Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 12.09.2012 | |
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Aktenzeichen | L 3 R 1063/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 43 SGB 6, § 240 SGB 6 |
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1957 geborene Klägerin verfügt über keinen Berufsausbildungsabschluss. Sie arbeitete seit 1984 bis zuletzt als Reinigungskraft.
Auf ihren Rentenantrag vom 15. März 2007, welchem u.a. Atteste der sie behandelnden Ärzte Dr. Z (Orthopäde) und Ö/ E ( Praktische Ärzte) beigefügt waren, ließ die Beklagte von der Ärztin für Nervenheilkunde C das ärztliche Gutachten vom 23. April 2007 erstellen, welches auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 19. April 2007 gründete und in welchem die Gutachterin zur Einschätzung gelangte, dass die Klägerin unter Dysthymie, Somatisierungsstörung und radikulärem Schmerzsyndrom ohne funktionelles Defizit im Lendenwirbelsäulen (LWS)- Bereich leide und bei näher bezeichneten qualitativen Einschränkungen täglich vollschichtig täglich unter den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten könne.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 18. Mai 2007 ab. Die Klägerin erhob Widerspruch und verwies zur Begründung u.a. auf ein Attest des sie behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie M vom 06.Juli 2007 sowie den Bescheid des Landesamts für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – vom 21. September 2007, mit welchem ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 bescheinigt wurde. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2007 zurück.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 10. Januar 2008 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt, behauptet, nur noch weniger als drei Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten zu können, und u.a. auf ihren Analphabetismus verwiesen, welcher ihrer Meinung nach bei der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit mit zu berücksichtigen sei. Das SG hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden o.g. Ärzte sowie das schriftliche Sachverständigengutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P vom 23. Februar 2009 eingeholt, welcher aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin vom 10. Februar 2009 zum Ergebnis gelangt ist, dass bei der Klägerin Dysthymie, Somatisierungsstörung und Analgetikaabusus bestünden und sie bei näher bezeichneten qualitativen Leistungseinschränkungen über ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei medizinisch uneingeschränkter Wegefähigkeit verfüge.
Das SG hat auf Antrag der Klägerin das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Forensische Psychiatrie Dr. L vom 23. März 2011 eingeholt, welcher auf psychiatrischem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen festgestellt und ausgeführt hat, die Klägerin verfüge angesichts fachfremder Diagnosen bei näher bezeichneten qualitativen Einschränkungen über ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei uneingeschränkter Wegefähigkeit.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 08. September 2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die tatsächlichen bzw. medizinischen Voraussetzungen einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung seien nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen nicht bewiesen. Der von der Klägerin vorgetragene Analphabetismus sei nicht zu berücksichtigen, weil die gesundheitlichen Verhältnisse einfachste Tätigkeiten, welche das Lesen und Schreiben nicht erforderten, nicht ausschlössen.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 26. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid am 19. Oktober 2011 Berufung erhoben. Sie setzt sich mit den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten kritisch auseinander und macht geltend, dass die persönlichen Lebensumstände und ihre Herkunft nicht hinreichend bei der Bewertung ihrer psychischen Befindlichkeit berücksichtigt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie, Unfall- und Handchirurgie Prof. Dr. S vom 25. Mai 2011 eingeholt, welcher bei der Klägerin auf orthopädisch-rheumatologischem Fachgebiet eine Fehlform der Wirbelsäule in allen drei Abschnitten mit Muskelverkürzungen und Nervenwurzelreizerscheinungen, eine chronische Epicondylitis innenseitig, eine beginnende Arthrose der Hüften bei geringer Fehlbildung der Hüften, eine beginnende Arthrose in den Kniegelenken, einen Senk-Spreiz-Knickfuß und einen Hallux valgus festgestellt hat. Die Klägerin sei unter näher bezeichneten qualitativen Einschränkungen in der Lage, vollschichtig täglich zu arbeiten. Einschränkungen für die Wegefähigkeit bestünden nicht.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 02. August 2012 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts einschließlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Der Berichterstatter hat aufgrund des Übertragungsbeschlusses des Senats vom 02. August 2012 als Einzelrichter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden, § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Voraussetzungen des als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 43 Abs. 1 und Abs. 2 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) sind nicht erfüllt.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch behinderte Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist dagegen nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Dies zugrunde gelegt steht das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen der teilweisen oder vollen Erwerbsminderung nicht gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG zur Überzeugung des Senats fest und ist so nicht bewiesen. Denn die Klägerin ist auch angesichts der bei ihr festgestellten Leiden und unter Beachtung der daraus folgenden qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hierfür bezieht sich der Senat auf die überzeugenden, weil auf einer umfassenden Befunderhebung beruhenden, schlüssigen Ausführungen der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten der Dres. P und L sowie des im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. S, durch welche die von der Klägerin behaupteten quantitativen Leistungseinschränkungen keine Bestätigung finden. Vielmehr wird ihr bei den in den Gutachten – auf unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten - näher bezeichneten qualitativen Einschränkungen jedenfalls noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt, ohne dass sie dem Ergebnis der Begutachtung mit aussagekräftigen ärztlich erhobenen Befunden entgegen getreten ist, welche den Rückschluss auf ein zumindest teilweise aufgehobenes quantitatives Leistungsvermögen hätten zulassen könnten.
