Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.05.2014 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | VG 1 K 789/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 112 Abs 1 SchulG BB |
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2013 verpflichtet, der Klägerin zu 1. Schülerbeförderungsleistungen in Form des Schülerspezialverkehrs für die Tochter Lena A. für den schultäglichen morgendlichen Schulweg zwischen dem Wohnort A. - Ortsteil K. - und dem Max-Steenbeck-Gynmasium in C. zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten tragen der Beklagte und der Kläger zu 2. je zur Hälfte. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. Der Kläger zu 2. trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beklagten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Kläger begehren zum Schuljahr 2013/2014 die Gewährung von Leistungen der Schülerbeförderung durch den Beklagten in Form eines Schülerspezialverkehrs für ihre am 10. Februar 2003 geborene Tochter Lena A. für den Schulweg zwischen der Wohnung in A., Ortsteil K., und dem Max-Steenbeck-Gymnasium in C., das sie im Rahmen einer Leistungs- und Begabungsklasse in der 5. Jahrgangsstufe besucht.
Mit am 19. Juli 2013 beim Beklagten eingegangenem Formular beantragte die Klägerin zu 1. die Fahrkostenerstattung "bzw. Fahrdienst" für den Schulweg.
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 22. Juli 2013 fest, dass ein Anspruch auf Erstattung der durch die Beförderung der Tochter mit öffentlichen Verkehrsmitteln entstehenden Fahrtkosten in Höhe des jeweils günstigsten Tarifs des öffentlichen Personennahverkehrs zum Max-Steenbeck-Gymnasium zwischen K. und C. bestehe. Mit Bescheid vom 26. Juli 2013 erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 1. zudem, dass die Fahrkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln erstattet würden. Ein Anspruch auf Beförderung mit einem besonderen Verkehrsmittel (Fahrdienst freigestellter Schülerverkehr) bestehe nicht.
Mit E-Mail vom 30. Juli 2013 erhob der Kläger zu 2. - unter der Adressierung "Fam. A." - Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Juli 2013. Es bestehe aufgrund der überschrittenen Fahr- und Wartezeiten ein Anspruch auf Schülerbeförderung. Seine Tochter besuche die 5. Klasse. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei nach der Schülerbeförderungssatzung in der Regel zumutbar, wenn die Fahrzeit für Schüler in der Primarstufe 45 Minuten in einer Richtung nicht übersteige. Auch sei bei der Berechnung des Schulweges der Weg zur Bushaltestelle falsch berechnet worden, denn der kürzeste Weg sei mangels Befestigung nicht als sicherer Schulweg zu betrachten. Zudem sei nicht die Zeit vom Bus zur Schule einberechnet. Allein die Fahr- und Wartezeit betrage 46 Minuten. Auch für die Rückfahrt komme es zur Überschreitung der Fahr- und Wartezeiten, die zum Teil über eine Stunde betrügen.
Im Verwaltungsvorgang findet sich zudem die Kopie eines undatierten, von der Klägerin zu 1. unterzeichneten Widerspruchsschreibens gleichen Inhalts.
Mit - an die "Familie A." adressiertem - Widerspruchsbescheid vom 20. August 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die in der Schülerbeförderungssatzung geregelten zumutbaren Fahr- und Wartezeiten könnten nur für die Schüler herangezogen werden, die die zuständige bzw. nächstgelegene Schule der gewählten Schulform besuchten. Für Schüler der Primarstufe sei dies die zuständige Grundschule. Die Tochter der Kläger besuche auf eigenen Wunsch nicht mehr die zuständige Grundschule. Zwar sei der Landkreis für die Erstattung der Fahrkosten zum Max-Steenbeck-Gymnasium zuständig. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Beförderung vorrangig durch öffentliche Verkehrsmittel zu erfolgen habe. Werde eine Schule mit besonderer Prägung besucht, sei es möglich, dass die festgelegten zumutbaren Fahr- und Wartezeiten überschritten würden, da diese Schulen einen überregionalen Einzugsbereich hätten. Um Schülern, die nicht in der näheren Umgebung wohnten, einen Besuch der Spezialschulen zu ermöglichen, seien diesen Wohnheime angeschlossen. Daher könnten keine Ansprüche auf Organisation eines Schülerspezialverkehrs geltend gemacht werden. Der Widerspruchsbescheid wurde mit Postzustellungsurkunde am 23. August 2013 zugestellt.
