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Entscheidung 22 Qs 67/10


Metadaten

Gericht LG Cottbus 2. Große Strafkammer Entscheidungsdatum 19.07.2010
Aktenzeichen 22 Qs 67/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde vom 22. April 2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 19. April 2010 (70 Gs 496/10) wird als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt gegen den Beschwerdeführer wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Arzneimittelgesetz. Aufgrund einer Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Cottbus vom 15. Januar 2010 wurde die Wohnung des Beschwerdeführers am 11. Februar 2010 durchsucht und dabei neben Betäubungsmitteln (Haschisch und Kokain) in geringem Umfang auch die Arzneimittel Pregnyl, Zenosim, Tiromel, Caniphedrin und Trenbolon aufgefunden und sichergestellt. Es wurde ferner bei der Durchsuchung ein Tablettenstreifen mit noch acht Tabletten und der Aufschrift „Clenbuterol“ aufgefunden.

Der behandelnde Arzt teilte nach Entbindung von der Schweigepflicht mit, dass er dem Beschwerdeführer oral einzunehmende Medikamente nicht verschrieben habe.

Wegen der Menge der einzelnen Arzneimittel wird auf das Gegenstandsverzeichnis vom 10. Februar 2010 (Blatt 16 d. A.) verwiesen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete das Amtsgericht Cottbus mit dem durch die Beschwerde angegriffenen Beschluss vom 19. April 2010 die vorläufige Sicherstellung der Arzneimittel Pregnyl, Zenosim, Clenbuterol und Trenbolon zum Zwecke der Prüfung an. Der darüber hinausgehende Beschlagnahmeantrag wurde zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei verdächtig, sich durch den Besitz der Arzneimittel eines Verstoßes gegen § 95 Abs. 1 Nr. 2 b AMG i. V. m. § 6 a Abs. 2 a Satz 1 AMG strafbar gemacht zu haben. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die Medikamente in nicht geringer Menge zu Dopingzwecken im Sport besessen habe. Er sei Fitnesstrainer im ……-Fitness-Center. Zudem würden die sichergestellten Arzneimittel aufgrund ihrer leistungssteigernden Wirkung vorwiegend in der Dopingszene konsumiert. Da die Staatsanwaltschaft die Gegenstände noch auf ihren Beweiswert prüfen und zu entscheiden habe, ob im Hinblick auf eine etwaige Überschreitung der nicht geringen Menge eine Beschlagnahme beantragt wird, dauere die Durchsuchung noch an. Hinsichtlich der sichergestellten vier Verpackungseinheiten Tiromel lehnte das Amtsgericht die vorläufige Beschlagnahme ab, da insoweit ein Anfangsverdacht für eine strafbare Handlung nicht erkennbar sei. Auch das zuständige Landesamt für Soziales und Versorgung, Landesgesundheitsamt …….., habe insoweit die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens abgelehnt.

Gegen die Bestätigung der vorläufigen Sicherstellung richtet sich die Beschwerde vom 22. April 2010. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass § 6a Abs. 2 a Satz 1 AMG unter der Maßgabe des Dopingbegriffes der World Anti Doping Agency (WADA) anwendbar sei. Es müsse daher ein Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen des Welt-Anti-Doping-Codes vorliegen. Dieser gelte nur für Athleten, die auf nationaler oder internationaler Ebene an Sportveranstaltungen teilnehmen oder bei Sportveranstaltungen auf niedrigerer Ebene als von der nationalen Anti-Doping-Organisation zu kontrollierende Athleten benannt worden seien. Er sei dagegen lediglich freier Mitarbeiter eines Fitnessstudios und nehme an keinerlei nationalen oder internationalen Sportveranstaltungen teil, sodass die Vorschrift nicht einschlägig sei.

Zwischenzeitlich haben die Ermittlungen ergeben, dass hinsichtlich der aufgefundenen Arzneimittel Pregnyl und Zenosim die nicht geringe Menge gemäß Dopingmittel-Mengen-Verordnung (DmMV) überschritten worden ist.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer vorgelegt.

II.

Die gemäß § 304 StPO statthafte und zulässig erhobene Beschwerde gegen die richterliche Bestätigung der vorläufigen Sicherstellung der am 11. Februar 2010 in der Wohnung des Beschuldigten sichergestellten Arzneimittel ist in der Sache unbegründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht die vorläufige Sicherstellung bestätigt, um der Staatsanwaltschaft die Gelegenheit zu geben, die sichergestellten Gegenstände auf ihren Beweiswert hin zu prüfen.

Es besteht gegen den Beschwerdeführer der Anfangsverdacht, sich eines Verstoßes gegen § 95 Abs. 1 Nr. 2 b AMG i. V. m. § 6a Abs. 2 a Satz 1 AMG schuldig gemacht zu haben. Die Inhaltsstoffe der aufgefundenen Medikamente unterfallen § 6 a Abs. 2 a Satz 1 AMG, der es verbietet, diese Arzneimittel bzw. Wirkstoffe in nicht geringer Menge zu Dopingzwecken im Sport zu besitzen. Nach dem Schutzzweck der Vorschrift setzt dies voraus, dass die beabsichtigte Verwendung auf eine Steigerung der Leistung im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten abzielt. Eine Einnahme zur Leistungssteigerung liegt insbesondere vor, wenn mit dem Arzneimittel die körperlichen Kräfte oder die Ausdauer erhöht werden sollen. Darunter fällt auch die Stärkung des Muskelwachstums im Zusammenhang mit dem so genannten „Bodybuilding“. Dabei ist unerheblich, ob die beabsichtigte Leistungssteigerung auf sportliche Aktivitäten im Wettkampf, im Training oder in der Freizeit gerichtet ist (BT-Drucksache 13/9996; BGH, 5. Strafsenat, Beschluss vom 5. August 2009, 5 StR 248/09).

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers gilt damit die Vorschrift nicht nur für Athleten im Sinne des Welt-Anti-Doping-Codes der World Anti Doping Agency (WADA) oder anderweitig durch die nationalen Anti-Doping-Organisationen kontrollierte Athleten, sondern auch für Freizeitsportler.

Da der Beschwerdeführer freier Mitarbeiter in einem Fitnessstudio ist, liegt es nahe, dass die dem Dopingverbot unterfallenden Arzneimittel zur Erzielung einer Leistungssteigerung mindestens im Freizeitsport eingesetzt werden sollten. Andere Verwendungszwecke sind nicht ersichtlich.

Die durch das Amtsgericht bestätigte vorläufige Sicherstellung zum Zwecke der Untersuchung der aufgefundenen Arzneimittel ist daher nicht zu beanstanden. Sie ist gegenüber dem Tatvorwurf auch verhältnismäßig. Die Staatsanwaltschaft wird nun, nachdem die Untersuchungen zu den nicht geringen Mengen abgeschlossen sind, zu entscheiden haben, ob die Arzneimittel beschlagnahmt werden sollen.

Eine Kostenentscheidung ist derzeit nicht veranlasst.