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Asylrecht-Hauptsacheverfahren (Dublin-Verfahren nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG)


Metadaten

Gericht VG Cottbus 5. Kammer Entscheidungsdatum 14.11.2019
Aktenzeichen 5 K 949/19.A ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2019:1114.5K949.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Wegen der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Aufhebung des Bescheids der Beklagten, in dem ihr Asylantrag als unzulässig abgelehnt wird, sie zur Ausreise nach Italien aufgefordert werden und die Abschiebung angedroht wird.

Die Kläger sind nach eigenen Angaben nigerianische Staatsangehörige. Ausweislich der übersetzten italienischen Heiratsurkunde sind der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. verheiratet (Bl. 199 ff. d. BA). Die Kläger zu 3. und 4. sind die gemeinsamen Kinder der Kläger zu 1. und 2. Kläger zu 3. ist ausweislich der übersetzten italienischen Geburtsurkunde am 22. September 2015 in Italien geboren, Klägerin zu. 4. ist ausweislich der italienischen Geburtsurkunde am 27. Oktober 2016 in Italien geboren (Bl. 217 ff. d. BA).

Die Kläger reisten eigenen Angaben nach am 7. Februar 2019 in Deutschland ein und stellten am 14. Februar 2019 in Deutschland einen Asylantrag. Bei der persönlichen Anhörung gaben sie im Wesentlichen an, dass sie in Italien keine Unterkunft und kein Essen gehabt hätten. Der Kläger zu 1. habe betteln müssen. Der Kläger zu 3. sei Autist und habe in Italien keine notwendige Behandlung erhalten. Laut übersetztem italienischen ärztlichen Attest vom 24. April 2018 (Bl. 202 ff. d. BA) wurde eine Autismus-Spektrum-Störung mit ausgeprägter Instabilität diagnostiziert. Zudem habe die Klägerin zu 2. aufgrund ihrer Schwangerschaft ärztliche Untersuchungen gebraucht.

Laut Mitteilung der italienischen Behörden vom 29. April 2019 erhielten der Kläger zu 1. und 2. in Italien subsidiären Schutz (Bl. 247 f. d. BA).

Am 31. Mai 2019 ist der Sohn der Kläger zu 1. und 2. namens C... in Deutschland geboren. Er betreibt ein eigenes Verfahren beim Verwaltungsgericht Cottbus (VG 5 K 1062/19.A), in dem er die Aufhebung des Bescheids begehrt, mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wird.

Mit Bescheid vom 1. Juli 2019, zugestellt am 8. Juli 2019, lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziff. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziff. 2). Es forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Widrigenfalls drohte es die Abschiebung nach Italien an, oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist. Es stellte fest, dass die Kläger nicht nach Nigeria abgeschoben werden dürfen (Ziff. 3). Es befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4). Es setzte die Vollziehung der Abschiebungsandrohung aus (Ziff. 5). Als Begründung für die Unzulässigkeit des Antrags stellte die Beklagte für die Kläger zu 1. und 2. auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ab, für die Kläger zu 3. und 4. auf § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 S. 2 Dublin-III-VO ab.

Die Kläger haben am 15. Juli 2019 Klage beim Verwaltungsgericht Cottbus erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass für die Kläger zu 3. und 4. ein eigenes Zuständigkeitsverfahren hätte eingeleitet werden müssen und die Überstellungsfrist nunmehr abgelaufen sei. Der Kläger zu 3. sei in Bezug auf seine Autismus-Spektrum-Störung behandlungsbedürftig und eine Behandlung in Italien sei nicht gewährleistet. Die Kläger legen einen ärztlichen Bericht des Klinikums F... vom 25. September 2019 vor, in dem eine Verschlechterung der Autismus-Spektrum-Störung dahingehend festgestellt wird, dass nunmehr von einer schweren Form des Autismus ausgegangen wird (Bl. 78 ff. d. A.). Zudem handele es sich bei der Familie mit Kleinkindern um besonders vulnerable Personen, sodass für die Kläger zu 1.-4. ein Abschiebungsverbot bestehe. Es müsse eine konkrete und einzelfallbezogene Zusicherung der italienischen Behörden in Bezug auf eine gesicherte Unterkunft für alle Familienmitglieder eingeholt werden.

