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Sportförderung; öffentliche Sportanlagen; unentgeltliche Vergabe; Sporthalle; Überlassung; Nutzungsdaten; vorgegebene Zeitblöcke; Ermessen; Verwaltungsprozess; Willkürverbot; Nutzungsvorschriften; Verwaltungsvorschriften; Ermessensbindung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 12.09.2014
Aktenzeichen OVG 6 N 67.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 114 S 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, § 14 Abs 1 SportFöG BE, § 14 Abs 5 SportFöG BE, Art 3 Abs 1 GG

Leitsatz

1. Die Vergabe von Sportanlagen an Sportorganisationen aufgrund des Sportförderungsgesetzes steht grundsätzlich im Ermessen der zuständigen Behörde.

2. Sportorganisationen können einen etwaigen Verstoß gegen die auf Grundlage des § 14 Abs. 5 Satz 1 SportFG erlassenen Sportanlagen-Nutzungsvorschriften - SPAN - grundsätzlich nicht geltend machen.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. September 2013 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der allein auf den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Ernstliche Richtigkeitszweifel liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung des Beklagten gerichtete Klage, der Klägerin eine bestimmte Sporthalle im Sommerhalbjahr 2013 montags in der Zeit von 17:30 Uhr bis 19:00 Uhr für das Jugendtraining zu überlassen, mit der Begründung abgewiesen, die Ablehnung des entsprechenden Begehrens durch den Beklagten sei ermessensfehlerfrei. Das insoweit allein maßgebliche (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren weckt keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung. Es beruht vielmehr in weiten Teilen auf einer Verkennung der anzulegenden rechtlichen Maßstäbe.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin § 14 des Berliner Sportförderungsgesetzes - SportFG - ist. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift sollen öffentliche Sportanlagen regelmäßig dem Schulsport und dem Übungs-, Wettkampf- und Lehrbetrieb der anerkannten Sportorganisationen sowie der sonstigen sportlichen Betätigung dienen (Satz 1). Bei der Vergabe ist eine vollständige Nutzung anzustreben (Satz 2). Dabei sind die berechtigten schutzwürdigen Belange der Anlieger zu berücksichtigen (Satz 3). Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 SportFG werden die Einzelheiten der Nutzung öffentlicher Sportanlagen durch Verwaltungsvorschriften (Nutzungsvorschriften) festgelegt, wobei als Vergabegrundsätze zu berücksichtigen sind, dass Sportanlagen den Schulen während der Schulzeit grundsätzlich bis 16:00 Uhr zur Verfügung stehen (Satz 2 Nr. 1) und die Bedürfnisse der Sportorganisationen mit Übungs- und Wettkampfangeboten für den Jugendbereich im notwendigen Umfang Vorrang gegenüber Sportangeboten der Volkshochschulen und der Freizeit- und Erholungsprogramme haben (Satz 2 Nr. 2).

Diese Vorschriften räumen den Sportorganisationen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung eines auf Nutzung einer öffentlichen Sportanlage gerichteten Begehrens ein. Die konkrete Vergabe der Sportanlagen, also die Frage, welche Sportorganisation welche Sportanlage zu welcher Zeit für ihre Zwecke nutzen darf, steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, kann im gerichtlichen Verfahren eine Überprüfung der Vergabeentscheidung gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur daraufhin erfolgen, ob die Ablehnung des Überlassungsbegehren die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Behörde ist demnach in ihrem Ermessen grundsätzlich frei und nur durch die in § 14 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 SportFG vorgegebenen Grundsätze gebunden. Im Übrigen kommt eine Bindung der Ermessensentscheidung nur dann in Betracht, wenn die zuständige Behörde eine bestimmte, Sportorganisationen begünstigende Verwaltungspraxis etabliert hat, an der sie auch künftig festhalten will. In einem solchen Fall kann die betroffene Sportorganisation aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Artikels 3 Abs. 1 GG ebenfalls verlangen, in den Genuss der gewährten Vergünstigung zu kommen.

Die von der Senatsverwaltung für Inneres auf Grundlage des § 14 Abs. 5 Satz 1 SportFG erlassenen „Ausführungsvorschriften über die Nutzung öffentlicher Sportanlagen Berlins und für die Vermietung und Verpachtung landeseigener Grundstücke an Sportorganisationen (Sportanlagen-Nutzungsvorschriften - SPAN)“ vom 2. Februar 2010 begründen dagegen keinen Anspruch auf eine konkrete Vergabeentscheidung. Dafür fehlt es ihnen an der insoweit notwendigen Außenwirkung. Es handelt sich um rein behördeninterne Verwaltungsvorschriften, aus denen Sportorganisationen grundsätzlich keine Rechte für sich herleiten können. Das bedeutet, Sportorganisationen können einen etwaigen Verstoß gegen Regelungen der SPAN bei der Vergabe einer Sportanlage grundsätzlich nicht geltend machen. Die SPAN sind grundsätzlich auch nicht als antizipierte Verwaltungspraxis zu werten. Entscheidend ist allein die tatsächliche Verwaltungspraxis.

