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Entscheidung VK 39/10


Metadaten

Gericht Vergabekammer Potsdam Entscheidungsdatum 17.08.2010
Aktenzeichen VK 39/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist. Das Verfahren zur Vergabe von Leistungen zur Bergung, Abholung, Aufnahme und Verwahrung von Fund- und Verwahrtieren aus dem Stadtgebiet der …stadt …, verbunden mit einem sozialpädagogischen/sozialtherapeutischen Konzept für Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf wird in den Stand vor Versendung der Verdingungsunterlagen zurückversetzt. Der Auftraggeberin wird aufgegeben, bei fortbestehendem Beschaffungsbedarf das Verfahren zur Vergabe der streitigen Leistungen nur unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen.

2. Die Auftraggeberin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragstellers. Die Auftraggeberin ist von der Zahlung der Gebühren befreit.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsteller wird für notwendig erklärt.

4. Der vom Antragsteller eingezahlte Kostenvorschuss in Höhe von 2.500,00 EUR wird an ihn nach Bestandskraft des Beschlusses zurück gezahlt.

Gründe

I.

Die Auftraggeberin hatte nach vorheriger Durchführung eines Interessenbekundungsverfahrens die Vergabe von Leistungen zur Bergung, Abholung, Aufnahme und Verwahrung von Fund- und Verwahrtieren aus dem Stadtgebiet der …stadt …, verbunden mit einem sozialpädagogischen/sozialtherapeutischen Konzept für Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf, im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom … 2009 im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben.

Der Antragsteller hatte sein Interesse an der verbundenen Leistungserbringung gegenüber der Auftraggeberin im Rahmen der Interessenbekundung schriftlich angezeigt, wegen einer zu gering bemessenen Frist aber keine weiteren Unterlagen eingereicht. Zwar hatte er sich als Teilnehmer der Interessenbekundung, (auch) zur Bildung einer Bietergemeinschaft für die verbundene Leistungserfüllung bereit erklärt (Ziffer II.1.5 der Bekanntmachung), an der nachfolgenden Ausschreibung beteiligte er sich jedoch nicht.

Mit Schreiben vom … 2010 bat die Auftraggeberin ausgewählte Freie Träger und Unternehmen, welche sich bereits im Vorjahr für diese Leistungserbringung inte-ressiert hatten bzw. aufgrund ihres Geschäftsprofils hierfür infrage kommen, sich am erneuten Verhandlungsverfahren zur Vergabe der o.a. Leistungen zu beteiligen. Sie teilte mit, dass das im Vorjahr durchgeführte Vergabeverfahren aufgehoben worden sei und übersandte die Verdingungsunterlagen teils unaufgefordert an zehn Unter-nehmen, so auch an den Antragsteller.

Nach der Leistungsbeschreibung, Ziffer 1: Vorbemerkungen, beabsichtigt die Auf-traggeberin, einen Bieter mit der Wahrnehmung der ihr obliegenden ordnungs-behördlichen Pflichtaufgaben - die Aufnahme und Verwahrung von Fund- und Verwahrtieren - zu beauftragen; sie ist daran interessiert, diese Pflichtaufgabe zusätzlich mit einem Konzept für sozialpädagogische/sozialtherapeutische Betreuungsleistungen für Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf zu verbinden und erwartet für dieses Ausschreibungsverfahren entsprechende Konzepte. Der unter Ziffer 2 beschriebene Leistungsumfang befasst sich ausführlich mit einzelnen Maßgaben zum Betreiben eines Tierheims für die Fund- und Verwahrtiere (lit. a bis k) im Zeitraum … 2011 bis … 2026.

Unter lit. l) führt die Auftraggeberin an, dass

„dieser Fund und Verwahrtierbetreuung zusätzlich parallel solche zukunfts-fähigen sozialpädagogisch-sozialtherapeutischen Angebote für Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf über mehrere Jahre angegliedert werden sollen, welche nicht nur eine perspektivische Zusammenarbeit mit dem Tierheimbetrieb ermöglichen, sondern auch ein weites Entwicklungs-potenzial besitzen. Ein entsprechendes Betreuungskonzept soll qualitativ und plausibel dargelegt werden. Vorstellbar für die Betreuungsleistungen von Menschen seien hierbei

- die Durchführung einer Beschäftigung im Tierheimbetrieb und gegebenenfalls in der Fund- und Verwahrtierbetreuung in Zusammenarbeit mit sozialen Trägern und/oder Einrichtungen für Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf;

- sozialpädagogische Angebote für weitere Bedarfsgruppen aus anderen Bereichen wie z.B. KJHG bzw. SGB VIII, soweit soziale Träger/Einrichtungen einen entsprechenden Bedarf anmelden.“

Für den Fall, dass die Leistungsaufnahme der Betreuungsleistung nicht mit Beginn des Tierheimbetriebes erfolgen soll, müsse im Konzept ein realistischer Zeitpunkt der Leistungsaufnahme benannt werden.

