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Höhe der Regelleistung für Mitglieder aus zwei Minderjährigen bestehenden Bedarftsgemeinschaft


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 34. Senat Entscheidungsdatum 01.09.2011
Aktenzeichen L 34 AS 490/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 20 Abs 2 SGB 2, § 20 Abs 3 SGB 2

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Juni 2009 zustehenden Regelleistung.

Die 1991 geborene Klägerin ist die Mutter des 2008 geborenen M M. Bis zum 30. November 2008 lebten die Klägerin und ihr Sohn in derselben Wohnung wie die Mutter der Klägerin und erhielten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH), wobei die Leistungen für die Klägerin ausgehend von der vollen Regelleistung in Höhe von 351,00 Euro abzüglich des für sie gewährten Kindergeldes berechnet wurden. Zuletzt wurden ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für sich und ihren Sohn sowie KdUH durch Änderungsbescheid des JobCenters N vom 12. Januar 2009 für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis 31. Januar 2009 in Höhe von 577,47 Euro monatlich bewilligt.

Am 1. Dezember 2008 zog die Klägerin mit ihrem Sohn in die von ihrem am 21. März 1992 geborenen Lebenspartner, M S, sowie dessen Eltern und Schwester genutzte Wohnung in der D Str in B-K. Am 29. Dezember 2008 beantragte sie bei dem Beklagten Leistungen für sich, M S und MM. Mit Bescheid vom 4. Februar 2009 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Juni 2009 Leistungen in Höhe von 699,97 Euro monatlich, wobei er für die Klägerin und ihren Lebenspartner jeweils eine Regelleistung von 281,00 Euro zugrunde legte, von der jeweils Kindergeld in Höhe von 164,00 Euro in Abzug gebracht wurde.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch trug die Klägerin vor, es bestehe ein Anspruch auf Regelleistung in Höhe von 316,00 Euro monatlich für sie und M S bzw. auf den vollen Regelsatz für sie und 80 v.H. für ihren Partner. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2009 zurück und begründete dies damit, dass die Klägerin, solange sie mit ihrem Sohn im Haushalt ihrer Mutter gelebt habe, mit diesem eine eigene Bedarfsgemeinschaft gebildet und daher als allein Stehende die volle Regelleistung erhalten habe. Nach der gesetzlichen Regelung erhielten sonstige Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, die weder allein erziehend noch volljährig seien, jeweils 80 v. H. der Regelleistung.

Mit ihrer am 27. März 2009 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass für sie nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Regelleistung auf 281,00 Euro monatlich gesenkt worden sei, seit sie bei dem Vater ihres Kindes und dessen Eltern wohne.

Der Beklagte hat vorgetragen, mit dem Einzug in den Haushalt der Familie des Partners sei die Klägerin nicht mehr allein stehend bzw. allein erziehend, so dass nicht mehr gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II ein Anspruch auf 100 v.H. der Regelleistung bestehe. Der Anspruch betrage lediglich 80 v.H. der Regelleistung, weil keiner der Partner der Bedarfsgemeinschaft volljährig sei (§ 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II).

Nachdem die Klägerin den Beklagten am 9. April 2009 über ihre erneute Schwangerschaft informiert hatte, hat der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 15. April 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines schwangerschafsbedingten Mehraufwands ab 8. Februar 2009 in Höhe von 48,00 Euro monatlich gewährt.

