Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 12.04.2018 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | VG 3 K 1023/15 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2018:0412.3K1023.15.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 12 BauNVO, § 34 Abs 1 S 1 BauGB, § 34 Abs 2 BauGB, § 4 Abs 2 Nr 3 BauNVO, § 422 DBO, § 74 Abs 1 aF BauO BB, § 80 Abs 1 S 2 BauO BB, § 81 DBO, § 83 DBO, Bevölkerungsbauwerke-Verordnung 1984, BauOG |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, eine Sicherheit auch durch Bankbürgschaft zu erbringen.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks in der ... 78a in ... (Flurstück 227 der Flur 3, Gemarkung ...). Sie betreibt seit den späten 1980er Jahren ein mittelständisches Unternehmen in Form eines Schüler-, Behinderten- und Krankenfahrdienstes (H.-G. ... & Co OHG mit Sitz in der ... 75 in ...). Sie nutzt hierfür ihre eigenen, neuwertigen Kraftfahrzeuge in Form von PKWs (Kombis) und Kleinbussen bzw. Vans. Betrieben werden 10 bis 15 Fahrzeuge bei 16 Mitarbeitern. Die an dem Tag eingesetzten Mitarbeiter der Klägerin kommen morgens mit ihren Fahrrädern, Mopeds und PKWs in der ... an und holen die Schlüssel in der ... 75 ab. Anschließend holen sie die Fahrzeuge in der ... 78a und beginnen von dort aus ihre Fahrten. Die hauptsächliche Betriebszeit erstreckt sich von Montag bis Freitag zwischen 6.00 und spätestens 22.00 Uhr. Die meisten Fahrzeuge kommen am Nachmittag zurück. Jedenfalls zwei Fahrzeuge kommen regelmäßig später zurück. An Samstagen sind 4 Fahrzeuge im Einsatz. Hiervon verlassen drei Fahrzeuge das Betriebsgelände gegen 7 Uhr und kommen spätestens gegen 14.00 oder 14.30 Uhr zurück. Das vierte Fahrzeug verlässt das Betriebsgelände gegen 11.00 Uhr und kommt ungefähr um 19.00 Uhr zurück. Von dem Leistungsangebot nicht umfasst sind kurzfristig oder akut erforderliche Fahrten erkrankter oder verletzter Personen, die eine Bereitschaft zu jeder Tages- und Nachtzeit erfordern würden.
Zu den in der Umgebung des klägerischen Grundstückes befindlichen Nutzungen wird auf die Ausführungen in der Sitzungsniederschrift zum Termin am 21. Februar 2018 verwiesen.
Etwa seit dem Jahr 1989 nutzte die Klägerin das – damals von der Stadt gepachtete – Grundstück in der ... 78a in ... mit einer Größe von 608 m² als Stellplatz für ihre Kraftfahrzeuge. Ein unter dem 25. April 1990 gestellter „Antrag auf Erstellung eines Pachtvertrages mit Vorkaufsrecht“, in welchem dargelegt wurde, dass das Grundstück ... Straße, Ecke ... als Gewerbegrundstück für eine Betriebserweiterung des Taxibetriebes und Busservice ... genutzt werden soll, wurde durch den damaligen stellvertretenden Bürgermeistert mit dem Vermerkt „genehmigt Sept. 1990“ abgezeichnet.
Entsprechend eines mit Rückwirkung zum 1. November 1990 abgeschlossenen Pachtvertrages vom 13. Dezember 1990 vereinbarten das Gemeindeamt ... und der Geschäftsführer der Klägerin unter anderem die Nutzung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks für gewerbliche Zwecke, als Standort für Behindertentransport und Imbiss. In einem weiteren Pachtvertrag vom 14. Mai 2001 kamen die Gemeinde ... und der Geschäftsführer der Klägerin überein, dass die Verpachtung zum Zwecke der gewerblichen Nutzung als Abstellfläche für Pkw und Kleintransporte erfolgen sollte. Der Geschäftsführer der Klägerin erwarb in der Folge das Grundstück. Unter Ziff. 5 des notariellen Kaufvertrages war festgeschrieben, dass der Inhalt des vorhergehenden Pachtvertrages das Abstellen von Kranken- und Behindertenfahrzeugen war und diese Nutzungsart weiterhin gestattet werde.
In der Folgezeit errichtete die Klägerin eine Einfriedung und befestigte sukzessive den Boden. Des Weiteren stellte sie eine Werbeanlage auf.
Im Rahmen einer bauaufsichtlichen Kontrolle am 23. Januar 2008 stellte ein Mitarbeiter des Beklagten die Nutzung auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück fest.
Nach Anhörung und entsprechender Stellungnahme der Klägerin vom 13. Februar 2008 schrieb der Beklagte die Klägerin am 19. November 2014 erstmalig wieder an und erließ unter dem 13. Januar 2015 eine Ordnungsverfügung mit der er der Klägerin aufgab, die gewerbliche Nutzung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks als Park- bzw. Abstellplatz für die Betriebsfahrzeuge innerhalb von 3 Monaten nach Bestandskraft dieser Ordnungsverfügung einzustellen. Des Weiteren ordnete der Beklagte die Beseitigung der dort errichteten Werbeanlage an und drohte Zwangsgelder in Höhe von 5.000 Euro betreffend die Nutzungsuntersagung und in Höhe von 500 Euro betreffend die Beseitigungsanordnung an. Zur Begründung führte der Beklagte in dem Bescheid aus, der gewerbliche Abstellplatz für die Betriebsfahrzeuge stelle in diesem Gebiet eine wesensfremde Nutzung dar und könne nicht als sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb eingeordnet werden. Des Weiteren verstoße die Nutzung auch gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Dies zugrunde gelegt unterfalle die Werbeanlage auch nicht dem Genehmigungsfreistellungstatbestand nach § 55 Abs. 8 Nr. 1 BbgBO.
