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Entscheidung 7 U 164/09


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 10.11.2010
Aktenzeichen 7 U 164/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.9.2009 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen

a) der Kläger zu 1., der Kläger zu 4., die Klägerin zu 5. und die Klägerin zu 6. je 1/12 der Gerichtskosten und je 1/12 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie ihre jeweils eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen,

b) die Klägerin zu 2., der Kläger zu 7. und die Klägerin zu 8. je 1/12 der Gerichtskosten und je 1/12 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie ihre jeweils eigenen außergerichtlichen Kosten im Verfahren vor dem Landgericht,

c) die Beklagte

- 5/12 der Gerichtskosten und 5/12 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 3., der Klägerin zu 9., der Klägerin zu 10., des Klägers zu 11. und der Klägerin zu 12. sowie die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenienten in dem Verfahren vor dem Landgericht,

- 2/3 der Gerichtskosten und 2/3 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2., der Klägerin zu 3., des Klägers zu 7., der Klägerin zu 8., der Klägerin zu 9., der Klägerin zu 10., des Klägers zu 11. und der Klägerin zu 12. und die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenienten im Berufungsverfahren.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

I.

Die Kläger haben die Beklagte primär auf die Nichtigerklärung des in der Hauptversammlung der Beklagten vom 27.6.2008 zu Tagesordnungspunkt 6 (TOP 6) gefassten Beschlusses mit dem Inhalt „Der Beschluss der Hauptversammlung vom 31.8.2007 auf Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142 AktG wird aufgehoben“ in Anspruch genommen.

Hilfsweise haben einige der Kläger beantragt, die Nichtigkeit des streitigen Beschlusses festzustellen, äußerst hilfsweise verfolgen vier Kläger den Anspruch, die Unwirksamkeit der Beschlussfassung festzustellen.

Die Kläger zu 2., 7. und 8. haben ihre Klagen nach einer außergerichtlichen Einigung mit der Beklagten zurückgenommen.

Das Landgericht hat den noch anhängigen Klagen der Kläger zu 1., 3., 4., 5., 9., 10., 11., 12. stattgegeben, indem es den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 27.6.2008 zu TOP 6 für nichtig erklärt.

Die Klage der Klägerin zu 6. hat es als unzulässig abgewiesen.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der Entscheidung des Landgerichts und deren Begründung wird auf den Tatbestand, den Tenor und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das am 30.9.2009 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam ist der Beklagten am 12.1.2009 und der Klägerin zu 6. am 8.10.2009 zugestellt worden.

Die Beklagte hat gegen das Urteil am 14.10.2009 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 12.1.2010 am 11.1.2010 begründet hat.

Die Klägerin zu 6. hat am 3.11.2009 Berufung eingelegt, die sie mit gleichem Schriftsatz begründet hat.

Mit der Berufung will die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage der Kläger zu 1., 3., 4., 5., 9., 10., 11. und 12. erreichen. Die gegen die Kläger zu 2., 7. und 8. gerichteten Berufungen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 3.5.2010 zurückgenommen.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 10. wegen der fehlenden Bekanntmachung des Beschlusses anfechtungsbefugt gewesen sei, obwohl sie in der Hauptversammlung nicht erschienen und Widerspruch gegen den angefochtenen Beschluss erklärt habe.

Die Beklagte macht ferner geltend, auch die zur Stützung des angefochtenen Urteils herangezogene Begründung, Frau S… Kr… habe bei der Abstimmung einem Stimmrechtsverbot unterlegen, entspreche nicht der Rechts- und Tatsachenlage.

Zum einen bestehe ein solches Stimmrechtsverbot nicht, zum anderen lägen die tatsächlichen Voraussetzungen des vom Landgericht angenommenen Stimmrechtsverbots nicht vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam 30.9.2009 (Az: 52 O 67/08) abzuändern und die Klagen der Kläger zu 1., 3., 4., 5., 9., 10., 11., 12. abzuweisen.

Die Kläger zu 1., 3., 4., 5., 9., 10., 11. und 12. sowie die Nebenintervenienten zu a., b., c. und d. beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin zu 6. verfolgt mit ihrer Berufung das Ziel, dass die streitbefangene Beschlussfassung auch im Prozessrechtsverhältnis zu ihr für nichtig erklärt werde.

Das Landgericht habe die Klägerin zu 6. zu Unrecht als beweisfällig für ihre Eigenschaft als Aktionärin zum Zeitpunkt der beanstandeten Beschlussfassung behandelt.