Vor diesem Hintergrund ist es verfehlt, wenn die Klägerin meint, das Bezirksamt habe bestimmte Vorgaben der SPAN bei der in Rede stehenden Vergabeentscheidung nicht beachtet. Maßgeblich ist allein, ob der Vergabeentscheidung ein sachlicher Gesichtspunkt zu Grunde liegt und die Vorgaben des § 14 SportFG beachtet wurden. Beides hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil überzeugend dargelegt. Es hat insoweit ausgeführt, die Verwaltungspraxis des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg von Berlin, Sporthallen im Rahmen der halbjahresbezogenen wiederkehrenden Nutzung in vorgegebenen Zeitblöcken zu vergeben, nämlich in der Zeit von 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr und danach im 90-Minuten-Takt (17:00 Uhr bis 18:30 Uhr, 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr, 20:00 Uhr bis 21:30 Uhr, wobei die Sportanlage bis 22:00 Uhr zu verlassen ist), begegne keinen rechtlichen Bedenken. Sie trägt den Vorgaben des SportFG Rechnung, wonach Sportanlagen den Schulen während der Schulzeit grundsätzlich bis 16:00 Uhr zur Verfügung stehen sollten (§ 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 SportFG) und bei der Vergabe eine vollständige Nutzung unter Berücksichtigung der berechtigten schutzwürdigen Belange der Anlieger anzustreben sei (§ 14 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SportFG). Die von der Behörde angeführten Erwägungen, die frühe Trainingseinheit sei vor allem für Kleinkinder gedacht, die spielerisch an eine Sportart herangeführt und für die altersbedingt eine Trainingseinheit von einer Stunde ausreiche, die ab 17:00 Uhr zur Verfügung stehenden, für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene vorgesehenen Trainingseinheiten seien entsprechend der Üblichkeit mit 90 Minuten bemessen und sähen nach der letzten Einheit eine halbe Stunde zum Duschen, Umkleiden und Verlassen der Halle vor, um die Einhaltung der Hallenschließzeit um 22:00 Uhr zu sichern, seien nicht sachwidrig. Dem schließt sich der Senat an.

Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus auch zutreffend angenommen, es sei unerheblich, dass auch alternative, ebenfalls im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben stehende, beispielsweise stärker die von der Klägerin angeführten Bedürfnisse des Leistungssports berücksichtigende Vergabekonzepte denkbar seien und dass es ebenso wenig darauf ankomme, dass nach der Darstellung der Klägerin in der Mehrzahl der übrigen Bezirke Berlins eine der Praxis des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg von Berlin entsprechende Einteilung der Hallennutzungszeit nicht üblich sei. Soweit die Berufungszulassung darlegt, dass nach ihrer Ansicht eine andere Vergabepraxis geeigneter wäre, um den Bedürfnissen der Sportorganisationen Rechnung zu tragen, verkennt sie den Charakter der Ermessensentscheidung. Die eingeschränkte gerichtliche Überprüfung einer Ermessensentscheidung schließt es aus, diese Ermessensentscheidung durch eigene Erwägungen zu ersetzen. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu wecken, müsste die Berufungszulassung daher darlegen, dass die vom Bezirksamt für die Vergabe angestellten Erwägungen sachwidrig sind und/oder den Vorgaben des SportFG nicht entsprechen. Das leistet die Berufungszulassung nicht. Sie beschränkt sich im Kern darauf, eigene Ermessenserwägungen anzustellen, von denen sie meint, sie würden den SPAN besser Rechnung tragen als die vom Bezirksamt etablierte Vergabepraxis.

Vor dem dargelegten Hintergrund ist es, anders als die Klägerin meint, unerheblich, dass § 14 Abs. 1 Satz 2 SportFG, wonach eine vollständige Nutzung öffentlicher Sportanlagen anzustreben ist, „feste Zeitblöcke, ohne die Möglichkeit zu berechtigten abweichenden Einzellösungen, wie sie das Sportamt festgelegt hat“, nicht fordert.

