9. Februar 2011, a.a.O., Rn. 64).

Der Anspruch des Klägers ist aber für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2004 verjährt. Der Anspruch auf Ausgleich für rechtswidrig zu hoch angesetzte regelmäßige Arbeitszeit unterliegt der Verjährung nach nationalem Recht. Europarechtlich ist allein der Effektivitätsgrundsatz zu beachten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Unionsrecht vereinbar. Dabei erscheint eine im Voraus festgelegte nationale Verjährungsfrist von drei Jahren angemessen (EuGH, Urteil vom 24. März 2009, Danske Slagterier – C-445/06 –, eur-lex Rn. 32). Es handelt sich bei dem Anspruch auf Ausgleich für Zuvielarbeit nicht um einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, sondern um einen einmaligen Anspruch, der bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von 30 Jahren unterlag. Diese Frist ist gemäß dem hier entsprechend für den öffentlich-rechtlichen Anspruch des Klägers heranzuziehenden Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende und an diesem Tage beginnende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren verkürzt worden (ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 9. Februar 2011, a.a.O., Rn. 75). Die dreijährige Verjährungsfrist gilt auch für die Ansprüche auf Ausgleich für Zuvielarbeit, die erst nach dem 1. Januar 2002 entstanden sind. Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Anspruch auf Ausgleich für Zuvielarbeit ist nach deutschem Recht kein Schadensersatzanspruch im Sinne von § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Wie oben dargestellt, kommt ein Schadensersatzanspruch mangels Vermögensschadens nicht in Betracht. Vielmehr handelt es sich um eine spezielle beamtenrechtliche Billigkeitsentschädigung, die auch aus den gesetzlichen Vorschriften über den Ausgleich überobligationsmäßiger Mehrarbeit hergeleitet wird und insoweit einem Vergütungsanspruch gleicht. Als solcher unterliegt er der regulären Verjährung nach § 199 Abs. 1 BGB. Die Verjährungsfrist von drei Jahren wird durch einen Antrag auf Leistung beim Dienstherrn nicht gehemmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 1979 – 6 C 11.78 –, juris Rn. 12, 13), sondern erst durch Einlegung eines Widerspruchs (§ 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB) oder die Erhebung einer Leistungsklage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Bei Erhebung der Klage vor Ende 2007 waren demnach sämtliche Ansprüche für die Zeit vor dem 1. Januar 2004 verjährt.

3. Nach deutschem Beamtenrecht hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Entschädigung in Geld (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 – 2 C 28/02 –, juris Rn. 24 f.; für Beamte im Ruhestand vgl. das Urteil des Senats vom 8. November 2007 – OVG 4 B 7.06 –, juris Rn. 21). Ein Anspruch auf Bezahlung von Mehrarbeit scheidet aus, weil keine Mehrarbeit geleistet worden ist. § 3 der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung an Beamte (BMVerV) i.V.m. § 53 Abs. 2 LBG, § 48 Abs. 2 BBesG setzt voraus, dass der Beamte schriftlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit geleistet hat und diese aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht durch Dienstbefreiung ausgeglichen werden kann (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003, a.a.O., Rn. 24). Der für die europarechtliche Staatshaftung geltende Effektivitätsgrundsatz erfordert es aber, dass in bestimmten Fällen statt des Freizeitausgleichs eine Entschädigung in Geld geleistet wird.

Ist ein Kläger – wie in einem der anhängigen Verfahren – inzwischen in den Ruhestand getreten, so ist ein Freizeitausgleich nicht mehr möglich. Es wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz nicht vereinbar, wenn dieser Kläger völlig leer ausginge. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er eine Billigkeitsentschädigung erhält, die europarechtlich keinen Vermögensschaden voraussetzt.

Der Effektivitätsgrundsatz gebietet es ferner, dass dem Feuerwehrbeamten Freizeitausgleich in angemessener Zeit – etwa innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft – gewährt wird (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV). Falls der Beklagte hierzu nicht in der Lage sein sollte, so würde der Verweis auf diesen Ausgleich unzumutbar, so dass ein Anspruch auf Geldentschädigung europarechtlich geboten wäre.

Umgekehrt kann der Beklagte eine Entschädigung in Geld anbieten, wenn dem Freizeitausgleich zwingende dienstliche Interessen entgegenstehen. Insoweit kann auf den Rechtsgedanken des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV zurückgegriffen werden, wonach eine Vergütung für Mehrarbeit nur gewährt wird, wenn diese aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann. Solche zwingenden dienstlichen Gründe stehen einen Freizeitausgleich entgegen, wenn der Dienstbetrieb anderenfalls erheblich beeinträchtigt würde (so auch OVG Hamburg, a.a.O., Rn. 67 f.).