Das Sozialgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 8. Februar 2011unter Änderung des Bescheides vom 4. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2009 verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Februar 2009 bis 30. Juni 2009 monatlich 90 statt 80 v.H. der Regelleistung zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beteiligten stritten ausdrücklich nur um die Höhe der der Leistungsberechnung zugrunde liegenden Regelleistung und somit um einen abtrennbaren Regelungsteil der angefochtenen Bescheide. Die Höhe der für die Klägerin zu berücksichtigenden Regelleistung ergebe sich aus § 20 Abs. 3 SGB II analog, weil das Gesetz für den vorliegenden Fall eine planwidrige Regelungslücke aufweise, die jedoch mit der in § 20 Abs. 3 SGB II geregelten Sachlage vergleichbar sei. Gemäß § 20 Abs. 3 SGB II betrage die Regelleistung für zwei Partner einer Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, jeweils 90 v.H. der Regelleistung, die nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 1 des SGB II für die Zeit ab 1. Juli 2008 für allein Stehende, allein Erziehende und volljährige Partner einer Bedarfsgemeinschaft, deren anderer Partner minderjährig ist, 351,00 Euro betrage. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft betrage der Leistungssatz 80 v.H. der Regelleistung. Der Sachverhalt, von dem die Klägerin betroffen sei, nämlich das Zusammenleben zweier minderjähriger Partner mit dem gemeinsamen Kind, sei von diesem Regelungssystem nicht unmittelbar erfasst. Zwar sei für minderjährige Partner grundsätzlich die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II einschlägig, gleichzeitig bestimme jedoch § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II, dass Personen, deren Partner minderjährig ist, die volle Regelleistung erhielten. Den Fall einer Bedarfsgemeinschaft zweier minderjähriger Partner habe der Gesetzgeber nicht geregelt. In der Bundestagsdrucksache 15/1516 habe er erläutert, dass bei Abschaffung des Haushaltsvorstands die Regelleistung zweier Angehöriger der Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, nunmehr jeweils 90 v.H., also den rechnerischen Durchschnitt von vormals 100 und 80 v. H. betrage. Nur für Angehörige, die das 15. Lebensjahr vollendet hätten, habe der Gesetzgeber 80 v. H. der Regelleistung vorgesehen. Die bestehende Regelungslücke sei durch eine analoge Anwendung des eine vergleichbare Interessenlage regelnden § 20 Abs. 3 SGB II zu schließen. Aus der Gesetzessystematik des § 20 SGB II ergebe sich die Wertung, dass die Gesamtleistung zweier Partner einer Bedarfsgemeinschaft insgesamt 180 v.H. betrage. Zwar sei das SGB II auch dadurch geprägt, dass der Leistungsumfang von Personen, die das 18. bzw. 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, geringer ausgestaltet sei, dies könne aber nicht für zwei minderjährige Partner einer Bedarfsgemeinschaft gelten, die ein gemeinsames Kind versorgten. Gründe, die vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gebotenen Existenzsicherung durch die Leistungen des SGB II eine Reduzierung der – hypothetischen – Gesamtregelleistung von 180 auf 160 v. H. rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Soweit allerdings die Klägerin die volle Regelleistung begehre, ergebe sich hierfür keine Rechtsgrundlage. Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gegen das dem Bevollmächtigten des Beklagten am 28. Februar 2011 zugestellte Urteil richtet sich seine am 16. März 2011 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung, mit der er vorträgt, das Sozialgericht habe zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf 90 v.H. der Regelleistung analog § 20 Abs. 3 SGB II angenommen, denn tatsächlich belaufe sich ihr Leistungsanspruch gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II lediglich auf 80 v.H. Zwar betrage die Regelleistung für Personen, deren Partner minderjährig ist, gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II 100 v.H., aus dem Regelungssystem des § 20 SGB II sei aber ersichtlich, dass nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II nur dem volljährigen Partner des minderjährigen Partners die volle Regelleistung zu gewähren sei. § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II sei daher auf die minderjährige Klägerin nicht anwendbar, weil sie weder allein stehend, noch allein erziehend sei, noch als Volljährige mit einem minderjährigen Partner in Bedarfsgemeinschaft gelebt habe und somit unter den Tatbestand der „sonstigen erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft“ gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II falle. Die Regelleistung für die minderjährige Klägerin als sonstige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft betrage somit 80 v.H. Es bestehe auch keine Regelungslücke und selbst wenn man eine solche annähme, wäre diese jedenfalls nicht planwidrig, denn der klare Wortlaut des § 20 Abs. 3 SGB II stehe der analogen Anwendung des § 20 Abs. 3 SGB II auf zwei minderjährige Partner einer Bedarfsgemeinschaft entgegen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Februar 2011 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Das Sozialgericht gehe auch zutreffend von einer Analogie zu § 20 Abs. 3 SGB II a. F. aus, weil in jedem Fall bezweckt sei, dass zwei in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenlebende Personen über 180 v.H. der Regelleistung verfügen können sollen. Ob dieses Paar volljährig oder noch minderjährig sei, könne keinen Ausschlag geben, weil der Bedarf nicht von dem Lebensalter abhänge, sondern von der Frage, ob von zwei Personen gemeinsam ein selbständiger Haushalt geführt werde und die entsprechenden Kosten hierfür anfielen. Da die Klägerin nicht „angehöriges Kind“ einer Bedarfsgemeinschaft, sondern Partnerin einer Bedarfsgemeinschaft gewesen sei, sei die Anwendung des § 20 Abs. 2 SGB II nicht geboten. Eine Schlechterstellung zweier minderjähriger Partner im Verhältnis zu einer Bedarfsgemeinschaft volljähriger Partner bzw. eines volljährigen und eines minderjährigen Partners sei sachlich nicht zu rechtfertigen, weil der Bedarf hier nicht zu unterscheiden sei, insbesondere, wenn in der Bedarfsgemeinschaft noch ein Kind versorgt werde.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der die Klägerin betreffenden Leistungsakten (Az.:, 2 Bände) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben (§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