Hiergegen legte die Klägerin am 17. Februar 2015 Widerspruch ein. Das Vorhaben sei jedenfalls genehmigungsfähig. Das klägerische Vorhaben, namentlich ein Unternehmen zur Beförderung von kranken und behinderten Mitbürgern sowie von Kindern und Schülern, diene sozialen und gesundheitlichen Zwecken im Sinne des § 4 BauNVO. Die Störungen, welche im immissionsrechtlichen Sinne von der baulichen Anlage der Klägerin ausgehen könnten, würden im Vergleich zu den gebietsintern vorhandenen Arztpraxen mit dem hier gegebenen Zu- und Abfahrtsverkehr eher untergeordneter Natur sein. Außerdem seien die zu erwartenden Störungen gebietsüblich und vergleichbar mit Immissionen, welche von anderen Mehrfamilienhäusern des Wohngebietes ausgehen. An Wochenenden und Feiertagen gingen keine Immissionen von dem Grundstück aus. Auch unter Berücksichtigung der Wertung, wonach sogar Tankstellen in einem Allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig sind, sei das Vorhaben materiell rechtmäßig. Die Werbeanlage sei dementsprechend gem. § 55 Abs. 8 Nr. 1 BbgBO genehmigungsfrei. Des Weiteren genieße die Klägerin aufgrund der gemeindlichen Zusicherungen gestärkten Vertrauensschutz.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 18. Juni 2015 zurück. Die Begründung des Ausgangsbescheid ergänzte der Beklagte insofern, als die betriebene Anlage unter Berücksichtigung der Rechtsprechung (BVerwG, 4 C 17/05 und OVG, 2 S 34.13) nicht zu den Anlagen für soziale und gesundheitliche Zwecke zähle. Für die Frage der Gebietsverträglichkeit komme es neben den typischerweise von einer Nutzung ausgehenden Störungen in Form von Lärmeinwirkungen auch auf andere Gesichtspunkte – wie etwa das optische Erscheinungsbild und die hiervon ausgehende Wirkung – an. Hier entfalte das Erscheinungsbild der Nutzung eine optisch störende, nicht mehr gebietsadäquate Dominanz. Die Dienstleistung Krankentransport sei darüber hinaus kein planbarer Prozess, da die täglichen Einsatzzahlen Schwankungen unterliegen. Des Weiteren könne die bloße Untätigkeit einer Behörde kein schutzwürdiges Vertrauen begründen.
Die Klägerin hat am 21. Juli 2015 hiergegen Klage erhoben.
Sie ergänzt ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren im Wesentlichen damit, dass ihr Vorhaben Bestandsschutz genieße. Die Nutzung erfolge seit einem Zeitpunkt, zu welchem weder die Brandenburgische Bauordnung existierte, noch überhaupt bundesdeutsche Bauvorschriften Rechtswirksamkeit für den hier zu entscheidenden Fall beanspruchen konnten. Die damals zuständige Gemeinde habe die derzeitige Grundstücksnutzung mehrfach ausdrücklich zugesichert. Jedenfalls seien die durch den stellvertretenden Bürgermeister Herrn ... spätestens im September 1990 schriftlich erklärte Genehmigung und der sodann im Dezember 1990 schriftlich abgefasste Nutzungsvertrag einer Baugenehmigung nach heutigen Maßstäben gleichzusetzen. Die Entscheidung über den klägerischen Antrag und die Genehmigung zur Grundstücksnutzung in der besagten Art und Weise sei eindeutig der Kompetenz des Bürgermeisters bzw. dessen Stellvertreter als örtliche Bauaufsichtsbehörde unterfallen. Das Vorhaben sei auch bauplanungsrechtlich zulässig. Die maßgebliche nähere Umgebung um das Vorhabengrundstück sei im Norden durch die ..., im Osten durch die ..., im Süden durch die ... Straße und im Westen durch die ... Straße abzugrenzen. Bei dem derart begrenzten Gebiet handle es sich – mit Blick auf die vorhandenen Nutzungsarten in Form eines Einkaufzentrums, eines Objektausstatters, eines Kosmetiksalons, eines Unternehmens, welches Bewässerungssysteme für Zierpflanzen und vertikale Bepflanzungen vertreibt, einer Pizzeria, einer Töpferei, einer Imkerei, der Firma Holz- und Bautenschutz ... und eines Gartenbaubetriebes - nicht um ein allgemeines Wohngebiet. Der Umstand, dass für die Firma Holz- und Bautenschutz ... sowie für den Gartenbaubetrieb keine Baugenehmigung bestehe, schließe die von den langjährig dort betriebenen Nutzungen ausgehende, prägende Wirkung auf das Gebiet nicht aus. Es handle sich vorliegend um ein besonderes Wohngebiet im Sinne des § 4a BauNVO. Des Weiteren sei das Gewerbe der Klägerin als nicht störend einzuschätzen. Die auf dem Grundstück befindlichen Fahrzeuge (1 Kfz, das für den Transport von maximal 8 + 1 Personen zugelassen ist; im Übrigen Pkw Kombi) würden nur zweimal am Tag bewegt werden. Im Übrigen würden keine Immissionen verursacht. Eine Vorbelastung durch die überwiegend von der ... ausgehenden Immissionen sei zu berücksichtigen. Das Unternehmen diene außerdem der Nahversorgung. Auch nach § 12 BauNVO ergebe sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens. Bodenrechtliche Spannungen seien schon aufgrund der mehr als 25 Jahre andauernden Betriebszeit nicht zu befürchten. Darüber hinaus verdiene die Klägerin mit Blick auf die siebenjährige Untätigkeit des Beklagten Vertrauensschutz. Das Vorgehen des Beklagten widerspreche jedenfalls dem § 10 VwVfG, wonach das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist. Die Klägerin rügt außerdem die Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit (Gleichheitssatz) des angegriffenen Bescheides, da in jedem Fall eine gewisse Anzahl an Fahrzeugen auf dem Grundstück zulässig sein dürfte.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 13. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2015 aufzuheben sowie
die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt Bezug auf die Ausführungen in seinen Bescheiden sowie eine behördliche Stellungnahme in einem Aktenvermerk vom 8. April 2015 (Bl. 15 VV Widerspruchsverfahren).