Die den Tierheimbetrieb betreffenden speziellen Anforderungen werden in Ziffer 4 a der Leistungsbeschreibung ausführlich, u.a. unter Bezugnahme auf die einschlägigen rechtlichen Regelungen, beschrieben. Spezielle Anforderungen an das sozialpädagogisch-sozialtherapeutische Betreuungskonzept (Ziffer 4 b) formuliert die Auftraggeberin wie folgt:

„Eine Anbindung der Arbeit mit Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf an das Tierheim muss vorhanden sein, in der Konzeption nachvollziehbar und aus amtstierärztlicher Sicht sowie unter Einhaltung sämtlicher infrage kommender Vorschriften des Tierschutzgesetzes, aber auch den einschlägigen Bestimmungen für die soziale Betreuung von Menschen, gegeben sein. Auftretende Schnittstellen oder auch die geplante Vernetzung soll entsprechend in der Konzeption dargelegt werden.

Ein entsprechender Bedarf in der …stadt … an dieser Zusammenarbeit zwischen dem Tierheimbetrieb sowie der Arbeit von Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf soll plausibel festgestellt und die planerische Umsetzung dargelegt werden.

Bei der geplanten Finanzierung des sozialen Betreuungsbedarfs sollten möglichst viele Dritt- und Fremdmittel eingesetzt werden, um den kommunalen Finanzierungsanteil entsprechend zu verringern.“

Vorgaben zu den personellen Voraussetzungen hinsichtlich der sozialen Betreuungs-leistungen wurden allgemein dahin formuliert, dass „die jeweils notwendigen und erforderlichen sozialpädagogischen, betriebswirtschaftlichen und juristischen Kompe-tenzen“ erwartet werden, ebenso wie eine enge Zusammenarbeit mit den ent-sprechenden Fachbereichen der Auftraggeberin.

In Ziffer 8 der Leistungsbeschreibung waren die Unterlagen aufgelistet, die mit dem Angebot einzureichen waren. Der Zuschlag sollte gemäß Ziffer 10 auf das wirtschaftlichste Gesamtangebot eines Tierheimbetriebes verbunden mit einem Angebot für Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf erteilt werden. Die beiden Leistungsteile werden separat gewertet und fließen mit 70 v.H. bzw. 30 v.H. in die Gesamtbewertung ein. Unter Berücksichtigung von Preis und Qualität des Betreiberkonzeptes (Bewertungsmatrix) konnten für den Tierheimbetrieb maximal 100 Punkte (Wichtung: 70 v.H.) erzielt werden, wobei der niedrigste Preis der Angebote 50 Punkte (Maximalpunktzahl) erhält. Für das soziale Betreuungskonzept gemäß nachfolgender Bewertungsmatrix waren maximal 99 Punkte (Wichtung: 30 v.H.) erreichbar:

Kriterien zum Betreuungskonzept

 Bewertungspunkte

Max.

Punktzahl

 5

 20

 33

Konzept für Menschen mit entsprechendem sozialem Betreuungsbedarf

nur sehr geringe,

nachvollziehbare Anbindung an Tierheimarbeit

sehr plausibel, bietet Vernetzung

und Schnittstellen

zur Tierheimarbeit

 

33

sozialpädagogische/ sozialtherapeutische Betreuungsleistung

werden von anderen Trägern an anderer

Stelle abgedeckt,

deshalb kein Bedarf

an zusätzlicher

Leistung

Bedarf z. T. vorhan-

den, da Leistung

nicht in ausreichen-

der Form von

anderen Trägern erbracht wird

Bedarf vorhanden,

da Leistung nicht

von einem anderen

Träger erbracht

wird

 

33

 

Finanzierung

nur mit

kommunalen

Mitteln

mit

kommunalen Mitteln sowie mit Dritt-/ Fremdmitteln

nur mit Dritt-/

Fremdmitteln

33

 Gesamtbewertung

 99

 (Unterstreichungen nicht im Original)

Unter Ziffer 11 der Leistungsbeschreibung wird darauf hingewiesen, dass die Bieter im Rahmen eines Präsentationstermins Gelegenheit zur Erläuterung ihres Angebotes erhalten. Im Anschluss bestehe die Möglichkeit zur abschließenden Ergänzung bzw. Überarbeitung des Angebotes innerhalb einer für alle Bieter gleich und von der Auftraggeberin im Präsentationstermin zu benennenden Frist.

