Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 15.12.2011 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 219/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 539 Abs 1 Nr 14 b RVO, § 548 Abs 1 S 1 RVO |
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2008 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 19. Juni 1980 um einen Arbeits-/Schulunfall gehandelt hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 19. Juni 1980 als Arbeits-/Schulunfall.
Der 1965 geborene Kläger besuchte von 1978 bis 1982 die 1. Oberschule W (heute: R-J-Oberschule). Im Juni 1980 nahm der Kläger an einer von der Schule veranstalteten Klassenfahrt nach B teil, die von dem damaligen Geschichtslehrer, dem Zeugen J S, und einer Sozialpädagogin begleitet wurde. Am letzten Tag der Fahrt, dem 19. Juni 1980, erlitt der Kläger einen Unfall, als er mit einem Mofa auf der Landstraße stürzte. Das Knie wurde gekühlt, schwoll aber dennoch stark an. Ein Arzt wurde im Hinblick auf die anstehende Rückfahrt nach B nicht verständigt. Nach der Rückkehr nach B am 20. Juni 1980 stellte sich der Kläger mit seiner Mutter um 18:35 Uhr in der Ersten Hilfe des Krankenhauses A U (heute: V Klinikum A U) vor. Dort wurde der Unfall als Schülerunfall aufgenommen. Zum Hergang hieß es im Erste-Hilfe-Bericht vom 20. Juni 1980: „Ort: K, Tag: 19.6.80 22 Uhr. Patient sei auf einer Klassenfahrt mit Mofa verunglückt.“ Es wurden ein Hämatom am rechten Auge, Schürfwunden über dem rechten Augenlid und über dem rechten Jochbogen sowie eine massive Schwellung des rechten Knies mit schmerzhafter Bewegung festgestellt. Diagnostiziert wurde ein Quadrizepssehnenabriss mit Abriss des oberen Patellapols rechts. Der Kläger wurde noch am selben Abend operiert und verblieb bis zum 09. Juli 1980 in stationärer Behandlung. In der Folgezeit war der Kläger vom Sportunterricht befreit. In späteren Jahren wurde er noch mehrfach am rechten Kniegelenk operiert.
Mit Schreiben vom 16. Januar 2008 wandte sich der Kläger an die Beklagte und gab an, er habe 1980 bei einer Klassenfahrt nach S in B einen Unfall gehabt und sich die rechte Kniescheibe gebrochen. Die Schule habe offenbar versäumt, den Unfall als Schulunfall zu melden. Im Weiteren präzisierte der Kläger seine Angaben dahingehend, der Unfall habe sich am letzten Tag der Klassenfahrt bei der Abschlussfeier ereignet. An diesem Abend hätten einige Schüler – darunter er – sich von ortsansässigen Jugendlichen die Mopeds ausgeliehen und seien ein Karree gefahren. Dabei sei er mit seinem Moped umgekippt und habe sich das Kniegelenk verletzt. Nachforschungen seitens der Beklagten bei der R-J-Oberschule ergaben, dass dort keine Unterlagen mehr vorhanden waren.
Mit Bescheid vom 31. März 2008 lehnte die Beklagte eine Entschädigung ab. Ein Arbeits-/Schulunfall liege nicht vor, denn bei der unfallbringenden Tätigkeit habe es sich um eine eigenwirtschaftliche (schulfremde) Tätigkeit gehandelt. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2008).
Mit seiner hiergegen, auf Feststellung des Ereignisses als Arbeits-/Schulunfall und Gewährung einer Verletztenrente, gerichteten Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger vorgetragen, der Unfall beim Fahren eines Mopeds zusammen mit Jugendlichen des Ortes habe sich im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule ereignet. Schulveranstaltungen wie Klassenfahrten seien grundsätzlich während ihrer gesamten Dauer versichert. Dabei umfasse der Versicherungsschutz auch den Kontakt mit der dortigen Bevölkerung, wenn dies Bestandteil der von der Schule organisierten Unternehmung sei. Die von der Schule organisierte Klassenfahrt habe nicht nur dem Zweck der Förderung des sozialen Verhaltens innerhalb der Schulklasse und der Beherrschung und Bewältigung der auf solchen Reisen besonders zum Ausdruck kommenden Gruppendynamik, sondern auch dem Erlernen sozialen Verhaltens des Klassenverbandes und der einzelnen Schüler dieser Klasse in ihrer Interaktion mit anderen sozialen Gruppen, so insbesondere der ortsansässigen Jugend, gedient. Dementsprechend habe die gesamte Klasse mit Kenntnis und Billigung der Aufsichtspersonen von Anfang an am Zielort regen Kontakt mit den dort wohnhaften Jugendlichen, welche häufig das Gelände und die Räume des Schullandheims aufgesucht und auch an den Unternehmungen der Klasse teilgenommen hätten, gehabt. Mit dem Einverständnis der Aufsichtspersonen seien dabei mehrere Schüler mit Mopeds der jugendlichen Besucher auf und vor dem Gelände der Unterkunft herumgefahren. Als auch am letzten Tag der Klassenfahrt ortsansässige Jugendliche an der Abschluss- und Abschiedsfeier der Klasse teilgenommen hätten, sei dies von den beaufsichtigenden Lehrern nicht nur gebilligt, sondern sogar ausdrücklich gewünscht gewesen. Dabei seien die Jugendlichen mit ihren Mopeds zur Feier gekommen und hätten diese bereitwillig an die Schüler der Klasse und den Kläger ausgeliehen. Zusammen mit Schülern seiner Klasse und den Jugendlichen des Dorfes sei er wie in den Tagen zuvor mit Kenntnis der aufsichtspflichtigen Lehrer auf dem Gelände der Unterkunft und einige Meter von diesem entfernt auf der kleinen Landstraße am Ortsrand auf und ab gefahren, als er auf das rechte Knie gestürzt sei und sich dieses verletzte habe. Durch die kurze Entfernung vom Gelände der Unterkunft sei der örtliche Zusammenhang nicht unterbrochen. Der innere Zusammenhang sei zudem unter dem Gesichtspunkt der unzureichenden Beaufsichtigung gegeben, denn die aufsichtsführenden Lehrer hätten durch eindeutige Regeln das Fahren auf den Mopeds verhindern müssen. Der Kläger hat u. a. Arztbriefe des Krankenhauses A U von Juli 1980 (betreffend die stationäre Behandlung vom 20. Juni bis zum 09. Juli 1980), vom 16. Dezember 1981 und vom 28. Januar 