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der örtlichen Begebenheiten. Für weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Die Entscheidung ergeht gem. § 6 Abs. 1 VwGO durch die Einzelrichterin und gem. § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 13. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Die Nutzungsuntersagung erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung – namentlich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Juli 2017 – 10 N 39.17 -; VG Cottbus, Beschluss vom 28. November 2016 – 3 L 463/16 -) – als rechtmäßig. Nach § 80 Abs. 1 S. 2 der Brandenburgischen Bauordnung in der Fassung vom 19. Mai 2016 (GVBl. I/16, Nr. 14; im Folgenden: BbgBO), kann die Nutzung von Anlagen untersagt werden, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden (so auch schon § 73 Abs. 3 Satz 1 BbgBO i.d.F. vom 17. September 2008 (GVBl. I, Nr. 14, S. 226), zul. geändert durch Gesetz vom 29. November 2010 (GVBl. I, Nr. 39; im Folgenden: BbgBO a.F.)). So liegt der Fall hier.
Zum einen fehlt es an der nach § 59 Abs. 1 BbgBO (§ 54 BbgBO a.F.) erforderlichen Baugenehmigung. Stellplätze für Kraftfahrzeuge gelten gem. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, Abs. 7 BbgBO (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BbgBO a.F.) als bauliche Anlagen. Mit über 600 qm Grundfläche unterfällt die Stellplatzanlage keinem Genehmigungsfreiheitstatbestand, vgl. § 61 Abs. 1 Nr. 14 b) BbgBO (§ 55 Abs. 10 Nr. 6 BbgBO a.F.). Für die derzeitige Nutzung des klägerischen Grundstücks als Stellplatz für den Gewerbebetrieb der Klägerin – namentlich dem Betrieb zum Personentransport – liegt keine Baugenehmigung vor. Insbesondere gelten die zivilrechtlichen Nutzungsabsprachen zwischen Klägerin und Gemeinde nicht als förmliche Baugenehmigung (ausführlich ab S. 16).
Des Weiteren ist die gewerblich geprägte Stellplatznutzung auch materiell baurechtswidrig.
Das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich an § 34 BauGB zu messen. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Ein Vorhaben fügt sich in diesem Sinne ein, wenn es bezogen auf die in der Vorschrift genannten Kriterien den seiner Umgebung ableitbaren Rahmen einhält, indem es dort ein „Vorbild“ oder eine „Entsprechung“ findet (Kammerbeschluss vom 25. September 2015, - 3 K 273/13 -, juris, Rn. 35, 36). Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben richtet sich im Bereich des § 34 Abs. 1 BauGB somit nach dem sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstab. Diese vorhandene Bebauung bildet im Rahmen der Planersatzfunktion des § 34 Abs. 1 BauGB den die Zulässigkeit von weiteren Bauvorhaben bestimmenden Rahmen. Entspricht diese Bebauung einem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung geregelt sind, beurteilt sich die Zulässigkeit seiner Art nach indes alleine danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, § 34 Abs. 2 BauGB.
Bei der Ermittlung der maßgeblichen Bebauungsstruktur ist nach dem Wortlaut des § 34 BauGB auf die "nähere Umgebung" abzustellen. Diese reicht so weit, wie sich die Ausführung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt; es darf also nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 BVerwG 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34, juris Rn. 28; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Juni 2015 - OVG 10 S 11.15 -, juris Rn. 4). Bei der Ermittlung des für das Einfügen relevanten Maßstabs ist grundsätzlich alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, darf insoweit nicht vorgenommen werden. Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt jedoch ihren Charakter. Vielmehr muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt - weil sie von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt - oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 23.86 -, BVerwGE 84, 322, juris Rn. 12 ff.; BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 2009 - BVerwG 4 B 50.08 -, BRS 74 Nr. 95, juris Rn. 6; BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - BVerwG 4 B 38.13 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217, juris Rn. 16). Für die Beurteilung der Frage, ob nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen zu berücksichtigen sind, ist wesentlich, ob sie von den zuständigen Behörden in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie sich mit dem Vorhandensein der Gebäude abgefunden haben (BVerwG, Urteil vom 06. November 1968 – IV C 31.66 –, juris Rn. 22). Auszuscheiden sind danach nicht genehmigte und auch nicht genehmigungsfähige Gebäude, deren Beseitigung jederzeit verlangt werden kann und dies nach Lage der Dinge auch zu erwarten ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 122. EL 2016, § 34 Rn. 35). Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen, weil diese jeweils eine Prägung mit ganz unterschiedlicher Reichweite und Gewichtung entfalten können (BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - BVerwG 4 B 38.13 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217, juris Rn. 7; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. September 2010 - 2 A 508/09 -, juris Rn. 37; vgl. zu allem Kammerbeschluss vom 25. September 2015, - 3 K 273/13 -, juris, Rn. 35, 36).
Nach diesen Kriterien fügt sich das klägerische Bauvorhaben schon der Art nach nicht in die „nähere Umgebung“ ein. Beim Einfügen nach der Art der baulichen Nutzung kommt es insbesondere bei Vorhaben, von denen Emissionen ausgehen, auf die über den Nahbereich hinausgehende Umgebung an (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. März 2013 - OVG 10 B 4.12 -, juris Rn. 39).
Dies ist vorliegend – unter Einbeziehung und tatrichterlicher Würdigung der gerichtlichen Inaugenscheinnahme der örtlichen Begebenheiten – für ein Gebiet anzunehmen, welches im Norden durch die ... bzw. die dort entlang verlaufende Gemeindegrenze beschränkt ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09. Dezember 2010 – 3 S 2190/10 –, juris Rn. 2; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 19. September 2005 – 2 R 7/05 –, juris Rn. 31). Die südlich der ... liegende, der näheren Umgebung zuzuordnende Bebauung ist im Osten durch die ... und im Westen durch die ... abzugrenzen. Zudem bildet die Bebauung entlang des nord-südlich verlaufenden Abschnitts der ... Straße (bis zur 90-Grad-Kurve im Süden) sowie die Quartiersbebauung im Straßen-Karree ..., ... Straße und ... Straße Teil der maßgeblichen näheren Umgebung. Eine darüber hinausgehende Umgrenzung verbietet sich schon mit Blick auf die räumliche Distanz zum Vorhabengrundstück und den Umstand, dass weiterreichende Auswirkungen, etwa in Form von Abgasen und Lärm durch betriebsbedingten Verkehr und Mitarbeitergespräche o.Ä., nicht zu erwarten sind. Auch umgekehrt vermögen die von der Klägerin genannten, in der weiteren Umgebung vorhandenen Nutzungen – insbesondere das mit Einkaufszentrum an der Kreuzung ... Straße, ... Straße – das klägerische Grundstück nicht zu beeinträchtigen bzw. zu prägen.