Die Klägerin zu 6. beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam, 2. Kammer für Handelssachen, vom 30.9.2009, Az.: 52 0 67/08, insoweit abzuändern, als der Ausspruch des Tenors, der die Klage der Klägerin zu 6. (als unzulässig) abweist, aufgehoben wird, so dass

der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 27.6.2008 auf Antrag der Aktionärin S… Kr… gefasste Hauptversammlungsbeschluss betreffend die Aufhebung des von der Hauptversammlung der Beklagten vom 31.8.2007 gefassten Beschlusses, einen Sonderprüfer zu bestellen, mit dem folgenden Wortlaut:

„Es wird beantragt, den Beschluss der Hauptversammlung vom 31. August 2007 über die Bestellung eines Sonderprüfers aufzuheben“,

auch im Prozessrechtsverhältnis zur Klägerin zu 6. für nichtig erklärt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zu 6. zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages der Parteien in zweiter Instanz wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 7.7.2010 haben die Parteien folgende Schriftsätze zu den Akten gereicht:

- Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 8.7.2010 unter anderem mitgeteilt, die Aktionärseigenschaft der Klägerin zu 6. werde nicht weiter bestritten.

- Die Klägerin zu 5. hat mit Schriftsatz vom 12.7.2010 die Klage zurückgenommen.

- Die Klägerin zu 6. hat mit Schriftsatz vom 12.7.2010 die Klage zurückgenommen.

- Der Kläger zu 4. hat mit Schriftsatz vom 12.7.2010 die Klage zurückgenommen.

- Der Kläger zu 1. hat mit Schriftsatz vom 20.7.2010 die Klage zurückgenommen.

- Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.9.2010 die fehlende Anfechtungsbefugnis der Kläger nach zwischenzeitlicher Eintragung des Squeeze-out-Beschlusses in das Handelsregister und hilfsweise die Unbegründetheit der Anfechtungsklage aufgrund eines Bestätigungsbeschlusses der Hauptversammlung der Beklagten vom 27.8.2010 gemäß § 244 Satz 1 AktG geltend gemacht.

- Der Nebenintervenient zu d. hat mit Schriftsatz vom 16.9.2010 unter Bezugnahme auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10.9.2010 auf die Verspätung dieses Vortrages hingewiesen.

- Die Kläger zu 10. und 11. haben mit Schriftsatz vom 4.10.2010 die Erledigung der Hauptsache erklärt und beantragt, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

- Die Klägerin zu 3. hat ein erhebliches Interesse an der Fortsetzung des Rechtsstreits unter analoger Heranziehung des § 265 Abs. 2 ZPO beansprucht. Der Bestätigungsbeschluss könne zwar als erledigendes Ereignis anzusehen sein, dieses sei jedoch erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten.

- Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 5.10.2010 der Rücknahme der Klagen seitens der Kläger zu 1., 4., 5. und 6. zugestimmt.

- Die Klägerin zu 9. hat mit Schriftsatz vom 6.10.2010 unter Verwahrung gegen die Kostenlast die Erledigung des Rechtsstreits erklärt.

II.

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Die Klagen der Klägerin zu 3., der Klägerin zu 9., der Klägerin zu 10., des Klägers zu 11. und der Klägerin zu 12. sind - jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - begründet gewesen.

Den Klägern stehen Anfechtungsgründe zur Seite.

Nach § 243 Abs. 1 AktG kann ein Beschluss der Hauptversammlung wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung durch Klage angefochten werden.

Hier ist in Anbetracht der in Rede stehenden Beschlussfassung zunächst bereits von einem Verstoß gegen § 124 Abs. 4 S. 1 AktG auszugehen. Danach dürfen über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht sind, keine Beschlüsse gefasst werden.

Das ist bezüglich der angefochtenen Beschlussfassung der Fall. Diese war unstreitig nicht Gegenstand der den Aktionären mit der Ladung zur Hauptversammlung bekanntgemachten Tagesordnung. Zu TOP 6 ist die Sonderprüfung gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom 31.8.2007 lediglich genannt worden. Anstelle eines Beschlussvorschlages ist ergänzend angekündigt worden, der Vorstand werde hierzu berichten. Diese Bekanntgabe der Tagesordnung reichte nicht, um die Gesellschafter darauf hinzuweisen, dass in der bevorstehenden Hauptversammlung eine Aufhebung des Beschlusses über die Sonderprüfung vom 31.8.2007 zu besorgen sei.

Der streitgegenständliche Beschlussgegenstand fällt auch nicht unter die Privilegierung gemäß § 124 Abs. 4 S. 2 AktG. Danach bedürfen Anträge, die zu Gegenständen der Tagesordnung gestellt werden, keiner Bekanntmachung. Der hier in Rede stehende Antrag des Vertreters der Aktionärin S… Kr… ist in diesem Sinne kein Antrag zu Gegenständen der Tagesordnung. Als solche sind vielmehr lediglich Anträge zur Geschäftsordnung, Gegenanträge zu Verwaltungsvorschlägen und sachlich ergänzend Anträge anzusehen (Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 125, Rn. 19). Der Antrag der Aktionärin S… Kr… fällt in keine der vorgenannten Antragskategorien.

