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Entscheidung 10 TaBV 1297/12


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer Entscheidungsdatum 07.09.2012
Aktenzeichen 10 TaBV 1297/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 37 Abs 6 BetrVG, § 33 BetrVG

Leitsatz

Die Teilnahme an einem Seminar, in dem Grundkenntnisse vermittelt werden, bedarf keiner besonderen Begründung zur Erforderlichkeit.

Tenor

I. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Mai 2012 - 8 BV 2751/12 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Arbeitgeberin, Seminarkosten für mehrere von der Betriebsratsvorsitzenden zu besuchende Schulungsveranstaltungen an diese zu zahlen, um die Seminarteilnahme zu gewährleisten.

Der antragstellende Betriebsrat ist die im Betrieb der Arbeitgeberin gewählte dreiköpfige Arbeitnehmervertretung. Insgesamt sind im Betrieb der Arbeitgeberin 36 Beschäftigte tätig. Die Arbeitgeberin mit Unternehmenssitz im bayerischen S. ist Betreiberin von Service- und Cateringleistungen u.a. für die Bewohnerinnen und Bewohner in sechs Altenpflegeeinrichtungen in Berlin.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2012 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin seinen Beschluss vom gleichen Tage mit der Schulungsplanung für die Betriebsratsmitglieder im Jahre 2012 mit. Diesem Schreiben fügte er die jeweiligen Seminarbeschreibungen sowie eine Aufstellung der zu erwartenden Unterkunftskosten bei. Die Arbeitgeberin war mit dieser Seminarplanung nicht einverstanden. Letztlich blieb die Berechtigung der Betriebsratsvorsitzenden zur Teilnahme an vier Seminaren streitig. Diese wurden Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Hinsichtlich zweier dieser Seminare haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt, da diese zwischenzeitlich mangels hinreichender Teilnehmerzahl vom Veranstalter abgesagt worden waren.

Streitig sind jetzt noch folgende Seminare:

1.Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats vom 22.10.2012 bis 26.10.2012
2.Arbeitsrecht 1 vom 10.12.2012 bis 14.12.2012

Die Seminare sollten durchgeführt in

1.Berlin
2.Dresden

Für die einzelnen Seminare soll(t)en folgende Kosten entstehen:

1.Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats

a. Seminarkosten:

        

985,00 EUR netto

b. Tagungspauschale:

        

196,00 EUR netto

2.Arbeitsrecht 1

a. Seminarkosten:

        

935,00 EUR netto

b. Übernachtungskosten:

        

540,00 EUR netto

c. Fahrtkosten:

        

122,00 EUR brutto

Der Betriebsrat hielt die Teilnahme seiner Vorsitzenden an den Seminaren für erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG, da die Betriebsratsvorsitzende bislang nur an einem didaktisch katastrophalen Einführungsseminar Betriebsverfassungsrecht 1 Mitte 2011 teilgenommen habe. Den Besuch dieses Seminars bei einem den so genannten christlichen Gewerkschaften nahe stehenden Bildungsträger habe der Betriebsrat auf Verlangen der Arbeitgeberin im vergangenen Jahr akzeptiert. Auch vor Beginn ihrer Tätigkeit für die hiesige Arbeitgeberin habe die Betriebsratsvorsitzende keinem Betriebsrat angehört und auch keine entsprechenden Seminare besucht.

Der jetzt für alle Seminare ausgewählte Träger sei vom Betriebsrat ausgewählt worden, weil ein Betriebsratsmitglied bei diesem im vergangenen Jahr gute Erfahrungen gemacht habe.

