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Wohnungsbauförderung; Eigenheim; Zinszuschuss; Überschreitung der Einkommensgrenzen; Teilwiderruf; Zweckverfehlung; Festzinsvereinbarung; Vertrauensschutz; intendiertes Ermessen; (kein) atypischer Fall; Nachschieben von Gründen im Klageverfahren


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 20.01.2012
Aktenzeichen OVG 5 N 6.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 48 VwVfG, § 49 Abs 3 S 1 Nr 1 VwVfG, § 114 S 2 VwGO

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Januar 2009 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.003,79 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der sich der Kläger gegen den Teilwiderruf eines im Rahmen der Wohnungsbauförderung bewilligten Zinszuschusses durch Bescheid der Investitionsbank Berlin – IBB – vom 6. Dezember 2006 wegen Überschreitens der Einkommensgrenze wendet, durch Urteil vom 29. Januar 2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es seien die Widerrufsvoraussetzungen des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG erfüllt, da der mit dem Zinszuschuss verfolgte Zweck seit dem 23. Januar 2006, dem Ende des 10. Förderjahres, aufgrund der Überschreitung der Einkommensgrenze um 99,80 v.H. teilweise verfehlt werde, so dass der jährliche Zinssatz ab diesem Zeitpunkt von zuletzt 2,60 % um 0,91 % auf 3,51 % (vor Subvention) habe erhöht werden können. Ermessensfehler seien, wie das Verwaltungsgericht näher ausführte, nicht ersichtlich. Die den Fördernehmern, d.h. dem Kläger und seiner Ehefrau, von der IBB mit Schreiben vom 22. Juni 2006 bestätigte „Neue Festzinsvereinbarung“ über eine zehnjährige Zinsfestschreibung zum Zinssatz (vor Subvention) von 3,51 % p.a. ab dem 23. Januar 2006 bis zum 31. Januar 2016 (bei einem Nominalzinssatz von 2,60 %) stehe einem Widerruf nicht entgegen. Abgesehen davon, dass das Schreiben der IBB nach Form und Inhalt nicht wie ein Verwaltungsakt gestaltet sei, befasse es sich ausschließlich mit der Festzinsvereinbarung, mit der die Beteiligten den zivilrechtlich zu beurteilenden Darlehensvertrag einvernehmlich geändert hätten, und enthalte keine Zusicherung, die noch ausstehende einkommensabhängige Förderungsanpassung nicht mehr vorzunehmen. Auf eine Beibehaltung des bisherigen Zinszuschusses ungeachtet des gestiegenen Einkommens habe der Kläger nicht vertrauen können.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seinem auf ernstliche Richtigkeitszweifel an der angegriffenen Entscheidung und besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Das Vorbringen des Klägers, das den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Maßgebend sind dabei allein die innerhalb der gesetzlichen Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründe, so dass der Schriftsatz des Klägers vom 11. Juni 2009 nur insoweit Berücksichtigung finden kann, als darin fristgerecht vorgebrachte Gründe näher erläutert werden.

1. Gemessen an den Einwendungen des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Sie sind nicht geeignet, einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen.

Soweit der Kläger zunächst „anmerkt“, er habe im Klageverfahren den unzulässigen Austausch der Begründung des angefochtenen Bescheides gerügt, ohne dass dieser Punkt in der Urteilsbegründung „auch nur annähernd Berücksichtigung gefunden“ habe, übersieht er, dass sich das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Vorschrift des § 114 Satz 2 VwGO mit diesem Aspekt durchaus, wenn auch nicht mit dem von ihm gewünschten Ergebnis, befasst hat (vgl. UA S. 9).

Unrichtig ist auch die Auffassung des Klägers, „zutreffende Korrekturnorm für den vorliegenden Fall“ sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG, sondern § 48 VwVfG. Denn § 48 VwVfG findet lediglich auf von Anfang an rechtswidrige Verwaltungsakte Anwendung, während es vorliegend um den (Teil-)Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts geht. Bei dem weiteren Einwand, eine Veränderung des Einkommens führe nicht zu einer Zweckverfehlung im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG, handelt es sich vor dem Hintergrund der Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, mit denen sich der Kläger nicht auseinandersetzt, um die bloße Behauptung des Gegenteils. Derartiges Vorbringen genügt nicht dem Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO.

Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der Überprüfung der Ermessensentscheidung des Beklagten zu Unrecht das Vorliegen eines atypischen Falles bzw. besonderer Umstände verneint, da für ihn eine Rückzahlungsverpflichtung „nicht ersichtlich“ gewesen sei und die Verwaltung es versäumt habe, „zügig eine Entscheidung herbeizuführen“, stellt die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung ebenfalls nicht in Frage. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht und insoweit vom Kläger unbeanstandet von einem intendierten Ermessen der Bewilligungsstelle ausgegangen und hat keine durchgreifenden Anhaltspunkte für die Annahme besonderer Umstände gesehen. Dass und aus welchen Gründen der Kläger die Einkommensabhängigkeit der Förderung sowohl in ihrem privatrechtlichen als auch in ihrem öffentlich-rechtlichen Teil ohne weiteres erkennen konnte und angesichts einer nach zehn Jahren Laufzeit erreichten Überschreitung der Einkommensgrenze um 99,80 v.H. auf eine Beibehaltung des bisherigen Zinszuschusses nicht vertrauen durfte, hat die Kammer im einzelnen dargelegt (vgl. UA S. 7 und 9 f.). Mit diesen Ausführungen setzt sich die Antragsbegründung nicht in einer den Darlegungserfordernissen genügenden Weise auseinander, sondern hält ihnen lediglich den eigenen Rechtsstandpunkt entgegen, den der Senat allerdings nicht zu teilen vermag. Der Kläger räumt ein, dass ihm durchaus bewusst gewesen ist, dass das nachgewiesene Einkommen eine Zinserhöhung hätte zur Folge haben können, zieht sich sodann aber auf „Unkenntnis der aktuellen Bedingungen hierfür“ zurück, weshalb er bei Erhalt des Schreibens vom 22. Juni 2006 davon ausgegangen sei, dass mit ihm die Prüfung der weiteren Förderfähigkeit abgeschlossen sei. Mit diesem Vorbringen kann er schon deshalb nicht gehört werden, weil die mit Blick auf eine etwaige Zinsanhebung vorzunehmende Überprüfung auf Einhaltung der Einkommensgrenze mit der Förderungsfähigkeit an sich nichts zu tun hat. Deshalb liegt auch sein Hinweis auf die Zwei-Stufen-Theorie neben der Sache. Im Übrigen waren die Konditionen für eine Zinserhöhung wegen Überschreitung der Einkommensgrenze bei Ablauf des 10. und 20. Förderungsjahres bei der Bewilligung der Förderung im Jahr 1995 die gleichen wie im Jahr 2006. Sie ergaben sich nicht nur aus dem Darlehensvertrag selbst, sondern auch aus den dort in Bezug genommenen Richtlinien über die Eigentumsförderungssätze 1993 vom 1. Februar 1993 (ABl. S. 345), deren Kenntnis sich jeder Förderungsnehmer zurechnen lassen muss. Ein bloßer Abgleich der im Schreiben der IBB vom 22. Juni 2006 angegebenen Konditionen mit der nach dem Darlehensvertrag bzw. nach Ziff. 5 Abs. 6 der Richtlinien zu erwartenden Zinserhöhung aber hätte unschwer zu der Erkenntnis geführt, dass es bei dem angegebenen Zinssatz von 2,6 v.H. nicht verbleiben würde. Die Frage, ob der IBB unter diesen Umständen Versäumnisse in Bezug auf eine zügige Bearbeitung vorzuwerfen sind oder es nicht vielmehr Sache des Klägers gewesen wäre, seine „Unkenntnis der aktuellen Bedingungen“ durch Rückfrage bei der darlehensverwaltenden Stelle zu beseitigen, kann offen bleiben. Denn jedenfalls führte eine lediglich zeitverzögerte, im Ergebnis jedoch korrekte Bearbeitung des Vorgangs noch nicht zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs.

Soweit der Kläger schließlich ausführt, er habe bereits durch Erhebung der Klage zum Ausdruck gebracht, an dem Darlehensvertrag zu den veränderten Bedingungen nicht mehr festhalten zu wollen, und er erkläre nochmals den Widerruf der Festzinsvereinbarung und die Kündigung des Darlehensvertrages, verkennt er, dass den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ausschließlich der Widerrufsbescheid vom 6. Dezember 2006 bildet. Ob und unter welchen Umständen der Kläger zur Kündigung des Darlehensverhältnisses berechtigt ist, wäre im Übrigen nach der von ihm selbst angeführten Zwei-Stufen-Theorie zivilrechtlich zu klären.

2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht dargelegt. Er liegt, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, auch nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).