Die Kläger haben am 5. September 2013 Klage erhoben, mit dem sie ihr Antragsbegehren weiter verfolgen.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2013 zu verpflichten, Schülerbeförderungsleistungen in Form eines Schülerspezialverkehrs für die Tochter der Kläger, Lena A., für den morgendlichen täglichen Schulweg zwischen dem Wohnort A., Ortsteil K., und dem Max-Steenbeck-Gymnasium in C. zu erbringen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt und vertieft seine Ausführungen des Widerspruchsbescheides.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 24. Oktober 2013 - VG 1 L 225/13 - hat die Kammer den Antrag der Klägerin zu 1. auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.
Unter Verweis auf den Beschluss der Kammer hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2013 erklärt, dass er für die Rückfahrt vom Max-Steenbeck-Gymnasium zur Wohnung in A. im Schuljahr 2013/2014 den Anspruch auf Schülerbeförderung mit Schülerspezialverkehr für die Zukunft anerkenne. Für die Hinfahrt macht er weiterhin geltend, dass kein Anspruch auf Schülerspezialverkehr bestehe.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15. Januar 2014 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte zum vorliegenden Verfahren und zum Aktenzeichen VG 1 L 225/13 sowie den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Das Verfahren ist entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Folge des Schriftsatzes des Beklagten vom 3. Dezember 2013 und der Übernahme des Schülerspezialverkehrs für die schultäglichen Fahrten von der Schule in C. zum Wohnort übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Die Klage des Klägers zu 2. ist unzulässig, da es in seiner Person an dem Zulässigkeitserfordernis eines vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrags auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts fehlt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 7 C 4.10 -, BVerwGE 139, 184, juris Rn. 35; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2009 - BVerwG 6 C 40.07 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 409, juris Rn. 17 m.w.N.), da er keinen Antrag auf Schülerbeförderungskosten beim Beklagten gestellt hat und auch nicht (formell) im Widerspruchsverfahren beteiligt war.
Die nach der Teilerledigung verbliebene Klage der Klägerin zu 1. ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Gewährung von Schülerbeförderungsleistungen in Form des Schülerspezialverkehrs für den morgendlichen Transport ihrer Tochter Lena A. zum Max-Steenbeck-Gymnasium in C. Der dies versagende Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin zu 1. in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage des Begehrens ist die Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis Spree-Neiße vom 23. April 2009 (Amtsblatt für den Landkreis Spree-Neiße Nr. 5 vom 9. Mai 2009, S. 1), geändert durch Satzung vom 28. Juni 2011 (Amtsblatt für den Landkreis Spree-Neiße Nr. 7 vom 9. Juli 2011, S. 1 - im Folgenden: SBS). Diese ist für die Bestimmung des Anspruchsinhalts und -umfangs bezüglich der Schülerbeförderung allein maßgeblich, da § 112 Abs. 1 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. August 2002 (GVBl. I S. 78), zuletzt ändert durch Gesetz vom 14. März 2014 (GVBl. I Nr. 14), den Landkreisen die Trägerschaft der Schülerbeförderung für die Schüler an Schulen in öffentlicher Trägerschaft und an Ersatzschulen, die in ihrem Gebiet ihre Wohnung haben, überträgt und ihnen die Aufgabe stellt, das Nähere in eigener Verantwortung durch Satzung zu regeln (st. Rspr. der Kammer, vgl. Urteil vom 27. Juli 2012 - VG 1 K 870/11 -, juris Rn. 23; Urteil vom 13. April 2012 - VG 1 K 870/09 -, juris Rn. 20; s. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Juni 2013 - OVG 3 M 36.13 -).
Während das Ob eines Anspruchs auf Schülerbeförderung durch den Landkreis Spree-Neiße in § 2 SBS geregelt wird, gestaltet er das Wie, d.h. den Inhalt des Anspruchs, in den Bestimmungen der §§ 5 ff. SBS näher aus. In § 5 Abs. 1 SBS findet sich dabei die Grundregelung, dass die Beförderung vorrangig durch öffentliche Verkehrsmittel erfolgt (Buchstabe a), sofern deren Benutzung entsprechend § 6 SBS zumutbar ist (deren Kosten nach § 7 Abs. 1 SBS unter Abzug des Eigenanteils gemäß § 9 SBS übernommen werden), oder im Schülerspezialverkehr mit vom Landkreis angemieteten Fahrzeugen (Buchstabe b) oder in begründeten Ausnahmefällen mit sonstigen Fahrzeugen (Buchstabe c).
