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Investitionszulage nach § 3 InvZulG für das Jahr 1999


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 13. Senat Entscheidungsdatum 18.04.2013
Aktenzeichen 13 K 13080/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Ablehnungsbescheid vom 1. April 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2009 wird dahingehend geändert, dass die Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 für das Jahr 1999 um 2.217.480,73 DM erhöht wird.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anwendung des Kumulationsverbots nach § 3 Abs. 1 Satz 4 Investitionszulagengesetz -InvZulG- 1999 im Fall der Veräußerung eines Gebäudes mit Sanierungsverpflichtung.

Mit notariellem Vertrag vom 22. Dezember 1995 erwarb die Klägerin, eine Zwischenerwerberin im Sinne des Altschuldenhilfe-Gesetzes, von der B… GmbH. mehrere unsanierte Mietwohngebäude, die vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellt worden waren.

Mit notariellen Verträgen vom 23. und 24. November 1998 sowie vom 30. Dezember 1998 veräußerte die Klägerin einen Teil dieser Mietwohngebäude an die C… KG. Die veräußerten Gebäude bestanden aus 689 Wohnungen, von denen die Klägerin 249 Wohnungen bereits vollständig und die übrigen 440 Wohnungen teilweise saniert hatte. Von dem Gesamtkaufpreis in Höhe von DM 52.154.571, der in voller Höhe am 21. Dezember 1998 als Anzahlung fällig war, entfielen DM 2.931.167,75 auf Grund und Boden, DM 8.793.503,25 auf die Altbausubstanz und DM 40.429.900 auf Sanierungskosten. Der Besitzübergang der bereits vollständig sanierten Wohnungen erfolgte zum 31. Dezember 1998. Hinsichtlich der übrigen 440 Wohnungen mit einer Wohnfläche von 26.028,80 qm verpflichtete sich die Klägerin, nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags (weitere) Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen in Höhe von DM 18.210.000 durchzuführen. Für diese Wohnungen erfolgte der Besitzübergang nach Abschluss der Baumaßnahmen am 1. Dezember 1999. Die Mieterträge für diese Wohnungen standen bis zum Besitzübergang der Klägerin zu, die hierfür sowie für die Vorauszahlung des Kaufpreises DM 1.116.635,52 an die C… KG zahlte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- auf die notariellen Kaufverträge einschließlich der Anlagen Bezug genommen. Dies gilt insbesondere für die Baubeschreibung in Anlage 3 der notariellen Urkunde vom 23. November 1998. Darüber hinaus wird hinsichtlich des Umfangs der durchgeführten Baumaßnahmen auf die beispielhaft eingereichte Ankündigung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen für eine Wohnung im Objekt D…-straße / E…-straße sowie auf die gutachterliche Stellungnahme des Ingenieurbüros F… vom 3. Juli 2003 Bezug genommen.

Alle Vereinbarungen wurden tatsächlich durchgeführt. Für die in der Anzahlung enthaltenen Sanierungskosten nahm die C… KG Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 3 Satz 2 Nr. 3 Fördergebietsgesetz -FördG- in Anspruch.

Die Klägerin beantragte zunächst für die Erhaltungsarbeiten an den Mietwohngebäuden, die in ihrem Bestand blieben, eine Investitionszulage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999. Mit Bescheid vom 21. November 2000, der gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, setzte der Beklagte eine Investitionszulage in Höhe von DM 62.529 fest (15 von Hundert einer Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 421.857,48 abzüglich DM 5.000 Selbstbehalt). Mit Änderungsbescheid vom 14. November 2001 minderte der Beklagte die Investitionszulage auf DM 0.

Im Laufe des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens reichte die Klägerin am 19. Februar 2003 einen Änderungsantrag ein. Nunmehr beantragte sie (auch) für die Sanierungsaufwendungen bei den Mietwohngebäuden, die sie an die C… KG veräußert hatte, eine Investitionszulage in Höhe von DM 2.231.831,51 (15 von Hundert einer Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 14.883.876,68 abzüglich DM 5.000 Selbstbehalt).