In dem derart abzugrenzenden Gebiet befindet sich in weiten Teilen Wohnbebauung. Außerdem wird unmittelbar südlich des klägerischen Vorhabens eine Töpferei betrieben, welche auch über einen Brennofen verfügt. In der ... Straße 9 wird Honig aus eigener Imkerei verkauft. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohnhaus. Hinsichtlich der Schilder zur Firma ..., Holz und Bau, in der ... Straße 14 ist anzumerken, dass sich hieraus eine gewerbliche Tätigkeit nicht ableiten lässt. Zwar teilte die Klägerin mit, dass auf dem Grundstück des Öfteren Holzarbeiten durchgeführt würden, jedoch lässt dies nicht bereits den Schluss auf eine gewerbliche Betätigung auf dem Grundstück zu. Der Beklagte teilte im Nachgang zum Termin vor Ort mit, dass eine Baugenehmigung für eine gewerbliche Nutzung auf dem Grundstück nicht existiere. Sollte der Nutzer des betreffenden Grundstückes dort tatsächlich gewerblich tätig sein, so wäre dies formell baurechtswidrig. Bei entsprechenden Feststellungen ist mit einem Einschreiten des Beklagten zu rechnen. Gleiches gilt auch für das Grundstück in der ... 48. Im Rahmen der Inaugenscheinnahme wurde festgestellt, dass sich auf dem Grundstück im vorderen Bereich ein Transporter befindet, welcher einem Gartenbetrieb mit Betriebssitz an anderer Stelle zugeordnet werden konnte. Des Weiteren befanden sich diverse Baustoffe und ein Baucontainer auf dem Grundstück. Nach den Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin würden auf dem Grundstück ständig wechselnde Baustoffe gelagert werden. Dies legt die Vermutung nahe, dass das Grundstück jedenfalls auch zu gewerblichen Zwecken – etwa im Sinne eines betriebsbezogenen Lagerplatzes oder Ähnlichem – genutzt wird. Für eine abschließende Beurteilung der tatsächlichen Nutzung bedarf es jedoch der weiteren Beobachtung der Grundstücksnutzung durch den Beklagten. Auch bezüglich dieses Grundstückes teilte der Beklagte mit, dass die bestehende Baugenehmigung keine gewerbliche Nutzung umfasse. Sollte sich in Zukunft also ergeben, dass dieses Grundstück gewerblich genutzt wird, so ist mit Blick auf die formelle Baurechtswidrigkeit dieser Nutzung mit einem Einschreiten zu rechnen. Dieser Prognose entspricht auch die Ankündigung des Beklagten im Rahmen der gerichtlichen Inaugenscheinnahme am 21. Februar 2018.
Dies zugrunde gelegt handelt es sich bei der maßgeblichen näheren Umgebung um das Vorhabengrundstück um ein Wohngebiet. Dabei kann im Ergebnis offen bleiben, ob das Vorhandensein der Töpferei und der Imkerei die Qualifizierung als allgemeines Wohngebiet rechtfertigt, oder aber von einem reinen Wohngebiet auszugehen ist. Jedenfalls ist das klägerische Vorhaben auch in einem allgemeinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich unzulässig. Höchst vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine Anwendung des § 4a BauNVO im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB ausscheidet (BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 1992 – 4 B 209/92 -, juris).
Gem. § 4 BauNVO dienen allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO sind Anlagen für soziale oder gesundheitliche Zwecke der Art nach im Allgemeinen Wohngebiet zulässig. Wie von dem Beklagte unter Hinweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2014 richtig angenommen, handelt es sich bei dem hiesigen Vorhaben jedoch nicht um eine Nutzung zu sozialen oder gesundheitlichen Zwecken.
Anlagen für gesundheitliche Zwecke im Sinne der Baunutzungsverordnung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Gemeinbedarfsanlagen, wie sie der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 Nr. 2 a) BauGB bestimmt hat. Erfasst sind Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit zugutekommen, wie Schulen und Kirchen sowie sonstige Gebäude und Einrichtungen, die kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen oder kulturellen Zwecken dienen. Der Allgemeinheit dient eine Anlage im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 a) BauGB, wenn sie, ohne dass die Merkmale des Gemeingebrauchs erfüllt zu sein brauchen, einem nicht fest bestimmten wechselnden Teil der Bevölkerung zugänglich ist. Auf die Rechtsform des Trägers kommt es nicht entscheidend an. Liegt die Trägerschaft in der Hand einer natürlichen oder einer juristischen Person des Privatrechts, so genügt es, wenn mit staatlicher oder gemeindlicher Anerkennung eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird, hinter die etwaiges privatwirtschaftliches Gewinnstreben eindeutig zurücktritt (vgl. z. Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 17/95 -, juris Rn. 29, Beschluss vom 18. Mai 1994 - BVerwG 4 NB 15.94 -, juris Rn. 13, Urteil vom 28. April 2004 - 4 C 10.03 -, juris Rn. 21, zu sportlichen Anlagen). Dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt wären, haben die Beigeladenen nicht dargetan. Es fehlt insbesondere an Ausführungen zu der Frage, ob das privatwirtschaftliche Gewinnstreben hinreichend deutlich hinter der wahrzunehmenden öffentlichen Aufgabe zurücktritt.
(Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09. Januar 2014 – OVG 2 S 34.13 –, Rn. 10, juris)
So liegt der Fall auch hier. Es handelt sich bei dem klägerischen Betrieb um ein gewerbliches Unternehmen, das im Wesen auf eine Gewinnerzielung abstellt und nicht die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ins Zentrum seines Tätigwerdens stellt. Der Kern des Geschäfts des klägerischen Betriebes liegt im Transport und nicht in der tatsächlichen Erbringung sozialer oder gesundheitlicher Leistungen. Die Klägerin ist im Ergebnis ein mit Gewinnerzielungsabsicht selbstständig handelnder Dienstleister für gegebenenfalls privilegierte „Einrichtungen“ oder dessen Nutzern.
