Gericht | LG Frankfurt (Oder) 5. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 28.03.2013 | |
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Aktenzeichen | 15 S 132/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Bernau vom 26.7.2011 unter Zurückweisung ihres Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 883,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3,02 € seit dem 6.4.2010, aus weiteren 7,31 € seit dem 6.5.2010 und aus weiteren 874,12 € seit dem 15.2.2013 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben für den ersten Rechtszug die Klägerin zu 42% und der Beklagte zu 58% zu tragen.
Die Kosten des Berufungsrechtszugs werden der Klägerin zu 20% und dem Beklagten zu 80% auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 1.092,17 € festgesetzt.
I.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten aus einem inzwischen beendeten Wohnraummietverhältnis restliche Mietzahlung.
Das Amtsgericht hat den Beklagten in der Hauptsache zur Zahlung von 10,33 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der Entscheidungsgründe wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten und begründeten Berufung, mit der sie ihre im ersten Rechtszug nach Teilrücknahme der Klage noch geltend gemachte Forderung weiterverfolgt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Bernau vom 26.7.2011, 10 C 841/10 (045), abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.102,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 262,16 € seit dem 6.6.2009 und aus je 420,17 € seit dem 6.4.2010 und dem 6.5.2010 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im zweiten Rechtszug ist unstreitig geworden, dass der Beklagte am 11.2.2003 eine weitere - bislang in der Forderungsaufstellung der Klägerin unberücksichtigte - Zahlung in Höhe von 318,46 € geleistet hat.
Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.2.2013 erklärt, nunmehr den Saldo zwischen den in den Rechtsstreit eingeführten Bruttomieten für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis zum 30.6.2010 abzüglich der vom Beklagten bzw. dem Sozialamt geleisteten Zahlungen geltend zu machen.
II.
Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf restliche Mietzahlung in Höhe von 883,73 €.
Sie hat ihre Forderung durch Geltendmachung im Wege der Saldenklage schlüssig dargelegt. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich die Grundlage für eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH WuM 2013, 179). Werden in einer Klage mehrere Ansprüche erhoben, sind deshalb grundsätzlich die für jeden Anspruch geforderten Teilbeträge anzugeben; insbesondere ist bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige Ansprüche geltend gemacht werden, genau anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (BGH WuM 2013, 179).
Diesen Anforderungen ist die Klägerin indes durch Darlegung des gesamten Betrags der für den streitigen Zeitraum offenen Mieten abzüglich der hierauf erhaltenen Zahlungen durch den Beklagten oder das Sozialamt gerecht geworden. Sie haben damit keine Teilforderung geltend gemacht, sondern die gesamte von ihnen noch beanspruchte Nutzungsentschädigung für den streitigen Zeitraum eingeklagt, wodurch dieser einheitliche (Gesamt-)Anspruch hinreichend bestimmt ist (vgl. BGH WuM 2013, 179). Diese Angaben sind nicht deshalb ungenügend, weil die Klägerin nicht für jeden einzelnen Monat aufgeschlüsselt hat, welcher Betrag unter Berücksichtigung der von den Beklagten geleisteten Zahlungen jeweils noch als restliche Miete begehrt wird. Ein solcher Vortrag ist hier nicht erforderlich, weil er weder für den Entscheidungsumfang des Gerichts (§ 308 ZPO) noch zur Ermittlung der Rechtskraft einer späteren gerichtlichen Entscheidung oder eine Zwangsvollstreckung von Bedeutung ist (vgl. BGH WuM 2013, 179). Inwieweit die Berechnungen der Klägerin rechnerisch zutreffen ist lediglich eine Frage der Begründetheit der Klage (vgl. BGH WuM 2013, 179).
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten hat die Klägerin die rechtliche Begründung der Klageforderung mit der Stellung des Sachantrags nicht wieder auf ihr ursprüngliches Begehren, Miete für drei bestimmte Kalendermonate zu verlangen, umgestellt. Der Klageantrag allein dient nur der Bestimmung der rechtlichen Entscheidungsbefugnis des Gerichts gemäß § 308 ZPO (s.o.). Der Streitgegenstand wird weiter durch die Darlegung der Partei - und nicht durch Angabe bestimmter Zinszeiträume im Klageantrag - bezeichnet, was die Klägerin durch Erklärung der Prozessbevollmächtigten im Termin unmissverständlich getan hat
Die Umstellung der Begründung ihres Klagebegehrens war der Klägerin auch noch im zweiten Rechtszug möglich, da es keine Klageänderung dargestellt hat (§ 264 Nr. 1 ZPO; vgl. Musielak ZPO, 9. Aufl. Rn. 3), eine solche jedenfalls aber sachdienlich gewesen wäre und nur auf ohnehin der Entscheidung zugrundezulegende Tatsachen gestützt worden ist (§ 533 Nr. 1 und 2 ZPO).