Der Beklagte lehnte die Änderung mit Bescheid vom 1. April 2003 ab, da wegen der von der C… KG in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen das Kumulationsverbot nach § 3 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1999 zur Anwendung komme.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2009 setzte der Beklagte für die im Bestand gebliebenen Mietwohngebäude eine Investitionszulage in Höhe von EUR 31.970,57 bzw. DM 62.528,62 fest. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Die Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen der Klägerin seien aufgrund der gewählten Vertragsgestaltung investitionszulagenrechtlich nicht als Erhaltungsarbeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999, sondern als nachträgliche Herstellungsarbeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 anzusehen. Für die Klägerin könne insofern nichts anderes gelten als für die Erwerberin, bei der nachträgliche Herstellungsarbeiten im Sinne von § 3 Satz 2 Nr. 3 FördG vorlägen. Dies ergebe sich auch aus Tz. 10 des Schreibens des Bundesministerium der Finanzen -BMF- vom 28. Februar 2003 (Bundesteuerblatt -BStBl- I 2003, 218). Außerdem lägen im Streitfall ertragsteuerlich anschaffungsnahe Herstellungsaufwendungen im Sinne von R 157 Abs. 4 Einkommensteuer-Richtlinien -EStR- vor. Bei nachträglichen Herstellungsarbeiten, für die der Erwerber Sonderabschreibungen in Anspruch genommen habe, greife das Kumulationsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1999 in der Fassung vom 22. Dezember 1999. Die Anwendung dieser Vorschrift verstoße nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

Mit der hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend, dass sie, die Klägerin, einen Anspruch auf Investitionszulage für Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 habe.

Zunächst sei sie, die Klägerin, zum Zeitpunkt der Vornahme der Baumaßnahmen wirtschaftliche Eigentümerin der streitigen Wohnungen gewesen. Dass sich die betreffenden Gebäude in ihrem, der Klägerin, Umlaufvermögen befunden hätten, sei im Rahmen von § 3 InvZulG 1999 - anders als bei der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach §§ 3, 4 FördG - unschädlich.

Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die Baumaßnahmen auch nicht als nachträgliche Herstellungsarbeiten, sondern in vollem Umfang als Erhaltungsarbeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz1 Nr. 3 InvZulG 1999 anzusehen. Insbesondere liege keine wesentliche Verbesserung im Sinne von § 255 Abs. 2 Handelsgesetzbuch -HGB- vor, da es nicht bei mindestens drei der vier Bereiche Heizung, Sanitär, Elektro und Fenster zu einer Hebung des Standards gekommen sei. Hierfür sei unter anderem zu berücksichtigen, dass die Gebäude betriebsbereit gewesen seien und allein die Anpassung von Ost- an Weststandards noch keine wesentliche Verbesserung darstelle. Außerdem hätten weder Grundrissänderungen noch zusätzliche An- oder Aufbauten, Fahrstuhleinbauten oder ähnliches stattgefunden. Der Anstieg des Leerstands von 3,25 % zum 30. Juni 1998 auf 18,79 % zum 30. November 1999 sei durch die Baumaßnahmen sowie durch die damit verbundenen Mieterhöhungen verursacht worden, bewege sich aber für diesen Stadtteil und dieses Quartier in einem ortsüblichen Rahmen. Die Grundsätze zum anschaffungsnahen Aufwand in R 157 Abs. 4 EStR 2001 seien überholt.

Schließlich finde im Streitfall auch nicht das Kumulationsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1999 Anwendung, obwohl die Erwerberin Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 1 und 2 FördG in Anspruch genommen habe. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 16. Februar 2012 (1 BvR 127/10, Juris) sei hierfür maßgebend, dass sich dieses Kumulationsverbot nach dem Wortlaut nicht auf Erhaltungsarbeiten erstrecke. Darüber hinaus zeige die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- zu § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999, dass es im InvZulG 1999 kein Prinzip gebe, jegliche Doppelbegünstigung zu vermeiden. Dies ergebe sich auch daraus, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 ein Anspruch auf Investitionszulage bestehe, obwohl die entsprechenden Aufwendungen sofort in voller Höhe als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar seien. Die Ausweitung der Investitionszulage in Anschaffungsfällen auf Erhaltungsarbeiten gemäß Tz. 10 des BMF-Schreibens vom 28. Februar 2003 (BStBl I 2003, 218) solle lediglich eine Förderlücke schließen; sie entbehre aber einer Rechtsgrundlage und könne jedenfalls nicht zu Lasten der nach dem InvZulG 1999 begünstigten Bauträger gehen.

Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Aufwendungen wird auf die in der mündlichen Verhandlung überreichte rechnerische Aufstellung der Investitionskosten sowie auf die Rechnungen des Jahres 1999 zu den Gewährleistungseinbehalten, die Liste über den Zeitpunkt der Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaften und die Rechnungen des Jahres 2004 zur Leistungsphase 9 Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihren Klageantrag um die Investitionszulage auf die Investitionskosten für die Außenanlagen in Höhe von DM 59.965,82 und die nicht nachgewiesenen Aufwendungen für die Leistungsphase 9 in Höhe von DM 40.706 reduziert.

Sie beantragt zuletzt,

den Ablehnungsbescheid vom 1. April 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2009 dahingehend zu ändern, dass die Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 für das Jahr 1999 um DM 2.217.480,73 erhöht wird,

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt im Wesentlichen die Begründung der Einspruchsentscheidung und macht ergänzend geltend, dass nach dem Sinn und Zweck des Investitionszulagenrechts eine doppelte Förderung mit Investitionszulage und Sonderabschreibungen ausgeschlossen sei. Darüber hinaus habe die Klägerin in dem Verfahren 8 K 229/03 argumentiert, dass nachträgliche Herstellungskosten vorlägen, die zu neuen Wirtschaftsgütern im Sinne von § 3 Satz 1 FördG geführt hätten. Unabhängig von einer ertragsteuerlichen Qualifizierung als Erhaltungsarbeiten lägen bei der gewählten Vertragsgestaltung (Veräußerung mit Sanierungsverpflichtung) investitionszulagenrechtlich nachträgliche Herstellungsarbeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 vor.

Das Verfahren hat aufgrund des Beschlusses vom 21. September 2010 bis zum Abschluss des beim BVerfG anhängigen Verfahrens 1 BvR 127/10 geruht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags nimmt das Gericht auf die von den Beteiligten im hiesigen Verfahren und im Verfahren 8 K 229/03 C eingereichten Schriftsätze einschließlich sämtlicher Anlagen sowie auf die beigezogenen Steuerakten Bezug. Dem Gericht haben die Streitakten zum Verfahren 8 K 229/03 C sowie zwei Leitz-Ordner Investitionszulagenakten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 1. April 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Investitionszulage für Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999. Obwohl die C… KG für die in 1998 geleisteten Anzahlungen Sonderabschreibungen nach §§ 3, 4 FördG in Anspruch genommen hat, findet das Kumulationsverbot nach § 3 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1999 keine Anwendung. Auch § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 führt nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage.

1. Zu den nach § 3 InvZulG 1999 begünstigten Investitionen gehören nachträgliche Herstellungsarbeiten und Erhaltungsarbeiten an Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellt worden sind, soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten oder der Erhaltungsarbeiten der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 InvZulG 1999). Daneben ist in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1999 die - im Streitfall nicht in Betracht kommende - Anschaffung und Herstellung neuer Gebäude begünstigt. Schließlich sieht § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 eine Erweiterung der in Nr. 1 und 3 geregelten Fördertatbestände für den Anschaffungsfall vor. Zu den begünstigten Investitionen gehört danach auch die Anschaffung von vor dem 1. Januar 1991 errichteten Gebäuden, soweit nach dem rechtswirksamen Abschluss des obligatorischen Vertrags oder eines gleichstehenden Rechtsakts nachträgliche Herstellungsarbeiten durchgeführt worden sind. Dies betrifft Herstellungsarbeiten des Veräußerers eines Gebäudes oder eines Dritten nach Abschluss des Kaufvertrags, sofern sie in den Kaufpreis eingeflossen sind (BFH-Urteil vom 19. Februar 2004 III R 41/03, BStBl II 2004, 522). Bei sämtlichen Fördertatbeständen ist nach § 1 Abs. 1 InvZulG 1999 derjenige Steuerpflichtige anspruchsberechtigt, der die begünstigte Investition vorgenommen hat.

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 im Streitfall nicht einschlägig. Zwar liegt ein dem § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 zu Grunde liegender Sachverhalt vor, da die Klägerin die Gebäude an die C… KG veräußert hat und in den Kaufpreis Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen eingeflossen sind, welche die Klägerin nach Abschluss des Kaufvertrags durchführen sollte. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 findet wegen der ausdrücklichen Anknüpfung an die „Anschaffung von Gebäuden“ aber nur für den Erwerber, d. h. die C… KG, und nicht für den Veräußerer des Gebäudes, d. h. die Klägerin, Anwendung. Denn derjenige, der nachträgliche Herstellungsarbeiten oder Erhaltungsarbeiten selbst durchführt oder durchführen lässt, ist bereits durch § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 InvZulG 1999 begünstigt. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 regelt lediglich eine Ausdehnung des Anspruchs auf Investitionszulage auf den Erwerber eines Gebäudes.