Der Zahlung einer Entschädigung steht auch nicht die strikte Gesetzesbindung im Besoldungsrecht entgegen, die Vergütungsansprüche in entsprechender Anwendung besoldungsrechtlicher Vorschriften an sich ausschließt (so das zentrale Argument im Urteil des Senats vom 8. November 2007 – OVG 4 B 7.06 –, juris Rn. 21 zu Beamten im Ruhestand; inkonsequent OVG Münster, Urteil vom 7. Mai 2009 – 1 A 2652/07 –, juris Rn. 158 ff., das Vergütungsansprüche für ausgeschlossen hält, aber eine freiwillige Zahlung zulassen will, obwohl Vergleiche im Bereich des Besoldungsrechts unzulässig sind). Stehen die strikte Gesetzesbindung nach nationalem Recht und der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz im Konflikt, so ist dem Unionsrecht der Vorrang einzuräumen.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass wegen der Zahl von etwa 2000 betroffenen Beamten und des Umfangs des geschuldeten Ausgleichs von etwa je drei bis vier Jahren à ca. 250 Stunden ein geordneter Betrieb der Berliner Feuerwehr mit insgesamt 3.000 Beamten im Einsatz im Falle eines Freizeitausgleichs nicht mehr aufrecht erhalten werden könnte. Deshalb hat der Kläger auf der Grundlage des unionsrechtlichen Effektivitätsgebots keinen Anspruch auf Freizeitausgleich, sondern auf einen finanziellen Ausgleich.

4. Umfang und Höhe des Ausgleichs sind nach nationalem Recht zu berechnen. Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts gibt es insoweit lediglich zum Freizeitausgleich. Es hat dazu entschieden, dass eine Dienstbefreiung angemessen erscheint, die ebenso lang ist wie die Zeit, die der Beamte allmonatlich über die ohne Ausgleich höchstzulässige Mehrarbeit von fünf Stunden pro Monat hinaus gearbeitet hat (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 – 2 C 28.02 –, juris Rn. 23). Das Bundesverwaltungsgericht hält es deshalb für rechtsfehlerhaft, wenn Bereitschaftszeit nur mit der Hälfte der Zeit angesetzt wird (so OVG Bremen, Urteil vom 24. September 2008 – 2 A 432/07, juris Rn. 51 und OVG Münster, a.a.O., Rn. 143, dagegen BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 – 2 C 32-37.10 –, Presseerklärung; Urteilsgründe liegen noch nicht vor), obwohl sie arbeitszeitrechtlich in vollem Umfang als Arbeitszeit gilt (BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 2009 – 2 B 26.09 –, juris Rn. 8).

Das Bundesverwaltungsgericht hat offen gelassen, ob der Umfang der Zuvielarbeit stundengenau oder pauschal zu ermitteln ist (BVerwG, wie zuletzt zitiert, juris Rn. 8). Eine Pauschalierung, wie sie bereits bei der Bestimmung des Umfangs von Schadensersatz zulässig ist (vgl. § 287 Abs. 1 ZPO), entspricht aber in jedem Fall dem Wesen eines Billigkeitsausgleichs. Soweit ersichtlich, wird in den meisten Entscheidungen eine pauschale Berechnung vorgenommen, wobei teilweise Urlaubszeiten in Abzug gebracht (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 2), andererseits aber auch vier Wochen mit einem Monat gleichgesetzt werden (OVG Saarlouis, Urteil vom 19. Juli 2006 – 1 R 20/05 –, juris Rn. 45 und OVG Münster, a.a.O., Rn. 107). Das OVG Hamburg (a.a.O., Rn. 72) beruft sich auf eine Regelung in Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG, um Urlaubs- und Krankheitszeiten nicht zu berücksichtigen (im Ergebnis ebenso OVG Münster, a.a.O., Rn. 107). Dies vermag den Senat nicht zu überzeugen, da die Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit im Vorhinein und eine Billigkeitsentschädigung im Nachhinein unterschiedliche Ziele verfolgen. Da aber für die Entschädigung nur die Zuvielarbeit erfasst werden soll, ist es im Grundsatz angemessen, Urlaubszeiten und Krankheitszeiten in Abzug zu bringen. § 2 Abs. 2 und 3 AZVO FuP spricht dafür, Wochenfeiertage und Urlaub pauschaliert zu berücksichtigen. Eine unzulässige Doppelzählung ist ausgeschlossen, da den Feuerwehrbeamten im 55-Stunden-Woche-Dienst für jeden Wochenfeiertag 11,4 Stunden gutgeschrieben wurden (Nr. 2 Abs. 4 der Geschäftsanweisung AV D 22 Einlage 3.1 vom 20. September 2000 „Arbeitszeit bei der Berliner Feuerwehr“ und Nr. 4 Abs. 3 der Geschäftsanweisung AV D 22, Einlage 3.1, Anhang 3 vom 20. September 2000 „Arbeitszeit im 24-Stunden-Dienst (55-Stunden-Woche)“). Nicht pauschalierbare Zeiten der Dienstunfähigkeit sind dagegen im Einzelfall in Abzug zu bringen. Soweit der Beklagte Abzüge für Krankheit und anderweitige Beschäftigung wie Fortbildungen an 8-Stunden-Tagen mit 40-Stunden-Woche vornehmen will, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast. Der einzelne Beamte wird in der Regel seine Fehl- und Fortbildungszeiten nicht schriftlich festhalten und Kopien ärztlicher Atteste nicht aufbewahren, während der Dienstherr diese Informationen regelmäßig datenmäßig erfasst und aktenkundig macht. Dass auch Fortbildungszeiten in Abzug zu bringen sind, rechtfertigt sich daraus, dass für einen 8-Stunden-Tag Fortbildung auf den in einzelnen Verfahren vorliegenden und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Zeiterfassungsbögen 11 Stunden angerechnet werden; auf eine Woche Fortbildung mit 40 Stunden bezogen werden also 55 Stunden – und mithin 7 Stunden Zuvielarbeit – gutgeschrieben, obwohl der Beamte tatsächlich keine einzige Stunde Zuvielarbeit geleistet hat.