Des Weiteren ist nicht dargetan, das Vorhaben sei gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig. Die Vorschrift bezieht sich auf sonstige, nicht störende Gewerbebetriebe. Für die entsprechende Einordnung eines Gewerbebetriebes ist eine typisierende Betrachtungsweise anzulegen. Die Zulässigkeit von Nutzungen in den einzelnen Baugebieten hängt insbesondere von deren (typisierend zu ermittelnden) Immissionsverträglichkeit ab. Die Einbeziehung "nicht störender" Handwerks- bzw. Gewerbebetriebe in den Nutzungskatalog des § 4 BauNVO ist ein besonders deutlicher Beleg dafür, dass der Verordnungsgeber seine Vorstellungen über den Gebietscharakter mit dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit verbindet (vgl. zu allem BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 4 B 60/07 –, juris Rn. 6 m.w.N.).
Ausgangspunkt und Gegenstand dieser typisierenden Betrachtungsweise ist das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben. Da vorliegend ein entsprechende Bauantrag nicht gestellt wurde, wird der tatsächliche, vom Geschäftsführer der Klägerin näher konkretisierte Betrieb zum Gegenstand der Betrachtung gemacht. Zu fragen ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, das Wohnen in einem allgemeinen Wohngebiet zu stören. Gegenstand der Betrachtung sind unter anderem die Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer und dem Umfang dieser Auswirkungen, ausgehen. Entscheidend ist dabei nicht, ob die mit der Nutzung verbundenen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden. Die geschützte Wohnruhe ist nicht gleichbedeutend mit einer immissionsschutzrechtlich relevanten Lärmsituation. Bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit geht es um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Wohngebietscharakter als solchen stören (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 4 B 60/07 –, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 – 4 C 1/02 –, juris Rn. 17).
Das hier zur Genehmigung gestellte Vorhaben stellt nach dem Ergebnis einer Gesamtbetrachtung eine solche atypische Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet dar.
Auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück soll der Fuhrpark des mittelständischen Unternehmens der Klägerin in Form eines Schüler-, Behinderten- und Krankenfahrdienstes betrieben werden. Die Klägerin nutzt hierfür 10 bis 15 eigene Kraftfahrzeuge in Form von PKWs (Kombis) und Kleinbussen bzw. Vans und hat 16 Mitarbeiter. Die an dem Tag eingesetzten Mitarbeiter der Klägerin kommen morgens mit ihren Fahrrädern, Mopeds und PKWs in der ... an und holen die Schlüssel in der ... 75 ab. Anschließend holen sie die Fahrzeuge in der ... 78a und beginnen von dort aus ihre Fahrten. Die hauptsächliche Betriebszeit erstreckt sich von Montag bis Freitag zwischen 6.00 und spätestens 22.00 Uhr. Die meisten Fahrzeuge kommen am Nachmittag zurück. Jedenfalls zwei Fahrzeuge kommen regelmäßig später zurück. An Samstagen sind 4 Fahrzeuge im Einsatz. Hiervon verlassen drei Fahrzeuge das Betriebsgelände gegen 7 Uhr und kommen spätestens gegen 14.00 oder 14.30 Uhr zurück. Das vierte Fahrzeug verlässt das Betriebsgelände gegen 11.00 Uhr und kommt ungefähr um 19.00 Uhr zurück. Von dem Leistungsangebot nicht umfasst sind kurzfristig oder akut erforderliche Fahrten erkrankter oder verletzter Personen, die eine Bereitschaft zu jeder Tages- und Nachtzeit erfordern würden. Aufenthaltsräume für die Fahrer gibt es nicht.
Dies zugrunde gelegt handelt es sich um eine typischerweise störende Grundstücksnutzung. Zunächst ist festzuhalten, dass von einem Parkplatz in der vorliegenden Größenordnung typischerweise eine nicht unerhebliche Lärmbeeinträchtigung ausgeht. Der durch die Nutzung eines Parkplatzes hervorgerufene Parkplatzlärm zeichnet sich durch spezifische Merkmale aus, die sich von etwaigen Straßengeräuschen des fließenden Verkehrs hinsichtlich des Informationsgehaltes unterscheiden. Von den Stellplätzen gehen nämlich nicht nur der Lärm des Zu- und Abfahrtverkehrs aus, sondern insbesondere auch Emissionen von Rangiervorgängen, dem Anlassen der Fahrzeuge, dem Zuschlagen von Türen und der Unterhaltung der Mitarbeiter (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. Oktober 2015 – OVG 10 B 1.14 –, juris Rn. 44). Diese Wertungen werden untersetzt von der Rechtsprechung zum ehemaligen § 43 Abs. 6 BbgBo bzw. den Anforderungen an Stellplätze betreffend das Rücksichnahmegebot.
Dementsprechend ist von Bedeutung, an welchem Standort die Garagen oder Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und gegebenenfalls den Wohnräumen des betroffenen Nachbarn befindet. Entscheidend ist weiter der Umstand, wie der Bereich, in dem die Stellplätze oder Garagen errichtet werden sollen bzw. in dem sie sich auswirken werden, zu qualifizieren ist und welche Einwirkungen die Bewohner dort bereits hinzunehmen haben. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die durch die Nutzung von Stellplätzen oder Garagen verursachten Belästigungen nur selten zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Umgebung führen, wenn die Stellplätze oder Garagen, wie üblich und in der Regel durch die Konzeption der Bebauung vorgegeben, nahe der Straße angeordnet werden. Andererseits werden Lärm- und Geruchsbelästigungen von Stellplätzen oder Garagen in rückwärtigen Grundstücksbereichen eher die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Diese Grenze ist umso niedriger anzusetzen, je empfindlicher und schutzwürdiger der Bereich, in dem die Stellplätze errichtet werden sollen, hinsichtlich der in § 43 Abs. 6 BbgBO a.F. genannten Schutzgüter ist (vgl. Beschluss des Senats vom 13. Mai 2015 - OVG 2 S 68.14 -, BA S. 5/6, m.w.N.).
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2016 – 2 S 64.15 –, juris Rn. 5; vgl. hierzu auch
Vorliegend nimmt der Parkplatz das gesamte Eckgrundstück ein und reicht im Süden und Westen an besonders geschützte Ruhebereiche bzw. Gartenbereiche zu den Wohngebäuden auf den Nachbargrundstücken heran. Zwar wird auf dem Grundstück südlich des Vorhabengrundstückes die Töpferei betrieben, sodass die Schutzwürdigkeit der dort ebenfalls vorhandenen Wohnnutzung herabgesenkt ist, jedoch führt dies zu keinem anderen Ergebnis. In die Betrachtung ist auch mit einzustellen, dass die Wohnräume im ersten Obergeschoss der Wohngebäude in der ... 80 sowie in der ... Straße 4 von den ausgehenden Immissionen betroffen werden können.