3. Der Anspruch der Klägerin auf Investitionszulage folgt im Streitfall aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999, der eine Begünstigung von Erhaltungsarbeiten vorsieht.

a. Bei Anwendung der ertragsteuerlichen Grundsätze für die Abgrenzung von nachträglichen Herstellungsarbeiten und Erhaltungsarbeiten (vgl. hierzu Nachweise bei Kulosa in: Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 6, Rz. 151 ff.) geht auch der Beklagte zutreffend davon aus, dass keine nachträglichen Herstellungsarbeiten, sondern Erhaltungsarbeiten vorliegen.

Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Baumaßnahmen zu einer Erweiterung oder wesentlichen Verbesserung des Gebäudes im Sinne von § 255 Abs. 2 HGB geführt haben. Zwar konnte die Klägerin nicht mehr die konkreten Objektverträge vorlegen. Sowohl die Baubeschreibung in Anlage 3 der notariellen Urkunde vom 23. November 1998 als auch die beispielhaft eingereichte Ankündigung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen für eine Wohnung im Objekt D…-straße / E…-straße und die gutachterliche Stellungnahme des Ingenieurbüros F… vom 3. Juli 2003 sprechen aber für Erhaltungsarbeiten.

Im Übrigen liegt auch kein sog. anschaffungsnaher Herstellungsaufwand vor. Dies gilt unabhängig von der Änderung der entsprechenden Rechtsprechungsgrundsätze (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 12. September 2001 IX R 39/97, BStBl II 2003, 569) und unabhängig von dem Umstand, dass der daraufhin neu eingefügte § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gemäß § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG erst für Baumaßnahmen gilt, die nach dem 31. Dezember 2003 begonnen haben. Denn aus Sicht der Klägerin war die Drei-Jahres-Frist bereits Ende 1998 abgelaufen, so dass jedenfalls bei ihr kein anschaffungsnaher Herstellungsaufwand vorliegen kann.

b. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die ertragsteuerlichen Grundsätze auf § 3 InvZulG 1999 übertragbar. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, wonach die im Investitionszulagenrecht verwendeten Begriffe der Herstellung, der Herstellungsarbeiten und der Herstellungskosten den einkommensteuerrechtlichen Begriffsbestimmungen entsprechen (vgl. BFH-Urteile 22. Dezember 2011 III R 37/09, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2012, 1069 und vom 24. Februar 2010 III R 69/07, BFH/NV 2010, 1202 m. w. N.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Tz. 10 Satz 2 des BMF-Schreiben vom 28. Februar 2003 (BStBl I 2003, 218). Zwar führt das BMF dort aus, dass bei der Anschaffung eines vom Veräußerer noch zu modernisierenden Gebäudes die durchgeführten Baumaßnahmen investitionszulagenrechtlich regelmäßig als nachträgliche Herstellungsarbeiten zu beurteilen seien. Durch die Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 wird aber deutlich, dass damit nur eine (zusätzliche) Erweiterung des Anspruchs des Erwerbers beabsichtigt war, nicht aber eine Benachteiligung des Veräußerers, der die Erhaltungsarbeiten durchführt oder durchführen lässt (vgl. auch Beck, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2004, 1553, 1554). Im Übrigen fehlt für eine investitionszulagenrechtliche Einbeziehung der Erhaltungsarbeiten in den Begriff der nachträglichen Herstellungsarbeiten die rechtliche Grundlage (vgl. auch Zitzmann, DB 2003 Beilage 3, S. 5). Dies zeigt insbesondere die Systematik des § 3 InvZulG 1999, der an mehreren Stellen ausdrücklich zwischen nachträglichen Herstellungsarbeiten und Erhaltungsarbeiten unterscheidet. Auch das BMF hat ursprünglich die Meinung vertreten, dass Erhaltungsarbeiten des Veräußerers nicht im Rahmen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 begünstigt seien (Tz. 10 des BMF-Schreibens vom 24. August 1998, BStBl I 1998, 1114; vgl. auch Stuhrmann, DStR 2003, 580, 582, der die Auffassung vertritt, dass auch Tz. 10 des BMF-Schreibens vom 28. Februar 2003 entsprechend zu verstehen sei).

