Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Jagdrecht; Eigenjagdbezirk; nachträgliche Angliederung von Flächen; Umschließung...

Jagdrecht; Eigenjagdbezirk; nachträgliche Angliederung von Flächen; Umschließung weiterer Flächen als Folge einer Angliederung; Verlust des Jagdrechts; Anfechtungsbefugnis mittelbar betroffener Eigentümer; Auswahlermessen bei der Angliederung; Ermessensausfall; Zugehörigkeit weiterer angrenzender Flächen des Inhabers des Eigenjagdbezirks


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 13.07.2016
Aktenzeichen OVG 11 B 1.15 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 Abs 1 BJagdG, § 2 Abs 3 S 2 JagdG BB, § 7 Abs 1 JagdG BB, § 9 Abs 3 S 1 JagdG BB, § 9 Abs 3 S 3 JagdG BB, § 1 Nr 1 JagdGDV BB, § 44 Abs 1 VwVfG, § 114 VwGO

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 3. April 2013 wird geändert. Der Bescheid des Landrats des Landkreises Teltow-Fläming vom 10. Mai 2011 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2011 wird aufgehoben.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen je zur Hälfte. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und der Beigeladene dürfen die Vollstreckung jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die auf der Grundlage von § 9 Abs. 3 BbgJagdG erfolgte Angliederung der der B... gehörenden Flurstücke ... der Flur in der Gemarkung K... an den Eigenjagdbezirk Forst K... des Beigeladenen mit der Nr. (nachfolgend: EJB ) durch Bescheid des Beklagten vom 10. Mai 2011. In diesem wird ausgeführt, durch die Angliederung würden weitere, in der Anlage genannte Flurstücke vom EJB ganz umschlossen und damit dessen Bestandteil. Dort sind u.a. die Flurstücke ... genannt, die im Eigentum des Klägers stehen.

Im Hinblick auf pachtvertragsrechtliche Streitigkeiten mit dem Kläger hatte der Beigeladene im Herbst 2010 beim Beklagten die Heraustrennung seiner Flächen aus dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk B... zwecks Begründung eines Eigenjagdbezirks beantragt. Dem hatte der Beklagte mit Bescheid vom 14. März 2011 gemäß § 7 Abs. 1 BbgJagdG durch Herabsetzung der Mindestfläche und Anerkennung als Eigenjagdbezirk ab dem 1. April 2011 stattgegeben. In der Begründung des Bescheids ist ausgeführt, dass die gemäß § 1 Nr. 1 BbgJagdDV vorhandene zusammenhängende Eigentumsfläche von 103,407 ha bejagbare Fläche eine ordnungsgemäße Jagd und Hege zulasse, und wird ferner darauf hingewiesen, dass Abrundungen zur besseren Jagdbezirksgestaltung in gesonderten Bescheiden vorgenommen würden. Als Folge des Entstehens dieses Eigenjagdbezirks waren begrenzt im Norden durch den EJB, im Süden durch den Eigenjagdbezirk des Klägers (F...) und im Westen durch den gemeinschaftlichen Jagdbezirk P... eine Vielzahl kleinerer, zwischen diesen Jagdbezirken gelegener Flurstücke mit unterschiedlichen Eigentümern mangels fortbestehenden räumlichen Zusammenhanges mit dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk B... jagdbezirksfrei geworden. Dies galt u.a. auch für die streitgegenständlichen Flurstücke der Flur, die zusammen mit dem angrenzenden schmalen Flurstück des Beigeladenen eine Verbindung zwischen den westlich und östlich gelegenen Flächen des EJB herstellen. Innerhalb des so umgrenzten Bereiches liegen weitere Flächen, darunter die beiden Flurstücke des Klägers. Unmittelbar südlich an die Flurstücke schließen die Flurstücke des Klägers an.