1985 vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2009 hat das SG die ehemalige Klassenlehrerin des Klägers, Frau B P-M als Zeugin zu dem Unfall des Klägers befragt, wobei diese angegeben hat, die Klassenfahrt nicht begleitet zu haben. Der Kläger hat als weitere Zeugen die ehemaligen Mitschüler T H und J K benannt und im Weiteren zum Hergang angegeben, er und Mitschüler hätten sich von den ortsansässigen Jugendlichen Mopeds ausgeliehen. Mit diesen Mopeds hätten sie kleine Landstraßen in der Umgebung des Schullandheims befahren. Beim Bremsen habe er den Lenker verrissen, sei mit dem Moped umgekippt und habe sich im Wesentlichen das Kniegelenk verletzt. Die Lehrer hätten es nicht so toll gefunden, dass sie mit Mopeds gefahren seien. Sie hätten auch gesagt, die Schüler sollten dies nicht tun. Es sei auch gesagt worden, die Schüler sollten nicht zum Reiten gehen, nachdem sich ein Reitunfall ereignet habe. Dennoch hätten sie – die Schüler – es getan und es sei unbeanstandet geblieben. Der Kontakt zu den ortsansässigen Jugendlichen sei gewollt gewesen. Diese seien auch zur Abschlussfeier eingeladen worden. Es habe sich dabei zum Beispiel ein freundschaftlicher Kontakt zwischen einer Klassenkameradin und einem Jungen aus Bayern ergeben. Korrigierend hat er erklärt, es habe sich nicht um Mopeds, sondern um Mofas gehandelt. Diese seien seiner Erinnerung nach ab 15 Jahren führerscheinfrei gewesen.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 15. Juni 2009 abgewiesen. Bei dem Ereignis handele es sich nicht um einen Arbeitsunfall. Als Arbeitsunfall gälten auch Schulunfälle. Zwar habe der Kläger sich unbestritten während der Klassenfahrt auf einer Schulveranstaltung befunden, die in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule gefallen sei. Die unfallbringende Tätigkeit des Mofafahrens habe jedoch keine schulische Gemeinschaftsveranstaltung dargestellt; ihr habe keine auf eine versicherte Tätigkeit ausgerichtete Handlungstendenz des Klägers zugrunde gelegen. Eine unversicherte Tätigkeit sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Schüler eine vom aufsichtsführenden Lehrer ausdrücklich verbotene Tätigkeit ausgeübt habe. Diese Fälle seien dadurch gekennzeichnet, dass sich ein Schüler während einer Schulveranstaltung aus dem Aufsichtsbereich der Lehrkräfte entfernt habe, quasi „auf eigene Faust“, und es hierbei zu einem Unglück gekommen sei. Ein solcher Fall liege hier vor. Der Kläger selber habe in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es von Seiten der aufsichtsführenden Lehrer geheißen habe, man solle kein Mofa fahren. Eine ebensolche Verhaltensaufforderung sei hinsichtlich des Reitens ausgesprochen worden. Dies werte die Kammer als ein an die Schüler gerichtetes ausdrückliches Verbot, nicht Mofa zu fahren und auch nicht zu reiten. Dass eine entsprechende Verhaltensaufforderung verbal in der Form des „Sollens“ und nicht des „Nicht-Dürfens“ gekleidet worden sei, stehe dem nicht entgegen. Die zugrunde liegende Handlungsanweisung sei die gleiche, lediglich der sie vermittelnde Ton sei verschieden moduliert.
Mit seiner hiergegen vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) erhobenen Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weitgehend fort. Er ist der Auffassung, das SG habe das Ereignis zu Unrecht nicht als Versicherungsfall anerkannt. Entgegen den Feststellungen in den Entscheidungsgründen sei ihm das Mofafahren von den aufsichtsführenden Personen nicht ausdrücklich verboten worden. Derartiges habe er auch im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Juni 2009 nicht gesagt. Aus seinem damaligen Vortrag ergebe sich vielmehr, dass die aufsichtsführenden Personen gegen das Mofafahren keine ernsthaften Einwände gehabt hätten. Die Lehrer hätten sowohl vom Mofafahren als auch vom Reiten gewusst und hierzu lediglich geäußert, dass sie dieses Verhalten „nicht so toll“ fänden und die Schüler dies „nicht tun sollten.“ Gleichzeitig hätten die aufsichtsführenden Personen jedoch wahrgenommen, dass ein großer Teil der Klasse mit den Jugendlichen vor Ort zusammen sowohl weiterhin geritten als auch Mofa gefahren sei. Er habe in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erwähnt, dass die Lehrer dieses Verhalten nicht beanstandet hätten, selbst nachdem sich ein Reitunfall ereignet gehabt habe. Eine einmalige Anweisung, man solle weder Mofa fahren noch reiten, habe vom Horizont der damals 15jährigen Schüler nur als Empfehlung, jedoch nicht als Verbot aufgefasst werden können. Dies umso mehr, als die Nichtbefolgung der Empfehlung ohne Sanktionen geblieben sei. Insofern sei im Verhalten der Aufsichtspersonen ein Einverständnis mit dem zum Unfall führenden Verhalten seinerseits zu sehen gewesen. Darüber hinaus sei selbst in dem Fall, dass von einem bestehenden Verbot ausgegangen werden sollte unter dem Gesichtspunkt der unzureichenden Beaufsichtigung von einem Arbeits-/Schulunfall auszugehen. Denn die aufsichtsführenden Lehrer hätten ein einem Verbot entgegen gesetztes Verhalten der Schüler nicht tolerieren, sondern unterbinden müssen. Dies umso mehr, als er nicht heimlich, sondern offen und von den Lehrern wahrnehmbar mit den ortsansässigen Jugendlichen Mofa gefahren sei. Er hat neben medizinischen Unterlagen (insbesondere das neurochirurgische Gutachten des Dr. S vom 20. November 2007 und das chirurgische Gutachten des Dr. W vom 25. Juni 2001) unter anderem eine Schülerliste der 1. Oberschule W vom 11. September 1978 betreffend seine damalige Kerngruppe sowie Kopien der Zeugnisse für die 9. Jahrgangsstufe vom 30. Januar 1981 und die 10. Jahrgangsstufe vom 29. Januar 1982 überreicht. Ergänzend hat er angegeben, nach Auskunft seiner Mutter U Schneeweiß sei die Klassenfahrt nach 9 S (bei G) gegangen.