c. Darüber hinaus ist die Klägerin auch anspruchsberechtigt im Sinne von § 1 Abs. 1 InvZulG 1999, und zwar unabhängig davon, ob sie zum Zeitpunkt der Durchführung der Baumaßnahmen noch wirtschaftliche Eigentümerin der Gebäude war (BFH-Urteil vom 28. Juli 2005 III R 59/04, BStBl II 2006, 272 m. w. N.). Die Klägerin hat die streitigen Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchgeführt und die hierfür erforderlichen Aufwendungen wirtschaftlich getragen. Dies ergibt sich insbesondere aus IV. und V. der notariellen Urkunde vom 24. November 1998, wonach die Klägerin verpflichtet war, die in der Baubeschreibung aufgeführten Baumaßnahmen zu einem Festpreis durchzuführen. Dabei hatte sich die Klägerin unter anderem Änderungen in der Planungs- und Ausführungsart sowie bei den verwendeten Baustoffen vorbehalten. Nach der Änderungsurkunde vom 30. Dezember 1998 i. V. m. IX. Abs. 1 der notariellen Urkunde vom 24. November 1998 war darüber hinaus die bautechnische Abnahme der Bauleistungen Voraussetzung für den Besitzübergang. Da IX. Abs. 2 der notariellen Urkunde vom 24. November 1998 auf den Zeitpunkt nach Abs. 1 Bezug nimmt, gilt dies auch für den Übergang von Nutzen, Lasten und der Gefahr des zufälligen Untergangs. Auch wenn nach XII. 3. für den Fall der mangelhaften Sanierung keine Rückgängigmachung des Vertrages möglich sein sollte, blieb das Risiko der Bauausführung durch diese vertraglichen Regelungen bei der Klägerin (zu den Voraussetzungen des Übergangs der Bauherreneigenschaft vgl. auch BFH-Urteil vom 24. Februar 2010 III R 69/07, BFH/NV 2010, 1202).

4. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Investitionszulage ist nicht durch ein Kumulationsverbot ausgeschlossen. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1999, der eine Doppelförderung mit Sonderabschreibungen und Investitionszulage ausschließen soll, nicht erfüllt.

Hierfür ist maßgeblich auf den ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift abzustellen, der die erfassten Fälle einzeln aufzählt. Danach setzt die Anwendung des Kumulationsverbots in § 3 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1999 nachträgliche Herstellungsarbeiten im Sinne von Nr. 1 und Nr. 2 oder eine Herstellung im Sinne von Nr. 4 voraus. Erhaltungsarbeiten im Sinne von Nr. 3 werden dagegen nicht genannt und sind damit auch nicht erfasst (vgl. auch Semmler, BB 2000, 329, 332; Zitzmann, DB 2003 Beilage 3, S. 5). Der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens zeigt, dass die Bestimmung der Reichweite des Kumulationsverbots auch eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers war. Nach der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 10. November 1999 sollte Satz 4 zunächst nur „im Fall der Herstellung“ gelten (Bundestags-Drucksache -BT-DRs.- 14/2035, S. 38). Erst durch die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 15. Dezember 1999 (BT-Drs. 14/2380, S. 3) wurden die erfassten Fälle durch eine ausdrückliche Aufzählung erweitert, in der (nur) die Erhaltungsarbeiten im Sinne von Nr. 3 ausgenommen werden.

Zwar hat der BFH in seiner Entscheidung vom 18. Mai 2006 (III R 21/03, BStBl II 2006, 776) zutreffend ausgeführt, dass bereits die ursprüngliche Fassung von § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 im Wege einer ergänzenden Rechtsfortbildung die zweifache Förderung durch Sonderabschreibungen und Investitionszulagen ausgeschlossen hat. Diese Entscheidung betraf aber letztlich nur nachträgliche Herstellungsarbeiten sowie die Herstellung eines neuen Gebäudes, auch wenn in der Begründung an einer Stelle allgemein davon gesprochen wird, dass die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 InvZulG 1999 begünstigten Baumaßnahmen jeweils nur einmal gefördert werden sollten. Denn Erhaltungsarbeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 wurden in den weiteren Entscheidungsgründen ausdrücklich ausgeklammert, da hierfür ohnehin keine Investitionszulage des Erwerbers in Betracht komme. Im Übrigen hat der BFH auch für die vergleichbare Aufzählung in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 entschieden, dass Erhaltungsarbeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 nicht erfasst werden (BFH-Urteil 22. Dezember 2011 III R 37/09, BFH/NV 2012, 1069).

