Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Gerichtsverfahren; überlang; Verfahrensdauer; unangemessen; Verzögerungsrüge;...

Gerichtsverfahren; überlang; Verfahrensdauer; unangemessen; Verzögerungsrüge; Schwierigkeit; Bedeutung (geringfügig); Verhalten; Einzelfall; Umstände des -; Besoldungsstreitigkeit; Besoldungsabsenkung (geringfügig); Musterverfahren (unerheblich); Entschädigung (verneint); Feststellung der Unangemessenheit (ausreichend); Kostenentscheidung; Ermessen; Entschädigungsforderung (unverhältnismäßig)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 20.03.2013
Aktenzeichen OVG 3 A 13.12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 6 Abs 1 S 1 MRK, § 198 GVG, § 201 GVG, § 173 S 2 VwGO, Art 23 ÜberlVfRSchG

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Dauer des Gerichtsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht unangemessen war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger ¾ und der Beklagte ¼.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Rechtsschutz wegen der Dauer eines von ihm geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Der Kläger ist Richter im Dienste des Beklagten. Für Dezember 2005 gewährte der Beklagte ihm eine Sonderzahlung in Höhe von 940 Euro zuzüglich 25,56 Euro für ein Kind. Die Zahlung beruhte auf dem Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetz für die Jahre 2004 bis 2006 in der Änderungsfassung vom 22. November 2005, die eine Absenkung der Sonderzahlung gegenüber dem Vorjahr um 150 Euro vorsah. Der Kläger legte im Dezember 2005 Widerspruch ein und beantragte die Erhöhung der Sonderzahlung um 150 Euro. Der Beklagte erachtete dies als Leistungsantrag, den er durch Bescheid vom 9. Januar 2006 ablehnte. Mit Schreiben von 13. Januar 2006 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Unter dem 11. April 2006 benannte der den Kläger, damals Vorsitzender des Landesverbandes, gegenüber dem Beklagten als einen von drei Antragstellern, die Musterverfahren zur Überprüfung der Absenkung der Sonderzahlung im Jahre 2005 durchführen würden. Am 8. Juni 2006 erging ein zurückweisender Widerspruchsbescheid.

Am 11. Juli 2006 erhob der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt Vizepräsident des war, vor dem Verwaltungsgericht Potsdam Klage auf Auszahlung weiterer 150 Euro brutto (). Der Beklagte übersandte am 16. August 2006 die Klageerwiderung. Mit Schreiben vom 15. März 2007 fragte das Verwaltungsgericht bei dem Kläger an, ob er das Verfahren fortführen wolle. Dabei bezog es sich auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Januar 2007 (OVG 4 N 89.06), mit dem der Antrag einer Beamtin auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam abgelehnt worden war, das einen Anspruch der Beamtin auf Gewährung ungekürzter Sonderzuwendungen verneint hatte. Der Kläger teilte dem Verwaltungsgericht am 22. März 2007 mit, er wolle das Verfahren fortführen. Im Anschluss verfristete das Verwaltungsgericht die Akte mehrfach. Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 hörte es die Beteiligten zu der Absicht an, den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung zu übertragen, und befragte sie, ob sie mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden seien. Beides lehnte der Kläger am 19. Februar 2009 ab. Daraufhin verfristete das Verwaltungsgericht die Akte erneut. Am 1. Juni 2010 wurde die Streitsache aufgrund einer Änderung des gerichtlichen Geschäftsverteilungsplans an die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam abgegeben (). Mit Schreiben vom 29. September 2011 bat das Verwaltungsgericht den Beklagten um Rechtsausführungen zu der von dem Kläger in der Klageschrift aufgeworfenen Frage, ob die Anberaumung der Sonderzahlung gegen § 9 des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes für die Jahre 2004 bis 2006 verstößt. Der Beklagte äußerte sich am 26. Oktober 2011. Mit Verfügung vom 28. Oktober 2011 beraumte das Verwaltungsgericht für den 15. Dezember 2011 einen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Am 22. November 2011 nahm der Kläger zur Rechtslage Stellung. Der Beklagte erwiderte am 6. Dezember 2011.