Der Beklagte schuldet der Klägerin noch restliche Mieten in Höhe von 883,73 €. Dies folgt aus dem Saldo zwischen den unstreitigen Mietforderungen und den hierauf entrichteten Zahlungen des Beklagten. Nachdem die Behauptung des Beklagten, er habe am 11.2.2003 eine weitere Zahlung in Höhe von 318,46 € geleistet, unstreitig geworden ist, hat er darüber hinausgehende, hier unberücksichtigte, Leistungen nicht dargelegt. Mit seiner Erklärung, die - ursprünglich von der Klägerin eingeforderten - Mieten für April und Mai 2010 sowie Juni 2009 beglichen zu haben, wendet er sich lediglich gegen die von ihr geltend gemachte Verrechnung seiner Zahlungen.
Die Berechnung der Restforderung ergibt sich aus nachfolgender Tabelle, in der Forderungen und Zahlungen - jeweils in € - nach Fälligkeitszeitpunkt bzw. Zahlungseingang zusammengefasst sind, wobei für das Jahr 2003 sowohl die unstreitig gewordene weitere Zahlung des Beklagten als auch die Leistungen durch das Sozialamt Berücksichtigung gefunden haben:
Jahr | Soll | Gezahlt |
2003 | 3.821,52 | 3.633,56 |
2004 | 3.943,73 | 3.301,89 |
2005 | 4.385,28 | 4.345,82 |
2006 | 4.503,- | 4503,- |
2007 | 4.650,37 | 4.603,25 |
2008 | 4.845,12 | 4.876,76 |
2009 | 4.906,59 | 4.922,22 |
2010 | 2.078,92 | 2.064,30 |
Summe | 33.134,53 | 32.250,80 |
Differenz | 883,73 |
Die Klageforderung reduziert sich auch nicht in Ansehung der vom Beklagten erhobenen Verjährungseinrede in Ansehung der vor dem Jahr 2007 fällig gewordenen Forderungen.
Denn Forderungen aus diesem Zeitraum haben jedenfalls aufgrund der gesetzlichen Tilgung gemäß § 366 Abs. 2 ZPO nicht mehr bestanden. Das Recht zu bestimmen, welche von mehreren Forderungen getilgt werden soll, steht grundsätzlich nicht dem Gläubiger, sondern dem Schuldner zu (§ 366 Abs. 1 BGB). Versäumt dieser die Bestimmung bei Leistung vorzunehmen, so geht das Bestimmungsrecht verloren und die Tilgungsreihenfolge richtet sich nach § 366 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift schreibt für den Fall, dass der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist und das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden ausreicht, die Reihenfolge der Tilgung vor, wenn der Schuldner keine Bestimmung trifft (OLG Düsseldorf, ZMR 2000, 605; GuT 2011, 154). § 366 Abs. 2 BGB ist auch anzuwenden, wenn - wie hier - mehrere Mietraten geschuldet werden (BGH NJW 1965, 1373; OLG Düsseldorf, jeweils aaO). Eine konkludente Tilgungsbestimmung kann angenommen werden, wenn der geschuldete Betrag nahezu punktgenau zum Fälligkeitszeitpunkt einer einzelnen Miete gezahlt wird (vgl. OLG Düsseldorf, jeweils aaO). Fehlt es an einer solchen ist gemäß § 366 Abs. 2 BGB jeweils die älteste Mietschuld als getilgt anzusehen (OLG Düsseldorf, jeweils aaO). Da der Beklagte in der Gesamtschau in der Zeit nach 2007 insgesamt Zahlungen, ohne eine wenigstens konkludente Tilgungsbestimmung zu treffen, in einer die Klageforderung weit übersteigenden Höhe geleistet hat, steht jedenfalls fest, dass aus dieser Zeit keine Ansprüche der Klägerin mehr herrühren, ohne dass es auf eine konkrete Berechnung insoweit ankommt.
Nach Umstellung der Klage stehen der Klägerin Zinsen erst ab dem auf die Geltendmachung folgenden Tag zu. Der in Rechtskraft erwachsene Ausspruch des Amtsgerichts war indes auch in Ansehung der ausgeurteilten Zinsen aufrechtzuerhalten.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.