Unter Rücknahme der Klage im Übrigen beantragen die Kläger,

den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 1. Juli 2019 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Das Gericht hat das Verfahren mit dem Verfahren VG 5 K 1062/19.A zur gemeinsamen Verhandlung miteinander verbunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Das Verfahren ist gem. § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO insoweit einzustellen, als die Kläger die Anträge zurückgenommen haben.

Die Feststellung, dass die Kläger nicht nach Nigeria abgeschoben werden dürfen und die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsandrohung sind bei verständiger Würdigung des Klagebegehrens nicht streitgegenständlich. Die zulässigen Klagen sind unbegründet.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Die Asylanträge der Kläger zu 1. bis 4. sind unzulässig. Die Unzulässigkeitsentscheidung des Asylantrags der Kläger zu 1. und 2. basiert auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Dies ist vorliegend der Fall. Laut Mitteilung der italienischen Behörden haben die Kläger zu 1. und 2. in Italien subsidiären Schutz erhalten.

Vorliegend kann es offenbleiben, ob die Unzulässigkeitsentscheidung der Kläger zu 3. und 4. auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG oder auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG beruhen. Danach ist ein Asylantrag entweder unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments oder Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz (Dublin-III-VO) zuständig ist oder wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Asylsuchenden bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat, was vorliegend mit Blick auf Art. 23 der Richtlinie 2011/95/EU angenommen werden könnte.

Es entspricht der – soweit erkennbar – einheitlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass in der vorliegenden Konstellation entweder in entsprechender bzw. erweiterter Anwendung des Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO der Mitgliedstaat, der einem Elternteil internationalen Schutz gewährt hat, auch für die Durchführung der Asylverfahren der Kinder zuständig ist (vgl. Beschluss der Kammer v. 11. Juli 2014 – VG 5 L 190/14.A – sowie OVG Lüneburg, B. v. 26. Februar 2019 – 10 LA 218/18 – Rn. 9 - 10, Juris; VGH Baden-Württemberg, B. v. 14.03.2018 – A 4 S 544/18 – Rn. 9 ff., Juris; VG Berlin, B. v. 23.08.2018 – 23 K 367.18 A –Rn. 3 ff., Juris; VG Ansbach, U. v. 26.03.2018 – AN 17 K 18.50055 – Rn. 26, Juris; VG Lüneburg, B. v. 14.02.2018 – 4 A 491/17 – Rn. 20, Juris; VG Würzburg, U. v. 22.01.2018 – W 2 K 17.33334 –Rn. 22, Juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 19.09.2017 – 9a L 2652/17.A – Rn. 53 ff., Juris; VG München, B. v. 20.06.2017 – M 11 S 17.41493 – Rn. 24, Juris) oder die Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 AsylG mit einer entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG begründet wird (etwa Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, B. v. 22.11.2018 – 21 ZB 18.32867 – Rn. 17 ff., Juris; VG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 08.05.2017 – 16 A 808/15 – Rn. 21, Juris).

Der angefochtene Bescheid stützt sich ausdrücklich auf § 29 Abs. 1 Nr. 1a) AsylG. Zudem nimmt die Beklagte in ihrer Begründung Bezug zu Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO. Überdies ließe sich der Bescheid auch in eine entsprechende Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG umdeuten (vgl. zum Aufrechterhalten auf anderer Rechtsgrundlage bzw. einer Umdeutung BVerwG, Urteil vom 21. November 2017 – 1 C 39.16 –, BVerwGE 161, 1-17, Rn. 42 – 45 und vom 01. Juni 2017 – 1 C 9.17 –, Rn. 18 - 22, Juris).