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist eine abweichende Behandlung von Erhaltungsarbeiten auch sachgerecht. Denn bei der durch das InvZulG 1999 eingeführten Begünstigung von Erhaltungsarbeiten ist eine Doppelbegünstigung - unabhängig von der Problematik des Übergangs von der Förderung durch Sonderabschreibungen nach dem FördG zur Förderung durch Investitionszulage nach dem InvZulG 1999 - systemimmanent. Für Erhaltungsarbeiten besteht zum einen ein Anspruch auf Investitionszulage. Zum anderen sind die entsprechenden Aufwendungen sofort in voller Höhe als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar. Es sind keine ausreichenden Anhaltspunkte erkennbar, warum diese systemimmanente Doppelbegünstigung nicht auch im Veräußerungsfall über das Vehikel der Sonderabschreibungen anwendbar sein darf, auch wenn es durch die Sonderabschreibungen zu einer (geringfügigen) Vorverlagerung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs kommt.

5. Der Anspruch der Klägerin auf Investitionszulage wird durch § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 nur insofern gemindert, als von der Bemessungsgrundlage einmalig ein Selbstbehalt in Höhe DM 5.000 abzuziehen ist. Diesen Abzug hat der Beklagte bereits in der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2009 vorgenommen. Dagegen führt die in § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 geregelte Beschränkung auf Aufwendungen, die über die vor dem 1. Januar 1999 geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten, Anzahlungen auf Erhaltungsaufwendungen und entstandenen Teilherstellungskosten hinausgehen, zu keiner weiteren Minderung der Bemessungsgrundlage.

Die Klägerin hat selbst vor dem 1. Januar 1999 weder Anzahlungen auf Anschaffungskosten noch Anzahlungen auf Erhaltungsaufwendungen geleistet. Lediglich die Erwerberin, die C… KG, hat eine Anzahlung auf Anschaffungskosten geleistet. Dies wirkt sich aber nicht auf die Bemessungsgrundlage der Klägerin aus, da Gegenstand der Begünstigung im Streitfall nicht die Anschaffungskosten aus Sicht der C… KG, sondern die Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten aus Sicht der Klägerin sind. Mit der Beschränkung des § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 soll letztlich nur die zweifache Förderung im Einpersonenverhältnis ausgeschlossen werden (BVerfG vom 16. Februar 2002 1 BvR 127/10, Juris). Daraus folgt, dass sie sich nur auf die Anzahlungen bzw. Teilherstellungskosten des Anspruchsberechtigten bezieht.

6. Hinsichtlich der Höhe der zusätzlich zu fördernden Investitionskosten gehen die Beteiligten auf Grundlage des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung übereinstimmend und zutreffend von DM 14.783.204,86 aus. Durch die Reduzierung der ursprünglich in Höhe von DM 14.883.876,68 geltend gemachten Investitionskosten hat die Klägerin berücksichtigt, dass sie nur einen Teil der Rechnungen für die Leistungsphase 9 vorlegen konnte. Außerdem konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass es sich bei den Außenanlagen nicht um selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter, sondern um unselbständige Gebäudebestandteile handelte (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 30. Januar 1996 IX R 18/91, BStBl II 1997, 25; vom 15. Oktober 1965 VI 181/65 U, BStBl III 66, 12; zur Abgrenzung auch BMF-Schreiben vom 28. Februar 2003, BStBl I 2003, 218, Tz. 4 bis 6). Die übrigen Aufwendungen sind dagegen ausreichend belegt. Dies gilt auch für die Auszahlung der Gewährleistungseinbehalte.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Sätze 1 und 3 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -. Gründe für die Zulassung einer Revision nach § 115 Abs. 2 FGO sind nicht erkennbar. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei § 3 InvZulG 1999 um ausgelaufenes Recht handelt.

8. Die Klägerin zog für das Vorverfahren einen Bevollmächtigten hinzu. Dies war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären, da die Sach- und Rechtslage nicht so einfach ist, dass die Klägerin sich selbst vertreten konnte.