Die Arbeitgeberin erwiderte, dass die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme nicht ersichtlich sei. Der gesetzliche Schulungsanspruch des Betriebsrates stehe nicht dem einzelnen Betriebsratsmitglied, sondern dem Gremium Betriebsrat zu. Soweit keine Grundkenntnisse vermittelt würden, müsse der Betriebsrat darlegen, aufgrund welcher konkreter betrieblicher Situation er die Teilnahme an den Schulungen für erforderlich halte. Hinzu komme, dass der stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrates Herr H. im Jahre 2007 ein Seminar Betriebsverfassungsrecht I, im Jahre 2008 ein Seminar Betriebsverfassungsrecht II und im Jahre 2011 ein Seminar Betriebsverfassungsrecht III besucht habe. Schließlich seien auch die Fahrt- und Übernachtungskosten für das auswärtige Seminar nicht erforderlich.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 22. Mai 2012 den Anträgen weitgehend stattgegeben. Die Beschlüsse des Betriebsrates hätten vorgelegen und seien ordnungsgemäß. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, die Kosten für die Teilnahme der Betriebsratsvorsitzenden an den Seminaren zu tragen. Es würden Kenntnisse vermittelt, die für die Betriebsratsarbeit erforderlich seien. Die Erforderlichkeit sei grundsätzlich an den Verhältnissen im Betrieb und im Betriebsrat sowie bezogen auf die gegenwärtigen und die künftigen Aufgaben des Betriebsrates zu messen. Wenn ein Seminar der Vermittlung allgemeiner Grundkenntnisse diene, erübrige sich ein konkreter betriebsbezogener Anlass. Denn die Kenntnis des keineswegs einfachen Betriebsverfassungsgesetzes sei unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit.

Das Arbeitsgericht hat weiter ausgeführt, dass durch die Einbettung des Betriebsverfassungsgesetzes in das allgemeine Arbeitsrecht und aufgrund der allgemeinen Überwachungspflicht des Betriebsrates nach § 80 Abs. 1 BetrVG auch Grundkenntnisse über das allgemeine Arbeitsrecht erforderlich seien. Wenn in dem Seminar Arbeitsrecht 1 Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, Fragen zur Begründung von Arbeitsverhältnissen einschließlich des Nachweisgesetzes, Befristungen, Kündigungsschutz und Arbeitsschutzbestimmungen wie ArbZG, MuSchG, SGB IX vermittelt würden, bedürfe es keiner näheren Darlegung der Erforderlichkeit, da es sich um notwendiges Grundwissen der Betriebsratsmitglieder handele. Der Seminarort Dresden sei nicht zu beanstanden, da sich das entsprechende Seminar am Seminarort Berlin zeitlich mit dem Seminar „Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats“ überschneide. Auch dieses Seminar sei erforderlich, da der Besuch durch die Betriebsratsvorsitzende erfolgen solle und sie bislang dazu weder theoretische noch aus einer früheren Tätigkeit praktische Kenntnisse erworben habe.

Gegen diesen den Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin am 8. Juni 2012 zugestellten Beschluss legten diese am Montag, dem 9. Juli 2012 Beschwerde ein und begründete diese am 23. Juli 2012.

Zur Begründung führt die Arbeitgeberin aus, dass ordnungsgemäße Betriebsratsbeschlüsse über die Beschlussfassung zur Teilnahme an den Seminaren an sich nicht nachgewiesen seien. Es gehe nicht nur um die Niederlegung der Beschlüsse im Protokoll selbst, sondern auch um die Einhaltung der nach § 29 notwendigen Formalien, also der rechtzeitigen Einladung unter Bekanntgabe der Tagesordnung. Das Arbeitsgericht habe die Prüfung versäumt, ob die Formalien einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung eingehalten seien. Auch die Ordnungsgemäßheit der Beschlüsse selbst müsse überprüft werden. Die nach § 34 Abs. 1 BetrVG notwendige zweite Unterschrift habe unter der Sitzungsniederschrift vom 11. Januar 2012 gefehlt. Auch das Formular zum Seminar „Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats“ weise nur eine Unterschrift auf. Die am 22. Mai 2012 vorgenommene nachträgliche Unterzeichnung durch ein zweites Betriebsratsmitglied könne den Mangel nicht heilen. Die entsprechende Heilung von Mängeln müsse in einer Sitzung des Betriebsrates beschlossen werden, nachdem diese zunächst schriftlich bei der Vorsitzenden des Betriebsrates hätten vorgebracht werden müssen. Diese Ergänzung der Tagesordnung setze wiederum eine rechtzeitige Ladung aller Betriebsratsmitglieder unter Bekanntgabe der Tagesordnung voraus.

Es sei zu beanstanden, dass der Betriebsrat den Seminarort Dresden für das Seminar Arbeitsrecht I ausgewählt habe. Die örtliche Lage und die damit verbundenen Kosten habe der Betriebsrat nicht bei der Abwägung berücksichtigt. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass keine Alternativtermine in Berlin angeboten worden seien, die der Betriebsrat zum Zeitpunkt seiner Beschlussfassung am 11. Januar 2012 hätte berücksichtigen können.