Im Erörterungstermin (EÖT) am 20. Mai 2010 hat der Kläger zum Sachverhalt angegeben, die Klassenfahrt habe wahrscheinlich sieben bis 10 Tage gedauert. Er glaube, nur seine Klasse sei gefahren und davon nicht alle Schüler. Die Reise sei von einem männlichen Lehrer und einer Sozialpädagogin begleitet worden. Zu dem Haus in B habe ein offenes Gelände mit einer großzügigen, für Reisebusse geeigneten Einfahrt und einem Schotterplatz gehört. An einen Sportplatz könne er sich nicht erinnern. Um das Haus zu verlassen, sei keine Abmeldung erforderlich gewesen. Auch könne er sich nicht an Verhaltensmaßregeln zum Kommen und Gehen erinnern. Fußball habe er nicht gespielt. Wie sie die Jugendlichen aus dem Dorf kennen gelernt hätten, wisse er nicht mehr. Aber nachdem man Bekanntschaft geschlossen habe, seien sie täglich mit Mofas oder Ähnlichem auf das Gelände und auch ins Haus gekommen. Er könne nicht mehr sagen, wie es dazu gekommen sei, dass er und seine Klassenkameraden die Mofas hätten benutzen dürfen. Er wisse auch nicht mehr, ob sie gleich hätten alleine fahren dürfen oder erst mitgefahren seien. Er selber sei vielleicht drei- oder viermal gefahren, nie lange. Entweder sei nur eine Kurve auf dem Schotterplatz direkt vor dem Haus oder eine kurze Strecke auf der Landstraße gefahren worden. Zum Fahrerkreis aus seiner Klasse dürften sechs bis acht Personen, seiner Erinnerung nach nur Jungen, gezählt haben. Ein ausdrückliches Verbot des Mofafahrens habe nicht existiert, eine Erlaubnis auch nicht. Es sei ihnen gesagt worden, sie sollten das nicht machen, es sei gefährlich. Denn schon am ersten Tag habe sich ein Unfall ereignet, bei dem sich der Zeuge H das Schlüsselbein gebrochen habe. Außerdem hätten sich andere Schürfwunden beim Skateboardfahren zugezogen. Richtige Verbotsmaßnahmen wie zum Beispiel das Abgeben der Mofaschlüssel habe es nicht gegeben. Am letzten Abend habe ein Abschlussabend im Speisesaal oder im Veranstaltungssaal stattgefunden. Dabei habe auch Alkohol wie z. B. Radler getrunken werden dürfen. Er selber habe nichts getrunken, denn der Unfall sei vorher passiert, nach dem Abendessen und zu Beginn des Abschlussabends, vielleicht gegen 19 Uhr. Er glaube, die Jugendlichen aus dem Dorf seien zum Abschlussabend eingeladen gewesen. Bei seiner Unfallfahrt seien nach seiner Erinnerung u. a. noch die Zeugen L F, O B und H N dabei gewesen. Sie seien vier bis fünf Mofas gewesen. Sie seien ein paar hundert Meter die Landstraße gefahren und seien dann umgedreht. Einer der Dorfjugendlichen sei etwas älter gewesen und habe eine größere Maschine gehabt. Er sei ihnen entgegen gekommen, weswegen die vor ihm – dem Kläger – fahrenden Mitschüler gebremst hätten. Er selber habe stärker bremsen müssen, als er gedacht gehabt habe. Daher habe er nachgezogen und sei mit dem Mofa nach links umgekippt. Er habe die Beine nicht schnell genug auf den Boden bekommen. Das Mofa habe auf dem linken Bein gelegen, das rechte Knie sei verletzt gewesen. Vermutlich sei er mit dem rechten Knie auf dem Rahmen oder einer harten Stelle angeschlagen. Eine offene Wunde am rechten Knie habe er nicht gehabt. Unmittelbar habe er keinen Schmerz verspürt, aber eine Bewegungseinschränkung gemerkt. Er habe danach das Mofa nicht mit rechts antreten können. Er sei mit dem Mofa zurück bis vor die Haustür gefahren, wo ihn schon der Lehrer – unterrichtet von dem älteren Dorfjugendlichen - erwartet habe. Er habe dann gehumpelt. Der Lehrer habe ihn auf sein Zimmer geschickt mit einer Bemerkung wie „die Party sei für ihn jetzt vorbei“. Später habe sich der Lehrer das Knie angesehen und Eisbeutel gebracht. Es habe dann schon eine starke Schwellung gegeben und Schmerzen. Am nächsten Tag sei die Schwellung noch da gewesen, während die Schmerzen zurückgegangen seien. Im Bus habe er hinten auf der Bank gesessen. An der Schule habe ihn seine Mutter abgeholt und sei mit ihm zunächst nach Hause gefahren, anschließend ins Krankenhaus. Nach seiner Erinnerung sei im Krankenhaus angegeben worden, dass sich der Unfall auf einer Klassenfahrt ereignet gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2008 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 19. Juni 1980 um einen Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Patientenakte des V Klinikum A U beigezogen und den Beteiligten Kopien zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus hat die Berichterstatterin die ehemaligen Mitschüler J K, T H (beide im EÖT vom 20. Mai 2010), O B, L F, H N und T H sowie den ehemaligen Geschichtslehrer J S (sämtlichst im EÖT vom 11. November 2010) als Zeugen zu dem Geschehen vom 19. Juni 1980 befragt.
Die Zeugin J K hat angegeben, sie sei Mitschülerin des Klägers gewesen. Sie hätten irgendwann zusammen eine Klassenfahrt nach B gemacht. An dieser Klassenfahrt habe nur ihr Klassenverband teilgenommen. In dem Gasthof, in dem sie untergebracht gewesen seien, seien öfters Jugendliche aus dem Dorf mit ihren Mofas vorbei gekommen. Sie hätten zusammen geredet und andere Dinge getan, die Jugendliche in dem Alter so täten. Das sei wohl von den Lehrern geduldet gewesen, jedenfalls sei nichts dagegen gesagt worden. Ob es ein Abschlussfest gegeben habe, wisse sie nicht mehr. Sie glaube, sie und ihre Mitschüler hätten den Gasthof gar nicht alleine verlassen dürfen, weshalb die Jugendlichen aus dem Dorf vorbei gekommen seien. Einige ihrer männlichen Mitschüler seien mit den Mofas, die die Jugendlichen aus dem Dorf mitgebracht hätten, in der Umgebung des Gasthofs herum gefahren. Das Gelände des Gasthofs sei nach ihrer Erinnerung nicht groß genug gewesen. Sie selber sei nicht Mofa gefahren. Sie glaube, die Lehrer hätten davon nichts gewusst, denn sie gehe davon aus, dass das nicht erlaubt gewesen wäre. Sie könne sich nur an einen Tag erinnern, an dem die Jungen aus ihrer Klasse mit den Mofas gefahren seien. Den Unfall des Klägers habe sie nicht gesehen. Sie habe nur gesehen, dass der Kläger am Knie verletzt gewesen sei, als die Jungen zurückgekommen seien. Er sei der einzige Verletzte gewesen und habe gehumpelt. Vielleicht habe er auch geblutet. Sie könne nicht mehr sagen, was anschließend passiert sei.
Der Zeuge T H hat bekundet, er glaube, es habe sich um die zweite Klassenfahrt in der Oberschule gehandelt. Er erinnere sich schwach daran, dass noch eine andere Klasse dabei gewesen sei. Ihre Klassenlehrerin, Frau P habe damals nicht mitkommen können oder wollen, daher sei der Geschichtslehrer – der Zeuge S – mitgefahren. Sie seien in einem richtigen Schullandheim untergebracht gewesen mit Viererzimmern und Doppelstockbetten.