Die fristgemäß eingelegte Berufung ist zulässig, weil sie vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wurde (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung einer Regelleistung von 90 v.H. der vollen Regelleistung zu gewähren.

Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 4. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2009, soweit damit für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 30. Juni 2009 über die der Klägerin zustehende Regelleistung entschieden wurde. Durch Bescheid vom 15. April 2009 wurde die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts insoweit geändert, als der Klägerin im Hinblick auf ihre erneute Schwangerschaft für die Zeit vom 8. Februar bis 30. Juni 2009 ein Schwangerschaftsmehrbedarf in Höhe von 48,00 Euro monatlich gewährt wurde. Dieser Bescheid ist nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden, weil er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und aufgrund der Gewährung des schwangerschaftsbedingten Mehrbedarfs der Verfügungssatz in Bezug auf die Höhe der hier streitbefangenen Regelleistung geändert wurde. Über die KdUH ist durch einen abtrennbaren Verfügungssatz im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) entschieden worden, so dass diese im Hinblick darauf, dass ihre Höhe von der Klägerin nicht angegriffen wurde, nicht im Streit ist.

Die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung liegen vor, denn die Klägerin erfüllte im streitigen Bewilligungsabschnitt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II. Sie war 17 Jahre alt und hatte somit das 15. Lebensjahr, nicht aber das 67. Lebensjahr vollendet (§§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 7a SGB II), zudem war sie erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II) und – weil sie neben Kindergeld nicht über Einkommen und auch nicht über Vermögen verfügte - auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II) und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II).

Als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, zu der ihr minderjähriger Partner, M S, und der gemeinsame Sohn, M M, gehörten, hat die Klägerin im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum vom 1. Februar bis 30. Juni 2009 Anspruch auf 90 v.H. der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 10. Oktober 2007. Die volle Regelleistung in Höhe von 351,00 Euro erhalten nach § 20 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 4 Satz 3 SGB II und der „Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II für die Zeit ab 1. Juli 2008“ vom 26. Juni 2008 (BGBl. I Seite 1102) Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind und solche, deren Partner minderjährig ist. Zwar lebte die Klägerin in der Zeit vom 1. Februar bis zum 30. Juni 2009 mit einem minderjährigen Partner zusammen, das gleiche gilt jedoch auch für ihren Partner M S, denn auch die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum noch minderjährig. Wollte man § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II wortlautgetreu anwenden, müssten daher im fraglichen Bewilligungsabschnitt sowohl die minderjährige Klägerin als auch ihr minderjähriger Partner die volle Regelleistung erhalten. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den übrigen Regelungen zur Höhe des Regelsatzes der Partner von Bedarfsgemeinschaften, denn § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II sieht vor, dass der mit einem volljährigen Partner zusammenlebende minderjährige Partner einer Bedarfsgemeinschaft lediglich 80 v.H. der Regelleistung erhält und in § 20 Abs. 3 SGB II ist geregelt, dass die volljährigen Partner einer Bedarfsgemeinschaft 90 v. H. der vollen Regelleistung erhalten.