Für die Kläger zu 3. und 4. hätte auch kein eigenes Zuständigkeitsverfahren eingeleitet werden müssen, sodass insofern auch keine Überstellungsfrist abgelaufen sein kann. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 3 der Dublin-III-Verordnung, der davon ausgeht, dass die Situation eines minderjährigen Kindes untrennbar mit der Situation seiner Eltern verbunden ist und daher die Bearbeitung des Asylantrags des Kindes in die Zuständigkeit des Mitgliedstaates fällt, der für die Prüfung des Antrags der Eltern auf internationalen Schutz zuständig ist. Würde man für die Kinder die Durchführung eines eigenen Zuständigkeitsverfahrens für erforderlich halten, eröffnete dies die Möglichkeit, dass für die minderjährigen Kinder und deren Eltern verschiedene Mitgliedstaaten zuständig wären und somit die Situation der minderjährigen Kinder und ihrer Eltern gerade nicht mehr untrennbar wäre.

Der Unzulässigkeitsentscheidung steht auch kein höherrangiges Recht entgegen. Auch verbietet es Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU einem Mitgliedstaat nicht, die durch diese Bestimmung eingeräumte Befugnis auszuüben, einen Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als unzulässig abzulehnen, weil dem Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat bereits internationaler Schutz gewährt worden ist, wenn der Antragsteller keiner ernsthaften Gefahr ausgesetzt wäre, aufgrund der Lebensumstände, die ihn in dem anderen Mitgliedstaat als subsidiär Schutzberechtigten erwarten würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-GR-Charta zu erfahren (BVerwG, Beschluss vom 24. April 2019 – 1 C 37.16 – juris, Rn. 3, unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17).

Vorliegend droht keine Verletzung von Art. 4 der EU-GR-Charta.

Gegen eine Verletzung von Art. 4 der EU-GR-Charta streitet die im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geltende Vermutung, dass die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta, der Genfer Konvention und der EMRK steht. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung von Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), in dem im Rahmen des mit dieser Richtlinie eingerichteten gemeinsamen Asylverfahrens der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zum Ausdruck kommt (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. – Juris Rn. 85) und dessen Umsetzung ins nationale Recht § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG dient.

Die zur Widerlegung dieser Vermutung besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre erst erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 – Juris Rn. 90). Daher ist das Gericht, das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung befasst ist, mit der ein neuer Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abgelehnt wurde, in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die der Antragsteller vorgelegt hat, um das Vorliegen eines solchen Risikos in dem bereits internationalen Schutz gewährenden Mitgliedstaat nachzuweisen, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 – Juris Rn. 88).

Dem Gericht liegen keine objektiven Erkenntnisse vor, dass infolge Gleichgültigkeit italienischer Behörden eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, die unionsrechtliche Vermutung im vorliegenden Falle also widerlegt wäre.

Die individuellen Erlebnisse eines Betroffenen sind in diesem Zusammenhang keine Grundlage für die Widerlegung der Vermutung. Sie stellen schon keine objektiven Angaben im oben genannten Sinne dar. Ferner kommt ihnen, zumal wenn sie wie hier mehrere Jahre zurückliegen, nur in begrenztem Umfang Erkenntniswert zu, keinesfalls führen sie zur einer Beweislastumkehr (BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 – 10 B 35.14 – Buchholz 402.25 § 27a AsylVfG Nr. 2).

Einer Überstellung nach Italien stehen auch keine Stellungnahmen des UNHCR entgegen. Anders als im Falle Bulgariens oder Griechenlands hat der Hohe Flüchtlingskommissar zu keinem Zeitpunkt einen Abschiebestopp hinsichtlich Italiens gefordert.

Unabhängig davon, dass dem Gericht keine objektiven, zuverlässigen, genauen und gebührend aktualisierten Angaben vorliegen, die die unionsrechtliche Vermutung entkräften, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass im Falle der Kläger nicht zu besorgen ist, dass sie extremer materieller Not anheimfielen, die es ihnen verwehrte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, sie also gezwungen sein würden, ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen oder Nahrungsmitteln auf der Straße zu leben. Denn extreme Not begründet nur dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK, wenn der Betroffene ihr unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen ausgesetzt ist (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 – Juris Rn. 90). Für diese Prognose ist zu unterstellen, dass die Kläger gemeinsam mit dem minderjährigen Kind C... aus dem Verfahren VG 5 K 1062/19.A nach Italien zurückkehren (vgl. zu Abschiebungsverboten BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 – 1 C 45.18 -).