Das Gelände sei hügelig gewesen, man habe mit Skateboards die Hügel runterfahren können. Außerdem habe es einen richtigen Rasenfußballplatz unterhalb des Schullandheims gegeben, wo sie tagsüber hätten Fußball spielen können. Auf dem Fußballplatz seien keine Lehrer dabei gewesen. Sie hätten u. a. Ausflüge mit Reisebussen, seiner Erinnerung nach z. B. nach P, gemacht. Außerdem habe es täglich Freizeit gegeben. Er glaube sich zu erinnern, dass es eine Regel gegeben habe, wonach derjenige, der etwas angestellt habe, zu den Ausflügen nicht habe mitkommen dürfen. Er meine, das könne auch der Grund sein, warum er und noch ein paar andere nicht in P gewesen seien. Stattdessen hätten sie dann Fußball spielen können. Er glaube, sie hätten dann unter Aufsicht des Herbergsvaters gestanden. Er wisse nicht mehr, ob man sich zum Fußballspielen habe abmelden müssen. Die Lehrer hätten gewusst, dass sie auf dem Fußballplatz gewesen seien. Er denke, dass man vom ersten Stock des Schullandheims auf den Fußballplatz habe sehen können.
Durch das Fußballspielen und Skateboardfahren hätten sie Jugendliche aus dem Dorf kennen gelernt. Das bedeute, die Jungen aus seiner Klasse hätten Jungen aus dem Dorf kennen gelernt. Man habe sich auf dem Fußballplatz getroffen. Die Jugendlichen seien mit Mofas oder ähnlichen Fahrzeugen zum Platz gekommen, da habe man erstmal ein bisschen über den Rasen fahren können. Das sei dann immer mehr geworden, so dass man auch vielleicht mal bis zum nächsten Ort und dann wieder zurück gefahren sei, vielleicht eine Viertelstunde lang. Da sei dann auch mal einer von den Dorfjugendlichen mitgekommen. Er wisse nicht mehr, ob sie hätten alleine fahren dürfen. Die einen seien ein bisschen mehr gefahren, die anderen etwas weniger. Auf dem Gelände des Schullandheims sei seines Erachtens nicht Mofa gefahren worden. Das Mofafahren sei nicht erlaubt gewesen. Er meine sich zu erinnern, dass das von ihm erwähnte Ausflugsverbot mit dem Mofafahren zusammengehangen habe. Das habe nicht nur ihn, sondern auch einige andere Mitschüler betroffen. Er denke, dass diese Strafmaßnahme jedenfalls für ihn selbst die Auswirkung gehabt habe, dass er nicht mehr so viel gefahren sei. Er sei selbst mit dem Skateboard die Hügel runtergefahren, dabei sei er auch mal abgerutscht.
Er glaube nicht, dass er beim Unfall des Klägers dabei gewesen sei. Nach seiner Erinnerung sei es abends, vielleicht nach dem Abendessen gewesen. Da seien wohl der Kläger oder vielleicht auch mehrere Mitschüler mal weg gewesen. Es habe dann großen Aufruhr gegeben, weil der Kläger verletzt gewesen sei. Der Zeuge S habe sich sehr aufgeregt. Die Eltern des Klägers seien abends noch informiert worden. Der Kläger habe nicht ins Krankenhaus gehen, sondern mit zurück nach B fahren wollen. Das böse Erwachen sei am nächsten Morgen gekommen, als der Kläger eine riesige Schwellung gehabt habe. Er habe dann hinten im Bus gesessen, wo er sein Bein habe ausstrecken können. Vom Schullandheim sei Eis zum Kühlen mitgenommen worden. An andere Unfälle während der Fahrt könne er sich nicht erinnern.
Der Zeuge O B hat bekundet, die Klassenfahrt sei nach B in eine hügelige Landschaft gegangen. Wer als aufsichtsführende Person dabei gewesen sei, erinnere er nicht, ebenso wenig, ob nur seine Kerngruppe an der Fahrt teilgenommen habe. An irgendwas wie Mofas/Mopeds erinnere er sich nicht, auch nicht an einheimische Jugendliche. Er wisse noch, dass zwei oder drei aus der Klasse die Skateboards dabei gehabt hätten und dass sie eine superlange Abfahrt von 10 bis 12 Minuten runter gefahren seien. Er könne sich nicht daran erinnern, selbst Mofa oder Moped gefahren zu sein, und auch nicht daran, ob der Kläger Mofa/Moped gefahren sei. Ebenso wenig könne er sich daran erinnern, ob der Kläger einen Unfall erlitten habe. Dunkel und vage erinnere er sich daran, dass der Zeuge H einen Unfall erlitten und dann Schulterprobleme gehabt habe. Er könne sich nicht daran erinnern, ob der Kläger zum Schluss ein dickes Knie gehabt habe bzw. ob er nach der Fahrt am Unterricht habe teilnehmen können. Sie seien ein wilder Haufen gewesen. Er glaube, sie hätten die Toleranz des Zeugen S ausgenutzt, er sei nicht so autoritär gewesen. Er habe sich nicht so durchsetzen können, wie es nötig gewesen wäre.
Sie seien mit den Skateboards von der Jugendherberge die Autostraße runtergefahren. Das sei die längste Skateboardabfahrt seines Lebens gewesen. Es habe keine Verletzungen und wenig Verkehr gegeben. Drei von ihnen hätten ein Skateboard und einer habe Rollschuhe oder Rollerblades dabei gehabt. Er glaube nicht, dass sie sich dem Zeugen S ausdrücklich widersetzt hätten, indem sie Skateboard gefahren seien. Sie hätten das eben in der Freizeit gemacht.
Er könne sich nicht konkret daran erinnern, ob es irgendwelche Strafmaßnahmen oder Verbote auf bestimmte Vorfälle, Regelverstöße hin gegeben habe.
Der Zeuge L F hat bekundet, bei der Klassenfahrt sei allein ihre Klasse irgendwo nach B gefahren. Er könne sich noch daran erinnern, dass der Zeuge S als aufsichtsführender Lehrer dabei gewesen sei. Wer sonst noch als aufsichtsführende Person dabei gewesen sei, wisse er nicht mehr. An örtliche Jugendliche, die mit Mofas/Mopeds gekommen seien, könne er sich nicht mehr erinnern. Er könne sich zwar daran erinnern, dass der Kläger was mit dem Knie gehabt habe, aber nicht, wie es dazu gekommen sei. Das Knie habe schlimm ausgesehen, es sei geschwollen gewesen.