Vorliegend besteht ein Anspruch auf Leistungen des Schülerspezialverkehrs nach § 5 Abs. 1 lit. b) SBS, da der Tochter der Klägerin zu 1. für den morgendlichen Schulweg zwischen der Wohnung im Friedhofsweg im Ortsteil K. der Stadt A. und dem von ihr seit dem Schuljahr 2013/2014 besuchten Max-Steenbeck-Gymnasium in C. die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nach den Vorgaben des § 6 Abs. 1 SBS nicht zumutbar ist. Nach dieser Regelung ist die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel in der Regel zumutbar, wenn die Fahrzeit einschließlich der Wartezeiten für Umsteigen für Schüler der Primarstufe (Klassen 1 bis 6) 45 Minuten in einer Richtung (Hin- oder Rückfahrt) nicht übersteigt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 1. Spiegelstrich SBS). Dies ist vorliegend einschlägig, da die Tochter der Klägerin zu 1. im laufenden Schuljahr die 5. Jahrgangsstufe besucht und somit der Primarstufe angehört. Dass sie eine Leistungs- und Begabungsklasse besucht und dafür nunmehr einen Schulweg zu einem Gymnasium zurückzulegen hat, ändert daran nichts. Denn der Satzungsgeber hat sich hier im Rahmen seiner Satzungsautonomie dahingehend gebunden, für die Differenzierung im Rahmen der Beurteilung der Zumutbarkeit von Fahrzeiten allein die Schulstufen (vgl. § 16 Abs. 1 BbgSchulG) heranzuziehen. Weder wird durch eine Leistungs- und Begabungsklasse die Gliederung der Schulstufen geändert (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über die Genehmigung von Leistungs- und Begabungsklassen und über die Aufnahme in Leistungs- und Begabungsklassen [Leistungs- und Begabungsklassen-Verordnung - LuBKV] vom 8. März 2007 [GVBl. II S. 83]; s. auch Urteil der Kammer vom 13. April 2012 - VG 1 K 870/09 -, juris Rn. 39) noch wird in den Jahrgangsstufen 5 und 6 einer solchen Klasse inhaltlich der Stoff der Grundschule verlassen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 LuBKV).
Die zeitliche Vorgabe des § 6 Abs. 1 Satz 1 1. Spiegelstrich SBS wird nach den vorliegenden Angaben der Beteiligten nicht eingehalten. Dies gilt namentlich für den hier in Rede stehenden morgendlichen Weg zur Schule nach C. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20. August 2013 die Klägerin zu 1. auf eine Verbindung von der Bushaltestelle K. Abzweig, Abfahrt 6.50 Uhr, zur Straßenbahnhaltestelle Zimmerstraße in C., Ankunft 7.30 Uhr, mit Umstieg am Busbahnhof/Marienstraße in C., die nur eine Fahrzeit von 40 Minuten Folge hat, verweist, ist dem nicht folgen. Gleiches gilt für im Schriftsatz vom 3. Dezember 2013 aufgeführte Busverbindung mit der Fahrzeit von 43 Minuten von der Haltestelle K. Abzweig, Abfahrt 6.08 Uhr, zur Bushaltestelle Technische Universität in C., Ankunft 6.51 Uhr, mit Umstieg am Busbahnhof/Marienstraße in C.. Zwar begegnet es angesichts des dem Landkreis nach § 112 Abs. 1 BbgSchulG eröffneten Satzungsermessens keinen Bedenken, dass für die Frage der Zumutbarkeit des Schulweges nach der insoweit eindeutigen Regelung in § 6 Abs. 1 SBS auf die reine Fahrzeit zwischen Start- und Endhaltestelle ohne Berücksichtigung der Wegstrecke abgestellt wird, die die Schüler von ihrer Wohnung bzw. Schule zu den jeweiligen Haltestellen zu absolvieren haben. Allerdings ist es nach den Bestimmungen der Schülerbeförderungssatzung in ihrem systematischen Zusammenhang nicht gleichgültig, welche Haltestelle des öffentlichen Personennahverkehrs für die Bestimmung der Fahrzeit berücksichtigt werden kann. Maßgeblich ist danach vielmehr die jeweils nächstgelegene