Neben dem streitgegenständlichen Bescheid vom 10. Mai 2011 über die Angliederung der Flurstücke an den EJB gliederte der Beklagte durch nicht mit Widerspruch angefochtenen Bescheid vom gleichen Tage dem Eigenjagdbezirk des Klägers die im Dritteigentum stehenden Flurstücke der Flur an, die unmittelbar südlich an die klägerischen Flurstücke anschließen. Auch in diesem Bescheid wird darauf hingewiesen, dass hierdurch weitere umschlossene Flurstücke Bestandteil dieses Eigenjagdbezirks geworden seien.

Durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers, der mit der Unwirksamkeit der Entstehung des EJB mangels Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdG i.V.m. § 1 Nr. 1 BbgJagdDV und dem Hinweis begründet worden war, eine nachträgliche Angliederung könne nicht die Wirkungen des § 9 Abs. 3 Satz 3 BbgJagdG auslösen, weil diese Regelung nach dem Willen des Gesetzgers nur für die originäre Umschließung von Flächen habe gelten sollen, zurück. Zur Begründung ist dort u.a. ausgeführt:

„Da es sich bei dem Eigenjagdbezirk ... um den einzigen angrenzenden Jagdbezirk handelt, waren die „jagdbezirksfreien“ Flurstücke, Gemarkung K..., Flur, dem Eigenjagdbezirk „F... anzugliedern.“

„Der einzig angrenzende Jagdbezirk für die Flurstücke war der EJB D...“.

Durch dem Kläger am 12. April 2013 zugestelltes Urteil vom 3. April 2013 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Klage mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, der Kläger könne nicht geltend machen, durch die Angliederung der im Dritteigentum stehenden Flurstücke an den EJB in eigenen Rechten verletzt zu sein. Denn die auf § 9 Abs. 3 Satz 1 BbgJagdG gestützte Angliederung sei „von Amts wegen“ durch die Behörde erfolgt. Abrundungsverfügungen ergingen grundsätzlich nicht zu Gunsten Beteiligter, sondern aus Gründen des öffentlichen Interesses an einer geordneten Jagdpflege und Jagdausübung. Zwar seien „die Wünsche der betroffenen Grundstückseigentümer der Angliederungsflächen zu berücksichtigen“, jedoch sei der Kläger hier nicht deren Eigentümer. Dass durch diese Angliederung u.a. seine Flurstücke zu Bestandteilen des EJB des Beigeladenen geworden seien, stelle nur eine mittelbare Folge der Angliederung dar. Das aber reiche für die Klagebefugnis nicht aus. Denn es fehle eine Norm, die „gerade den Kläger vor solchen Beeinträchtigungen durch den Beklagten schützen soll“.

Der Senat hat die Berufung mit der Begründung zugelassen, jedenfalls die Frage, ob auch drittbetroffene Grundstückseigentümer, deren Grundstücke als Folge einer Angliederung an einen Eigenjagdbezirk durch diesen ganz umschlossen werden, wegen der sich hieraus gemäß § 9 Abs. 3 Satz 3 BbgJagdG ergebenden Folgen klagebefugt seien, weise besondere rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit seiner Klage zu Unrecht wegen fehlender Klagebefugnis verneint. Zwar seien seine Flurstücke nicht Gegenstand der beanstandeten Angliederungsentscheidung, jedoch sei er wegen der bundesweit einmaligen Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 3 BbgJagdG, wonach vollständig umschlossene (enklavierte) Flächen ohne behördliche Entscheidung kraft Gesetzes Bestandteil des umschließenden Jagdbezirks würden, auch als Nichtadressat des Angliederungsbescheids unmittelbar in eigenen Rechten betroffen. Würde man den insoweit betroffenen Grundstückseigentümern eine Anfechtungsmöglichkeit versagen, käme es für diese zu einer unzulässigen Rechtsschutzlücke.