Soweit die Klägerin vorträgt, jedes Fahrzeug würde nur einmal am Tag das Grundstück verlassen und wieder befahren, so vermag dies nicht zu Annahme einer atypischen Ausgestaltung des hiesigen Betriebes führen. Vielmehr ist gerade mit Blick auf die Betriebszeiten, die gestaffelte Ausführung der Fahrten nach Bedarf sowie den Umstand, dass die nicht unwesentliche Anzahl an Mitarbeitern jedenfalls teilweise selbst auch mit ihren Fahrzeugen zur Arbeit und damit zu dem Vorhabengrundstück fährt, von einer typischen Lärmbelästigung durch das Vorhaben auszugehen. Erschwerend kommt hinzu, dass den Mitarbeitern ein sonstiger Raum zum Austausch und zur Erholung nicht gegeben wird, sodass mit einer gewissen Anzahl an Gesprächen im Freien auf der Abstellfläche zu rechnen ist. Auch die Aussagen eines Nachbarn in dessen Brief vom 15. Januar 2008 sprechen gegen die Annahme eines atypisch leisen Betriebsablaufes.
Neben den Lärmimmissionen ist im vorliegenden Fall auch zu berücksichtigen, dass sich das Vorhaben funktional und optisch in keinster Weise unterordnet. Zum einen wirkt sich hier aus, dass das Grundstück rein zu gewerblichen Zwecken genutzt wird und der äußeren Gestalt nach nicht den Charakter eines Wohngebietes widerspiegelt.
Der Stellplatz ist auch nicht gem. § 12 BauNVO zulässig. Vielmehr sind hiernach nur Stellplätze zulässig, die dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf entsprechen. Hier dient der Stellplatz dem Fuhrpark des im allgemeinen Wohngebiet gerade nicht zulässigen gewerblichen Transportunternehmens der Klägerin.
Die Klägerin kann sich für die gewerbliche Stellplatznutzung auch nicht auf baurechtlichen Bestandschutz oder einen sonstigen Vertrauensschutz berufen.
Unabhängig davon, ob für einen baurechtlichen Bestandsschutz ausreichend ist, dass der Bestand zu irgendeinem Zeitpunkt genehmigt worden oder jedenfalls genehmigungsfähig gewesen ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24. Juli 2000 – 1 BvR 151/99 -; BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1980 – IV C 98.77 -; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24. September 2002 – 20 ZB 02.1764 –, jeweils zitiert nach juris) oder nach der Gegenansicht vielmehr im Falle der Genehmigungspflichtigkeit ein förmlich genehmigter Bestand in seiner spezifisch genehmigten Funktion erforderlich ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 1995 – 1 BvR 1713/92 - ; Bayerischer VGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 B 05.1429 -, jeweils zitiert nach juris; Decker, in: Simon/Busse, BayBO, Oktober 2009, Art. 76, Rn. 117f. m.w.N.), ist ein Bestandsschutz vorliegend nicht gegeben. Sofern man der letzteren Auffassung folgt, ergibt sich dies aus dem Fehlen einer bestandskräftigen Baugenehmigung, welche das genehmigungspflichtige Vorhaben auf dem Grundstück des Beigeladenen in seinen Bestand und seiner Funktion legitimiert.
Dass die vorliegende Nutzung als Stellplatzanlage bzw. Parkplatz zum Gewerbebetrieb während der DDR-Zeit oder früher (förmlich) bauaufsichtlich genehmigt wurde, ist nicht nachgewiesen. Weder liegt eine Zustimmung gem. § 3 Verordnung über die Verantwortung der Räte der Gemeinden, Stadtbezirke und Städte bei der Errichtung und Veränderung von Bauwerken durch die Bevölkerung vom 8. November 1984 - Bevölkerungsbauwerke-Verordnung 1984 (GBl. I S. 433; im Folgenden: BevBauWVO) samt entsprechendem Prüfbericht der Staatlichen Bauaufsicht vor, noch stellt der Genehmigungsvermerk aus September 1990 auf dem Antrag auf Erstellung eines Pachtvertrages mit Vorkaufsrecht eine Baugenehmigung im Sinne der §§ 62 ff. des Gesetzes über die Bauordnung vom 20. Juli 1990 (GBl. I, Nr. 50, S. 929) dar. Zunächst ist anzumerken, dass zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (September 1990) bereits die Kreise als untere Bauaufsichtsbehörden für die Erteilung von Baugenehmigungen zuständig waren und gerade nicht (mehr) die Gemeinden, vgl. §§ 59 ff. des Gesetzes über die Bauordnung vom 20. Juli 1990 i.V.m. § 4 des zugehörigen Einführungsgesetzes. Des Weiteren stellt sich der Antrag samt Genehmigungsvermerk als rein privatrechtliche Vereinbarung zum künftigen Abschluss eines Pachtvertrages dar. Eine solche Vereinbarung über die privatrechtlichen Nutzungsrechte lässt indes die baurechtliche Genehmigungslage unberührt. Nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 7, 62, 63 Abs. 1 Nr. 26 BauO 1990 unterlag der Stellplatz der Genehmigungspflicht.
