Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 31. Senat | Entscheidungsdatum | 28.06.2011 | |
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Aktenzeichen | L 31 R 986/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 AAÜG, § 5 AAÜG, § 8 AAÜG, VO-AVItech |
Eine Jahresendprämie kann auch dann nicht als Arbeitsentgelt anerkannt werden, wenn die übrigen Entgelte des betreffenden Jahres rechtswidrig aber bestandskräftig im Zusatzversorgungssystem anerkannt sind.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 20. August 1956 bis zum 30. Juni 1990 zu Recht als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der Technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes [AAÜG] – AVItech –) festgestellt hat und ob sie nunmehr in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien feststellen muss.
Der 1934 geborene Kläger ist gelernter Stahlbauschlosser. Nach dem Besuch der Fachhochschule der Deutschen Demokratischen Republik und Bestehen der Ingenieurprüfung erwarb er ausweislich der Urkunde vom 14. Juli 1956 die Berechtigung, den Titel Ingenieur in der Fachrichtung Schwermaschinenbau, im Fachgebiet Schweißtechnik als Schweißfachingenieur, zu tragen. Anschließend war er zunächst als Ingenieur bei der B Stahlbau, (ab März 1957) bei der Industrierohrleitungsmontage B, (ab Februar 1966) beim VVB Energieversorgung und (von Oktober 1967 bis Dezember 1978) beim Institut für Energieversorgung tätig. Ab Dezember 1978 bis zum 30. Juni 1990 war er in verschiedenen Funktionen im volkseigenen Betrieb (VEB) Wärmeanlagenbau B (im Folgenden: VEB Wärmeanlagenbau) beschäftigt.
Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte er ab 1. März 1971.
Mit Feststellungsbescheid vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 stellte die Beklagte die Zeit vom 20. August 1956 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Schreiben vom 6. November 2007 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und begehrte die Berücksichtigung der Jahresendprämien bei der Feststellung des tatsächlichen Arbeitsentgeltes. Ergänzend übersandte er Bescheinigungen vom 12. Februar 1975, 19. Februar 1976, 22. Februar 1977 und 1. März 1979 über die Zahlung von Jahresendprämien.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Änderung des Bescheides vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 ab und führte zur Begründung unter anderem aus, anlässlich der Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Widerspruchsverfahren sei festgestellt worden, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 AAÜG im Falle des Klägers nicht erfüllt seien. Die Anerkennung der Jahresendprämie sei somit nicht möglich. Die Feststellungen in dem Bescheid vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 seien rechtswidrig, da der Kläger die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem nicht erfüllen würde. Mit dem Feststellungsbescheid gemäß § 8 AAÜG habe der Versorgungsträger keine Grundlagenentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG getroffen. Es seien lediglich bestimmte Zugehörigkeitszeiten im Sinne von § 5 AAÜG festgestellt worden. Damit sei ohne Bindung an diesen Bescheid - jeweils gesondert für weitere Zeiträume - darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 1 AAÜG erfüllt gewesen seien (Urteil des BSG vom 9. April 2002, Az. B 4 RA 31/01 R). Eine teilweise oder vollständige Rücknahme des Bescheides vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 sei jedoch nicht zulässig, weil den Kläger keinerlei Verschulden treffe, er vielmehr auf den Bestand des Bescheides habe vertrauen können und die für die Rücknahme von rechtswidrigen Bescheiden in solchen Fällen vorgesehene Frist des § 45 Abs. 3 SGB X (zwei Jahre nach Bekanntgabe des ursprünglichen Bescheides) bereits abgelaufen sei. Es verbleibe deshalb bei den im Feststellungsbescheid vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG. Die Bestandskraft des Bescheides erstrecke sich jedoch nur auf die bereits festgestellten Tatsachen. Weitere Rechte könnten daraus im Zuge eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X nicht abgeleitet werden, denn für die Anerkennung höherer Entgelte sei keine Rechtsgrundlage vorhanden (§ 48 Abs. 3 SGB X). Das BSG habe bereits mehrfach entschieden, dass aufgrund des Normzwecks der Vorschrift des § 48 Abs. 3 SGB X kein Unrecht erweitert werden dürfe (zuletzt BSG vom 20. März 2007, Az. B 2 U 38/05 R).