Erstmals mit Schreiben vom ... 2010 bemängelte der Antragsteller, dass die (ursprünglich) auf den ... 2010 gesetzte Frist für die Abgabe eines Angebotes angesichts der Komplexität des Ausschreibungsgegenstandes zu kurz bemessen sei. Weitere Rügen und zahlreiche Fragen zu den Verdingungsunterlagen folgten mit Schreiben vom … und … 2010 sowie … 2010. Der Antragsteller hat insbesondere auch mehrfach zu erfragen versucht, was die Auftraggeberin unter Menschen mit sozialem Betreuungsbedarf versteht und für welche sozialpädagogische/sozial-therapeutische Betreuungsleistung sie Bedarf hat, die mit dem Betrieb eines Tierheims gekoppelt werden soll. Er hat beanstandet, dass dies nicht bekannt gegeben worden sei. Für die Auftraggeberin sei die soziale Betreuung lediglich „vorstellbar“, ein Leistungszeitraum werde ebenso wenig genannt, wie soziale Träger/Einrichtungen, welche Bedarf anmelden könnten. Kenne die Auftraggeberin ihren Bedarf nicht, lägen die Voraussetzungen für ein Vergabeverfahren nicht vor.

Mit Schreiben vom … 2010 verlängerte die Auftraggeberin die Angebotsfrist bis zum … 2010 und gab den Bietern auf entsprechende Anfrage ein aktuelleres Gutachten zum Erbbaugrundstück (Stand … 2009) zur Kenntnis. Mit beim Antragsteller am … 2010 eingegangenen Schreiben vom … 2010 sowie weiteren Schreiben vom … 2010 beantwortete die Auftraggeberin zahlreiche Einzelfragen des Antragstellers, u.a. zur Angebotswertung und zum Tierheimbetrieb; die Rügen wies sie zurück. Nach Aufhebung der europaweiten Ausschreibung vom Vorjahr sei das gewählte Verfahren, Verhandlungsverfahren ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb, zulässig, zumal nachrangige Dienstleistungen im Sinne des Anhangs I B der Vergabekoordinierungsrichtlinie (VKR) ausgeschrieben seien, sodass nur die §§ 8 a, 28 a des 2. Abschnitts der VOL/A zur Anwendung kämen. Hinsichtlich der Fragen zum abgeforderten sozialpädagogischen/sozial-therapeutischen Betreuungskonzept äußerte sich die Auftraggeberin dahin,

- dass … die(se) Leistung … nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden könne, dass hinreichend vergleichbare Angebote zu erwarten seien. Die Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe bzw. ein Verhandlungs-verfahren nach § 3 Nr. 4 lit. h VOL/A lägen vor (Schreiben vom … 2010, S. 1, Ziffer 1.). … Die Beauftragung dieser Leistungen, … sei beabsichtigt. Die genauen Inhalte des Betreuungskonzeptes seien Gegenstand des Verhand-lungsverfahrens und würden mit den Bietern im Rahmen der durchzu-führenden Verhandlungsgespräche im Einzelnen erörtert und festgelegt“ (wie vor, S. 3, Ziffer 1.).

- Im Hinblick auf die sozialpädagogisch-sozialtherapeutischen Angebote erfolgten … keine Festlegungen bzw. Einschränkungen (Schreiben vom … 2010, S. 2, Pkt. I.3. „zu Ziffer 14 ff.“). Es solle dem Bieter freigestellt sein, vollumfänglich eigene Ideen bzw. Konzeptionen vorzustellen. Aus diesem Grunde seien auch keine Spezifikationen vorgegeben worden und keine Festlegungen der Leistung im engeren Sinne erfolgt. Im Rahmen der Leistungsbeschreibung seien lediglich allgemein gehaltene Zielvorstellungen dargestellt worden; insofern werde jedoch erwartet, dass sich geeignete Bieter am Verfahren beteiligen und es keiner Erklärung allgemeingültiger Begriff-lichkeiten bedürfe.“

- „Die Verbindung der Leistungen des Betriebes des Tierheims mit sozialen Leistungen (wie vor, S. 3, Pkt. I.7.) sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden, denn nach dem Vergaberecht werde dem Auftraggeber nicht vorgegeben, was er zu beschaffen habe, sondern allein, in welchem Verfahren er die Leistungen vergibt. Der Auftraggeber lege daher fest, was Gegenstand eines Auftrages sein soll. Im Übrigen sei die Verknüpfung der verschiedenen Leistungen sach-lich begründet. Die Vorbemerkung des Betreibervertrages diene … der Ausle-gung des Vertrages (wie vor, S. 3, Pkt. I.11.). Die Erfüllung von sozialpäda-gogisch-sozialtherapeutischen Aufgaben sei an den Betrieb des Tierheimes gekoppelt. Insofern werde das Betreuungskonzept gemäß § 1 Grundlage des Vertrages. Weitergehende Regelungen würden in Verhandlung und Umset-zung des Konzeptes getroffen. Diesbezüglich sei beanstandet worden (wie vor, S. 5, Pkt. II.6.), die Bedarfsermittlung fehle; da … im Hinblick auf die einzelnen Leistungen keine inhaltlichen Vorgaben gemacht würden, folglich jede Zielgruppe in unterschiedlicher Weise durch das einzureichende Konzept angesprochen werden könne, habe „mithin der Bieter Angaben zum „gesell-schaftlichen Bedarf“ für die Prüfung der Plausibilität des Konzeptes beizu-bringen. Insofern handele es sich auch nicht um den eigenen Bedarf der …stadt … im engeren Sinne.“