Die Anfechtungsklage sei auch begründet, denn die Angliederungsentscheidung sei bereits deshalb „ermessens- und abwägungsdefizitär“, weil der Beklagte allein eine Angliederung der Flurstücke an den EJB des Beigeladenen in Betracht gezogen habe, nicht aber an seinen südlich angrenzenden EJB . Zu Unrecht gehe der Angliederungsbescheid ferner davon aus, dass das äußerst schmale Flurstück des Beigeladenen ein Bestandteil des EJB ...sei, was überhaupt erst die Annahme einer vollständigen Umschließung u.a. der Flurstücke des Klägers durch die Angliederung der Flurstücke ermögliche. Denn der flächenmäßige Bestand eines Eigenjagdbezirks ergebe sich ausschließlich aus dem Inhalt des Anerkennungsbescheids. Dort, d.h. in der Anlage 1 des Bescheids vom 14. März 2011, sei das Flurstück 2... jedoch nicht aufgeführt.

Im Übrigen sei aber auch davon auszugehen, dass die Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 3 BbgJagdG nur den Fall erfasse, dass jagdbezirksfreie Flächen „originär“ von Eigenjagdflächen umschlossen werden, nicht aber den vorliegenden Fall einer späteren Angliederung.

Schließlich beruhe der streitgegenständliche Angliederungsbescheid aber auch auf der fehlerhaften Annahme einer wirksamen Begründung des EJB des Beigeladenen. Der diesbezügliche Bescheid des Beklagten vom 14. März 2011 leide nämlich an einem besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Mangel und sei deshalb nichtig. Insbesondere seien die gesetzlichen Voraussetzungen in § 1 Nr. 1 Satz 3 BbgJagdDV, wonach Flächen, die in ihrer äußeren Gestalt langgezogene schmale Streifen bilden, eine Mindestbreite von 300 Metern haben müssen, nicht erfüllt hinsichtlich des Flurstücks ... der ..., des Flurstücks ... der ...Flur ... und des Flurstücks ... der Flur .... Ziehe man diese insgesamt ca. 32 ha von der Fläche des EJB 2... des Beigeladenen ab, sei die absolute Untergrenze für Eigenjagdbezirke in Brandenburg von 75 ha aber unterschritten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 3. April 2013 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 10. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts. Er hält die Klage weiterhin mangels Klagebefugnis für unzulässig und darüber hinaus in der Sache auch für unbegründet. Eine Angliederung an den südlich gelegenen Eigenjagdbezirk des Klägers hätte ein jagdrechtlich unerwünschtes Hineinwachsen in den EJB ...des Beigeladenen zur Folge gehabt, wodurch sich die dortige ordnungsgemäße Hege des Wildes und die Jagdausübung verschlechtert haben würde. Insofern sei sein Auswahlermessen hinsichtlich der Angliederung auf Null reduziert und damit auf die Angliederung an den EJB . Unzutreffend sei auch die klägerische Annahme, dieser Eigenjagdbezirk sei nicht wirksam entstanden. Insbesondere verfüge der EJB über die erforderliche zusammenhängende Form und Größe selbst dann, wenn man das Flurstück ... der ... Flur ... dabei nicht berücksichtige. Auch im Falle einer gegenteiligen Annahme würde dies nur zu einer Rechtswidrigkeit, nicht aber einer Nichtigkeit des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 14. März 2011 führen.

Der Beigeladene macht, ohne einen Sachantrag zu stellen, im Wesentlichen ebenfalls geltend, die Klage sei bereits mangels Klagebefugnis unzulässig, darüber hinaus aber auch unbegründet. Entgegen der Annahme des Klägers sei auch das Flurstück Bestandteil des EJB des Beigeladenen geworden. Dass dieses im Bescheid vom 14. März 2011 nicht genannt und damit auch nicht dessen Gegenstand gewesen sei, sei unerheblich. Denn für - von der Anerkennung des EJB nicht erfasste - weitere, im Eigentum des Inhabers eines Eigenjagdbezirks stehende und hieran unmittelbar angrenzende Flächen seien die Regelungen über die Entstehung eines Eigenjagdbezirkes - wie z.B. § 1 BbgJagdDV hinsichtlich der Form der Flächen - nicht anwendbar. Der EJB sei auch wirksam entstanden, insbesondere nicht nichtig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das seine Anfechtungsklage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 3. April 2013 ist zulässig und auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 10. Mai 2011 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2011, mit dem die Angliederung der der B... gehörigen Flurstücke der Flur in der Gemarkung K... zum 1. Mai 2011 an den EJB des Beigeladenen verfügt worden war, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Zu Unrecht verneint das angegriffene Urteil die Klagebefugnis des Klägers gegen den streitgegenständlichen Angliederungsbescheid und damit die Zulässigkeit seiner hiergegen erhobenen Anfechtungsklage.