Zurückkehrende Schutzberechtigte sind nicht staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt. Kehren anerkannte Flüchtlinge aus dem Ausland zurück, können sie sich etwa am Flughafen in Rom von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) beraten lassen. Dort erfahren sie auch, welche Questura für sie zuständig ist. Diese wird informiert und der Flüchtling erhält ein Bahnticket, um dorthin zu gelangen.

Für anerkannte Flüchtlinge ist die Behörde der Gemeinde zuständig, in der sie ihren Asylantrag gestellt haben. Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Aufenthaltsbewilligung, die fünf Jahre gültig ist und bei Ablauf verlängerbar bzw. erneuerbar ist. In die Aufenthaltsbewilligung wird die Wohnadresse eingetragen. Bis zur Ausstellung der Aufenthaltsbewilligung können die Antragsteller Aufnahme in einer Aufnahmeeinrichtung finden. Für die weitere Unterkunft des Flüchtlings ist entscheidend, dass und wo er seinen Wohnsitz begründet. Das geschieht grundsätzlich in der Gemeinde, in der der Asylantrag gestellt wurde und in der sich dementsprechend auch die zuständige Behörde befindet (vgl. mit zahlreichen detaillierten Einzelnachweisen OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2016 – 13 A 1490/13.A – Juris Rn. 101 bis136).

Die Versorgung mit Wohnraum ist durch das sog. „Salvini-Gesetz“, welches seit Oktober 2018 gilt, gerade für anerkannte Schutzberechtigte, insbesondere für Familien mit Kindern, entscheidend verbessert worden. Die sog. SPRAR-Zentren (Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugati) wurden in SIPROIMI umbenannt und stehen seit dem 5. Oktober 2018 nur noch Minderjährigen oder Personen mit Schutzstatus offen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 11. Januar 2019, bestätigt durch den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe „Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien“ vom 8. Mai 2019 S. 4). Davor dienten sie nur der Aufnahme jener Personen, die sich als Asylbewerber noch in einem laufenden Asylverfahren befanden. Nach Anerkennung durften diese Personen dort nur vorübergehend verbleiben. Die italienischen Behörden setzen diese Beschränkung tatsächlich um, indem sie bereits vor dem Jahreswechsel 2018/2019 mehrere Hundert Bewohner aufgefordert haben, diese nur noch für anerkannte Schutzberechtigte und Minderjährige bestimmten Unterkünfte zu verlassen (SFH a.a.O. S. 10). Die SIPROIMI weisen einen Standard auf, der nach Einschätzung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe jenen Garantien entspricht, die nach dem Urteil des EGMR vom 14. November 2014 (Application no. 29217/12 Tarakhel v. Schweiz) abgegeben wurden (SFH a.a.O.). Bei SIPROIMI handelt es sich um über 875 kleinere dezentrale Einrichtungen, die landesweit 35.650 Plätze bieten (Stand: Januar 2019 laut SFH a.a.O.). Es sind dem Gericht keine Anhaltspunkte bekannt, wonach es dort zur Überbelegung kommt oder Wohnberechtigte mangels Kapazität abgewiesen werden mussten. Derartiges steht auch nicht zu erwarten. Es ist nämlich eine allgemeinkundige Tatsache, dass ein erheblicher Teil der Asylbewerber und der als schutzberechtigt Anerkannten Italien wieder verlässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04. März 2015 – 1 B 9.15 – zit. nach Juris Rn. 6). Der vorliegende Fall ist ein augenfälliges Beispiel für diese Sekundärmigration, die gerade verhindert werden soll (vgl. EuGH, Urteil vom 17. März 2016 – C-695/15 PPU – Juris Rn 52). Zudem ist es eine allgemeinkundige Tatsache, dass die Zahl von Migranten, die Italien erreichen, mittlerweile stark abgenommen (im August 2017 um 90%) hat, was die Aufnahme der im Land befindlichen Asylantragsteller oder Anerkannten erleichtert (vgl. Zeit Online, „Italien meldet Rückgang von Flüchtlingszahlen“ vom 28. August 2017). Diese Tendenz hat sich auch im Jahre 2018 fortgesetzt. Laut UNHCR wurden zwischen Januar und September 2018 nur 21.000 Neuankünfte in Italien registriert, gegenüber 105.400 in der gleichen Periode im Jahr 2017 (SFH a.a.O. S. 11). Dem Gericht liegen keine Erkenntnisse vor, dass Familien, nachdem sie in einer SIPROIMI Unterkunft gefunden haben, aus dieser wieder ausziehen mussten, bevor sie eine eigene Bleibe gefunden haben. Dem Rundschreiben des italienischen Innenministeriums vom 27. Dezember 2018, auf das das Verwaltungsgericht Magdeburg (VG Magdeburg, Urteil vom 7. August 2019 – 6 A 266/19 MD) zum Beleg der Tatsache, dass internationale Schutzberechtigte 6 bis maximal 12 Monate in der SIPROIMI bleiben dürfen Bezug nimmt, entnimmt das Gericht eine solche Auskunft nicht.