Da den Beanstandungen nicht in dem abgeforderten Umfang abgeholfen worden war, hat der Antragsteller mit anwaltlichem Schriftsatz vom … 2010 bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag gestellt. Seines Erachtens sei die gewählte Verfahrensart nicht zulässig, da dem Verhand-lungsverfahren keine Aufhebung einer öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung vorausgegangen sei, § 3 Nr. 4 n VOL/A. Auch sei in der Regel ein Teilnahmewett-bewerb vorzuschalten, § 3 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A und der Ablauf des Verfahrens bezüglich etwaiger Verhandlungsrunden und Möglichkeiten einer Angebotsanpas-sung hinreichend zu beschreiben. Die Angebotsfrist sei zu kurz bemessen, um so-wohl für den Tierheimbetrieb als auch die sozialpädagogische/sozialtherapeutische Betreuung für Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf umfassen-de Konzepte zu erarbeiten, zumal die insoweit gestellten Fragen des Antragstellers bislang nicht abschließend beantwortet worden seien. Wesentliche Fragestellungen zur Ausschreibung seien (erst heute) eine Woche vor Ablauf der Angebotsfrist be-handelt worden. Für die Unternehmen bestünden auch keine gleichen Ausgangsbe-dingungen, da davon auszugehen sei, dass Bieter aus dem vorherigen, nicht erfolg-reichen Vergabeverfahren zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden und nicht aus-zuschließen sei, dass diese über weitergehende Informationen insbesondere hin-sichtlich des in den Vergabeunterlagen nicht beschriebenen Konzeptes zum sozialen Betreuungsbedarf verfügten und so einen zeitlichen Vorteil besäßen.

Die Ausschreibungskonzeption verstoße zudem gegen das Wettbewerbsgebot aus § 97 Abs. 2 GWB, das Losaufteilungsgebot aus § 97 Abs. 3 GWB und die Vorgaben zu wettbewerbsfremden Aspekten aus § 97 Abs. 4 GWB. Auftragsgegenstand seien zunächst die Leistungen bezüglich der Fund- und Verwahrtiere. Die Verbindung mit einem sozialpädagogischen und sozialtherapeutischen Konzept, die Gegenstand der Zuschlagskriterien sei, ergebe sich nicht aus dem Sachzusammenhang mit dem Auftragsgegenstand; vielmehr lägen zwei unterschiedliche öffentliche Aufgaben vor, die sachlich nicht miteinander verknüpft seien und regelmäßig von unterschiedlichen Unternehmen durchgeführt würden, ohne dass vorliegend eine Losaufteilung vor-gesehen sei. Dadurch werde der Wettbewerb erheblich beschränkt. Die Kopplung unterschiedlicher Auftragsgegenstände sei nach OLG Celle (Beschluss vom 24. Mai 2007 – 13 Verg 4/07) jedoch nicht uneingeschränkt zulässig.

Gefordert werde hier auch nicht der Einsatz von bestimmten betreuungsbedürftigen Personen bei der Durchführung des Auftrages zu den Leistungen bezüglich der Fund- und Verwahrtiere, das Sozialkonzept gehe weit darüber hinaus. Die Auftrag-geberin habe mit Schreiben vom … 2010 (dort Ziffer II. 6.) mitgeteilt, dass die Bieter „den gesellschaftlichen Bedarf“ ermitteln müssten, es sich insoweit auch nicht um einen eigenen Bedarf der Auftraggeberin handele. Damit fehle es an der Aus-schreibungsreife. Die Bedarfsermittlung sei ureigene Aufgabe des Auftraggebers, die in einem Vergabeverfahren nicht auf die Bieter verlagert werden könne. Die fehlende Beschreibung dieses Leistungsbestandteiles und die offenen Formulierungen im Hinblick auf die Vertragslaufzeit legten nahe, dass eine Markterkundung stattfinden solle. Zu diesem Teil der Ausschreibung sei die Leistungsbeschreibung zudem un-klar, denn es seien weder die Ziele der Auftraggeberin erkennbar, noch nenne sie ihren Bedarf oder die zu betreuende Personengruppe – Jugendliche, Arbeitslose, Pflegebedürftige – oder äußere sich zur Finanzierung.