Er könne sich nicht daran erinnern, selbst Mofa gefahren zu sein und auch nicht mehr daran, dass der Kläger mit dem Mofa einen Unfall gehabt habe. In dem Schullandheim habe es so eine komische Kneipe oder ein Foyer gegeben, wo sie was hätten trinken können, z. B. Radler oder Bier mit Cola. Der Zeuge H sei vom Pferd gefallen und habe sich das Schlüsselbein gebrochen. Er sei bei diesem Unfall, der ziemlich am Anfang der Fahrt passiert sein müsse, nicht dabei gewesen. Er sei in der Freizeit während der Klassenfahrt Skateboard gefahren. Er glaube, die Lehrer hätten das nicht mitbekommen. Es habe ein Dorf gegeben, durch das die Straße durchgeführt habe. Mit dem Skateboard sei man durch das ganze Dorf gefahren. Es sei eine gefühlt ewig dauernde Abfahrt von vielleicht 5 bis 10 Minuten gewesen. Sie hätten mehrfach die Abfahrt gemacht. Dabei sei nichts passiert. Sie hätten bei der Klassenfahrt viel Blödsinn gemacht. So hätten sie abends immer versucht, in die Zimmer der Mädchen zu kommen. Der Zeuge S als Lehrer sei ziemlich abgenervt und wohl auch überfordert gewesen. Ob die Lehrer mitbekommen hätten, dass sie Skateboards dabei gehabt hätten, wisse er nicht. Aber sie seien mit den Skateboards durch das Schullandheim gelaufen, es sei eigentlich nicht zu übersehen gewesen.
In der Kneipe oder dem Aufenthaltsraum des Schullandheims, wo sie was getrunken hätten, seien auch andere Leute gewesen. Ob das Jugendliche oder Erwachsene gewesen seien, wisse er nicht mehr. Er wisse auch nicht mehr, in welcher Funktion diese anderen Personen da gewesen seien. Er könne sich sehr gut daran erinnern, dass der Kläger anschließend sehr lang gehumpelt habe. Er sei dann „Hinke“ gerufen worden.
Der Zeuge H N hat angegeben, er erinnere sich daran, dass der Zeuge S bei der Klassenfahrt dabei gewesen sei. Daneben sei noch eine Sozialarbeiterin namens K als Aufsichtsperson dabei gewesen. Er habe mehrere Klassenfahrten mitgemacht. Bei einer der Fahrten sei auch die örtliche Jugend mit Mofas vorbei gekommen, das seien nach seiner Erinnerung blaue Zündapps gewesen. Sie hätten die Jugendlichen ein wenig belächelt. Ob er selbst mitgefahren sei, wisse er nicht mehr. Aber da er damals sehr lebhaft gewesen sei, wäre es möglich. An zwei Ereignisse könne er sich erinnern. Der Zeuge H sei vom Pferd gefallen und habe hinterher den Arm in der Schlaufe getragen und sich von den Mädchen ziemlich bemitleiden lassen. Das sei am Anfang der Fahrt passiert. Der Kläger habe was mit dem Knie gehabt. Dieses sei extrem angeschwollen gewesen. Nach der Klassenfahrt habe er noch lange einen Gips oder eine Gipsschiene getragen, anschließend habe er noch länger gehumpelt.
Er selbst habe bei der Fahrt zwar kein eigenes Skateboard dabei gehabt, sei aber auch mal Skateboard gefahren, denn z. B. der Zeuge B und der Zeuge F hätten Skateboards dabei gehabt. Es habe auch Rollerskates gegeben. Sie seien mit großer Geschwindigkeit Skateboard gefahren. Das Skateboardfahren sei irgendwann untersagt worden, vielleicht nicht von den Lehrern, sondern von der Sozialarbeiterin. An dieses Verbot habe sich keiner gehalten.
Der Vorfall mit dem Kläger sei zum Ende der Klassenfahrt passiert, vielleicht am letzten Tag. Das Knie sei dick gewesen und gekühlt worden. Bei der Klassenfahrt sei viel gefeiert worden. Der Zeuge S sei damals ziemlich hektisch gewesen. Er sei nicht der Klassenlehrer gewesen, die eigentliche Klassenlehrerin sei krank oder schwanger gewesen. Sie hätten abends immer zu den Mädchen in die Zimmer gewollt. Außerdem hätten sie sich nicht an die vorgegebenen Ruhezeiten halten wollen. Böse Exzesse habe es aber nicht gegeben.
Er könne sich nicht daran erinnern, ob es eine Abschlussfeier gegeben habe und ob örtliche Jugendliche mal mit der Klasse gefeiert hätten. An konkrete Strafmaßnahmen während der Klassenfahrt seitens der Lehrer könne er sich nicht erinnern. Der Zeuge S sei ein eher lockerer Mensch gewesen, der sich damals wahrscheinlich auch als der große Freund dargestellt habe. Er sei auch Vertrauenslehrer gewesen. In einzelnen Situationen habe er dann aber auch überzogen und sehr aufgeregt reagiert, z. B. wenn sie – die jungen Männer - im falschen Zimmer gewesen seien.
Der Zeuge T H hat bekundet, nach seiner Erinnerung sei nur seine Klasse auf der Klassenfahrt gewesen. Aufsichtsführender Lehrer sei Herr S gewesen. Wer sonst noch dabei gewesen sei, wisse er nicht. Er selber sei gleich am Anfang der Klassenfahrt beim Reiten auf einem Reiterhof vom Pferd gefallen und habe sich das Schlüsselbein gebrochen. Ob nach seinem Unfall weiter geritten worden sei, erinnere er nicht. Es habe viel Freizeit gegeben und was in der so gemacht worden sei, könne er nicht mehr sagen. Er könne sich nicht daran erinnern, dass örtliche Jugendliche mit oder ohne Mofas zum Schullandheim gekommen seien. Der Kläger habe ein dickes Knie gehabt, aber wie es dazu gekommen sei, wisse er nicht. Es sei wohl in der Freizeit passiert. Er erinnere sich dunkel an ein ganz dick geschwollenes Knie. Der Vorfall müsse sich ziemlich am Ende der Klassenfahrt ereignet haben. Der Kläger habe später in der Schule einen Gips getragen. Er könne sich nicht daran erinnern, dass Mitschüler bei der Klassenfahrt Mofa gefahren wären.
Der Zeuge S hat zu dem Geschehen angegeben, sich nicht mehr erinnern zu können, wohin die Klassenfahrt gegangen sei. Damals hätten Klassenfahrten regelmäßig 10 Tage gedauert und seien mit einer Klasse veranstaltet worden. Außer ihm selbst hätte noch eine weitere Lehrkraft sowie wohl auch ein Sozialarbeiter bzw. eine Sozialarbeiterin dabei gewesen sein müssen.