Am 12. Dezember 2011 erhob der Kläger Verzögerungsrüge.

Auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2011 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 9 des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes für die Jahre 2004 bis 2006 erfüllt würden, wonach die Höhe der Sonderzahlung neu festzusetzen sei, sofern das Land Brandenburg bestimmte Einsparungen nicht erreiche. Denn der Gesetzgeber habe sich nicht auf diesen Kürzungstatbestand festgelegt, sondern habe die Sonderzahlung unabhängig von den Tatbestandvoraussetzungen des § 9 des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes kürzen dürfen. Zudem komme der Absenkung der Sonderzahlung allenfalls eine verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässige unechte Rückwirkung zu. Der Gesetzgeber sei auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz gehalten, die Ergebnisse von Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes spiegelbildlich auf die Richterbesoldung zu übertragen. Die Frage, in welchem Umfang der Dienstherr ein dreizehntes Monatsgehalt gewähre, berühre nicht das Prinzip der amtsangemessenen Alimentation aus Art. 33 Abs. 5 GG. Das Urteil wurde dem Kläger am 28. Dezember 2011 zugestellt. Aufgrund eines Übertragungsfehlers bat das Verwaltungsgericht ihn um Rücksendung der Urteilsausfertigung. Am 7. Februar 2012 wurde ihm das Urteil erneut zugestellt. Rechtsmittel legte er nicht ein.

Am 7. August 2012 hat der Kläger Entschädigungsklage erhoben.

Er ist der Auffassung, das verwaltungsgerichtliche Verfahren sei nicht schwierig gewesen, was sich auch in der Absicht des Verwaltungsgerichts geäußert habe, den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung zu übertragen. Es habe ferner keine besondere Bedeutung für ihn, den Kläger, gehabt. Zwischen der Klageerwiderung und der ersten gerichtlichen Tätigkeit seien sieben Monate verstrichen. Obwohl das Verwaltungsgericht durch die Einzelrichteranfrage im Februar 2009 gezeigt habe, es sehe die Streitsache als entscheidungsreif an, sei das Urteil erst Anfang 2012 zugestellt beziehungsweise rechtskräftig geworden. Hieraus ergebe sich eine unangemessene Verzögerung von insgesamt dreieinhalb Jahren. Der Beklagte habe zwischen Juli 2006 und Februar 2012 „am Verwaltungsgericht“ mindestens zehn Richterstellen abgebaut.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.200 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er räumt ein, die Verfahrensdauer sei unangemessen lang gewesen. Das Verwaltungsgericht habe die Streitsache im März 2007 zunächst für entscheidungsreif gehalten, wie sich aus dem seinerzeitigen rechtlichen Hinweis der Berichterstatterin ergebe. Hinzuzurechnen sei nach der Rechtsprechung des Senats in dessen Urteil vom 27. März 2012 (OVG 3 A 1.12, juris) ein noch hinnehmbarer Zeitraum von weiteren zwei Jahren. Hiernach sei die Verfahrensdauer von März 2009 bis zu dem gerichtlichen Hinweisschreiben an den Beklagten im Juni 2011 unangemessen lang gewesen.

Dem Kläger könne allerdings schon durch die gerichtliche Feststellung, die Verfahrensdauer sei unangemessen lang gewesen, Genugtuung widerfahren. Für eine Entschädigung gebe es keinen Anlass. Der durch die Verzögerung eingetretene Nachteil sei äußerst gering gewesen. Dies gelte besonders im Lichte des Umstands, dass der Kläger bei Klageerhebung Vizepräsident des in der Besoldungsgruppe gewesen und seit Februar 2011 Präsident des in der Besoldungsgruppe sei. Angesichts seiner dienstlichen Stellung müsse er mit den langen Verfahrenslaufzeiten bei den Verwaltungsgerichten vertraut gewesen sein und sie als wenig belastend empfunden haben. Auch wenn er sich als möglicher Musterkläger von der Klage Wirkungen über seinen Einzelfall hinaus erhofft haben sollte, sei nicht anzunehmen, dass die lange Verfahrensdauer für ihn mit besonderen Nachteilen verbunden gewesen sei. Die Rechtslage sei zudem durch den obergerichtlichen Beschluss OVG 4 N 89.06 schon weitgehend geklärt gewesen. Der von dem Kläger begehrte Entschädigungsbetrag von 4.200 Euro stehe in einem krassen Missverhältnis zu den 150 Euro, die in dem zugrundeliegenden Gerichtsverfahren in Streit gestanden hätten.