Haltestelle. Dies lässt sich schon aus § 4 Abs. 1 SBS ableiten, wonach für die Berechnung der Fahrkostenerstattung als Schulweg der kürzeste (nicht der schnellste) verkehrsübliche Weg zwischen der Haustür der Wohnung des Schülers und dem nächstgelegenen Eingang der besuchten Schule zu Grunde zu legen ist. Da sich die Streckenführung des öffentlichen Personennahverkehrs weitgehend dem Einfluss des Schülers und seiner nach § 2 SBS anspruchsberechtigten Eltern entzieht, erfasst diese Regelung (anders als § 6 Abs. 1 SBS) ausdrücklich auch die Teilstrecken von der Wohnung bzw. Schule zur Haltestelle. Bestätigt wird dies durch § 6 Abs. 2 SBS, der für die Frage der Zumutbarkeit von Wartezeiten für die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrzeugen des Schülerspezialverkehrs auf die der Schule nächstgelegene Haltestelle abstellt, und § 7 Abs. 3 SBS, nach dem für die Gewährung einer besonderen Entschädigung bei einem mehr als 2 km langen Weg von der Haustür zur Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel ebenfalls die nächste Haltestelle des ÖPNV maßgeblich ist. Eine solche Regelung erscheint mit dem Ziel der Minimierung von Gefahren des Schulweges auch sachgerecht. Ist danach als Endpunkt des Weges zur Schule allein auf die sich in unmittelbarer Nähe zum Max-Steenbeck-Gymnasium befindliche Haltestelle TU-Mensa abzustellen, ist bei der zum Unterrichtsbeginn um 7.45 Uhr angezeigten Busverbindung zwischen K. (Abfahrt 6.50 Uhr ab K. Abzweig) und C. (Ankunft 7.37 Uhr an TU-Mensa mit Umstieg am Hauptbahnhof in C.) die maximal zumutbare Fahrzeit mit 47 Minuten (wenn auch nur geringfügig) überschritten.
Mit dieser Überschreitung ist nach der Regelungssystematik des § 5 Abs. 1 SBS ein Anspruch auf Gewährung von Schülerspezialverkehr eröffnet. Der Einwand des Beklagten, für die Frage, ob die Beförderung eines Schülers durch Schülerspezialverkehr erfolgt, sei die Zumutbarkeit der Fahr- und Wartezeiten nach § 6 SBS ein, aber nicht das einzige Kriterium, das aber im Falle des Besuchs einer Schule mit besonderer Prägung angesichts der freiwilligen Wahl, der regelmäßig weiten Entfernungen dieser Schulen von den Wohnorten der Schüler sowie der mit einem Schülerspezialverkehr verbundenen erheblichen Kosten nicht herangezogen werden könne, überzeugt nicht. Dagegen spricht maßgeblich, dass sich für diese Argumentation keine Ansatzpunkte in der einschlägigen Schülerbeförderungssatzung finden.
Es ist nach § 112 Abs. 1 BbgSchulG in die Verantwortung der Landkreise gestellt, die sich im Zusammenhang mit der Schülerbeförderung stellenden Fragen zu regeln. Sie haben dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, da § 112 Abs. 1 BbgSchulG davon absieht, allgemeine Kriterien oder Standards für den Vollzug des Gesetzes vorzugeben (vgl. die Erwägungen in der Gesetzesbegründung LT-Drs. 3/5695), und auch das Verfassungsrecht weder des Bundes noch das des Landes Vorgaben für die Schülerbeförderung enthalten (vgl. Urteil der Kammer vom 27. Juli 2012 - VG 1 K 870/11 -, juris Rn. 24 m.w.N.). Der Regelungsauftrag des § 112 Abs. 1 Satz 3 BbgSchulG bedeutet aber auch, dass der Landkreis den Umfang der notwendigen Beförderungskosten und das Erstattungsverfahren nach seinen Vorstellungen in der Satzung zu bestimmen hat. Die über die Anträge auf Gewährung von Schülerbeförderungsleistungen entscheidende Verwaltung des Landkreises ist im Vollzug der Satzung gehindert, über diese Satzungsbestimmungen hinausgehende Einschränkungen des Anspruchs oder weitere Tatbestandsvoraussetzungen anzuführen.