Zwar ist der Kläger nicht Adressat dieses Bescheids und beinhaltet jener hinsichtlich seiner Flurstücke der Flur in der Gemarkung K... weder eine Angliederung an den EJB des Beigeladenen noch eine sonstige Anordnung mit Regelungswirkung. Insbesondere ist der Passus in der Bescheidbegründung „Durch die Angliederung der o.g. Flurstücke werden weitere Flurstücke (siehe Anlage 1) … vom Eigenjagdbezirk … ganz umschlossen und somit mit Rechtskraft des Bescheides Bestandteil des Eigenjagdbezirkes …“ ungeachtet der Benennung dieser klägerischen Flurstücke in der Anlage 1 nicht als derartige Regelung, sondern nur als Hinweis auf die sich nach Auffassung des Beklagten unter diesen Umständen aus § 9 Abs. 3 Satz 3 BbgJagdG, d.h. unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Rechtswirkungen der verfügten Angliederung der Flurstücke ... und ... der BVVG zu verstehen.

Der Kläger kann jedoch geltend machen - und hat das auch getan -, dass die mit diesem Bescheid verfügte Angliederung der Flurstücke an den EJB des Beigeladenen ihn in seinem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine mögliche Angliederung an seinen eigenen Jagdbezirk verletzt. Das ist, was für die Annahme der Klagebefugnis genügt, zumindest nicht auszuschließen. Da die Flurstücke 27 und 28 gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 BbgJagdG nicht jagdbezirksfrei bleiben dürfen, muss der Beklagte nach Aufhebung eine neue Entscheidung treffen, die grundsätzlich auch zugunsten des Klägers ausfallen kann. Insoweit genügt hier die Anfechtungsklage.

Angesichts dessen kann die im Klageverfahren umstrittene und zur Berufungszulassung führende Frage dahinstehen, ob sich eine Klagebefugnis des Klägers gegen den Angliederungsbescheid im Hinblick auf § 9 Abs. 3 Satz 3 BbgJagdG auch daraus ergäbe, dass er Eigentümer von Grundstücken ist, die als Folge der Angliederung des Grundstücks eines Dritten an den Eigenjagdbezirk des Beigeladenen durch diesen ganz umschlossen werden.

2. Die Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Angliederungsbescheid des Beklagten vom 10. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2011 ist darüber hinaus auch begründet.

Rechtsgrundlage der Angliederung der Flurstücke der Flur der Gemarkung K... war ausweislich des angegriffenen Bescheids § 9 Abs. 3 BbgJagdG. Nach dessen Satz 1 sind die außerhalb eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes liegenden Grundflächen einer Gemeinde oder eines gemeindefreien Gebietes, angrenzenden Jagdbezirken anzugliedern, sofern sie nicht nach Absatz 2 zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk erklärt werden können.

a) Durch die Herabsetzung der Mindestfläche und Anerkennung des Eigenjagdbezirks des Beigeladenen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdG zum 1. April 2011 mit Bescheid des Beklagten vom 14. März 2011 sind u.a. die ursprünglich zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk B... gehörenden Flurstücke infolge räumlicher Abtrennung von diesem jagdbezirksfrei geworden. Zusammen mit den weiteren hierbei jagdbezirksfrei gewordenen Flächen weisen diese Flächen nicht die erforderliche Mindestgröße für einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach § 9 Abs. 2 BbgJagdG auf.

b) Die Angliederung der Flurstücke an den EJB des Beigeladenen durch den Bescheid des Beklagten vom 10. Mai 2011 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2011 war jedoch ermessensfehlerhaft (§ 114 VwGO), da hierbei nicht in Betracht gezogen wurde, dass eine Angliederung auch an den Eigenjagdbezirk des Klägers möglich gewesen wäre.