Hierzu meint der Kläger, für ihn gälten vor Gericht ungeachtet seiner dienstlichen Stellung die gleichen Maßstäbe wie für andere. Er habe das gerichtliche Verfahren als Musterprozess geführt. Von derart langen Verfahrenslaufzeiten bei den Verwaltungsgerichten sei ihm nichts bekannt gewesen. Er werde die ihm zustehende Entschädigung der des spenden. Dementsprechend werde ihm kein außer Verhältnis zu dem ursprünglichen Klagebegehren stehender Betrag zufließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte sowie die beigezogene Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat ist gemäß § 173 Satz 2 VwGO, zuletzt geändert durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302), i.V.m. § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG zur Entscheidung berufen.

Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist auf das Begehren des Klägers anwendbar.

Gemäß Art. 23 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gilt das Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten am 3. Dezember 2011 (vgl. Art. 24) bereits anhängig waren. Dies trifft auf das Verfahren des Klägers zu, der seine Klage bei dem Verwaltungsgericht am 11. Juli 2006 einreichte.

Der Kläger hat auch die Vorgabe des Art. 23 Satz 2 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren eingehalten. Hiernach gilt für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes schon verzögert sind, § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (vgl. BT-Drs. 17/3802, S. 31), nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt sie gemäß Art. 23 Satz 3 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum. Der Kläger hat am 12. Dezember 2011 Verzögerungsrüge erhoben. Dies geschah angesichts der Verkündung des Gesetzes erst neun Tage zuvor ohne schuldhaftes Zögern.

Der Kläger hat am 7. August 2012 rechtzeitig innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG Klage erhoben. Am 7. März 2012 wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, nachdem mit der zweiten Zustellung des Urteils am 7. Februar 2012 die Monatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO für den Antrag auf Zulassung der Berufung erneut in Gang gesetzt worden war.

Das Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht war unangemessen lang.

Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist das Verfahren ab Erhebung der Klage vor dem Verwaltungsgericht, nicht jedoch schon ab Beginn des Widerspruchsverfahrens (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - OVG 3 A 1.12 -, juris Rn. 24 f.: Roderfeld, in: Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und Ermittlungsverfahren, § 198 Rn. 187; Marx, in: Marx/Roderfeld, a.a.O., § 173 VwGO Rn. 9). Der Widerspruch ist angesichts der Möglichkeit der Erhebung einer Untätigkeitsklage eine wirksame Beschwerde im Sinne von Art. 13 EMRK und die gerichtliche Behandlung der Untätigkeitsklage ist ihrerseits am Maßstab des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK zu messen.

Zu dem Gerichtsverfahren zählt auch der Zeitraum von der Verkündung der gerichtlichen Entscheidung bis zu deren Zustellung (vgl. EGMR, Urteil vom 30. März 2010, Beschwerde Nr. 46682/07, Rn. 36; Senatsurteil vom 27. März 2012, a.a.O., Rn. 26). Ob dies ferner für den Zeitraum von der Zustellung der Entscheidung bis zu deren Rechtskraft gilt, kann mangels Entscheidungsrelevanz auf sich beruhen (offen gelassen: Senatsurteil vom 27. März 2012, a.a.O., Rn. 27).

Ob der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung seines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit verletzt wurde, ist im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG zu beurteilen (vgl. auch BT-Drs. 17/3802, S. 1, 15). Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stellt einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 13 EMRK dar (Senatsurteil vom 27. März 2012, a.a.O., Rn. 25). Danach reicht es nicht aus, dass ein Gerichtsverfahren lange, sehr lange oder aus der Sicht der Beteiligten zu lange dauert, sondern er muss ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 19 Abs. 4 GG vorliegen. Als Maßstab nennt § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (vgl. insoweit auch EGMR, Urteil vom 24. Juni 2010, Beschwerde Nr. 21423/07, Rn. 32).