Der Senat legt folgende Berechnung zugrunde: Ausgehend von einer Wochenarbeitszeit von 55 Stunden, die sich aus den oben zitierten Geschäftsanweisungen und auch aus den in einzelnen Verfahren vorgelegten Zeiterfassungsbögen ergibt, ist eine überobligationsmäßige Zuvielarbeit von 7 Stunden wöchentlich anzunehmen. Dass für einen 24-Stunden-Dienst auf den Zeiterfassungsbögen nur 23,57 Stunden gutgeschrieben werden, kann im Rahmen der Pauschalierung vernachlässigt werden. Auf das Jahr hochgerechnet, sind von 52 Wochen pauschal 6 Wochen Urlaub und eine Woche gesetzlicher (Wochen-) Feiertage abzuziehen, so dass sich 7 x 45 = 315 Stunden ergeben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus im Rahmen des nationalen Rechts einen Abzug im Umfang der ohne Ausgleich höchstzulässigen Mehrarbeit von fünf Stunden pro Monat (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 BMVergV) vorgenommen (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2004, Rn. 23). Der Senat folgt der Einschätzung des OVG Hamburg (a.a.O., Rn. 97 ff.) und des OVG Münster (a.a.O., Rn. 155), dass hierdurch das gemeinschaftsrechtliche Effektivitätsgebot nicht verletzt wird und kein Wertungswiderspruch zum Unionsrecht besteht. Die nationale Norm sieht lediglich einen Billigkeitsausgleich und keinen Schadensersatz vor. Dementsprechend ist ein vollständiger Ausgleich 1:1 nicht erforderlich. Unionsrechtlich genügt es, dass die Kompensation angemessen ist. Dies könnte zweifelhaft sein in Fällen, in denen der Sockel von fünf Stunden monatlich nur geringfügig überschritten wird, nicht aber, wenn wie hier wöchentlich sieben Stunden Zuvielarbeit geleistet worden sind. Werden von den jährlich 315 Stunden monatlich 5 Stunden nicht auszugleichender Zuvielarbeit abgezogen, so ergibt dies 315 – 60 = 255 Stunden pro Jahr oder 21,25 Stunden pro Monat. Bei sieben Stunden Zuvielarbeit in einem 24-Stunden-Dienst mit 7-Tage-Woche erscheint es angemessen, für vom Beklagten dargelegte Krankheitstage und Fortbildungstage der Feuerwehrbeamten je Tag eine Stunde abzuziehen.