Die Zuschlagskriterien seien nicht transparent. Es erschließe sich nicht, wie die Angebote, die nicht den niedrigsten Preis enthalten, bewertet werden. Die Kriterien zum sozialpädagogischen und sozialtherapeutischen Betreuungsbedarf seien unge-eignet, weil dem Antragsteller keine Informationen zum Bedarf vorlägen und die Bieter den Bedarf „ins Blaue hinein“ zu ermitteln hätten. Hinsichtlich des Tierheim-betriebes sei das Kriterium „Grundstücksgröße“ ungeeignet, da nur das Erbbau-grundstück des Auftraggebers in Betracht komme. Im Übrigen habe die Auftrag-geberin nicht angegeben, wie sie die Anbindung der sozialpädagogischen Betreu-ungsleistung an die Tierheimarbeit bewerte und wie sie die Finanzierung des kommunalen Anteiles sowie der Dritt- und Fremdmittel gewichte.

Weiter benachteilige die Vertragslaufzeit die Auftragnehmer unangemessen, denn die Auftraggeberin lasse offen, ob sie die Verlängerungsoption ausüben werde. Preisanpassungs- und Gestaltungsrechte sehe der Vertrag nicht vor.

Hinsichtlich der Tierheimarbeit sei die Leistungsbeschreibung unklar, da mangels Regelung bei Übernahme von mehr als 20 Tieren eine Kalkulation nicht möglich sei. Im Hinblick auf das Grundstück bestehe für die Bieter ein ungewöhnliches Wagnis durch den Altlastenverdacht und den entschädigungslosen Heimfall bei Beendigung des Betreibervertrages gemäß § 14 Nr. 4 des Erbbaurechtsvertrages, der gegen § 27 Abs. 1 ErbbauRG verstoße. Ein ungewöhnliches Wagnis folge ferner aus der Entgeltregelung zu Ziffer 6.3 (i.V.m. Ziffer. 4.a) der Leistungsbeschreibung bei Über-schreitung der geschätzten Anzahl zu betreuender Tiere.

Der Antragsteller beantragt,

1. die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §§ 107 ff. GWB,

2. die Auftraggeberin zu verpflichten, das Vergabeverfahren unter Berück-sichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzuführen,

3. die Auftraggeberin zu verpflichten, das Vergabeverfahren bis zu einer Entscheidung der Vergabekammer zu unterbrechen und die Angebots-frist angemessen zu verlängern,

4. hilfsweise andere geeignete Maßnahmen zu treffen,

5. dem Antragsteller Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,

6. der Auftraggeberin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuer-legen,

7. festzustellen, dass die Auftraggeberin dem Antragsteller die zur ent-sprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten hat,

8. festzustellen, dass für den Antragsteller die Hinzuziehung eines Bevoll-mächtigten notwendig war.

Nachdem der Antragsteller mit Schriftsatz vom … 2010 aufgefordert worden war, sein zum … 2010 eingereichtes Angebot bis zum … 2010 hinsichtlich der mit der Tierheimdienstleistung gekoppelten sozialen Betreuungsleistung zu vervollständigen und das insoweit fehlende Konzept, ausgefüllte Preisblatt und die Eignungsnachweise nachzureichen – die vorzulegenden Eignungsnachweise für den Tierheimbetrieb seien vollständig –, hat er sein Angebot ergänzt. Mit Schriftsatz der Auftraggeberin vom … 2010 wurde ihm mitgeteilt, dass das Angebot ausge-schlossen werde, da es noch immer nicht vollständig sei. Der Antragsteller hat den Angebotsausschluss mit Schreiben vom … 2010 gegenüber der Auftraggeberin gerügt und beantragt mit anwaltlichem Schriftsatz vom … 2010 ergänzend,

9. die Auftraggeberin zu verpflichten, das Angebot des Antragstellers nicht auszuschließen und in Verhandlungen mit dem Antragsteller einzu-treten.

Dass die Auftraggeberin bereits Verhandlungsgespräche mit anderen Bietern geführt habe, wie einer Pressemitteilung zu entnehmen sei, verstoße gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz, die auch im Verhandlungsverfahren zu beachten seien.

Die Auftraggeberin beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag des Antragstellers zurückzuweisen,

2. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Auftraggeberin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,

3. dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Auftraggeberin aufzu-erlegen.

In ihrer Antragserwiderung vom … 2010 verweist sie insbesondere auf die in der Privatautonomie wurzelnde Dispositionsbefugnis/Beschaffungsfreiheit eines (öffent-lichen) Auftraggebers. Die Auftraggeberin habe grundsätzlich die Möglichkeit von Synergieeffekten bei einer Verbindung der beiden Leistungsteile gesehen. Den sozialen Trägern bzw. Einrichtungen seien für die von ihnen zu entwickelnden sozialpädagogischen/sozialtherapeutischen Angebote mit möglichst weitem Entwick-lungspotenzial in der Zusammenarbeit mit dem Tierheimbetrieb bewusst keine Vor-gaben für bestimmte Personengruppen (beispielsweise behinderte Menschen, Ob-dachlose, obdachlose Jugendliche bzw. junge Erwachsene oder ähnliche Bedarfs-gruppen) gemacht worden. Die einheitliche Auftragsvergabe sei gewählt worden, um nicht lediglich unverbindliche Aussagen zu möglichen perspektivischen Koopera-tionen der verschiedenen Leistungserbringer zu erhalten. Diese hätten aus tech-nischen und wirtschaftlichen Gründen einen erheblichen Abstimmungsbedarf, sodass von einer losweisen Vergabe aus Zweckmäßigkeitserwägungen und ohne Verstoß gegen § 97 Abs. 3 GWB abgesehen worden sei.