Der Unfall des Klägers sei ihm sozusagen als negatives Highlight in Erinnerung geblieben. Es habe dort eine Gruppe von örtlichen Jugendlichen gegeben, die mitbekommen hätten, dass B Jugendliche im Ort gewesen seien und die mit einem oder mit mehreren Mofas/Mopeds zu ihnen gekommen seien. Jenseits der Mauer um das Grundstück habe es einen Vorplatz gegeben. Die Jugendlichen aus dem Ort seien mehrfach gekommen und zwar mehrere Tage hintereinander auf den Vorplatz mit einem oder mehreren Mofas/Mopeds. Er habe das natürlich mitbekommen und den Schülern gesagt, sie sollten nicht mitfahren. Er wisse nicht, ob außer dem Kläger und an anderen Tagen noch weitere Schüler aus der Klasse mitgefahren seien. Er sei nicht immer auf dem Vorplatz gewesen. Eine Abschlussfeier am Ende einer Klassenfahrt sei die Regel gewesen. An ein konkretes Abschlussfest zu dieser Fahrt und daran, ob andere Jugendliche dabei gewesen seien, erinnere er sich nicht.
Am Unfalltag sei der Kläger mit einem Mofa/Moped gefahren und gestürzt. Den Unfall habe er selber nicht gesehen. Es werde ihn wohl einer der Mitschüler des Klägers benachrichtigt haben, woraufhin er dann zum Vorplatz gegangen sei. Er könne sich nicht erinnern, ob der Kläger geblutet habe. Auch andere äußere Verletzungszeichen seien ihm nicht erinnerlich, ebenso wenig, wie er den Kläger auf dem Vorplatz vorgefunden habe (stehend, liegend oder ähnliches), und auch nicht konkret, wie der Kläger ins Haus gekommen sei. Er wisse noch, dass noch Tageslicht gewesen sei. Aufgrund des Tagesablaufs meine er, dass sich der Unfall wahrscheinlich am Nachmittag oder am Abend ereignet habe. Das Knie sei im Verlaufe der nächsten Stunden dick geworden. Sie hätten das Knie gekühlt. Für ihn als medizinischen Laien sei nicht ersichtlich gewesen, ob es im Knie zu größeren Schäden gekommen sei. An dem Tag sei kein Arzt gekommen bzw. sie seien nicht zum Arzt gegangen. Es sei wahrscheinlich, dass der Unfall sich am letzten Tag ereignet habe, denn ansonsten wäre sicherlich am nächsten Tag ein örtlicher Arzt aufgesucht worden.
An weitere Unfälle während der Klassenfahrt könne er sich nicht erinnern. Er habe den Schülern zwar gesagt, dass sie nicht Mofas/Moped fahren sollten. Dass sich die Jugendlichen aus dieser Klasse zu jener Zeit aber nicht daran gehalten hätten, sei üblich gewesen. Disziplinlosigkeiten seien dauernd vorgekommen. Man habe nur versuchen können, ein Mindestmaß an Überschaubarkeit und Verträglichkeit zu gewährleisten. Es könne nicht jeder Regelverstoß mit Strafmaßnahmen belegt werden. Generell seien Strafmaßnahmen bei einzelnen Regelverstößen üblich gewesen. Er könne sich bezüglich der hier diskutierten Klassenfahrt jedoch an keine konkreten Strafmaßnahmen mehr erinnern.
Zum generellen Ablauf der Fahrt könne er sagen, dass es üblicherweise eine Tagesplanung gegen habe, entweder hätten Ganztagsunternehmungen stattgefunden oder das Programm habe sich nach Vor- und Nachmittag unterteilt. Die Jugendlichen seien an viel Freizeit gewöhnt gewesen. Den Unfall müsse er der Schule gemeldet haben.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 17. März 2011 und 15. April 2011 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogene Verwaltungsakten der Beklagten, welche vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind, verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und begründet. Bei dem Unfall des Klägers vom 19. Juni 1980 handelt es sich entgegen der Auffassung des SG in seinem Urteil vom 15. Juni 2009 um einen Arbeits-/Schulunfall.
Rechtsgrundlage sind die vor Inkrafttreten des SGB VII geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der geltend gemachte Unfall bereits vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01. Januar 1997 eingetreten war (Artikel 36 des Unfallversicherungseinordnungsgesetzes, §§ 212 ff SGB VII).
Arbeitsunfall im Sinne des § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (st. Rspr. zu §§ 548, 550 RVO: Bundessozialgericht <BSG> in SozR 2200 § 548 Nr. 56 und § 550 Nr. 35).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Alle rechtserheblichen Tatsachen müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben. Der ursächliche Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht ist dagegen nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen, so dass hierfür grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (vgl. hierzu Urteile des BSG in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 m. w. N., SozR 2200 § 551 Nr. 1 und SozR 4-5670 Anl. 1 Nr. 2402 Nr. 1). Eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG in Breithaupt 1963, 60, 61). Voll bewiesen sein müssen aber auch hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs immer die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg; die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich nur auf die kausalen Zwischenglieder. Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehören damit z. B. die Erfüllung des Versicherungsschutztatbestands nach §§ 539 ff RVO, die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis, ein Körperschaden und die Plötzlichkeit als Unfallmerkmale.
Zu den versicherten Tätigkeiten gehören nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 b) RVO auch Verrichtungen eines Schülers während des Besuchs einer allgemeinbildenden Schule. Dem Versicherungsschutz unterliegen in erster Linie Betätigungen während des Unterrichts, in den dazwischen liegenden Pausen und solche im Rahmen so genannter Schulveranstaltungen. Allerdings ist der Schutzbereich der „Schülerunfallversicherung" enger als der Versicherungsschutz in der gewerblichen Unfallversicherung, weil er auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule beschränkt ist (ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. BSG in SozR 3-2200 § 539 Nrn. 22, 34; BSG in SozR 4-2700 § 8 Nr. 7), wie sich sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift als auch ihrer Entstehungsgeschichte ergibt. Außerhalb dieses Verantwortungsbereichs besteht in der Regel kein Versicherungsschutz auch bei Verrichtungen, die wesentlich durch den Schulbesuch bedingt sind und ihm deshalb an sich nach dem Recht der gewerblichen Unfallversicherung zuzuordnen wären (vgl. BSG in SozR 2200 § 539 Nr. 16 sowie in SozR 2200 § 548 Nr. 55).