Zur Begründung seiner hiergegen bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Am 30. Juni 1990 habe er eine Beschäftigung bei der WBB Wärmeanlagenbau ausgeübt, deren Hauptsitz in der Ustraße, B gewesen sei. Hierbei habe es sich sehr wohl um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Die Beklagte habe die Beschäftigungsorte verwechselt. Im VEB Wärmeanlagenbau B in der St Straße, der offenbar dem ablehnenden Bescheid zu Grunde gelegt worden sei, habe er nicht gearbeitet. Auch aus der Beschreibung der Leistungen der Nachfolgegesellschaft ergebe sich zweifelsfrei, dass es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Ergänzend hat der Kläger eine Broschüre der F Anlagenbau GmbH übersandt (hinsichtlich des Inhalts dieser Broschüre wird auf Blatt 28 bis 31 der Gerichtsakten verwiesen).
Durch Gerichtsbescheid vom 29. September 2010 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, da eine Einbeziehung des Klägers in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz bis zum 30. Juni 1990 nicht erfolgt sei und keine für den Kläger positive Rehabilitierungsbescheinigung ergangen sei, komme eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten nur in Betracht, wenn die Beschäftigung des Klägers bei dem VEB Wärmeanlagenbau in der Zeit vom 27. Dezember 1978 bis zum 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung erfüllt hätte. Hiervon sei nicht auszugehen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg habe bereits in einem Urteil vom 6. Oktober 2009 (Az. L 3 R 542/09, zitiert nach Juris) ausgeführt, dass es sich bei dem VEB Wärmeanlagenbau Berlin nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt habe. Dieser Rechtsauffassung schließe sich das Gericht nach eigener Prüfung an. Sie werde auch durch die neueren Entscheidungen des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24. April 2008, Az. B 4 RS 31/07 R sowie vom 23. August 2007, Az. B 4 RS 3/06 R) bestätigt.
Gegen den ihm am 13. Oktober 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er unter anderem vor, er sei weiterhin der Ansicht, dass es sich bei dem VEB Wärmeanlagenbau nicht nur um einen Generalauftragnehmer, sondern um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe und zudem um einen Versorgungsbetrieb der Energiewirtschaft. Für die Tatsache, dass es sich bei dem VEB Wärmeanlagenbau um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe, habe er mehrere Zeugen benannt. Jedenfalls habe es sich beim VEB Wärmeanlagenbau um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) gehandelt. Danach seien unter anderem Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie) gleichgestellt gewesen. Der VEB Wärmeanlagenbau sei ein Kombinatsbetrieb des VEB Kombinat Verbundnetze Energie gewesen, wie sich aus dem Statut des KVE in § 1 Abs. 5 ergebe. Nach § 1 Abs. 1 des Statuts sei das KVE unter anderem eine grundlegende Wirtschaftseinheit der materiellen Produktion gewesen. Nach § 2 Abs. 2 des Statuts habe das Kombinat Generalauftragnehmerschaft für die Errichtung von Elektroenergieübertragungsanlagen sowie Wärmeversorgungsanlagen in Übereinstimmung mit der Leistungsnomenklatur des geltenden GAN/HAN-Verzeichnisses bei rascher Entwicklung der eigenen Montage- und Baukapazitäten sowie Durchführung der langfristigen Kapazitätsplanung Wärme (Kessel- und Rohrleitungsbau) wahrgenommen. Aus § 4 Abs. 3c ergäben sich die Aufgaben des VEB Wärmeanlagenbau im Rahmen der Gesamtaufgabe des Kombinats. Danach sei der VEB Wärmeanlagenbau Generalauftragnehmer für die Errichtung von Heizwerken und Fernwärmeleitungen gewesen. Zudem habe die Wahrnehmung zentraler Aufgaben für die territoriale Wärmeversorgung und den Bereich der Energiewirtschaft im Rahmen der Aufgabenstellung des Kombinats zu den zu lösenden Aufgaben gehört. Nach alledem habe es sich sowohl um einen Produktionsbetrieb (Bau von standardisierten Wärmeanlagen in erheblichen Größenordnungen) als auch um einen Versorgungsbetrieb der Energiewirtschaft und damit um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Der Kläger habe somit einen Anspruch auf die fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz gehabt. Ergänzend hat der Kläger das Statut des VE Kombinats Verbundnetze Energie vom 1. Oktober 1980 in Kopie übersandt (hinsichtlich des Inhalts des Statuts wird auf Blatt 64 bis 72 der Gerichtsakten verwiesen).