Ist eine Angliederung an mehrere angrenzende Jagdbezirke möglich, besteht ein behördliches (Auswahl-)Ermessen (Schuck, a.a.O., § 5 Rz. 4; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Februar 2001 - 8 A 10973/00 -, juris Rz. 35 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 16. April 2008 - 4 LB 60/07 -, juris Rz. 32; vgl. auch Lipps, Jagdrecht in Brandenburg, 2. Auflage, § 2 Ziffer 9).

Dass der EJB des Klägers - genauer dessen Flurstück - ursprünglich über die Flurstücke des Klägers an die Flurstücke angrenzte, erscheint zwar beim Blick auf die Flurkarten (Verwaltungsvorgang Bl. 32 und 63) auch bei Außerachtlassung der dortigen Wege gemäß § 5 Abs. 2 BJagdG mehr als zweifelhaft, da sich der Weg (Flurstücke 8 zu 30) leicht versetzt fortsetzt, so dass nicht einmal eine Punktverbindung (vgl. Schuck, a.a.O., § 5 Rz. 38) bestanden haben dürfte. Dies war ersichtlich auch der Grund dafür, dass der Beklagte - und ihm folgend der Beigeladene - davon ausgegangen sind, dass die Flurstücke des Klägers durch die Entstehung des EJB des Beigeladenen ebenfalls jagdbezirksfrei geworden waren. Jedoch hat der Beklagte durch weiteren, nicht mit Widerspruch angegriffenen und deshalb bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 10. Mai 2011 u.a. das Flurstück „rückwirkend vom 1. Mai 2011“ an den Eigenjagdbezirk des Klägers angegliedert, so dass dieses Flurstück und damit auch die unmittelbar nördlich angrenzenden Flurstücke des Klägers unstreitig nunmehr zu dessen Eigenjagdbezirk gehörten. Dann aber kam jedenfalls im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2011 eine Angliederung der streitgegenständlichen Flurstücke auch an diesen Eigenjagdbezirk des Klägers in Betracht und traf die entscheidungstragende Annahme des Beklagten im - für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Angliederungsentscheidung vorliegend maßgeblichen - Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2011 nicht (mehr) zu, der EJB sei der „einzige angrenzende Jagdbezirk“ der Flurstücke . Hat der Beklagte bei der Angliederungsentscheidung hinsichtlich der Auswahl unter mehreren angrenzenden Jagdbezirken aufgrund dieses Irrtums vorliegend jedoch keinerlei Ermessen ausgeübt, kommt auch eine „Ergänzung“ der Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO vorliegend nicht in Betracht.

Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung (erstmals) ausgeführt hat, vorliegend sei sein (Auswahl-)Ermessen auf Null reduziert gewesen, so dass es einer Ermessensausübung gar nicht bedurft habe, vermag der Senat dem auch mit Blick auf die hierfür benannte Begründung nicht zu folgen, im Falle der Angliederung der Flurstücke an den Eigenjagdbezirk des Klägers ergäbe sich ein jagdrechtlich unerwünschtes, eine ordnungsgemäße Hege des Wildes und die Jagdausübung verschlechterndes Hineinwachsen dieses Jagdbezirks in den EJB . Denn jedenfalls ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass ein solches „Hineinwachsen“ in dem vorliegend in Betracht kommenden Umfang eine Angliederung an den Eigenjagdbezirk des Klägers von vornherein ausschlösse. Dass mit der dargelegten Erwägung eine entsprechende Auswahlentscheidung zu Gunsten des EJB ...begründbar sein könnte, steht dem nicht entgegen.

c) Auf die klägerischerseits weiterhin geltend gemachten Beanstandungen gegen die Angliederung der Flurstücke an den EJB des Beigeladenen kommt es angesichts der sich bereits aus diesem Ermessensfehler ergebenden Rechtswidrigkeit und Verletzung von Rechten des Klägers letztlich nicht mehr an. Gleichwohl sieht sich der Senat zu folgenden Hinweisen veranlasst:

(1) Es bestehen nicht unerhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Angliederungspraxis, die ungeachtet der sich aus §§ 2 Abs. 3 Satz 2 und 9 Abs. 3 Satz 1 BbgJagdG ergebenden Angliederungspflicht jagdbezirksfreier Flächen an einen angrenzenden Jagdbezirk gezielt nur einzelne Flurstücke innerhalb dieser Flächen herausgreift, um über eine dadurch bewirkte Umschließung weiterer Flurstücke die Rechtsfolgen des § 9 Abs. 3 Satz 3 BbgJagdG herbeizuführen.

(2) Hinsichtlich der Frage, welche Flächen in Brandenburg zu einem Eigenjagdbezirk gehören, dürfte nicht allein darauf abzustellen sein, welche Flächen Gegenstand der behördlichen Entscheidung über die Herabsetzung der Mindestfläche und Anerkennung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdG geworden sind. Ist ein Eigenjagdbezirk durch eine solche Anerkennung entstanden, dürften hierzu gemäß § 7 Abs. 1 BJagdG auch Flächen derselben Person oder Personengemeinschaft zählen, die mit diesem Eigenjagdbezirk zusammenhängen, ohne dass es insoweit noch eines gestaltenden behördlichen Verwaltungsaktes bedarf (vgl. Schuck, a.a.O., § 7 Rz. 1 m.w.N.). Die in § 1 Nr. 1 BbgJagdDV nur für die Entstehung eines Eigenjagdbezirks gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdG genannten Voraussetzungen für die Annahme einer im Zusammenhang stehenden Form gelten hierfür nicht.

(3) Für die klägerische Annahme, der streitgegenständliche Angliederungsbescheid des Beklagten vom 10. Mai 2011 sei auch deshalb rechtswidrig, weil der EJB 2... des Beigeladenen wegen Nichtigkeit des - bestandskräftig gewordenen - Bescheids vom 14. März 2011 nicht wirksam entstanden sei, sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte. Dass dieser einen besonders schwerwiegenden und bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlichen Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG aufweist, ergibt sich weder aus der mit der Berufungsbegründung erfolgten Bezugnahme auf das Vorbringen im Anhörungsschreiben des Klägers vom 21. Januar 2011, da die dort benannten Flurstücke der Beigeladenen (Nr. ... der Flur ... und Nr. ... bis ... der Flur ...) für die Entstehung des EJB durch Bescheid vom 14. März 2011 nicht berücksichtigt worden sind, noch mit Blick auf die klägerische Rüge, wegen Nichtvorliegens der Mindestbreite von 300 m gemäß § 1 Nr. 1 BbgJagdDV der Flurstücke ... Flur ... Flur ... und ... Flur ... mit insgesamt ca. 32 ha sei die erforderliche Mindestgröße eines Eigenjagdbezirks von 75 ha in § 7 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdG unterschritten. Zu Recht weist der Beigeladene nämlich darauf hin, dass diese Mindestbreitenregelung nur gilt für „Flächen, die in ihrer äußeren Gestalt langgezogene schmale Streifen bilden“. Dies dürfte für das knapp 6 ha große Flurstück ... der Flur ... zwar der Fall sein, nicht aber für das ca. 4,7 ha große Flurstück ... der Flur ... und keinesfalls für das 21,5 ha große Flurstück ... der Flur .... Abgesehen davon stellt die Regelung in § 1 Nr. 1 Satz 3 BbgJagdDV nicht auf die Größe der Flurstücke, sondern auf „Flächen“ ab, so dass jeweils auch die angrenzenden Flurstücke des Beigeladenen zu berücksichtigen sind. Im Übrigen wird seitens des Klägers aber auch weder dargelegt noch ist dies ersichtlich, dass ein solcher Fehler als besonders schwerwiegend und zudem offensichtlich anzusehen ist. Allein das jedoch könnte die behauptete Nichtigkeit des Bescheids vom 14. März 2011 gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfGBbg begründen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.