Kann nach alledem schon keine Rede davon sein, dass anerkannte Schutzberechtigte bei der Versorgung mit Wohnraum staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sind, drohte selbst dann keine Obdachlosigkeit, wenn ausnahmsweise keine Plätze in SIPROIMI bereitstehen sollten. Selbst im Falle staatlicher Gleichgültigkeit könnte ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK nur dann angenommen werden, wenn ein Kläger tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden (BVerwG, Beschluss vom 10. September 2018 – 1 B 52/18, 1 PKH 41/18 – Juris Rn. 8), wenn Obdachlosigkeit also tatsächlich drohte, wobei auch nichtstaatliche Hilfsmaßnahmen relevant sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Mai 2014 – 10 B 31/14 – Juris Rn. 6). Neben den SIPROIMI bieten jedoch auch caritative Einrichtungen Unterkünfte an. In großen Städten konnten Flüchtlinge zwar vor Jahren teilweise nur in besetzten Häusern, mit zum Teil hunderten von Bewohnern, ohne ausreichende Versorgung mit Trinkwasser und Elektrizität unterkommen. Inzwischen hat sich die Situation aber verbessert. Das Auswärtige Amt hat schon im August 2013 und gegenüber dem OVG NRW unter dem 23. Februar 2016 mitgeteilt, im Ergebnis könne davon ausgegangen werden, dass für die anerkannten Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichend staatliche bzw. öffentliche oder caritative Unterkunftsmöglichkeiten (bei teilweiser lokaler Überbelegung) zur Verfügung stehen (vgl. mit zahlreichen detaillierten Einzelnachweisen OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2016 – 13 A 1490/13.A – Juris Rn. 101 bis136).