Dem Antragsteller gehe es vorrangig um die Verhinderung der gekoppelten Vergabe. Wie unter anderem aus dem Antragsschriftsatz vom … 2010 folge, habe er kein Interesse am konkreten Auftrag, der verbundenen Leistungsvergabe, sodass ihm die Antragsbefugnis fehle, § 107 Abs. 2 GWB. Ein interessiertes Unternehmen könne dem Auftraggeber jedoch keine von seinen Vorstellungen abweichende Beschaffung vorschreiben, sondern habe die diesbezüglich gestellten Anforderungen als zu-lässige Vergabebedingungen grundsätzlich hinzunehmen. Der Antragsteller werde weder durch die Wahl der Verfahrensart noch die konkrete Beschaffungsentschei-dung diskriminiert. Eine Wettbewerbsschränkung liege ebenfalls nicht vor; diese wäre vielmehr dann anzunehmen, wenn hinsichtlich der sozialpädagogischen/sozialthera-peutischen Leistungen Vorgaben gemacht worden wären, der Kreis der Interessen-ten indes überschaubar sei und sich in der Branche eine weitgehend gleichartige Leistungserbringung noch nicht herausgebildet habe. Aus fehlenden Vorgaben für die sozialen Betreuungskonzepte auf eine fehlende Bedarfsermittlung der Auftrag-geberin zu schließen, verkenne den tatsächlichen Leistungsgegenstand.

Da der Antragsteller sowohl Teilnehmer des im … 2009 durchgeführten Inte-ressenbekundungsverfahrens gewesen sei, als auch Kenntnis von der am … 2009 europaweit bekannt gemachten Ausschreibung hatte, sei er mit seinen Rügen in Bezug auf eine vermeintlich unzulässige Verbindung des Betriebes des Tierheimes mit den sozialen Leistungen, die unterbliebene Losaufteilung, die fehlende Aus-schreibungsreife sowie eine teils unklare Leistungsbeschreibung präkludiert. Sämt-liche Einwände hätte er spätestens im Zuge der Vorjahresausschreibung anbringen können und müssen. Bereits an dieser Ausschreibung teilnehmende Bieter hätten keinen den Antragsteller benachteiligenden Vorteil, der auszugleichen gewesen wä-re. Dem Antragsteller habe seinerzeit die Teilnahme frei gestanden.

Obwohl nachrangige Dienstleistungen betroffen seien, habe die Auftraggeberin den Bietern auch die Zuschlagskriterien hinreichend transparent mitgeteilt, denn die maß-geblichen Bewertungsmatrizen seien mit den Verdingungsunterlagen übersandt wor-den. Die weiteren Beanstandungen seien zurückzuweisen. Unklarheiten der Leis-tungsbeschreibung (§ 8 Nr. 1 VOL/A) für den Fall der Übernahme von mehr als 20 Tieren beantworteten sich aus der anzubietenden Mindestplatzzahl. Der erwähnte Altlastenverdacht auf dem städtischen Grundstück stelle kein ungewöhnliches Wag-nis dar. Die Bieter seien nicht verpflichtet, dieses Angebot zu nutzen. Der übersandte Erbbaurechtsvertrag sei nur als Muster zu verstehen gewesen, ein Verstoß gegen § 27 ErbbauRG sei nicht erkennbar, jedenfalls sei der Antragsteller mit dieser erst-mals im Zuge des Nachprüfungsverfahrens erhobenen Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB präkludiert.

Soweit der Antragsteller mit Schriftsatz vom … 2010 ergänzend den Aus-schluss seines im Ergebnis noch immer unvollständigen Angebotes angefochten habe, werde darauf hingewiesen, dass er zu keiner Zeit ein verbindliches Angebot vorgelegt habe: es fehle aufgrund der erklärten Vorbehalte an der Abgabe eines Angebotes. Die Vorbehalte stellten eine unzulässige Abänderung der insoweit un-missverständlich formulierten Verdingungsunterlagen dar, sodass der Angebots-ausschluss gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A zwingend gewesen sei.

Die mit Konkurrenten bereits geführten Verhandlungsgespräche diskriminierten den Antragsteller nicht. Die Auftraggeberin sei nicht verpflichtet gewesen, die zu seinen Gunsten eingeräumte Nachbesserungsfrist abzuwarten.