Zwar mag es sein, dass im Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme des Vorhabengrundstücks als gewerbliche Stellplatzfläche im Jahr 1989 keine Genehmigungspflicht für derartige Vorhaben bestanden hat, da die Nutzungsaufnahme ohne gleichzeitige Errichtung baulicher Anlagen erfolgte. Jedoch kann ein Bestandsschutz aufgrund einer Nutzung zu DDR-Zeiten nicht geltend gemacht werden. Das Recht der DDR umfasste - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (Verfassungsgrundsätze) (GBl. I S. 299) am 17. Juni 1990 - eine Art. 14 Abs. 1 GG vergleichbare Garantie des Privateigentums nicht, so dass ein Bestandsschutz für davor errichtete, nicht formell legalisierte bauliche Anlagen grundsätzlich ausscheidet (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 2 B 7.14 -, juris Rn. 43 m.w.N.; Vg Cottbus, Urteil vom 11. Mai 20176 – 3 K 523/15 -, juris Rn. 47). Höchst vorsorglich wird außerdem darauf hingewiesen, dass die verfahrensgegenständliche Nutzung – unter Zugrundelegung der obigen Wertungen zur Zulässigkeit nach § 34 BauGB – schon damals den einschlägigen baulichen Regelungen zur zulässigen Nutzungsart in bestimmten Gebieten widersprochen haben dürfte. Gem. § 422 Deutsche Bauordnung vom 2. Oktober 1958 galten für Garagen und Parkplätze die Bestimmungen der Teile I bis IV, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt wurde. Nach § 81 DBO waren Grundstücksnutzungen innerhalb bestimmter Baugebiete nur zulässig, wenn sie nach Art und Umfang und Zweck der Eigenart des Baugebietes entsprochen haben. Sie durften für die Nutzung der Nachbargrundstücke und die Bewohner der Umgebung keine unzumutbaren Nachteile oder Belästigungen verursachen. Unabhängig von einer genaueren Gebietseinordnung im Jahr 1989 spricht Überwiegendes gegen eine Zulässigkeit der Nutzung. Gemäß § 83 f) und § 84 f) DBO waren Parkplätze in ländlichen und städtischen Wohngebieten nur zulässig, soweit sie zur Erschließung und Versorgung des Baugebietes erforderlich waren. Nach § 85 Satz 2 DBO hatten selbst in ländlichen und städtischen Mischgebieten alle baulichen Maßnahmen – wie auch der Bau von dort nach Satz 1 f) zulässigen Parkplätzen – in erster Linie auf das Wohnen Rücksicht zu nehmen.
Der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung kann auch nicht die Regelung des § 11 Abs. 3 BevBauWVO entgegen gehalten werden. Die Regelung bestimmte, dass eine Auflage gemäß Abs. 1 Ziffer 3 nicht mehr erteilt werden durfte, wenn seit der Fertigstellung „des Bauwerkes“ fünf Jahre vergangen waren. Nach § 11 Abs. 1 Ziffer 3 war der Vorsitzende des Rates berechtigt, den Bauauftraggeber, der ein Bauwerk widerrechtlich errichtet oder verändert hatte, durch Auflage zu verpflichten, das Bauwerk oder den Bauwerksteil zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, sofern das gesellschaftliche Interesse dies erforderte. Der hierdurch vermittelte Schutz ist nicht nur auf Beseitigungsverfügungen, sondern gleichermaßen auch auf Nutzungsuntersagungen anzuwenden (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. September 2013 – OVG 10 N 59.10 -, juris, Rn. 9; VG Cottbus, Beschluss vom 09. Juli 2014 – 3 L 76/14 –, Rn. 17, juris). Er verlangt jedoch, dass die in der Vorschrift genannte Fünfjahresfrist seit „Fertigstellung des Bauwerkes“ noch während der Geltung der Verordnung abgelaufen ist. Da die Nutzung vorliegend erst um das Jahr 1989 aufgenommen wurde und die Bevölkerungsbauwerkeverordnung am 1. August 1990 außer Kraft getreten ist, trifft dies hier nicht zu. Insofern kommt es auf die Frage, ob eine Nutzungsaufnahme ohne Errichtung baulicher Anlagen im klassischen Sinne – wie vorliegend geschehen – überhaupt in den Anwendungsbereich der BevBauWVO fällt.
Nach alledem durfte die Klägerin auch nicht auf den Fortbestand der gewerblichen Nutzung des Vorhabengrundstückes vertrauen. Schon die damalige Rechtslage musste Zweifel an einem rechtswirksamen Fortbestand der Nutzung auf Seiten der Klägerin hervorrufen: Zwar mag es sein, dass die Gemeinde als Verpächter und im damaligen Zeitpunkt für die Überwachung von „Bauwerken“ nach der BevBauWVO zuständige Behörde sich mit der Nutzung der verpachteten Fläche als Stellplatz einverstanden erklärte. Jedoch war gem. § 2 der Verordnung über die staatliche Bauaufsicht vom 1. Oktober 1987 die staatliche Bauausficht das „zentrale staatliche Kontrollorgan zur Durchsetzung der Staatsdisziplin sowie der bautechnischen Sicherheit und bauwirtschaftlichen Anforderungen bei der Vorbereitung, Errichtung, Veränderung und Nutzung von Gebäuden und baulichen Anlagen (nachfolgend Bauwerke genannt)“ und wurde bei dem gesamten, sich nach außen als rein privatwirtschaftlich darstellenden Prozess betreffend den Pachtvertrag und die Nutzung des Grundstückes nicht involviert. Eine spätere, formelle Legalisierung der Nutzung strebte die Klägerin trotz Änderung der Rechtlage im Jahr 1990 nicht an.
Der Umstand, dass die Bauaufsichtsbehörde erst im Jahr 2008 auf die Klägerin zuging, vermag ebenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen. Anlass für die bauaufsichtliche Kontrolle war das Vorbringen eines Nachbarn in einem Schreiben vom 15. Januar 2008. Durch die bloße, vorhergehende Untätigkeit einer Behörde kann ein schutzwürdiges Vertrauen gerade nicht entstehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. August 2008 – 10 S 8.08 -; VG Cottbus, Urteil vom 8. Mai 2017 – 3 K 1586/14 -, juris Rn. 38; VG Cottbus, Urteil vom 24. Juni 2010 – 7 K 493/07 -, juris Rn. 23). Die vom Beklagten wahrzunehmende Befugnis zum ordnungsbehördlichen Einschreiten unterliegt auch nicht der Verwirkung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juni 2007 – 10 S 9.07 -, juris Rn. 10). Der Verwirkung können nur Rechte, nicht aber Pflichten unterliegen (vgl. auch: VG Cottbus, Urteil vom 8. Mai 2017 – 3 K 1586/14 -, juris Rn. 38). Dies zugrunde gelegt vermag auch die zwischenzeitliche Untätigkeit der Bauaufsichtsbehörde von 2008 bis 2014 ein schutzwürdiges Vertrauen nicht zu begründen. Es ist weiter anzumerken, dass es der Klägerin freistand, zur Schaffung von Rechtssicherheit eine Sachstandsanfrage zu formulieren.