Auch hinsichtlich der Gefahr der Verelendung greift eine starke unionsrechtliche Vermutung für das Gegenteil ein. Es liegen keine objektiven, zuverlässigen, genauen und gebührend aktualisierten Anhaltspunkte vor, die im Falle einer Familie mit Kindern eine extreme materielle Not besorgen lassen. Solche Umstände ins Blaue hinein erst zu ermitteln, verbietet sich eingedenk der unionsrechtlichen Vermutung. Die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse lassen keinen Schluss auf extreme materielle Not zu. In Italien gibt es zwar kein allgemeines System der Sozialhilfe. Etwaige gemeindliche Unterstützungsleistungen sind an den offiziellen Wohnsitz in der Gemeinde geknüpft. Es gibt aber öffentliche Fürsorgeleistungen für gemeldete Flüchtlinge, wenn sie bereit sind, an Maßnahmen zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage, z. B. speziellen beruflichen Lehrgängen, teilzunehmen. Lokale Behörden, Stiftungen, Gewerkschaften, Hilfsorganisationen oder NGOs unterhalten Integrationsprogramme und arbeiten dabei teilweise zusammen. Soweit solche Leistungen nicht greifen oder ausreichen, können Flüchtlinge, wenn sie - wie viele Italiener auch - arbeitslos sind, auf Spenden caritativer Organisationen zurückgreifen. Für eine legale, sozialversicherungspflichtige Arbeit ist ein fester Wohnsitz Voraussetzung. Der Arbeitsmarkt ist zwar schwierig. Viele Flüchtlinge, die mit gleichaltrigen italienischen Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren, kommen häufig nur als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft unter. Daraus kann allerdings nicht auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK geschlossen werden. Zusammenfassend ist danach davon auszugehen, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien staatliche Hilfen in Anspruch nehmen können, um jedenfalls ihre Grundbedürfnisse zu decken. Gelingt dies nicht sogleich bzw. vollständig, können sie die Hilfe caritativer Organisationen erhalten (vgl. zum Ganzen mit zahlreichen detaillierten Einzelnachweisen OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2016 – 13 A 1490/13.A – Juris Rn. 101 bis136).

Angesichts Art. 30 der Richtlinie 2011/95/EU besteht auch im Falle anerkannter Schutzberechtigter eine starke unionsrechtliche Vermutung dafür, dass die ihnen in Italien gebotene medizinische Versorgung angemessen sein wird (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 – C-578/16 PPU – Rn. 70 zu Art. 17 bis 19 der Richtlinie 2013/22/EU). Die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse bestätigen diese Vermutung. Bei der Gesundheitsversorgung werden anerkannte Flüchtlinge in Italien wie italienische Bürger behandelt. Der kostenlose Zugang zur Notfallversorgung steht ihnen immer zur Verfügung (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. August 2016 – 13 A 63/16.A – Juris Rn. 94). Auch psychische Erkrankungen sind als weit verbreitete Erkrankungen in Italien behandelbar. Gleiches gilt für die Versorgung sonstiger ernsthafter, auch chronischer Erkrankungen mit den erforderlichen Medikamenten und der notwendigen ärztlichen Behandlung. Dem steht der geforderte Selbstbehalt (sog. "Ticket") nicht entgegen. Um eine Befreiung zu erhalten, muss sich der Flüchtling lediglich offiziell arbeitslos melden. Abgesehen davon besteht über eine sog. STP-Karte, die bei einer öffentlichen lokalen Gesundheitsorganisation oder in einem großen Krankenhaus zu beantragen ist, ein Zugang zur kostenlosen medizinischen Behandlung, wenn diese wegen schwerer Erkrankungen dringend erforderlich ist. Die Verfügbarkeit der medizinischen Versorgung ergibt sich auch aus den Angaben der Kläger. Diese haben im Asylverfahren vorgetragen, dass Israel eine medizinische Versorgung in Form einer Therapie erhalten hat. Soweit zur Einstellung der Behandlung von den Klägern vorgetragen wird, dass sie sich den Selbstbehalt nicht leisten konnten, sind diese darauf zu verweisen, dass nach Arbeitslosmeldung die Möglichkeit besteht, sich von dem Selbstbehalt befreien zu lassen. Selbst wenn während der Überbrückungsphase bis zur Arbeitslosmeldung keine Behandlung stattfinden kann, da der Selbstbehalt von den Klägern nicht aufgebracht werden kann, so fehlt jedwede Bescheinigung im Sinne des § 60a Abs. 2c AufenthG dafür, dass dieser Zeitraum ausreichend ist, um eine wesentliche Verschlechterung der Erkrankung herbeizuführen.