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. September 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 zu verurteilen, während der Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz höhere Arbeitsentgelte durch Anerkennung von Jahresendprämien festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2009 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 und Berücksichtigung von Jahresendprämien. Die Bescheide sind zwar rechtswidrig, verletzen den Kläger jedoch nicht in seinen Rechten. Unzutreffend hat die Beklagte den Zeitraum vom 20. August 1956 bis zum 30. Juni 1990 sowie die während dieser Zeit erzielten Entgelte als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt. Ein weiterer (unzutreffender) Anspruch des Klägers auf Feststellung höherer, tatsächlicher Entgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien ergibt sich daraus jedoch nicht.
Der Kläger begehrt vorliegend die Rücknahme des Bescheides vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 hinsichtlich der Höhe der festgestellten Arbeitsentgelte. Gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt im Übrigen auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen erfüllt der Bescheid vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 nicht. Zwar ist er rechtswidrig; es handelt sich jedoch um einen den Kläger rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakt, denn die Beklagte hat mit diesem Bescheid die Zeit vom 20. August 1956 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt, obwohl der Kläger die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt hatte.
Die Beklagte wäre nur dann verpflichtet gewesen, diese Zeit als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen, wenn der Kläger dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfallen würde. Erst wenn dies zu bejahen gewesen wäre, wäre in einem weiteren Schritt festzustellen gewesen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die dem Zusatzversorgungssystem zuzuordnen sind (§ 8 AAÜG). Erst danach wäre das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt - gegebenenfalls unter Berücksichtigung erhaltener Jahresendprämien - festzustellen.
Da eine Einbeziehung des Klägers in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz bis zum 30. Juni 1990 nicht erfolgt und ihm durch Einzelfallentscheidung auch keine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden ist, hätte die Beklagte eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten nur vornehmen dürfen, wenn die Beschäftigung des Klägers bei dem VEB Wärmeanlagenbau am Stichtag 30. Juni 1990 (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Termins Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 04. August 2004, 1 BvR 1597/01, und vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05 und 1 BvR 1144/05, alle in juris) die Voraussetzungen der VO-AVItech sowie der 2. DB erfüllt hätte.
Nach § 1 VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 der 2. DB hängt ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell ist gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB erforderlich
1. die Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
2. die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar
3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG, SozR 3-8570 § 1 Nr. 2). Die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage haben bei dem Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vorgelegen.