Das Verfahren des Klägers war nicht überdurchschnittlich schwierig.

Auch wenn das Verwaltungsgericht nach dem Wechsel der Kammerzuständigkeit von der Übertragung des Rechtsstreits auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin absah, hatte die zunächst zuständige Kammer die Übertragung immerhin erwogen. Die maßgeblichen Rechtsfragen hatten keinen überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad. Zur Begründung seiner Auffassung, die Absenkung der Sonderzahlung sei aufgrund ihrer allenfalls unechten Rückwirkung zulässig, griff das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auf vorhandene obergerichtliche Rechtsprechung in Gestalt des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Januar 2007 (OVG 4 N 89.06) zurück, den es bereits in dem richterlichen Hinweis vom 15. März 2007 in Bezug genommen hatte. Die in dem Beschluss nicht erörterte Frage eines Verstoßes der gesetzlichen Neuregelung gegen § 9 des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes für die Jahre 2004 bis 2006 verneinte das Verwaltungsgericht schon deswegen, weil es diese Norm nicht als ausschließlichen Kürzungstatbestand ansah. Nicht aus dem Rahmen eines durchschnittlichen richterrechtlichen Falls fielen auch die weiteren gerichtlichen Feststellungen, der Gesetzgeber brauche die Ergebnisse von Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nicht spiegelbildlich auf die Richterbesoldung zu übertragen, der Umfang des dreizehnten Monatsgehalts berühre auch nicht das Prinzip der amtsangemessenen Alimentation aus Art. 3 Abs. 5 GG.

Eine besondere Bedeutung wies das Verfahren für den Kläger nicht auf, wie er selbst in der Klageschrift vorträgt. Insbesondere ergaben sich keine gravierenden Auswirkungen auf sein tägliches Leben (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 28. März 2001 - 2/01 -, DVBl. 2001, 912 = juris Rn. 9).

In finanzieller Hinsicht fiel der in Streit stehenden einmalige Betrag von 150 Euro brutto im Verhältnis zu der Höhe der klägerischen Besoldung (vgl. auch EGMR, Urteil vom 19. Januar 2010, Beschwerde Nr. 22051/07) in keiner Weise ins Gewicht. Bei Klageerhebung hatte der Kläger als des Anspruch auf Besoldung der Besoldungsgruppe . Nach seiner Ernennung zum des im Februar 2011 mit Anspruch auf Besoldung nach der Besoldungsgruppe belief sich das Grundgehalt zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung auf monatlich Euro.

Soweit das berufspolitische Engagement des Klägers als damaligen Vorsitzenden des des ein ideelles Interesse an der grundsätzlichen Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage begründet haben mag, ist dieses in Ansehung der Gesamthöhe der Richterbesoldung gering. Dass der Kläger von seinem Berufsverband als einer von drei Antragstellern benannt wurde, deren Widersprüche gegen die Absenkung der Sonderzahlung beschieden werden sollten, hebt auch nicht die rechtliche Bedeutung des von ihm geführten Verfahrens, da die Prozessordnung (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) grundsätzlich die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten voraussetzt. Es tritt hinzu, dass die Rechtsfrage einer unzulässigen Rückwirkung, wie ausgeführt, bereits im Januar 2007 von dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verneinend geklärt worden war. Zwar hatte der Kläger die weitere Frage aufgeworfen, ob die Absenkung der Sonderzahlung gegen § 9 des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes für die Jahre 2004 bis 2006 verstoße. Hierzu hatte sich das Oberverwaltungsgericht nicht geäußert. Als „Musterverfahren“ kam das Verfahren des Klägers insoweit jedoch nicht mehr in Betracht, da die Widerspruchsbehörde, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mitgeteilt hat, auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg alle anhängigen Widersprüche beschied. Damit hatte die Sache keine grundsätzliche Bedeutung mehr.