Im vorliegenden Fall gibt § 5 Abs. 1 SBS eine klare Rangfolge der in Betracht kommenden Beförderungsarten vor, zwischen denen die Verwaltung nach § 5 Abs. 2 SBS für die Bestimmung des zu nutzenden Beförderungsmittels auswählen kann. An erster Stelle ("vorrangig") nach Buchstabe a) öffentliche Verkehrsmittel, dies aber nur "sofern deren Benutzung entsprechend § 6 zumutbar ist". An zweiter Stelle folgt nach Buchstabe b) der Schülerspezialverkehr. Und an dritter Stelle ausnahmsweise in begründungsbedürftigen Sonderfällen nach Buchstabe c) sonstige Fahrzeuge. § 5 Abs. 1 lit. a) SBS schließt den Verweis auf öffentliche Verkehrsmittel eindeutig aus, wenn die Vorgaben des § 6 SBS über die Zumutbarkeit der Fahr- oder Wartezeiten nicht eingehalten werden. Da die Nutzung sonstiger Fahrzeuge nach § 5 Abs. 1 lit. c) SBS auf wenige Ausnahmefälle beschränkt sein soll, kommt nach der Systematik in einer solchen Konstellation allein ein Rückgriff auf die Möglichkeit des Schülerspezialverkehrs in Betracht. Dass die Nutzung des Schülerspezialverkehrs über § 6 i.V.m. § 5 Abs. 1 lit. a) SBS hinaus - wie der Beklagte geltend macht - an weitere Zumutbarkeitsanforderungen geknüpft sein soll, ist nach dem Wortlaut der Schülerbeförderungssatzung ebenso wenig zu erkennen wie die Frage, welcher Art diese weiteren Gesichtspunkte sein sollen. Daher führt auch das Argument des Beklagten nicht weiter, dass bei einer Leistungs- und Begabungsklasse und bei einer Schule mit besonderer Prägung nach § 8a BbgSchulG der Besuch auf einer freiwilligen Entscheidung des Schülers bzw. seiner Sorgeberechtigten beruht, die damit weitere Wege und längere Fahrzeiten zu den wenigen Schulen mit besonderer Prägung oder einer Leistungs- und Begabungsklasse in Kauf genommen haben. Die Regelungen der Schülerbeförderungssatzung über den Inhalt des Anspruchs auf Schülerbeförderungsleistungen (das "Wie") bieten für solche Überlegungen keinen tragfähigen Ansatzpunkt. Der Beklagte muss sich vielmehr an der Grundentscheidung des § 2 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SBS festhalten lassen, der die Schule der gewählten Leistungs- und Begabungsklasse als zulässigen Zielpunkt für die Bestimmung des Anspruchs auf Schülerbeförderung und damit auch die Wahlentscheidung der Anspruchsberechtigten (im Rahmen des "Ob") ausdrücklich anerkennt. Die Bestimmungen der §§ 4 ff. SBS differenzieren bei der Ausgestaltung des Anspruchsinhalts nicht zwischen den nach § 2 Abs. 4 SBS im jeweiligen Fall zu berücksichtigenden Schulen.
An diesem Ergebnis vermag auch das Angebot des Beklagten im Schriftsatz vom 21. März 2014 nichts zu ändern, eine Beförderung der Tochter von der Haltestelle Technische Universität zum Max-Steenbeck-Gymnasium mittels Taxi sicherzustellen. Ein Eingehen auf die Sinnhaftigkeit und Praktikabilität eines solchen Vorgehens bedarf es vorliegend nicht, denn jedenfalls muss sich die Klägerin zu 1. dies nicht entgegenhalten lassen. Die Schülerbeförderungssatzung des Beklagten sieht - worauf die Klägerin zu 1. im Schriftsatz vom 25. März 2014 zutreffend hinweist - ein solches Vorgehen, d.h. eine Kombination von öffentlichem Personennahverkehr und Spezialverkehr, nicht vor, so dass es für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Fahrtzeiten nicht herangezogen werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 und § 161 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits entspricht es der Billigkeit, sowohl den Kläger zu 2. (aufgrund der auch insoweit bestehenden Unzulässigkeit seiner Klage) als auch den Beklagten (seinem Anerkenntnis des Klagebegehrens folgend) gleichermaßen an den Kosten zu beteiligen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.