Mit Verfügung des Vorsitzenden der Vergabekammer vom … 2010 wurde die Entscheidungsfrist bis zum … 2010 verlängert.

Dem Antragsteller wurde mit Schreiben der Vergabekammer vom … 2010 unter Beachtung von Geschäftsgeheimnissen Akteneinsicht gewährt. Mit Schriftsatz vom … 2010 vertiefte er seinen Vortrag.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom … 2010 hat die Auftraggeberin insbesondere darauf verwiesen, dass die Dokumentation des bisherigen Vergabeverfahrens ord-nungsgemäß erfolgt sei. Beigefügt war der „Vermerk für die Vorbereitung der Vergabe“ vom … 2010, welcher dem Antragsteller in teilgeschwärzter Fassung zur Kenntnis gegeben wurde. Der in dem Schriftsatz erwähnte, undatierte Vergabe-vermerk, dessen Erstellung mit dem … 2010 angegeben wird, ging mit auf den … 2010 datiertem Anschreiben der Auftraggeberin bei der Vergabekammer am … 2010 ein.

In der mündlichen Verhandlung am 17. August 2010 hatten die Beteiligten Gelegen-heit, ihre Standpunkte darzulegen.

Auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist im Wesentlichen zulässig.

Die angerufene Vergabekammer ist für die Entscheidung über den Nachprüfungs-antrag zuständig. Bei den der beabsichtigten Vergabe zugrunde liegenden Leistun-gen handelt es sich um Dienstleistungen nach §§ 99 Abs. 1, 4 GWB, die dem Land Brandenburg zuzurechnen sind und den maßgeblichen Schwellenwert übersteigen (§§ 104 Abs. 1, 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB i.V.m. Artikel 2 EG-VO Nr. 1177/2009 vom 30. November 2009).

Die Auftraggeberin ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts öffentlicher Auftrag-geber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.

Nach der Richtlinie 2004/18/EG wird zwischen vorrangigen und nachrangigen Dienst-leistungsaufträgen, aufgeführt in Anhang I bzw. II A und Anhang I bzw. II B der Richtlinie, unterschieden mit der Folge, dass beide Kategorien von Leistungen unter-schiedlichen Regeln unterworfen werden. Dienstleistungsaufträge wie der Vorliegen-de sind solche des Anhangs I B, für die, auch als nachrangige Dienstleistungs-aufträge, ein Nachprüfungsverfahren eröffnet ist, wenn wie hier der Schwellenwert überschritten ist.

Der Antragsteller ist seiner Rügeverpflichtung rechtzeitig nachgekommen. Er hat bereits zwei Tage nach Erhalt der Verdingungsunterlagen, zwischen dem … und … 2010, in sechs Schreiben Fragen zu den Verdingungsunterlagen gestellt und diverse Vergaberechtsverstöße, teils wiederholt, gerügt. Die Auftraggeberin hat erstmals mit Schreiben vom … 2010, beim Antragsteller am … 2010 eingegangen, auf die Fragen und Beanstandungen des Antragstellers reagiert, sodass mit dem vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gestellten Nachprüfungsantrag vom … 2010 auch die Frist des § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB eingehalten wurde.

Der Antragsteller ist teilweise antragsbefugt, § 107 Abs. 2 GWB. Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend macht; dabei ist darzulegen, dass durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Sein Interesse am Auftrag hat der Antragsteller bekundet, indem er Bieteranfragen gestellt, Vergaberechtsverstöße gerügt und sich mit einem Angebot an dem ausge-schriebenen Auftrag beteiligt hat. Soweit das fristgerecht zum … 2010 eingereichte Angebot nicht sämtliche Unterlagen umfasst, hatte der Antragsteller bereits im Anschreiben zu seinem Angebot vom … 2010 erklärt, dass er aufgrund der unzureichenden Antworten der Auftraggeberin auf seine Bieterfragen sowie aufgrund der Nichtabhilfe der von ihm gerügten Vergaberechtsverstöße, den Gründen, die zur Erhebung dieses Nachprüfungsantrages führten, nicht in der Lage gewesen sei, ein vollständiges Angebot vorzulegen. Dies wiederholte er nach Angebotsabgabe mit Schriftsatz vom … 2010, nachdem er vonseiten der Auftraggeberin mit Schreiben vom … 2010 zur Vervollständigung seines Angebotes bis zum … 2010 aufgefordert worden war. Das ursprünglich eingereichte Angebot des Antragstellers war im Wesentlichen in Bezug auf die mit der Tierheim-Dienstleistung gekoppelten sozialpädagogischen/sozialtherapeutischen Betreuungsleistungen unvollständig. Es fehlten das Konzept und die geforderten Eignungsnachweise sowie die Angaben im Preisblatt.