Des Weiteren entspricht die Nutzungsuntersagung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und lässt – gerade auch mit Blick auf das dem Beklagten eingeräumte, intendierte Ermessen - keine Ermessensfehler erkennen.
Auch gegen die Beseitigungsverfügung ist nichts zu erinnern. Maßgebliche Sach- und Rechtslage ist insofern der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage sind in einem gesonderten behördlichen Verfahren auf Wiederaufgreifen nach § 51 VwVfG geltend zu machen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Oktober 2006, - OVG 2 N 205.05, juris Rn. 3; BVerwG, Beschluss vom 11. August 1992, - 4 B 161/92, juris Rn. 6; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. August 2008, - 7 A 2828/07 -, juris Rn. 9). Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist demnach § 74 Abs. 1 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. September 2008 (GVBl. I S. 226), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. November 2010 (GVBl. I Nr. 39). Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von baulichen Anlagen fordern, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert wurden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Auf dieser Grundlage kann eine Beseitigungsanordnung ausgesprochen werden, wenn ein Gebäude formell und materiell illegal ist.
Zunächst ist festzustellen, dass die streitgegenständliche Werbetafel insgesamt nach § 54 BbgBO a.F. baugenehmigungspflichtig ist. Sie unterfällt auch keinem Ausnahmetatbestand nach § 55 BbgBO a.F.. Insbesondere kommt eine Genehmigungsfreiheit nach § 55 Abs. 8 Nr. 1 BbgBO a.F. nicht in Betracht, da das verfahrensgegenständliche Grundstück mangels Zulässigkeit der gewerblichen Stellplatznutzung nicht als Stätte der Leistung anzusehen ist. Etwas anderes ergibt sich zwar aus § 61 Abs. 1 Nr. 12 a) BbgBO, wonach Werbeanlagen mit einer Ansichtsfläche von bis zu 2,5 Quadratmetern unabhängig von der Stätte der Leistung nunmehr genehmigungsfrei sind, jedoch kommt es hierauf, wie oben bereits erwähnt, nicht maßgeblich an.
In Einzelfällen kann bereits die formelle Baurechtswidrigkeit den Erlass einer Beseitigungsanordnung rechtfertigen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die bauliche Anlage ohne Substanzverlust und mit verhältnismäßig geringen Kosten für Entfernung und Lagerung beseitigt werden kann.
Die Anordnung der Beseitigung baulicher Anlagen allein wegen ihrer formellen Illegalität ist regelmäßig unverhältnismäßig, weil die Bausubstanz endgültig zerstört wird, obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Vorhaben genehmigungsfähig ist und nach Erteilung der Baugenehmigung in gleicher Art und Weise errichtet werden könnte, und weil das öffentliche Baurecht regelmäßig mit weniger eingreifenden Maßnahmen, insbesondere mit Baueinstellungsverfügungen und Nutzungsverboten, durchgesetzt werden kann. Wenn eine bauliche Anlage ohne Substanzverlust und auch mit verhältnismäßig geringen Kosten für Entfernung und Lagerung beseitigt werden kann, ist dies ein typischer Ausnahmefall, in dem eine ausschließlich mit der formellen Illegalität der baulichen Anlage begründete Beseitigungsanordnung deshalb nicht unverhältnismäßig ist, weil der Eingriff für den Betroffenen nicht schwerwiegend ist.
(Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Februar 1995 – 1 EO 238/94 –, Rn. 32, juris)
(vgl. hierzu auch Reimus/Semtner/Langer, Die neue Brandenburgische Bauordnung, 3. Aufl. § 74 Rn. 10 sowie 4. Aufl. § 80 Rn. 12; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20. Juni 1991 – 4 TH 2607/90 –, juris 1. Leitsatz; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28. August 1992 – 1 M 36/92 –, juris 2. Leitsatz)
In dem zu entscheidenden Einzelfall muss bei Anwendung dieser Rechtsprechung besonders geprüft werden, ob dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hinreichend Rechnung getragen wird. Dies ist vorliegend der Fall. Alleine dir formelle Rechtswidrigkeit der Werbeanlage rechtfertigt den Ausspruch der Beseitigungsverfügung, denn das angebrachte Schild lässt sich mit äußerst geringem Aufwand und ohne Substanzverlust abnehmen und bis zu einer eventuellen Ausräumung der formellen Baurechtswidrigkeit aufbewahren. Der Umstand, dass sich zwischenzeitlich die Rechtslage zur Genehmigungspflichtigkeit einer Werbetafel zugunsten der Klägerin verändert haben könnte, hätte diese im Rahmen eines Verfahrens nach § 51 VwVfG jederzeit geltend machen können, wovon sie jedoch absah. Auch dies lässt also die zu überprüfende Beseitigungsverfügung in dem für die hiesige Prüfung maßgeblichen Zeitpunkt nicht unverhältnismäßig erscheinen.
Gegen die Zwangsgeldandrohungen in Ziffern 3. und 4. der Ordnungsverfügung ist ebenfalls nichts zu erinnern. Sie beruhen auf §§ 3, 27, 28, 30 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) vom 16. Mai 2013 (GVBl. I Nr. 18), geändert durch Gesetz vom 10. Juli 2014 (GVBl. I Nr. 32). Die Höhe von 5.000,00 Euro betreffend Ziffer 1. des Bescheides (Nutzungsuntersagung) und von 500,00 Euro betreffend Ziffer 2. des Bescheides (Beseitigung der Werbeanlage) ist angesichts des durch § 30 Abs. 2 VwVGBbg festgelegten Rahmens nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Beschluss
1. Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
2. Die Zuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Gründe
1. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. Die Einzelrichterin erachtet in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ-Beil. 2013, 58, dort Nr. 9.4, 9.5) die Bedeutung der Sache für die Klägerin mit einem Streitwert von 7.500,00 Euro als angemessen bewertet. Dabei schätzt die Einzelrichterin die Höhe des Schadens und der Aufwendungen infolge der Nutzungsuntersagung auf 7.000,00 Euro und den Zeitwert der zu beseitigenden Substanz der Werbeanlage plus Abrisskosten auf 500,00 Euro.
2. Die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Einem verständigen Dritten in der Situation der Klägerin war es unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu betreiben.