Zu den vom organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule erfassten Veranstaltungen gehören auch die unter schulischer Aufsicht durchgeführten Klassenfahrten wie die, an der der Kläger teilnahm (ständige Rechtsprechung des BSG: u. a. BSG in SozR Nr. 3 zu § 548 RVO; BSG in SozR 3-2200 § 539 Nr. 34; BSG in SozR 4-2700 § 8 Nr. 7). Der Versicherungsschutz auf Klassenfahrten umfasst jedoch nicht jedwede Betätigung während der gesamten Dauer der Klassenfahrt. Vielmehr ist die Rechtsprechung des BSG zum Versicherungsschutz auf Dienst- oder Geschäftsreisen unter Beachtung der Besonderheiten für Klassenfahrten entsprechend heranzuziehen und zu entscheiden, ob die Verrichtung zur Zeit des Unfalls im sachlichen Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit als Schüler steht (vgl. BSG in SozR Nr. 3 zu § 548 RVO; BSG in SozR 3-2200 § 539 Nr. 34; BSG in SozR 4-2700 § 8 Nr. 7). Der Versicherungsschutz ist danach zu verneinen, wenn sich die betreffende Person zur Unfallzeit rein persönlichen, von der versicherten Tätigkeit nicht mehr beeinflussten Bedürfnissen und Belangen widmet wie Essen, Trinken und Schlafen oder einem privaten Spaziergang (vgl. allgemein zu Dienstreisen BSG in SozR 4-2200 § 550 Nr. 1; zu Klassenfahrten BSG in SozR Nr. 3 zu § 548 RVO - Schlafen; Urteil vom 25. Januar 1977 - 2 RU 50/76 -, zitiert nach Juris - verbotswidriger Privatausflug).
Neben den auch bei Dienstreisen von erwachsenen Beschäftigten zu berücksichtigenden besonderen Gefahren z. B. der Unterkunft (BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 7; speziell zu Schülern: BSG in SozR 3-2200 § 539 Nr. 34: nächtlicher Brand in der Unterkunft während des Schlafens) sind im Rahmen der Schüler-Unfallversicherung als eine weitere Besonderheit die Gefahren zu berücksichtigen, die sich aus unzureichender Beaufsichtigung oder dem typischen Gruppenverhalten von Schülern oder Jugendlichen ergeben (ständige Rechtsprechung des BSG: u. a. Urteil vom 25. Januar 1977 - 2 RU 50/76 -, zitiert nach Juris; BSG in SozR 2200 § 550 Nr. 14; BSG in SozR 3-2200 § 539 Nr. 34). Gründe hierfür sind das „Übergangsstadium vom Kind zum werdenden Mann" (BSG in SozR Nr. 68 zu § 542 RVO a. F.), der noch ungebändigte jugendliche Spiel- und Nachahmungstrieb (BSG in SozR 2200 § 550 Nr. 14), der natürliche Spieltrieb junger Menschen (BSG in SozR 3-2200 § 539 Nr. 34), das (zwangsweise) Zusammensein vieler Schüler und Jugendlicher (BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 48) einhergehend mit einem Gruppenverhalten vor allem bei Schülern im Pubertätsalter, das bei Auseinandersetzungen das Schubsen des Mitschülers dem sachlichen Gespräch vorziehen und in eine Rangelei oder sogar Schlägerei hineingleiten kann (BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 48, in SozR 3-2200 § 539 Nr. 34). Dies gilt vor allem auf Klassenfahrten, bei denen sich der natürliche und bei jüngeren Schülern noch ungehemmte Spieltrieb während der Fahrt besonders auswirken und „hochschaukeln" kann, während gleichzeitig eine ständige Aufsicht durch begleitende Lehrer „rund um die Uhr" nicht möglich ist (BSG in SozR 3-2200 § 539 Nr. 34; BSG Urteil vom 07. November 2000 - B 2 U 40/99 R – zitiert nach Juris).
Eine schematische Altersgrenze, ab der solche gruppendynamischen Prozesse von Schülern und Jugendlichen ausgeschlossen werden müssen, ist abzulehnen (ständige Rechtsprechung des BSG: u. a. BSG in SozR Nr. 68 zu § 542 RVO a. F.; SozR 3-2200 § 539 Nr. 34; SozR 4-2700 § 8 Nr. 7). Zur Beurteilung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit „Schüler auf Klassenfahrt" und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist letztlich ausgehend von den Grundsätzen bei Dienstreisen eine Gesamtbetrachtung vor allem der konkreten gruppendynamischen Situation und des Alters der Beteiligten vorzunehmen (BSG in SozR Nr. 68 zu § 542 RVO a. F.; SozR 3-3100 § 5 Nr. 9; SozR 4-2700 § 8 Nr. 7).
Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Ereignis (Unfall) des Klägers vom 19. Juni 1980, bei dem er mit einem Mofa umgekippt und sich laut dem Erste-Hilfe-Bericht des damaligen Krankenhaus A U vom 20. Juni 1980 u. a. Schürfwunden und Hämatome im Bereich der rechten Gesichtshälfte sowie eine Verletzung des rechten Knies zugezogen hat, um einen Arbeits-/Schulunfall.
Dass der Kläger tatsächlich am 19. Juni 1980 einen solchen Unfall erlitten hat, steht zur vollen Überzeugung des Senats nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG fest. Dabei stützt sich der Senat auf die glaubhaften und schlüssigen Angaben des Klägers sowie die Angaben im Erste-Hilfe-Bericht des Krankenhaus A U vom 20. Juni 1980. Darüber hinaus konnte sich zwar keiner der befragten Zeugen daran erinnern, bei dem Ereignis anwesend gewesen zu sein. Die Zeugen K, H und S konnten jedoch bestätigen, dass der Kläger gegen Abend des 19. Juni 1980 Mofa gefahren und verunglückt ist. Alle drei haben ihn unmittelbar anschließend humpelnd gesehen und wussten auch, dass er Mofa gefahren war. Die Zeugen F, N und H konnte sich ebenfalls daran erinnern, dass der Kläger auf der Klassenfahrt gesundheitliche Beschwerden mit dem Knie hatte, allerdings nicht daran, wie es dazu gekommen war. Die Zeugen S, K, H und N konnten des Weiteren bestätigen, dass Jugendliche aus dem Dorf mit Mofas im Schullandheim vorbei gekommen waren.
Die Verrichtung „Mofafahren“ stand auch im inneren Zusammenhang mit der schulischen Veranstaltung „Klassenfahrt“. Zwar ereignete sich der Unfall nicht im Rahmen des engeren Klassenfahrtprogramms, d. h. nicht während eines gemeinsamen Tagesausflugs oder eine sonstigen Unternehmung nach Tagesplanung, sondern in der so genannten „Freizeit“. Angesichts des erweiterten Zwecks einer Klassenfahrt, nämlich neben der Ergänzung der in der Schule erworbenen Kenntnisse durch unmittelbare Anschauung auch die Förderung der Einsicht der Schüler in die eigene Verantwortung für sich und andere, das Kennenlernen von Landschaft und Bevölkerung sowie die Vertiefung des Verständnisses für politische, gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Zusammenhänge (so Nr. I 2. Abs. 1 der Ausführungsvorschriften über Schülerfahrten in andere Länder der Bundesrepublik Deutschland und in das Ausland des Senators für Schulwesen vom 25. Juni 1974, ABl. Nr. 33 vom 12. Juli 1974, 912 ff.), kann nicht jegliche Freizeitbetätigung von Jugendlichen auf einer Klassenfahrt dem eigenwirtschaftlichen und damit unversicherten Bereich zugeordnet werden, zumal es auf der hier maßgeblichen Klassenfahrt nach der Aussage der Zeugen S, H und H einen hohen Freizeitanteil sowie nach den Angaben des Klägers und den Aussagen der Zeugen K, H, S und N erhebliche - und von den aufsichtsführenden Pädagogen offensichtlich gebilligte – Kontakte mit der örtlichen Jugend gegeben hat.