Das Seminar „Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats“ sei nicht erforderlich, jedenfalls habe der Betriebsrat dazu nichts vorgetragen. Da es kein Grundlagenseminar sei, hätte die konkrete Erforderlichkeit dargelegt werden müssen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Mai 2012 - 8 BV 2751/12 - in der gemäß Beschluss vom 26. Juni 2012 ergänzten Fassung zu ändern und die Anträge des Betriebsrates zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Betriebsrat erwidert, dass die Beschlussfassung ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Teilnahme an dem Seminar Arbeitsrecht I sei für eine effektive Betriebsratsarbeit als Grundlagenseminar erforderlich. Der Betriebsrat müsse keine Marktanalyse für das kostengünstigste Seminar durchführen. Das Seminar „Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats“ sei ein Grundlagenseminar für Betriebsratsvorsitzende. Im Übrigen zeige sich die Notwendigkeit in diesem Betrieb allein schon durch das Vorbringen der Arbeitgeberin in diesem Verfahren.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Beschwerdebegründung der Arbeitgeberin vom 23. Juli 2012 sowie auf die Beschwerdebeantwortung des Betriebsrats vom 24. August 2012 und das Sitzungsprotokoll vom 7. September 2012 Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 8 Abs. 4 und 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG eingelegt und begründet worden.

Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht hat zu Recht die Schulungsteilnahme der Vorsitzenden des Betriebsrates für die beiden noch streitigen Seminare für erforderlich gehalten und die Beschlussfassung des Betriebsrates nicht beanstandet.

1.

Die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Schulungsveranstaltungen entsprechend § 37 Abs. 6 BetrVG muss erforderlich sein. Bei der Anwendung des Begriffes der Erforderlichkeit steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu (BAG, Beschluss vom 19. März 2008 - 7 ABR 2/07).

Der Betriebsrat hat im gerichtlichen Verfahren zwar grundsätzlich darzulegen, weshalb das entsandte Betriebsratsmitglieder die in der Schulung vermittelten Kenntnisse benötigt (vgl. BAG, Beschluss vom 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10). Soweit es sich aber um Grundkenntnisse handelt, bedarf es lediglich der Prüfung, ob das betreffende Betriebsratsmitglieder schon über diese Grundkenntnisse verfügt (BAG, Beschluss vom 19. März 2008 - 7 ABR 2/07).

Zusätzlich muss der Betriebsrat prüfen, ob die zu erwartenden Schulungskosten mit der Größe und Leistungsfähigkeit des Betriebes zu vereinbaren sind (BAG, Beschluss vom 19. März 2008 - 7 ABR 2/07). Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nicht erforderlich, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann (vgl. BAG, Beschluss vom 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10). Die Kosten sind aber nicht der alleinige Maßstab. Die Auswahlentscheidung kann bei vergleichbaren Inhalten auch vom Veranstalter selbst abhängig gemacht werden (BAG, Beschluss vom 19. März 2008 - 7 ABR 2/07). Betriebsratsmitglieder können in aller Regel nicht auf ein Selbststudium verwiesen werden, da es grundsätzlich Sinn und Inhalt von Schulungsveranstaltungen für Betriebsräte ist, regelmäßig juristisch nicht vorgebildeten Betriebsratsmitgliedern Zusammenhänge von Gesetzen und Rechtsprechung aufzuzeigen und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu anzuleiten, Gesetze und Rechtsprechung in der betrieblichen Praxis zu berücksichtigen (vgl. BAG, Beschluss vom 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10).

1.1

Die Teilnahme der Betriebsratsvorsitzenden an dem Seminar Arbeitsrecht I vom 10. Dezember bis 14. Dezember 2012 in Dresden ist erforderlich. Denn der Inhalt des Seminars, in welchem Grundbegriffe des Arbeitsrechts, die Begründung des Arbeitsverhältnisses, Rechtsfragen um den Arbeitsvertrag, Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis und wesentliche arbeitsrechtliche Regelungen wie ArbZG, MuSchG, SGB IX, KSchG, TzBfG und TVG behandelt werden, gehört zum Grundwissen eines jeden Betriebsratsmitgliedes unabhängig von der konkreten Situation im Betrieb und im Betriebsrat. Nur mit hinreichendem Wissen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts wird das einzelne Betriebsratsmitglied in die Lage versetzt, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Deshalb ist bei einem Seminar, dessen Ziel die Vermittlung von Grundkenntnissen im allgemeinen Arbeitsrecht ist, eine nähere Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme nicht geboten, ebenso wie bei der Vermittlung von Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht und im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung nicht geboten.