Auch unter der neuen Regierung haben sich die Verhältnisse in Italien nicht derart gewandelt, dass ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK beachtlich wahrscheinlich wäre (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2018 – 10 LB 201/18 – Juris). Nichts anderes folgt aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 11. Januar 2019 mit Blick auf das dort kritisierte sog. „Salvini-Gesetz“. Die gerügten Regelungen betreffen Schutzberechtigte nicht oder stellen sie – wie oben dargestellt – hinsichtlich der Unterkunft sogar besser. Soweit die Abschaffung des sog. humanitären Schutzstatus, die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten, die Möglichkeit der Ablehnung des Asylantrages als „offensichtlich unbegründet“ oder die Schaffung der negativen Voraussetzung einer internen Fluchtalternative angeprangert wird, handelt es sich um Regelungen die im deutschen Recht seit jeher Anwendung finden, ohne Zweifel an der Konformität mit Art. 3 EMRK auszulösen. Im Übrigen sind diese Novellierungen für bereits anerkannte Asylbewerber – wie hier – ebenso irrelevant, wie die Regelungen zur Feststellung der Identität, zur Dauer der Abschiebehaft und über die Aufenthaltsbewilligung während des Asylverfahrens.

Erweist sich nach alledem das Unzulässigkeitsverdikt gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als rechtmäßig, gilt dies auch für die gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG getroffene Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Gem. § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Im Falle einer Abschiebung nach Italien droht keine konventionswidrige Behandlung. Dagegen streitet die im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geltende Vermutung, dass die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta, der Genfer Konvention und der EMRK steht. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung von Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Verfahrensrichtlinie in dem im Rahmen des mit dieser Richtlinie eingerichteten gemeinsamen Asylverfahrens der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zum Ausdruck kommt (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. – Juris Rn. 85). Diese Vermutung wird nach dem Vorstehenden vorliegend nicht widerlegt.

Gem. § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG. Der Vortrag der Klägerin zu 2. in Bezug auf ihren Behandlungsbedarf aufgrund der Schwangerschaft ist überholt, da die Schwangerschaft nunmehr seit fast 6 Monaten beendet ist. Der Vortrag des Klägers zu 3. begründet keine konkrete Gefahr für seine Gesundheit, da es sich bei einer Autismus-Spektrum-Störung schon nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung handelt. Selbst wenn man die Erkrankung als schwerwiegend einstufen würde, hat der Kläger jedoch nicht durch ein qualifiziertes ärztliches Attest glaubhaft gemacht, dass sich die Erkrankung durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. Vielmehr ergibt sich aus dem Vortrag der Kläger, dass auch in Italien eine Therapiemöglichkeit für die Erkrankung besteht. Dem Vortrag, dass die Kläger sich nicht den Selbstbehalt leisten konnte, ist damit zu begegnen, dass eine Befreiung von dem Selbstbehalt beantragt werden kann, wenn die Kläger offiziell arbeitslos gemeldet sind. Selbst wenn während der Überbrückungsphase bis zur Arbeitslosmeldung keine Behandlung stattfinden kann, da der Selbstbehalt von den Klägern nicht aufgebracht werden kann, so ist nicht davon auszugehen, dass dieser Zeitraum ausreichend ist, um eine wesentliche Verschlechterung der Erkrankung herbeizuführen. Zumal er aktuell mit der Einnahme von den Medikamenten Promethazin-neuraxpharm, Risperdal und Slenyto behandelt wird, sodass eine Therapie mit diesen Medikamenten auch in Italien zunächst fortgesetzt werden könnte.

