Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 25.09.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 12 N 69.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 60 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO |
Ein Rechtsanwalt kann die Versäumung der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht allein damit entschuldigen, dass es nach seiner längeren Ortsabwesenheit zu einer Störung der Computeranlage am Tag des Fristablaufs gekommen ist, so dass der elektronisch gespeicherte Begründungsschriftsatz nicht abgerufen werden konnte.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. Mai 2013 wird verworfen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5 000 EUR festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger, der sich als Rechtsanwalt selbst vertritt, hat seinen Antrag nicht fristgerecht begründet.
Wird die Berufung - wie vorliegend - nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, sind gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen (§ 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO). Ausweislich der Streitakte ist das angegriffene und mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil des Verwaltungsgerichts dem Kläger am 13. Juni 2013 zugestellt worden. Die zweimonatige Frist zur Begründung des rechtzeitig gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung endete damit am Dienstag, den 13. August 2013. Die Begründung des Zulassungsantrages ist per Fax erst am 14. August 2013 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die Begründungsfrist - unabhängig von der teilweise fehlerhaften Faxübersendung - bereits abgelaufen.
Die fristgerecht mit Schriftsatz vom 2. September 2013 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO kann dem Kläger nicht gewährt werden.
Eine Wiedereinsetzung setzt nach § 60 Abs. 1 VwGO voraus, dass der Betroffene ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die Gründe für die Wiedereinsetzung, d.h. sämtliche Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, auf welche Weise und durch wen es zu der Fristversäumnis gekommen ist, müssen bei einem Wiedereinsetzungsgesuch grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO dargelegt werden. Erforderlich ist eine rechtzeitige substantiierte und schlüssige Darstellung der für die unverschuldete Fristversäumnis wesentlichen Tatsachen (BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2011 - 1 B 7/11 - juris Rn. 3; Beschluss vom 12. Mai 2006 - 2 B 8/06 - juris Rn. 5, jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers zu den Umständen der Fristversäumnis nicht.
Nach Hinweis des Senats auf die teilweise fehlerhafte Faxübermittlung hat der Kläger zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages geltend gemacht, dass „ein solcher“ technischer Defekt des Faxgeräts erstmalig aufgetreten sei und für ihn ebenso wenig vorhersehbar gewesen sei wie ein weiteres technisches Problem, welches zuvor am 13. August 2013 bei der Computeranlage in dem Büro in Hamburg aufgetreten sei. Dabei habe die schriftliche Ausfertigung der Begründung für den Zulassungsantrag aus der elektronischen Verarbeitung nicht abgerufen werden können. Dies wie auch die zuvor nicht aufgetretene Störung der Computeranlage habe er erst am Abend des 13. August 2013 bemerkt, als er von einer längeren auswärtigen Beschäftigung zurückgekehrt sei.
Dieser Vortrag lässt nicht erkennen, dass der Kläger unverschuldet darin gehindert war, die Frist zur Begründung des Zulassungsantrages einzuhalten. Insbesondere fehlt es an einer substantiierten und schlüssigen Darlegung, dass er alle erforderlichen und ihm zumutbaren Schritte zur Fristwahrung unternommen hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf eine Frist zwar bis zuletzt ausgeschöpft werden. Nutzt ein Rechtsanwalt - wie vorliegend der Kläger - eine Rechtsmittelfrist voll aus, trifft ihn wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos jedoch eine erhöhte Sorgfaltspflicht, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2010 - 7 B 18/10 - juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2006 - XI ZB 45/04 - juris Rn. 8). Gemessen hieran reicht der bloße Hinweis des Klägers auf eine zuvor nicht aufgetretene Störung der Computeranlage zur Darlegung einer unverschuldeten Fristversäumnis nicht aus. Dabei kann dahinstehen, inwieweit angesichts der ihm obliegenden erhöhten Sorgfaltspflicht auch die Möglichkeit technischer Störungen in Rechnung zu stellen und eine sichere Zeitspanne einzukalkulieren ist, wenn - wie im Falle des Klägers - der Anfertigung und Übersendung der Rechtsmittelbegründung eine längere Ortsabwesenheit vorausgeht. Denn es fehlt jedenfalls an näherem Vortrag dazu, zu welchem genauen Zeitpunkt „am Abend des 13. August 2013“ der Kläger bemerkt hat, dass ein „Abruf“ des elektronisch gespeicherten Begründungsschriftsatzes technisch nicht möglich ist und welche ihm zumutbaren Anstrengungen er nach der Feststellung der Störung zur Fristwahrung unternommen hat. Den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag lässt sich weder entnehmen, dass der Kläger versucht hätte, die vorgetragene Störung der Computeranlage zeitnah zu beheben, noch dass es ihm unmöglich gewesen wäre, die wesentliche Begründung seines Zulassungsantrages erneut schriftlich auszuformulieren und fristgerecht an das Oberverwaltungsgericht zu übersenden. Der von ihm per Post am 16. August 2013 übersandte Begründungsschriftsatz umfasst sieben Seiten; bei Darlegung der aus seiner Sicht wesentlichen Zulassungsgründe wäre eine nähere Erläuterung des fristgemäß Vorgebrachten auch nach Fristablauf noch zu berücksichtigen gewesen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 a Rn. 48). Mit der bloßen Feststellung, dass die bereits von ihm verfasste und elektronisch gespeicherte Zulassungsbegründung nicht „abgerufen“ werden konnte, durfte sich der Kläger danach nicht begnügen. Für die Annahme, dass auch sein Faxgerät am Tag des Fristablaufs defekt und aus diesem Grunde eine Übermittlung an das Gericht nicht möglich gewesen wäre, bestehen nach seinen eigenen Angaben keine Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).