§ 20 Abs. 2 und 3 SGB II lässt sich jedoch der eindeutige Wille des Gesetzgebers entnehmen, dass den Partnern einer Bedarfsgemeinschaft gemeinsam 180 v.H. der Regelleistung zustehen sollen und somit eine gegenüber allein Stehenden um 10 v.H. je Partner reduzierte Regelleistung, weil davon auszugehen ist, dass innerhalb einer Partnerschaft „aus einem Topf“ gewirtschaftet wird, so dass zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (vgl. BVerfGE 75, 382,394; BVerfGE 87, 234, 256=SozR 3-4100 § 137 Nr. 3). In der Summe erhalten die erwerbsfähigen Partner einer Bedarfsgemeinschaft denselben Betrag wie bei der früheren sozialhilferechtlichen Aufteilung in 100 v.H. für den Haushaltsvorstand und 80 v. H. für Haushaltsangehörige entsprechend der Regelsatzverordnung. Der Gesetzgeber hat das Abweichen von der sozialhilferechtlichen Regelung damit begründet, dass Frauen in Partnerbeziehungen in der Regel nicht als Haushaltsvorstand gelten und daher ohne Durchschnittsmittelung nur die geringere Regelleistung von 80 v. H. erhalten würden (BT-Drucks. 15/1516, 56). Eine abweichende Aufteilung ist lediglich in den Fällen vorgesehen, in denen nur ein Partner der Bedarfsgemeinschaft volljährig ist, weil der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen ist, dass der voll geschäftsfähige Partner die Generalkosten des Haushalts trägt und deshalb die Bestimmung eines Haushaltsvorstandes unumgänglich erscheint (vgl. Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand: Juli 2011, K § 20 Rdnr. 73).

Zwar hat der Gesetzgeber den Fall einer aus zwei minderjährigen Partnern bestehenden Bedarfsgemeinschaft nicht ausdrücklich geregelt, den gesetzlichen Bestimmungen ist allerdings nicht zu entnehmen, dass er eine solche Bedarfsgemeinschaft in Bezug auf die Höhe der Gesamtregelleistung anders behandeln wollte als andere Bedarfsgemeinschaften und ihnen – wie etwa der Beklagte meint und dies in Ziffer 2.4 Abs. 2 seiner Arbeitshinweise zu § 20 geregelt hat – lediglich 160 v.H. der Regelleistung gewähren wollte. Für eine derartige Differenzierung enthält das Gesetz keinerlei Anhaltspunkte. Der vom Beklagten als Grundlage für einen Leistungsanspruch in Höhe von 80 v.H. gewählte Anknüpfungspunkt in § 20 Abs. 2 SGB II, wonach die Regelleistung für sonstige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft 80 v.H. der Regelleistung nach Satz 1 beträgt, vermag dies nicht zu begründen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm. § 20 Abs. 3 SGB II in der Fassung vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) sah vor, dass zwei volljährige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft jeweils 90 v.H. der vollen Regelleistung nach Abs. 2 erhalten, was zur Folge hatte, dass die im Haushalt der Eltern lebenden volljährigen Kinder ebenso wie ihre Eltern als einer Bedarfsgemeinschaft angehörende Personen einen Regelsatz von 90 v.H. erhielten. Um diese - vom Gesetzgeber nicht gewollte - Folge rückgängig zu machen, wurde durch das Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 558) in § 20 Abs. 3 SGB II „Angehörige“ durch „Partner“ ersetzt und klargestellt, dass nur die Partner der Einstandsgemeinschaft - nicht jedoch die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, insbesondere also deren Kinder - eine Regelleistung von 90 v.H. beanspruchen können (vgl. auch BT-Drucks. 16/688).