1.2

Soweit die Arbeitgeberin den Seminarort Dresden beanstandet, hat das Arbeitsgericht ebenfalls zu Recht entschieden, dass die Entscheidung für diesen Ort nicht zu beanstanden war. Abgesehen davon, dass der Betriebsrat grundsätzlich frei in der Wahl des Trägers der Schulungsveranstaltung ist (BAG, Beschluss vom 19. März 2008 - 7 ABR 2/07), hat der Betriebsrat aufgrund der äußerst negativen Erfahrungen mit dem von der Arbeitgeberin im Vorjahr favorisierten Bildungsträger und der positiven Erfahrungen mit einem selbst gewählten Träger zu Recht diesen ausgewählt. Dass die dadurch entstehenden Kosten unverhältnismäßig wären, hat die Arbeitgeberin nicht vorgetragen und war auch ansonsten nicht ersichtlich.

Da das einzelne Betriebsratsmitglied durch die Schulungsteilnahme überhaupt erst in die Lage versetzt werden soll, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen, duldet die Seminarteilnahme grundsätzlich keinen Aufschub. Allenfalls eine geringfügige zeitliche Verzögerung mag im Einzelfall durch den Betriebsrat zu berücksichtigen sein. Da aber der Träger das Seminar im Jahre 2012 nur einmal in Berlin anbietet und dieser Termin mit dem des Seminars „Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats“ kollidiert, ist es nicht zu beanstanden, dass der Betriebsrat den Seminarort Dresden beschlossen hat. Denn unter den Orten außerhalb Berlins ist Dresden noch der nächstgelegene Ort zu Berlin.

Einen anderen Termin für das Seminar „Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats“ hat der Betriebsrat zu Recht außer Betracht gelassen, da es insoweit lediglich noch einen Termin im März 2013 und damit erst viel später und dann auch nur in Dresden gab, so dass es zu keinerlei Kostenreduzierung geführt hätte.

2.

Die Teilnahme der Betriebsratsvorsitzenden an dem Seminar „Der Betriebsratsvorsitzende und die Geschäftsführung des Betriebsrats“ vom 22. Oktober bis 26. Oktober 2012 in Berlin ist erforderlich. Denn der Inhalt des Seminars, in welchem u.a. die Aufgaben und Kompetenzen der Betriebsratsvorsitzenden, die Formalien der Sitzung des Betriebsrates, der Freistellungsanspruch zur Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben, die Organisation und rationelle Betriebsratsarbeit sowie die Durchführung von Betriebs- und Abteilungsversammlungen behandelt werden, gehört zum Grundwissen einer jeden Betriebsratsvorsitzenden unabhängig von der konkreten Situation im Betrieb und im Betriebsrat. Nur mit hinreichendem Wissen auf dem Gebiet des formellen Betriebsverfassungsrechts wird die Betriebsratsvorsitzende in die Lage versetzt, ihre sich aus dieser Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Bei einem Seminar, dessen Ziel die Vermittlung von Grundkenntnissen über die Arbeit von Betriebsratsvorsitzenden ist, eine nähere Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme für die Betriebsratsvorsitzende nicht geboten. Allein das Verhalten der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit den hier streitigen Schulungsteilnahmen zeigt aber auch, dass darüber hinaus hier auch ein konkreter betrieblicher Bedarf an qualifizierter Schulung besteht, um die Aufgaben der Betriebsratsvorsitzenden möglichst effektiv und fehlerfrei wahrzunehmen.

3.

Das Arbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Betriebsrat die Seminarteilnahme ordnungsgemäß beschlossen hat. Soweit die Arbeitgeberin die Formalien der Beschlussfassung beanstandet hat, bestanden schon erhebliche Zweifel, ob dem nach dem Sinn und Zweck der Norm des § 33 BetrVG überhaupt noch im Einzelnen nachzugehen war. Jedenfalls hat der Betriebsrat die Beschlüsse aber auch ordnungsgemäß gefasst, wie sich spätestens den in der Beschwerdeverhandlung übergebenen Unterlagen der Einladung, der Anwesenheitsliste und dem Protokoll zur Sitzung des Betriebsrates am 11. Januar 2012 entnommen werden kann.