Der Kläger, der berechtigt ist, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen, erfüllt mit der Beschäftigung im VEB Wärmeanlagenbau am 30. Juni 1990 nicht die betriebliche Voraussetzung für einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz. Erfasst von der Versorgungsordnung sind nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8750 § 1 Nr. 6). Hauptzweck muss die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern bzw. die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sein (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 14/03 R, 08. Juni 2004, B 4 RA 57/03 R, 23. August 2007, B 4 RS 3/06 R, und 24. April 2008, B 4 RS 31/07 R, alle in juris). Hierbei muss die industrielle Fertigung von Sachgütern oder Bauwerken i. S. einer durch Wiederholung von gleichartigen Bearbeitungsvorgängen unter Einsatz von Maschinen für den Vertrieb mit Massenausstoß von Endprodukten dem Betrieb das Gepräge gegeben haben (BSG, Urteile vom 06. Mai 2004, B 4 RA 44/03 R, und vom 27. Juli 2004, B 4 RA 11/04 R, beide in juris). Dabei wird der Hauptzweck nicht dadurch geändert, dass von dem Betrieb auch (nachgeordnet oder begleitend) produktionstechnische Aufgaben zu erfüllen waren (vgl. zur Definition und Zweckbestimmung der volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens im Sinne des Versorgungsrechts grundlegend BSG, Urteile vom 09. April 2004, B 4 RA 3/02 R und vom 10. April 2004, B 4 RA 10/02 R, beide in juris).
Nach diesen Maßstäben gehörte der Beschäftigungsbetrieb des Klägers zum 30. Juni 1990 nicht zu den Produktionsbetrieben der Industrie oder des Bauwesens, wie der 3. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seinen Urteilen (siehe insoweit die Veröffentlichungen bei juris) vom 4. November 2010 (L 3 R 979/07), vom 6. Oktober 2009 (L 3 R 542/09) sowie vom 14. Januar 2009 (L 3 R 400/07) bereits entschieden hat. Im Urteil vom 4. November 2010 hat der 3. Senat dazu ausgeführt:
„Der Betrieb war kein solcher des Bauwesens, denn es wurden keine Gebäude serienmäßig hergestellt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2003, B 4 RA 1/03 R, a.a.O.).
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Er war auch kein Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne fordistischer Prägung. Dies ergibt sich bereits aus dem Statut des VE Kombinates Verbundnetze Energie vom 01. Oktober 1980, in dem der Betriebszweck des VEB Wärmeanlagenbau mit ‚GAN für die Errichtung von Heizwerken und Fernwärmeleitungen’ bezeichnet wird. Auch nach der vom Betrieb herausgegebenen Broschüre ‚Kurs DDR 40 – Beiträge zur Betriebsgeschichte des VEB Wärmeanlagenbau ‚DSF’ im VE Kombinat Verbundnetze Energie’ wurde der VEB Wärmeanlagenbau als GAN konzipiert und eingesetzt mit dem Ziel, eine ‚höhere Qualität auf dem Fachgebiet Fernwärmetechnik durch Entwicklung und Aufbau zentraler Wärmeversorgungsanlagen zur sicheren Versorgung der Bedarfsträger in Industrie und Wohnungsbau zu schaffen’. Hiernach lag der Hauptzweck der betrieblichen Tätigkeit des VEB Wärmeanlagenbau in der Tätigkeit als GAN. Nach dem Sprachgebrauch der DDR wurde einem GAN vom Investitionsauftraggeber die Durchführung von Investitionsvorhaben auf vertraglicher Basis übertragen (vgl. Lexikon der Wirtschaft - Industrie -, Verlag Die Wirtschaft, Berlin 1970, Stichwort Generalauftragnehmer). Als GAN hatte der Beschäftigungsbetrieb des Klägers im Rahmen der ihm übertragenen Wahrnehmung zentraler Aufgaben für die territoriale Wärmeversorgung und den Bereich der Energiewirtschaft (§ 4 Punkt 3 c des Statutes) vor allem die Aufgabe, Heizkraftanlagen zu projektieren, zu entwickeln und zu erstellen. Die dabei erbrachten Leistungen bestanden im Wesentlichen in der Projektierung der Anlagen, Organisation, Leitung und Überwachung der Realisierung des Anlagenbaus und in der Abnahme und Übergabe der fertig gestellten Anlage sowie der Einweisung des Erwerbers. Der Betriebsgeschichte des VEB Wärmeanlagenbau „DSF“ lässt sich entnehmen, dass große Projekte auf dem Gebiet der Versorgung mit Fernwärme konzipiert und realisiert wurden, etwa 1970/1973 das Wärmeversorgungssystem L. Es folgten die Fernwärmenetze für B, für das Haus der Ministerien und für den Komplex Charité, dann für die L Stadtteile mit den großen Neubaugebieten M, H und H.