Der erstmalig in der Hauptversammlung im Namen der Aktionärin S… Kr… von Herrn Dr. G… an die Gesellschafter herangetragene Antrag, den in der Hauptversammlung vom 31.8.2007 gefassten Beschluss über die Sonderprüfung aufzuheben, ist keine inhaltliche Ergänzung des bekannt gemachten Gegenstandes der Tagesordnung. Diese ließ lediglich einen Bericht zum Stand der Sonderprüfung erwarten. Eine Beschlussfassung war vom Vorstand nicht angekündigt worden. Die Gesellschafter durften deshalb darauf vertrauen, dass im Rahmen der Behandlung des TOP 6 keine Aufhebung des Beschlusses über die Durchführung der Sonderprüfung erfolgen würde. Allenfalls war damit zu rechnen, dass in Reaktion auf den Bericht des Vorstandes zum bisherigen Stand der Sonderprüfung eine ergänzende Beschlussfassung zur Art und Weise der Durchführung der Sonderprüfung zur Diskussion gestellt werden würde.

Entgegen dem Vortrag der Beklagten auf Bl. 6 der Klageerwiderung vom 28.10.2008 war aufgrund der angekündigten Tagesordnung den Aktionären nicht bekannt, „dass über den Beschluss auf Bestellung einer Sonderprüfung vom 31. August 2007 verhandelt werde würde“. Jedenfalls gab die Angabe zu TOP 6 bei unbefangener Betrachtung keinen Anlass, eine Verhandlung über den Beschluss auf Bestellung eines Sonderprüfers zu erwarten.

Darüber hinaus geht der Senat mit dem Landgericht davon aus, dass die Aktionärin S… Kr… unter den konkreten Umständen des Einzelfalles einem Stimmverbot unterlag.

Nach § 142 Abs. 1 AktG trifft ein Stimmverbot bei der Bestellung eines Sonderprüfers durch die Hauptversammlung lediglich Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrates. Allerdings darf deren Stimmrecht nach § 142 Abs. 1 S. 3 AktG auch nicht durch einen anderen ausgeübt werden.

Hier hat das Aufsichtsratsmitglied K… Kr… zwar nicht an der beanstandeten Beschlussfassung als Gesellschafter teilgenommen. Ebenso hat er sein Stimmrecht auch nicht lediglich durch Frau S… Kr… ausüben lassen. Frau S… Kr… hat vielmehr als Aktionärin bei der zu prüfenden Beschlussfassung mitgewirkt. Gleichwohl ist hier von einem Umgehungsgeschäft auszugehen, das unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles zu einem Stimmverbot der Aktionärin S… Kr… führte. Insofern macht sich der Senat die einschlägigen Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu Eigen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Berufung geben keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung.

Die Herleitung des Stimmverbotes erfolgt im vorliegenden Falle nicht unter dem Gesichtspunkt eines Analogieschlusses, der - worauf die Berufung verweist - eine Gesetzeslücke zur Voraussetzung hat. Hier ist es vielmehr der Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauches in Gestalt eines Umgehungsgeschäftes, der zur Begründung des Stimmverbots herangezogen wird.

Unschädlich ist es ferner, dass die vom Landgericht zur Begründung seiner Rechtsauffassung herangezogenen Gerichtsentscheidungen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und den für diese maßgeblichen § 47 Abs. 4 GmbHG zum Gegenstand hatten. Es geht im vorliegenden Fall nicht um die analoge Anwendung des Rechtes der GmbH auf die Aktiengesellschaft (AG). Die vom Landgericht herangezogenen Entscheidungen belegen lediglich, dass auch im Gesellschaftsrecht ein Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zur Anwendung kommt. Dieser Grundsatz gilt durchgängig für alle Gesellschaften, insbesondere auch gerade für den Bereich der AG. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angerufene größere Formstrenge des Aktienrechts steht dem nicht entgegen.

Mit dem Landgericht ist somit von einem Umgehungssachverhalt auszugehen.

Die vom Landgericht unter dem rechtlichen Begriff des Beweises des ersten Anscheins angeführten Umstände sprechen in der Tat für die Absicht der Aktionärin S… Kr… oder des für sie handelnden Dr. G…, das für den Mehrheitsgesellschafter und Aufsichtsratsvorsitzenden K… Kr… geltende Stimmverbot zu umgehen.