Soweit für die Rückführung von Familien mit Kindern eine individuelle Zusicherung italienischer Behörden für erforderlich gehalten wird, ist zwar davon auszugehen, dass die Rechtsprechung des EGMR, in der derartige Zusicherungen bereits seit 2016 nicht mehr für erforderlich gehalten werden (vgl. etwa EGMR Entscheidungen vom 4. Oktober 2016 – Beschwerde Nr. 30474/14 – „Jihana Ali und andere“, Ziffer 34, und vom 4. Oktober 2016 – Beschwerde Nr. 32275/15 – „M.A.-M. und andere“, Ziffer 27) aufgrund der italienischen Gesetzesänderungen infolge des Salvini-Dekrets und ihre Auswirkungen auf das Asyl- und Aufnahmesystem als überholt anzusehen sind (insofern auch das VG Magdeburg, Urteil vom 7. August 2019 – 6 A 266/19 MD). Dennoch führt dies vorliegend nicht zwingend zu dem Erfordernis einer Zusicherung. So knüpfen sowohl der EGMR (Urteil des EGMR vom 14. November 2014 (Application no. 29217/12 Tarakhel v. Schweiz) als auch das Bundeverfassungsgericht (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14) das Erfordernis einer Zusicherung an tatsächliche Kapazitätsengpässe die Unterkunftsmöglichkeiten betreffend. Aufgrund des Salvini-Dekrets haben sich zwar die Unterkunftsmöglichkeiten für Dublin-Rückkehrer möglicherweise verschlechtert. In diesem Zusammenhang ist auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen, da dieses für Dublin-Rückkehrer an dem Erfordernis einer Zusicherung festhält (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2019, 2 BvR 1380/19, juris Rn. 23; insofern auch das VG Magdeburg, Beschluss vom 12. September 2019, Az. 6 B 396/19 MD). Die Unterkunftsmöglichkeiten für anerkannt Schutzberechtigte haben sich dagegen verbessert, da die SIPROIMI ausschließlich für diese und für Minderjährige zur Verfügung stehen.

Unabhängig von ihrer Erforderlichkeit betrifft die Frage der Zusicherung, die Familie unter Wahrung der Familieneinheit und angemessen unterzubringen, ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 – Asylmagazin 2014, 341-343; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 939/14 – NVwZ 2014, 1511-1513; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 - AuAS 2014, 244-247), das von der Ausländerbehörde zu prüfen ist, während das Bundesamt beim Erlass der hier streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung allein zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen hat. Das inlandsbezogene Abschiebungsverbot gem. § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG erstreckt sich nicht nur auf den Zeitraum des Transportvorgangs, sondern auch auf einen Zeitraum außerhalb davon. Sodass insbesondere der Zeitraum nach der Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14) und insofern auch die Unterbringung direkt nach der Ankunft davon erfasst ist.

Die Abschiebungsandrohung für die Kläger zu 1. und 2. findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 34, 35 AsylG. Danach erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 des AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die einwöchige Ausreisefrist ergibt sich aus § 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG.

Die Abschiebungsandrohung für die Kläger zu 3. und 4. beruht auf § 34 bzw. § 34a AsylG. Die Androhung ist jedenfalls mit Blick auf § 34a Abs. 1 S. 4 AsylG zulässig. Überdies werden durch eine Androhung anstelle von einer Anordnung keine Rechte i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2017 – 1 C 11.17 – Rn. 15, Juris). Die einwöchige Ausreisefrist ergibt sich aus § 36 Abs. 1 AsylG.

Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes ist nicht zu beanstanden. Gem. § 11 Abs. 1 AufenthG ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen, das gem. § 11 Abs. 2 AufenthG zu befristen ist. Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots entscheidet das Bundesamt nach Ermessen, § 11 Abs. 3 AufenthG. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten, § 11 Abs. 3 S. 2 AufenthG. Dass die im Bescheid getroffene Ermessensentscheidung des Bundesamts zu begründen ist, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 31 Abs. 1 Satz 2 AsylG). Zum Begründungsinhalt und -umfang kann ergänzend auf die Regelungen in § 39 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VwVfG zurückgegriffen werden, wonach in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, und die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen soll, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Inhalt und Umfang der Begründung von Ermessensentscheidungen richten sich im Übrigen nicht nach allgemeinen Maßstäben, sondern nach den Umständen des Einzelfalls (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1965 – II C 3.63 – BVerwGE 22, 215). Auch bei der Bemessung der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG hat das Bundesamt die im Zeitpunkt seiner Entscheidung bekannten Umständen zu berücksichtigen. Fallübergreifende, verallgemeinerungsfähige Kriterien können hierzu nicht festgelegt werden. Es ist jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn das Bundesamt sich in Fällen, in denen – wie hier – keine individuellen Gründe vorgebracht werden oder ersichtlich sind, generell eine Frist von 30 Monaten festsetzt und damit das in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG festgelegte Höchstmaß zur Hälfte ausschöpft.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.