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Daneben erhielt der VEB Wärmeanlagenbau als GAN auch Auslandsaufträge, so etwa von der UdSSR im Jahr 1982 der Auftrag zur Errichtung von Heizwerken für die Wärmeversorgung von Wohn- und Gesellschaftsbauten an der Erdgastrasse, die er zusammen mit Subunternehmen und mit der gesamten Technik, die der Betrieb lieferte, fertig stellte. Außerdem fungierte der VEB Wärmeanlagenbau auch als Generallieferant beim Export kompletter Industrieanlagen.
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Zwar wurde – worauf der Kläger hinweist - in Berlin im Jahr 1978 ein Hauptbereich Produktion mit 83 Arbeitskräften gebildet, um Wärmeversorgungsanlagen herzustellen, wobei ein überwiegender Teil der Arbeitskräfte (64) als Produktionsarbeiter eingesetzt waren. Gleichwohl hat die Herstellung industrieller Sachgüter nicht den Hauptzweck des Betriebes ausgemacht, wie es für einen Produktionsbetrieb im oben dargestellten Sinne erforderlich ist. Der Schwerpunkt der Tätigkeit lag nicht im Massenausstoß von Produkten, die durch Wiederholung von gleichartigen Bearbeitungsvorgängen unter Einsatz von Maschinen hergestellt worden waren. Vielmehr erbrachte der VEB Wärmeanlagenbau – neben der ebenfalls jahrelang angefallenen Rekonstruktion des innerstädtischen Wärmenetzes – je nach Investitionsauftrag individuell angepasste Leistungen in Form der Projektierung bis hin zu Fertigstellung und Einbau von Wärmeanlagen in kleiner Stückzahl für die neu errichteten Wohngebiete und für öffentliche Gebäude sowie die Überführung dieser neuen Anlagen in die Hand des Investitionsauftraggebers. Auftragsbezogene Arbeit bedeutete, dass der Betrieb eine bestimmte Aufgabenstellung bekam, die dann zunächst dort projektiert wurde. Aus dieser Projektierung folgte, welche und wie viele Komponenten benötigt wurden, die dann in der Fertigung hergestellt wurden. Insoweit war der VEB auch ein Werk zur Herstellung und zum Vertrieb von Wärmeanlagen-Technik. Selbst wenn diese in Serie produziert worden sein sollte, war der Betrieb nicht darauf ausgerichtet, in Serie hergestellte Produkte vorzuhalten, aus der der Auftraggeber/Kunde das bereits erstellte Sachgut auswählen konnte. Es erfolgte also keine Massenproduktion von Wirtschaftsgütern für den Endabnehmer, sondern es wurden die für die Erstellung einer bestimmten Anlage jeweils benötigten Komponenten produziert, was nicht ausschließt, dass diese zum Teil auch an den Endverbraucher abgegeben worden sind. Im Hinblick auf den allein maßgeblichen Hauptzweck des Betriebes, nämlich die Herstellung kompletter Heiz-Anlagen, ist aber davon auszugehen, dass die Serienproduktion nur dienende Funktion hatte. Es ist insoweit durchaus denkbar, dass Komponenten verschiedener Typen für die unterschiedlichen Anlagen benötigt wurden und dass Einzelteile möglicherweise speziell für eine bestimmte Anlage hergestellt wurden, so dass sie nicht oder nur mit großem Aufwand in anderen Anlagen verwendet werden konnten. Eine derartige Tätigkeit ist gerade keine industrielle – fordistische - Produktion von Endprodukten, sondern eine Produktion von Teilen, die in der erst auf Anforderung des Abnehmers hergestellten