3.1

Beschlüsse des Betriebsrates können an inhaltlichen und formellen Mängeln leiden (BAG, Urteil vom 23. August 1984 - 2 AZR 391/83). Zwar hat die Arbeitgeberin hier das formell ordnungsgemäße Zustandekommen der Beschlüsse zu den beiden noch streitigen Schulungen beanstandet, doch nicht jeder Verstoß gegen das ordnungsgemäße Verfahren der Beschlussfassung führt zur Unwirksamkeit des Beschlusses. Das ist nur dann der Fall, wenn eine Verfahrensvorschrift verletzt wird, die für das Zustandekommen des Beschlusses wesentlich ist.

Die Wirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses setzt grundsätzlich voraus, dass er in einer Betriebsratssitzung gefasst worden ist, zu der die Mitglieder des Betriebsrats gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung geladen worden sind (vgl. BAG, Beschluss vom 29. April 2004 - 1 ABR 30/02). Dabei dient diese Formvorschrift allerdings nicht dem Schutz des Arbeitgebers vor ungewollten Beschlüssen des Betriebsrates. Die Vorschrift dient vielmehr dem Schutz des Amtes der einzelnen Betriebsratsmitglieder, um diesen eine sachgerechte Vorbereitung auf die Sitzung des Betriebsratsgremiums, z.B. durch vorherige Einsicht in Unterlagen, vorheriges Studium von Rechtsprechung und Literatur, vorherige Rücksprache mit Beschäftigten, oder ähnliches zu ermöglichen (vgl. BAG, Urteil vom 24. Mai 2006 - 7 AZR 201/05).

3.2

Wesentlich ist deshalb zunächst allein, dass der Beschluss in einer Betriebsratssitzung gefasst wird. Ist das der Fall, hat von Amts wegen keine weitere Nachforschung der Ordnungsgemäßheit der Beschlussfassung zu erfolgen. Es bedarf vielmehr konkreter Anhaltspunkte, dass es wesentliche Verfahrensmängel gegeben haben könnte. Erst dann ist das Gericht verpflichtet, diesen konkreten Anhaltspunkten nachzugehen. Dass das Protokoll der Betriebsratssitzung entgegen § 34 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zunächst nur von einer Person unterzeichnet war, steht der Ordnungsgemäßheit der Beschlussfassung nicht entgegen. Denn der Beschluss wird nicht durch die Protokollierung, sondern durch die Beschlussfassung wirksam (vgl. BAG, Beschluss vom 8. Februar 1977 - 1 ABR 82/74). Das Protokoll dient lediglich Dokumentationszwecken.

Wenn, wie hier, alle ordentlichen Betriebsratsmitglieder an der Sitzung des Betriebsrates teilgenommen haben, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung. Ob der zuvor zugeleiteten Tagesordnung das konkrete Thema entnommen werden konnte, oder dieses erst zu Beginn der Sitzung auf die Tagesordnung gesetzt wurde, kann dahinstehen, wenn dieses nicht von einem Betriebsratsmitglied beanstandet wird. Denn die Tagesordnung kann in diesem Fall immer ergänzt werden (BAG, Urteil vom 24. Mai 2006 - 7 AZR 201/05). In einem solchen Fall ist auch die Rechtzeitigkeit der Einladung - jedenfalls beim Vorbringen durch die Arbeitgeberin - kein wesentlicher Mangel der Beschlussfassung. Lediglich ein Betriebsratsmitglied könnte sich z.B. wegen Überrumpelung gegen die Beschlussfassung wenden.

Anders kann der Fall liegen, wenn nicht alle ordentlichen Betriebsratsmitglieder an der Sitzung des Betriebsrates bzw. an der Beschlussfassung teilgenommen haben, doch liegt ein solcher Fall hier nicht vor.

III.

Die Entscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG in Verbindung mit § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG gerichtskostenfrei.

IV.

Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam gemäß § 92 Abs.1 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit § 72 Abs.2 ArbGG nicht in Betracht. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung ohne grundsätzliche rechtliche Bedeutung.