Ohne Erfolg macht die Klägerin weiter geltend, das Verwaltungsgericht habe der Regelung in § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 SportFG nicht hinreichend Rechnung getragen, wonach die Bedürfnisse der Sportorganisationen mit Übungs- und Wettkampfangeboten für den Jugendbereich im notwendigen Umfang Vorrang gegenüber Sportangeboten der Volkshochschulen und der Freizeit- und Erholungsprogramme haben. Die Klägerin führt insoweit aus, die Halle werde nach Beendigung ihres Trainings von einer gemischten Tischtennis-Gruppe lebensälterer Mitglieder eines Berliner Vereins genutzt, die überwiegend Freizeitsportler seien, dabei werde aber nur eine Hälfte der Halle genutzt, während die andere Hälfte durch eine Trennwand abgegrenzt, aber während der gesamten Zeit nicht genutzt werde. Einen Ermessensfehler bei der Vergabeentscheidung zeigt sie mit diesem Vorbringen nicht auf. § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 SportFG rechtfertigt nicht die Annahme, im Kollisionsfalle müsse die Nutzung einer Sportanlage durch Freizeitsportler der Nutzung durch Wettkampfsportler im Jugendbereich stets weichen. Vielmehr sind die zuständigen Behörden bei der Aufteilung der Nutzung der ihnen unterstehenden Sportanlagen auf die einzelnen Sportorganisationen gehalten, diesem Grundsatz Rechnung zu tragen. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass Freizeitsportler vollständig aus der Nutzung öffentlicher Sportanlagen verdrängt würden. Um insoweit einen Ermessensfehler aufzuzeigen, müsste die Klägerin deshalb darlegen, dass die Vergabepraxis des Bezirksamtes insgesamt den Grundsatz des § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 SportFG verletzt und sich dies auch auf die konkrete, sie betreffende Vergabeentscheidung ausgewirkt hat. In dieser Hinsicht trägt sie jedoch nichts vor.

Soweit sie geltend macht, sie habe unter Beachtung der in den SPAN festgelegten Vergabegrundsätzen Anspruch auf Anerkennung einer berechtigten Ausnahme von den vom Bezirksamt vorgesehen Zeitblöcken, verkennt sie erneut den Prüfungsmaßstab. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, die Behörde sei nicht aus Rechtsgründen verpflichtet, der Klägerin die Sporthalle ausnahmsweise außerhalb der festgelegten Zeitblöcke zur Nutzung zu überlassen, weil nach der vom Bezirksamt geübten Praxis Sporthallen nur dann abweichend von den festgelegten Zeitblöcken vergeben würden, wenn kein anderer Nutzer davon betroffen oder ein Nutzungskonflikt aus anderen Gründen auszuschließen sei. Auch diese Ermessenspraxis ist nicht unsachgerecht und damit ermessensfehlerfrei. Dass dies nach Ansicht der Klägerin zu starr erscheinen und den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten bei den Trainingszeiten durch die Sportorganisationen nur unzureichend Rechnung tragen mag, ändert daran nichts. Mit ihren Ausführungen setzt die Klägerin lediglich eigene Ermessenserwägungen anstelle der Ermessenserwägungen des Bezirksamtes, zeigt aber keine Ermessensfehler auf. Dies gilt auch, soweit sie geltend macht, die Praxis des Bezirksamtes entspreche nicht den Zielen einer optimalen Sportförderung, sondern nur dem Ziel einer leichten Handhabung der Vergabeentscheidungen.

Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht angenommen, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen, die Sporthalle bereits seit einer Vielzahl von Jahren in der beantragten Zeit zu Trainingszwecken genutzt zu haben, keinen Anspruch auf weitere Nutzung herleiten kann. Das Verwaltungsgericht hat insoweit im Einklang mit den oben dargelegten Grundsätzen angenommen, dass sich die Verwaltungspraxis des Bezirksamtes geändert habe, weil erst mit der sog. Jahresplanung von Dezember 2010 die Vergabe nach Zeitblöcken eingeführt worden sei. Ohne Erfolg hält dem die Klägerin entgegen, eine neue Sachlage habe sich nicht ergeben, weil sich die materielle Interessenbewertung nicht geändert habe. Auch dieses Vorbringen verkennt den Ermessensspielraum des Bezirksamtes. Ebenso wie es der Behörde grundsätzlich freisteht, wie sie ihre Ermessenspraxis ausübt, steht es ihr grundsätzlich frei, diese zu ändern, sofern sie sich dabei nicht von unsachgemäßen Erwägungen leiten lässt. Die Änderung einer Verwaltungspraxis setzt demnach, anders als die Klägerin meint, keine veränderte materielle Interessenlage voraus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).