Was das Verhalten der Beteiligten angeht, übersandte der Beklagte auf die am 11. Juli 2006 erfolgte Klageerhebung am 16. August 2006 die Klageerwiderung. Auf den rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts vom 15. März 2007 trug der Kläger umgehend am 22. März 2007 vor. Das Gleiche gilt für seine am 19. Februar 2009 eingegangene Stellungnahme zu der gerichtlichen Anfrage vom 9. Februar 2009, mit der das Verwaltungsgericht die Beteiligten über seine Absicht informierte, den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zu übertragen, und ferner um Mitteilung bat, ob Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin bestehe. Dass der Kläger die von dem Verwaltungsgericht beabsichtigte Einzelrichterübertragung ablehnte, ist unerheblich, weil das Verwaltungsgericht die Übertragung dennoch gemäß § 6 Abs. 1 VwGO hätte beschließen können. Die Verzögerung, die durch die Nichterteilung seines Einverständnisses mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin gemäß § 87a Abs. 2 VwGO eingetreten sein mag, ist zwar als objektive Tatsache zu berücksichtigen (vgl. zur Inanspruchnahme eines gesetzlich vorgesehenen Rechts: EGMR, Urteile vom 1. April 2010, Beschwerde Nr. 12852/08, Rn. 38; vom 8. Oktober 2009, Beschwerde Nr. 47757/06, Rn. 35, und vom 8. Juni 2006, Beschwerde Nr. 75529/01 [Sürmeli] Rn. 131), fällt jedoch nicht ins Gewicht (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2010, Beschwerde Nr. 25756/09, Rn. 25, 27), da nicht erkennbar ist, dass das Verwaltungsgericht bei Erteilung des Einverständnisses zügiger entschieden hätte.

Das Verwaltungsgericht förderte das Verfahren nach Eingang der Klageerwiderung am 16. August 2006 bis zu der Anfrage an den Kläger vom 15. März 2007 nicht. Das Gleiche gilt für den Zeitraum von der Stellungnahme des Klägers auf jene Anfrage am 22. März 2007 bis zum 9. Februar 2009. Mit dem Schreiben vom 9. Februar 2009 wies das Verwaltungsgericht die Beteiligten lediglich auf seine Absicht hin, den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zu übertragen, fragte nach dem Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin und verfristete die Akte nach Eingang der Stellungnahme des Klägers am 19. Februar 2009 weiter. Die nach der Änderung der gerichtsinternen Zuständigkeit ab 1. Juni 2010 für die Streitsache zuständige Kammer wandte sich am 29. September 2011 an den Beklagten und terminierte am 28. Oktober 2011 die mündliche Verhandlung auf den 15. Dezember 2011. Die Zustellung des Urteils erfolgte zeitnah am 28. Dezember 2011 und musste lediglich wegen eines Übertragungsfehlers am 7. Februar 2012 wiederholt werden.

Durfte das Verwaltungsgericht bis Ende 2006 abwarten, ob weiterer Vortrag eingehen werde, und hatte es, wie sein rechtlicher Hinweis vom 15. März 2007 belegt, die Sach- und Rechtslage im März 2007 geprüft, so unternahm es von April 2007 bis August 2011 keine wesentlichen Schritte. Dies entspricht im letzten Zeitabschnitt nicht den vom EGMR zu Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK entwickelten menschenrechtlichen Maßstäben und führt zu dem Ergebnis, dass die Verfahrenslaufzeit im Sinne von § 198 GVG unangemessen war.