kompletten Wärmeanlage aufgegangen sind. Die Planung, Projektierung, Herstellung und Überwachung des Baus derartiger Anlagen stellt aber eine Dienstleistung dar und keine Produktion. Der VEB Wärmeanlagenbau war damit nicht vergleichbar mit einem Betrieb zur Herstellung reiner Sachgüter. Diese Einschätzung wird auch durch die Broschüre gestützt, wenn dort ausgeführt wird, dass die im VEB Wärmeanlagenbau beschäftigten Produktionsarbeiter – ‚Baubrigaden’ - schwerpunktmäßig für ‚Eigeninvestitionen’, also gerade nicht für die Herstellung reiner Sachgüter zur Abgabe an einen – fremden – Endverbraucher eingesetzt wurden. Dass der Zweck des Betriebes nicht ausschließlich die Produktion gewesen ist, räumt letztlich auch der Kläger ein, wenn er vorträgt, der VEB Wärmeanlagenbau sei sowohl ein Projektierungsbetrieb als auch ein bauausführender Betrieb mit dem Ziel der Herstellung von Heiz-Anlagen von der Konstruktion bis zur Fertigstellung gewesen.
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Soweit in dem Betrieb außerhalb dieses Hauptaufgabenfeldes noch Wirtschaftsgüter für die Bevölkerung, etwa Erzeugnisse für Haus, Hof und Garten (Pfähle, Flächentrockner, Schnellerhitzer, kleine Öfen etc.) entwickelt und hergestellt wurden, stellten diese Aktivitäten des Betriebes nicht den Hauptzweck des Gesamtbetriebes dar.
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Dieses Ergebnis wird letztlich auch gestützt von dem von der Beklagten vorgelegten Lagebericht vom 24. April 1990. Auch hier lässt sich für den – im Privatisierungsprozess befindlichen - VEB Wärmeanlagenbau als Produktionsprofil die Projektierung, Lieferung und Errichtung von Heizkraftwerken und Umweltschutzanlagen komplett schlüsselfertig oder in einzelnen Komponenten, die Projektierung, Lieferung, Montage und Inbetriebnahme von Brennstoffversorgungs-, Aufbereitungs- und Reinigungsanlagen verschiedener Art, Werk- und Lagerstätten sowie Fernwärmesystemen und –leitungen herauslesen. Des Weiteren wurden Dienstleistungen angeboten (Ingenieurberatung, Studien, Gutachten, Analysen, Bau- und Montageleistungen, Service und Kundendienst etc.). Dieser Bericht, der kurz vor der Umwandlung des VEB in eine GmbH erstellt wurde, mag nicht repräsentativ für den gesamten, hier zu beurteilenden Zeitraum sein, er passt sich aber durchaus in den langjährigen Geschäftszweck des VEB Wärmeanlagenbau ein.
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Nach alledem zählte der VEB Wärmeanlagenbau nicht zu den volkseigenen Produktionsbetrieben der Industrie. Auf die Frage, ob die Einordnung des VEB Wärmeanlagenbau in die Wirtschaftsgruppe 15559 (Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen) im Betriebsregister der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR zusätzlich gegen seine Qualifikation als Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens spricht, kommt es daher nicht mehr entscheidend an. Allerdings erweist sich die Zuordnung als zutreffend, selbst wenn die Ausführung von Reparaturen einen nachgeordneten Raum eingenommen hat, denn die Wirtschaftsgruppe 15559 erfasst nicht nur Reparaturbetriebe, sondern auch Montagebetriebe der metallverarbeitenden Industrie.