Bei alldem führt auch der Verweis auf einen bei ihr bestehenden – nicht krankheitsbedingten - Analphabetismus nicht zur Annahme einer Erwerbsminderung. Zwischen den Leistungseinschränkungen (Erwerbsminderung) und den Krankheit(en) bzw. Behinderung(en) muss ein Ursachenzusammenhang bestehen („wegen“). Die Leistungsminderung muss wesentlich (Theorie der wesentlichen Bedingung)auf einer Krankheit oder Behinderung (den versicherten Risiken) beruhen und nicht auf sonstigen Umständen wie Lebensalter, fehlenden Sprachkenntnissen oder Arbeitsentwöhnung. Steht das krankheits- bzw. behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, „unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts“ tätig zu sein. „Bedingungen“ sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind. Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen. Die Bedingungen sind „üblich“, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl. Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten, für die es faktisch Angebot und Nachfrage gibt. Das Adjektiv „allgemein“ grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem Zweiten und Dritten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II und SGB III) Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen. Soweit unter den Begriff der üblichen Bedingungen auch tatsächliche Umstände gefasst werden, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, handelt es sich ausschließlich um kognitive Grundfähigkeiten, die krankheitsbedingt herabgesetzt sein können. Der nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus gehört nicht dazu (Bundessozialgericht, Urteil vom 09. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R -, zitiert nach juris Rn. 16 ff.).
Hieran gemessen gehören, wie i.Ü. auch der berufliche Werdegang der Klägerin – sie war seit 1984 zumindest bis zur Rentenantragstellung im März 2007 als Reinigungskraft beschäftigt - exemplarisch und stellvertretend für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen zeigt, Lese- und Schreibkompetenzen keinesfalls zu den üblichen Grundbedingungen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Wenn nun nach alldem das Restleistungsvermögen der Klägerin leichte Verrichtungen oder Tätigkeiten erlaubt (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen etc.)die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, und sich solche abstrakten Handlungsfelder im Fall der Klägerin hinreichend beschreiben lassen und deshalb ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen nicht aufkommen, stellt sich hier auch nicht die Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 26). Erst wenn es auf eine „schwere spezifische Leistungsbehinderung“ - der nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus gehört nicht dazu, weil er keine Behinderung ist und damit auch keine Leistungsbehinderung sein kann (BSG, a.a.O., Rn. 28) - oder „Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen“ ankommt und eine solche vorläge, wäre der Klägerin mindestens eine konkrete Verweisungstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen (kein konkreter Arbeitsplatz) zu benennen gewesen, um ihren Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung auszuschließen. Erst hierbei wären dann nicht nur das körperliche, geistige und kognitive Leistungsvermögen einerseits und das berufliche Anforderungsprofil andererseits miteinander zu vergleichen und in Deckung zu bringen gewesen, sondern es hätte auch individuell geprüft werden müssen, ob die Klägerin die notwendigen fachlichen Qualifikationen und überfachlichen Schlüsselkompetenzen besäße oder zumindest innerhalb von drei Monaten erlernen könnte (BSG, a.a.O., Rn. 27).
Schließlich fehlt es der Klägerin auch nicht an der erforderlichen Wegefähigkeit. In der Regel ist auch derjenige erwerbsgemindert, welcher selbst unter Verwendung von Hilfsmitteln, zum Beispiel von Gehstützen, nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als fünfhundert Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, - 13/5 RJ 73/90 -, zitiert nach juris Rn. 19). An einer Wegefähigkeit dieses Umfangs bestehen hier nach der überstimmenden Einschätzung sämtlicher medizinischer Sachverständiger keine vernünftigen Zweifel.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI ist mangels eines entsprechenden Antrags nicht Gegenstand des vorliegenden Klage- und Berufungsverfahrens. Deshalb wird hier nur vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Klägerin zwar, weil sie vor dem 02. Januar 1961 geboren wurde, grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, ein Anspruch jedoch daran scheitern würde, dass die Klägerin entgegen § 240 Abs. 1 SGB VI nicht berufsunfähig ist.
Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist vom bisherigen Beruf des Versicherten auszugehen. Es ist dann zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 35/93 -, vom 16. November 2000 - B 13 RJ 79/99 R -, jeweils zitiert nach juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel eine der Versicherungspflicht unterliegende Berufstätigkeit, welche der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtete, und zwar mit dem Ziel, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höherqualifizierte Tätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch freiwillig aufgegeben oder sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, zitiert nach juris). Zur Erleichterung der Beurteilung, ob ein Verweisungsberuf benannt werden muss und welcher Verweisungsberuf gegebenenfalls sozial zumutbar ist, hat das Bundessozialgericht ein aus mehreren Stufen bestehendes Schema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach Bedeutung, welche Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet. Danach ergeben sich für die Arbeiterberufe folgende Stufen:
- Stufe 1: ungelernte Arbeiter oder Angestellte
- Stufe 2: angelernte Arbeiter oder Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren
- Stufe 3: Facharbeiter mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren oder Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren
- Stufe 4: hoch qualifizierte Facharbeiter, zu denen Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung gehören, oder Angestellte mit hoher beruflicher Qualität
(BSG, Urteile vom 13. Dezember 1984 – 11 RA 72/83 - und vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 25/96 -, jeweils zitiert nach juris). Eine Verweisung, die grundsätzlich durch die konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächstniedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber mit einer Ausbildungsdauer von nur bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, a.a.O.).
Da die Klägerin als Reinigungskraft ohne Berufsausbildungsabschluss allenfalls als einfache Angelernte anzusehen ist, wäre sie – ohne Benennung eines konkreten Verweisungsberufs – auch hier auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, unter dessen Bedingungen sie – wie bereits zuvor gezeigt – weiterhin arbeiten kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrunds gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.