Es entlastet den Beklagten nicht, dass das Gerichtspräsidium mit Wirkung vom 1. Juni 2010 eine Änderung der Geschäftsverteilung beschloss. Denn bis dahin war das Verfahren bereits mehr als 3 Jahre nicht gefördert worden. Der Beklagte kann sich ferner nicht auf die allgemeine Belastung der Verwaltungsgerichte in dem fraglichen Zeitraum berufen. Die Gerichte haben sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen (BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 2011 - 1 BvR 314/11 -, WM 2012, 76 = juris Rn. 7). Der Beklagte ist verpflichtet, seine Rechtsordnung so zu organisieren, dass seine Gerichte in der Lage sind, das Recht des Einzelnen zu garantieren, innerhalb einer angemessenen Frist eine rechtskräftige Entscheidung zu erwirken, wobei ein zeitweiliger Rückstand bei der Geschäftserledigung der Gerichte nach der Rechtsprechung des EGMR nur dann nicht zur Haftung führt, wenn mit der gebotenen Schnelligkeit geeignete Abhilfemaßnahmen getroffen werden (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2010, Beschwerde Nr. 21423/07, Rn. 34). Dies war hier nicht der Fall. Zwischen 2004 und 2009 wurden am Verwaltungsgericht Potsdam sieben Richterstellen abgebaut (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2009 - 30/09 -, NVwZ 2010, 378 = juris Rn. 23).

Der Beklagte kann schließlich nicht damit gehört werden, der Kläger müsse angesichts seiner dienstlichen Stellung mit den langen Verfahrenslaufzeiten bei den Verwaltungsgerichten vertraut gewesen sein und sie als wenig belastend empfunden haben. Der Kläger hat den gleichen Anspruch auf effektiven Rechtschutz wie andere Verfahrensbeteiligte.

Einer genauen Festlegung, in welchem zeitlichen Umfang die Verzögerung des insgesamt rund 5 ½ Jahre dauernden Verfahrens im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK, § 198 GVG unangemessen war, bedarf es nicht. Eine nach § 198 Abs. 2 Satz 3 zustehende Entschädigung ist nicht zu berechnen, weil der Kläger aufgrund § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG keinen Anspruch auf Entschädigung hat.

Nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Gemäß § 198 Abs. 4 GVG ist Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Eine derartige Feststellung ist im Falle des Klägers ausreichend. Es wäre wegen des schon für sich genommen verhältnismäßig niedrigen beanspruchten Betrages von 150 Euro und erst recht angesichts der dem Kläger zustehenden hohen Besoldung, ferner wegen des aus oben genannten Gründen geringen ideellen Interesses erkennbar unbillig, ihm eine Entschädigung zuzusprechen, auch wenn eine angemessene Verfahrensdauer nicht nur geringfügig überschritten wurde und die Entschädigung gemäß § 198 Abs. 2 Sätze 3 und 4 GVG auf einen geringeren Betrag als 1.200 Euro jährlich beziehungsweise 100 Euro monatlich (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012, a.a.O., Rn. 55) festgesetzt werden könnte. Dass der Kläger die Entschädigung der des spenden würde, ändert nichts, da die gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG zu treffende Entscheidung, ob nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend ist, nicht davon abhängt, welchem Verwendungszweck der Berechtigte die Entschädigung zuführen möchte.

Der Senat kann die Unangemessenheit der Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 4 Satz 2 GVG feststellen, auch wenn der Kläger keinen dahingehenden Antrag gestellt, im Gegenteil ausdrücklich Entschädigung beantragt hat (vgl. auch BT-Drs. 17/3802, S. 21; Marx in Marx/Roderfeld, a.a.O., § 201 GVG Rn. 14; § 173 VwGO Rn. 18). Denn das Feststellungsbegehren ist in dem Leistungsbegehren enthalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Senat hat gemäß § 201 Abs. 4 GVG die Kosten nach billigem Ermessen zu verteilen. Durch diese gesetzliche Regelung kann vermieden werden, dass der Beklagte bei unverhältnismäßig hohem Streitwert mit unangemessen hohen Kosten zu rechnen hat (vgl. BT-Drs. 17/3802). Die Forderung des Klägers ist in diesem Sinne unverhältnismäßig, da sie auf das Achtundzwanzigfache des in dem Ausgangsverfahren streitigen Betrages gerichtet ist. Dies lässt es sachgerecht erscheinen, dem Kläger drei Viertel und dem Beklagten lediglich ein Viertel der Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 173 Satz 2 VwGO, § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 167 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, da nach § 173 Satz 2 VwGO, § 201 Abs. 2 Satz 3 GVG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung vorliegt.