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Der VEB Wärmeanlagenbau war auch kein Betrieb, der gemäß § 1 Abs. 2 2. DB einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gleichgestellt war, denn er ist dort nicht genannt.“
Dieser rechtlichen Würdigung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Auch der Kläger hat - unter anderem in seinem Berufungsschriftsatz - ausgeführt, bei dem VEB Wärmeanlagenbau habe es sich um einen Generalauftragnehmer gehandelt. Dass ein solcher kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens und auch kein gleichgestellter Betrieb im sinne der 2. DB ist, hat das Bundessozialgericht bereits in seinem Urteil vom 23. August 2007 (B 4 RS 3/06 R, zitiert nach Juris) festgestellt. Hieran ändert auch das Vorbringen des Klägers nichts, dass der VEB Wärmeanlagenbau nicht nur Generalauftragnehmer, sondern – auch - Produktionsbetrieb gewesen sei, denn dies ist nicht ausreichend. Es kommt vielmehr auf die Frage des Hauptzweckes des Betriebes an, der zur Überzeugung des Senats darin lag, als Generalauftragnehmer für die Errichtung von Heizwerken mit Dampferzeuger bzw. Heißwassererzeugern und Fernwärmeleitungen zu fungieren, wie sich aus dem Statut des VE Kombinats Verbundnetze Energie § 4 Abs. 5 ergibt.
Auch soweit der Kläger im Berufungsverfahren daran festgehalten hat, der VEB Wärmeanlagenbau bzw. das VE Kombinat Verbundnetze Energie sei ein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 2. DB, denn hierunter würden auch die Versorgungsbetriebe gehören, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, denn bei beiden hat es sich nicht um Versorgungsbetriebe gehandelt. Versorgungsbetriebe in diesem Sinne waren vielmehr die VEB Energiekombinate (in B der VEB Energiekombinat B), die der Wirtschaftsgruppe 10112, und nicht wie der Beschäftigungsbetrieb des Klägers der Wirtschaftsgruppe 15559 angehörte, und die von der Beklagten regelmäßig auch als gleichgestellte Betriebe anerkannt werden.
Nach alledem war der Bescheid vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 von Anfang an rechtswidrig begünstigend. An diese von Anfang an unrichtige Feststellung ist die Beklagte jedoch grundsätzlich gebunden, denn der Bescheid kann nicht mehr gemäß § 45 Abs. 1 SGB X zurückgenommen werden, da dieser als rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe im Oktober 2002 zurückgenommen werden kann (§ 45 Abs. 3 S. 1 SGB X).
Dies führt zur Überzeugung des Senates jedoch nur dazu, dass die Beklagte die bisher getroffenen Feststellungen hinsichtlich der als Zugehörigkeitszeiten anerkannten Zeiträume vom 20. August 1950 bis zum 30. Juni 1990 und die für diesen Zeitraum bereits festgestellten Arbeitsentgelte nicht mehr aufheben kann. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf ebenfalls rechtswidrige Anerkennung noch höherer Entgelte hat der Kläger dagegen aus dem rechtswidrigen Feststellungsbescheid vom 20. November 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 nicht, denn Bindungswirkung entfaltet dieser bestandskräftige Bescheid nur im Hinblick auf die Zeiten und Entgelte, die in dem Bescheid festgestellt worden sind. Keine Bindungswirkung entfaltet der Bescheid hingegen im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit des AAÜG, denn im Bescheid ist keine Ausführung dahingehend enthalten, dass das AAÜG anwendbar wäre. Es findet sich insbesondere kein ausdrücklicher Tenorpunkt des Bescheides, wonach das AAÜG anwendbar ist. Damit erwachsen nur die tatsächlich getroffenen Festestellungen in Bestandskraft. Aus der bloßen Anwendung von Vorschriften eines Gesetztes in der Begründung eines Verwaltungsaktes kann nicht entnommen werden, dass der Bescheid eine eigenständige Feststellung im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X trifft (BSG Urteil vom 09. April 2002, Az. B 4 RA 31/01 R, LSG Sachsen-Anhalt vom 21. Januar 2010, Az. L 1 R 250/08, zitiert nach Juris).
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der Jahresendprämien; die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.