Für die Berechnung des Geldausgleichs geben allein die Sätze für die Vergütung von Mehrarbeit einen normativen Anhalts- und Anknüpfungspunkt. Da es um eine Entschädigung für die Vergangenheit geht, legt der Senat die für die Jahre 2004 – 2007 geltenden Sätze zugrunde. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BMVergV wird für eine Stunde Dienst in Bereitschaft nicht eine volle Zeitstunde in Ansatz gebracht. Da Feuerwehrbeamte eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich Bereitschaftsdienst haben, während andere Beamte eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden leisten müssen, hält es der Senat für sachgerecht, die Stundensätze zur Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes proportional um 1/6 zu reduzieren (ebenso OVG Hamburg, a.a.O., Rn. 73). Denn ein Feuerwehrbeamter mit 48-Stunden-Woche erhält grundsätzlich dasselbe Gehalt wie ein Beamter derselben Besoldungsgruppe mit 40-Stunden-Woche, also wegen des Bereitschaftsdienstes pro Stunde gerechnet 1/6 weniger als sein Kollege. Diese Berechnung des Geldwerts widerspricht weder dem unionsrechtlichen Äquivalenzprinzip noch dem Effektivitätsgebot. Das Äquivalenzprinzip ist nicht verletzt, da es einen Ausgleich in Geld für rechtswidrig angeordnete Zuvielarbeit im nationalen Recht nicht gibt und die hier entsprechend herangezogene Mehrarbeitsvergütungsverordnung einen solchen Abzug für Bereitschaftsdienst vorsieht. Dieser proportionale Abzug ist auch in Bezug auf die arbeitszeitrechtliche Gleichstellung von Bereitschaftsdienst und vollem Dienst nicht problematisch, da es insoweit allein um die besoldungs- bzw. vergütungsrechtliche Behandlung des Bereitschaftsdienstes geht. Schließlich ist der Effektivitätsgrundsatz nicht verletzt, weil es nach nationalem Recht um eine Billigkeitsentschädigung geht, bei der auch die Belange des Dienstherrn zu berücksichtigen sind, und die vorgesehenen Beträge noch immer so hoch sind, dass insgesamt ein angemessener Ausgleich erreicht wird. Gemäß § 4 Abs. 1 BMVergV in der vom 1. April 2004 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung betrug die Mehrarbeitsvergütung in den Besoldungsgruppen A 5 bis A 8 11,77 Euro und A 9 bis A 12 16,15 Euro, so dass der Senat eine Entschädigung in Höhe von 9,80 Euro (A 5 bis A 8) und 13,45 Euro (A 9 bis A 12) je Stunde Freizeitausgleich für angemessen hält.

Für den Kläger ergeben sich für die Jahre 2004, 2005 und 2006 zusammen pauschaliert 765 Stunden Zuvielarbeit, von der je eine Stunde pro Krankheitstag (44) und pro 8-Stunden-Fortbildungstag (33) abzuziehen sind, so dass sich zusammen 688 Stunden ergeben. Für die Besoldungsgruppe A 9 ist die Stundenzahl mit 13,45 Euro zu multiplizieren, so dass sich ein Geldbetrag in Höhe von 9.253,60 Euro brutto ergibt.

Anderweitige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht. Die Vorschriften zur Vergütung bei Mehrarbeit scheiden aus, weil es sich bei der rechtswidrig zu hoch angesetzten regulären Arbeitszeit nicht um dienstlich angeordnete oder geleistete Mehrarbeit handelt (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003, a.a.O., Rn. 12 -14). Eine nachträgliche Genehmigung als Mehrarbeit scheidet aus, da Mehrarbeit nur angesetzt werden darf, wenn zwingende dienstliche Gründe dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt (ebenda Rn. 15). Leistungsansprüche aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn kommen nicht in Betracht, da diese nicht in ihrem Wesenskern verletzt ist (ebenda Rn. 16). Auch bei einer Überschreitung der unionsrechtlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit um 7 Stunden ist der Wesenskern der Fürsorgepflicht noch nicht verletzt, da die jahrzehntelang praktizierte 24-Stunden-Dienst der Feuerwehr offenkundig nicht zu einer Gefährdung der Gesundheit der Feuerwehrbeamten geführt hat. Ein allgemeiner Folgenbeseitigungsanspruch besteht nicht, weil kein rechtswidriger Zustand mehr vorliegt und die rechtswidrige Arbeitsbelastung der Feuerwehrbeamten in der Vergangenheit nicht mehr rückwirkend beseitigt werden kann.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Bei der Aufteilung der Kosten war zu berücksichtigen, dass der Kläger einen Ausgleich für 62 Monate á 28 Stunden, also 1736 Stunden mit einem Stundensatz von 16,15 Euro begehrt hat. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei unionsrechtlich überobligatorischer Zuvielarbeit der Dienstherr einen finanziellen Ausgleich schuldet und wie dieser Ausgleich der Höhe nach zu bestimmen ist, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.