Tatsächlich sind die vom Landgericht berücksichtigten Umstände zwar kein Beweis des ersten Anscheins, aber deutliche Indizien für eine einschlägige Willensbildung der Aktionärin S… Kr… und ihres Vertreters in der Hauptversammlung.

Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte, die gegen einen Umgehungsvorsatz der Aktionärin sprechen sollen, überzeugen nicht. Es ist nicht erkennbar, warum der Mehrheitsaktionär Kr… ausgerechnet 2 Tage vor Ablauf der Meldefrist zur Hauptversammlung Aktien an der Beklagten verkaufen sollte, die ihm aufgrund des Squeeze-out-Beschlusses vom 31.7.2007 nach dessen Eintragung ins Handelsregister erneut zufallen. Dies gilt auch dann, wenn nunmehr von der Berufung geltend gemacht wird, für diese Entscheidung könnten steuerrechtliche Gesichtspunkte von Bedeutung gewesen sein. Im Übrigen ist die Einlassung der Beklagten nicht hinreichend substantiiert. Zwar liegt die Darlegungslast für das Umgehungsgeschäft bei den Klägern. Nachdem diese unter Heranziehung der vom Landgericht gewürdigten Umstände den Umgehungstatbestand behauptet hatten, oblag es jedoch der Beklagten, diesen Vortrag substantiiert zu bestreiten. Ob Anlass hierzu auch ohne Hinweis des Landgerichtes bereits in erster Instanz bestanden hat, kann dahinstehen, da jedenfalls auch in zweiter Instanz kein hinreichender Vortrag zu einer den Umgehungsvorsatz der Aktionärin S… Kr… in Frage stellenden Motivation für das Aktiengeschäft erfolgt ist.

Die vorstehend unter I. angeführten Schriftsätze der Parteien, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei dem Berufungsgericht eingegangen sind, geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO.

Dies gilt zunächst in Ansehung der Aufgabe des Bestreitens der Aktionärseigenschaft der Klägerin zu 6. durch die Beklagte. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte diesen Vortrag bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung - gegebenenfalls zu Protokoll des Senats - vornehmen konnte.

Die Rücknahme der Klagen des Klägers zu 1., des Klägers zu 4., der Klägerin zu 5. und der Klägerin zu 6. machen ebenfalls eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht erforderlich. Nachdem die Beklagte den Klagerücknahmen mit Schriftsatz vom 5.10.2010 zugestimmt hat, liegen die Voraussetzungen für eine Klagerücknahme nach Beginn der mündlichen Verhandlung gemäß § 269 Abs. 1 und 2 ZPO vor. Der Rechtsstreit ist damit nicht mehr anhängig, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

Der Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 10.9.2010 zur Eintragung des Squeeze-out-Beschlusses in das Handelsregister sowie zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 27.6.2008 durch Beschlussfassung vom 27.8.2010 und die im Zusammenhang damit von der Klägerin zu 9., der Klägerin zu 10. und dem Kläger zu 11. gegebenen Erledigungserklärungen gebieten ebenfalls keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 10.9.2010 ausgeführten Vorgänge sind nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgt. In Ausübung des ihm im Rahmen des § 156 Abs. 1 ZPO eröffneten Ermessens hat der Senat das Gebot der Herbeiführung eines möglichst raschen Abschlusses der Instanz gegen die prozessrechtlichen und materiellen Interessen der Verfahrensbeteiligten abzuwägen. Diese Abwägung führt nicht zur Wiedereröffnung. Es kann dahinstehen, ob die von der Beklagten angeführten Umstände zu einem Wegfall der Prozessführungsbefugnis oder der Aktivlegitimation der verbliebenen Kläger bzw. zur Unbegründetheit ihrer Klagen führen würden. Jedenfalls bedeutet die Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Entscheidung auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat für die Beklagte keine nachhaltige Beeinträchtigung ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen. Die Wirksamkeit des Bestätigungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 27.8.2010 unterstellt, bedeutet die Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Urteils für die Beklagte allenfalls, dass es bei der Feststellung der Nichtigkeit für den Zeitraum zwischen der angefochtenen Beschlussfassung und der bestätigenden Beschlussfassung nach § 244 AktG verbleibt. Die nach Fassung des angefochtenen Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten im Zweifelsfall fehlende Fortsetzung der Sonderprüfung ist aufgrund des Zeitablaufes nicht rückgängig zu machen.

Die Voraussetzungen für eine notwendige Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 47 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG auf 100.000 € festgesetzt. Dieser Betrag entspricht dem Wertansatz, den dieses Verfahren unter Ziffer VII. des von der Klägerin zu 6. zu den Akten gereichten Vergleiches zwischen ihr und der Beklagten vom 12.7.2010 erfahren hat.