Es kann hier auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich ganz bewusst entgegen einem aktuellen Verbot der aufsichtsführenden Personen der Verrichtung „Mofafahren“ hingegeben hätte. Zwar steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme – und auch nach den eigenen Angaben des Klägers – fest, dass das (Mit-) Fahren auf den Mofas zumindest von dem Zeugen S als begleitendem und aufsichtsführendem Lehrer als gefährlich eingestuft und daher missbilligt worden war. Der Zeuge S, der damals eine der begleitenden Aufsichtspersonen war, hat angegeben, den Schülern gesagt zu haben, sie sollten nicht mitfahren. An konkrete Sanktionsmaßnahmen konnte er sich allerdings nicht erinnern. Der Kläger selber hat angegeben, das Mofafahren sei zwar von den aufsichtsführenden Personen als gefährlich eingestuft worden. Auch sei gesagt worden, sie sollten nicht Mofa fahren. Es habe jedoch aus seiner damaligen Sicht als 15jähriger Schüler weder ein klares Verbot noch Strafmaßnahmen gegeben. Die Zeugin K hat lediglich vermutet, das Mofafahren sei nicht gestattet gewesen. Der Zeuge H. hat erklärt, das Mofafahren sei nicht erlaubt gewesen. Hinsichtlich der Frage von Sanktionsmaßnahmen war er jedoch unsicher. Er erinnerte ein Ausflugsverbot und vermutete einen Zusammenhang mit seinem eigenen Mofafahren. Die weiteren Zeugen konnten hierzu keine Angaben machen. Dass das Verlassen des Schullandheims/Gasthofs bzw. das Verlassen des Geländes an sich verboten gewesen bzw. das Verlassen des Gebäudes/Geländes anzuzeigen gewesen wäre, hat keiner der Zeugen mit Sicherheit angeben können. Allerdings schilderten die Zeugen B, F und N ebenso wie der Zeuge H, dass mehrere Schüler – darunter auch sie selber – lange Abfahrten mit Skateboards gefahren seien (ebenfalls eine potentiell gefährliche Betätigung), dies den aufsichtsführenden Personen bekannt gewesen sei und dies trotz eines Verbotes (so der Zeuge N) von ihnen weiterhin gemacht worden sei. Bestätigt wurde auch, dass die Gruppe „ein wilder Haufen“ gewesen sei (so ausdrücklich der Zeuge B, sinngemäß aber auch die Zeugen F und N) und ständig Disziplinlosigkeiten vorgekommen seien (so der Zeuge S).
Angesichts des Alters des Klägers und seiner Klassenkameraden (15 Jahre), aus dem eine große Neugier zum Ausprobieren resultierte, des den aufsichtsführenden Personen bekannten sowie nach den rechtlichen Vorschriften sogar erwünschten wiederkehrenden Kontakts mit der mit Mofas motorisierten Dorfjugend, der häufigen Disziplinlosigkeiten, der Gruppendynamik und des großen Freizeitanteils bei der Fahrt, stellte allein die Ansage seitens des Zeugen S, die Schüler „sollten nicht mitfahren“ kein hinreichendes ausdrückliches Verbot, dass explizit ausgesprochen, immer wieder erneuert und tatsächlich sanktioniert worden wäre, dar. Insbesondere ist eine hinreichende Drastik eines Verbots in keiner Weise nachgewiesen, konkrete Maßnahmen zur Durchsetzung des Verbots, mit den Mofas zu fahren, wie z. B. eine Untersagung der Besuche seitens der Dorfjugendlichen oder ein Einziehen der Mofas bzw. der Mofaschlüssel für die Dauer der Besuche auf dem Gelände des Schullandheims, fanden nicht statt. Allein indem der Zeuge S das Mofafahren untersagte, kam er seiner Aufsichtspflicht gegenüber den minderjährigen und pubertierenden Jungen der damaligen Kerngruppe 813 nicht ausreichend intensiv nach. Denn wie auch explizit in den später zur Beseitigung von Unsicherheiten erlassenen „Ausführungsvorschriften zur Aufsichtsführung während des Unterrichts, in den Pausen, während der schulischen Betreuungszeiten, während sonstiger schulischer Veranstaltungen sowie zur Verkehrssicherungspflicht und zur Haftung“ (AV Aufsicht) der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport vom 26. Oktober 2000 (ABl. Berlin Nr. 57 vom 08. Dezember 2000 S. 4634 ff.) niedergelegt, richten sich Art und Umfang der Aufsichtsführung nach dem Alter, der Reife und der Zahl der Schüler sowie den sonstigen, bei sachgerechter Würdigung zu berücksichtigenden Umständen, die sich insbesondere aus dem Schulbetrieb, der Art der einzelnen schulischen Veranstaltung, der Beschaffenheit des Schulgebäudes oder –geländes und dem erkennbaren Gefährdungspotential ergeben (Nr. 3 Abs. 2 der AV Aufsicht). Hinsichtlich der Intensität der Aufsichtsführung ist darauf zu achten, dass diese kontinuierlich, aktiv und präventiv zu erfolgen hat. Die Schüler müssen sich jederzeit beaufsichtigt fühlen, auch wenn die Aufsichtsperson nicht jeden Einzelnen ununterbrochen im Blickfeld haben kann. Sie muss jederzeit aktiv auf die Abwehr von Gefahren für die Schüler sowie für Dritte hinwirken. Insoweit muss die Aufsichtsführung umsichtig und vorausschauend erfolgen (Nr. 3 Abs. 3 der AV Aufsicht).
Der Kläger hat sich daher nach seinem eigenen damaligen Erkenntnishorizont als 15jähriger Junge nicht während der Schulveranstaltung „Klassenfahrt“ unerlaubt und gegen ausdrückliches Verbot „quasi auf eigene Faust“ aus dem Aufsichtsbereich der Lehrkräfte entfernt (vgl. hierzu das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 19. November 2006 – L 9 U 77/05 -, zitiert nach Juris).
Nach alldem war hier auf die Berufung des Klägers die erstinstanzliche Entscheidung des SG vom 15. Juni 2009 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Feststellung des Ereignisses als Arbeits-/Schulunfall maßgebliche Grundvoraussetzung für den Erhalt von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.