Auch § 20 Abs. 2a SGB II, wonach Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs. 2 a SGB II umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres lediglich 80 v.H. der Regelleistung erhalten, lässt sich nicht entnehmen, dass der Klägerin als minderjähriger Partnerin einer aus zwei minderjährigen Partnern bestehenden Bedarfsgemeinschaft lediglich ein Leistungssatz von 80 v.H. zusteht. Selbst wenn sie ohne vorherige Zustimmung des Beklagten umgezogen sein sollte – was sich der Leistungsakte nicht entnehmen lässt – hätte sie Anspruch auf Gewährung von 90 v.H. der Regelleistung. Sinn und Zweck des § 20 Abs. 2a SGB II ist es, den Anreiz zu vermindern, auf Kosten der Allgemeinheit eine eigene Wohnung bei gleichzeitigem Bezug der vollen Regelleistung zu beziehen (BT-Drucks. 16/688, S. 14). Abs. 2a S. 1 geht nach seinem eindeutigen Wortlaut jedoch von einer von Abs. 2 Satz 1 abweichenden Regelung aus, so dass eine Reduzierung der Regelleistung nach dieser Vorschrift nur dann in Betracht kommt, wenn nach dem Auszug ein Anspruch auf die volle Regelleistung bestünde (vgl. Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 20 Rdnr. 18). Dies ist hier aber gerade nicht der Fall, im Gegenteil hat die Klägerin ihren vollen Leistungsanspruch durch den Auszug aus der Wohnung ihrer Mutter und die Begründung einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Vater ihres Kindes, MS, eingebüßt und nunmehr nur noch Anspruch auf eine verringerte Regelleistung. Diese betrüge für volljährige Partner einer Bedarfsgemeinschaft 90 v.H. je Partner – zusammen also 180 v.H. - und für eine aus einem Volljährigen und einem Minderjährigen bestehende Bedarfsgemeinschaft für den Volljährigen 100 v.H. und für den Minderjährigen 80 v.H. – zusammen also ebenfalls 180 v.H. -, so dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb für eine aus zwei Minderjährigen bestehende Bedarfsgemeinschaft eine Regelleistung von 80 v.H. je Partner gelten soll (so auch Spellbrink aaO.). Da bei einer solchen Bedarfsgemeinschaft keinem der beiden Partner als allein voll Geschäftsfähigem die Rolle des Haushaltsvorstandes zukommt, wie dies bei einer aus einem Volljährigen und einem Minderjährigen bestehenden Bedarfsgemeinschaft der Fall ist, liegt daher die analoge Heranziehung der Aufteilungsregelung des § 20 Abs. 3 SGB II auf der Hand, so dass den Partnern einer aus zwei Minderjährigen bestehenden Bedarfsgemeinschaft ebenso wie den beiden volljährigen Partnern einer Bedarfsgemeinschaft eine Regelleistung von 90 v.H. zusteht (im Ergebnis wohl ebenso Krauß aaO. Rdnr. 73 unter Bezugnahme auf die Praxis der Bundesanstalt für Arbeit, einem der beiden Partner die volle Regelleistung und dem Partner 80 v.H. derselben zu gewähren, die allerdings durch die vom Beklagten vorgelegten Arbeitshinweise nicht belegt wird).

Für eine entsprechende Anwendung des § 20 Abs. 3 SGB II spricht im hier zu entscheidenden Fall zudem der in Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz verankerte Schutz der Familie, der es nicht gestattet, eine aus zwei Minderjährigen mit Kind bestehende Familie leistungsrechtlich anders zu behandeln als eine aus mindestens einem Volljährigen, seinem (minder- oder volljährigen) Partner und Kind bestehende Familie. Es dürfte mit Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz nicht vereinbar sein, wenn die Klägerin als allein erziehende, im Haushalt ihrer Mutter lebende Hilfebedürftige die volle Regelleistung erhielte und der im Haushalt seiner Eltern lebende Kindesvater als minderjähriger Angehöriger der Bedarfsgemeinschaft seiner Eltern eine Regelleistung von 80 v.H., sie zusammen also die Regelleistung einer Bedarfsgemeinschaft mit mindestens einem volljährigen Mitglied erhielten, beide aber in dem Moment, in dem sie sich entscheiden, zusammen zu leben und für ihr gemeinsames Kind gemeinsam zu sorgen, lediglich noch eine Regelleistung von zusammen 160 v.H. erhalten.

In Bezug auf den schwangerschaftsbedingten Mehrbedarf der Klägerin, dessen Höhe nach § 21 Abs. 2 SGB II 17 v.H. der nach § 20 maßgebenden Regelleistung beträgt, wird der Beklagte diesen für die Zeit vom 8. Februar bis 30. Juni 2009 wegen der Änderung der maßgebenden Berechnungsgrundlage um 6,00 Euro monatlich zu erhöhen haben, wobei für Februar 2009 der anteilige Betrag zu gewähren ist.

Nach alldem ist der Berufung des Beklagten der Erfolg versagt.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG und ist am Ergebnis des Rechtsstreits orientiert.

Die Revision ist zuzulassen, weil es sich im Hinblick darauf, dass § 20 SGB II keine eindeutige Regelung über die Höhe der den Mitgliedern einer aus zwei Minderjährigen bestehenden Bedarfsgemeinschaft zustehenden Regelleistung enthält, um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG handelt.