Die Antragsbefugnis scheitert nicht an der Unvollständigkeit des Angebotes. Dieser Fall ist denjenigen gleich zu stellen, in denen die betreffenden Antragsteller gerade wegen der geltend gemachten Vergabeverstöße nachvollziehbar entschieden haben, gar kein Angebot abzugeben. Im Hinblick auf die Klarstellung des BVerfG (Beschluss vom 29. Juli 2004 – 2 BVR 2248/03, NZBau 2004, 564) zu der vormals umstrittenen Frage, ob ein Antragsteller darlegen muss, welches Angebot er in einem fehlerfrei durchgeführten Vergabeverfahren abgegeben hätte, dürfen an die Darlegungen eines bereits entstandenen oder drohenden Schadens keine strengen Anforde-rungen gestellt werden, sodass auch die vorliegende Fallgestaltung, in der sich der Antragsteller angesichts der beanstandeten Vergabefehler zur Ausarbeitung eines beide Leistungsteile vollständig umfassenden Angebotes nicht in der Lage sah, ein-zubeziehen ist.

Der Schadensbegriff muss unter dem Gesichtspunkt der Gewährung des Primär-rechtsschutzes betrachtet und ausgelegt werden. Hiernach genügt der Antragsteller seiner Darlegungslast. Er macht eine Verletzung seiner Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB geltend und rügt im Wesentlichen die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Wettbewerbsgebotes aus § 97 Abs. 1, 2 GWB – elementare Grundsätze des Vergabeverfahrens, auf deren Einhaltung jeder Bieter einen Anspruch hat –, sowie des Transparenzgebotes aus 97 Abs. 1 GWB i.V.m. § 16 Nr. 1, 2 VOL/A. Er legt auch dar, dass durch die behauptete Rechtsverletzung ein Schadenseintritt nicht ausgeschlossen ist (§ 107 Abs. 2 Satz 2 GWB). Neben weiteren Vergaberechts-verletzungen hat er insbesondere angeführt, die als vergaberechtsfehlerhaft gerüg-ten Verdingungsunterlagen seien in den von ihm aufgelisteten Punkten unklar; ihm drohe ein Schaden, denn er könne kein chancenreiches Angebot kalkulieren, wenn nicht vonseiten der Auftraggeberin weitere Angaben zum Tierheimgrundstück gemacht werden und, die verbundene Leistung betreffend, insbesondere zur Perso-nengruppe, für die konkret der Bedarf der Auftraggeberin an sozialpädago-gischen/sozialtherapeutischen Betreuungsleistungen gegeben ist.

Macht ein potenzieller Bieter geltend, dass durch unklare Verdingungsunterlagen ein Verstoß gegen die Chancengleichheit vorliegt, ist ein zumindest drohender Scha-denseintritt im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ohne weiteres dargelegt (BVerfG, a.a.O.). Dies gilt ebenso für die seit dem … 2010 bestehende Situation, dass der Antragstellerin in Konsequenz des gerügten Auftraggeberverhaltens (noch immer) kein vollständiges Angebot bis zum Ablauf auch der Nachfrist einzureichen vermochte. Er muss nicht darlegen, welches Angebot er in einem fehlerfrei durchge-führten Vergabeverfahren abgegeben hätte.

Allerdings fehlt dem Antragsteller die Antragsbefugnis, soweit er die Wahl und Durchführung des Verhandlungsverfahrens beanstandet. Der Antragsteller gehört zum Kreis derjenigen Unternehmen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert und somit am Verfahren beteiligt wurden. Er hat weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, inwieweit durch die Wahl der Verfahrensart anstelle beispielsweise einer Öffentlichen Ausschreibung seine Zuschlagschancen beeinträchtigt worden sein können. Dazu hätte es der Darlegung bedurft, dass und inwieweit er im Falle einer Öffentlichen Ausschreibung ein anderes, chancenreicheres Angebot abgegeben haben würde, als er dies im Rahmen des tatsächlich durchgeführten Verhandlungsverfahrens/freihän-digen Vergabe getan hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Juli 2002 – Verg 22/02).

Mit dem Vorbringen, auch die verlängerte Angebotsfrist sei zu kurz bemessen gewe-sen, jedenfalls habe die Auftraggeberin einen Teilnahmewettbewerb vorschalten müssen, kann der Antragsteller nicht gehört werden. Insoweit fehlt ihm das Rechts-schutzbedürfnis. Unabhängig davon, dass weder aus einer Rechtsvorschrift noch vonseiten der Rechtsprechung ersichtlich das Gebot aufgestellt wird, nach Aufhe-bung einer im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ge-mäß § 3 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A geführten Ausschreibung sei – abweichend von den Re-gelungen zum Offenen oder Nichtoffenen Verfahren bzw. zur Öffentlichen oder Be-schränkten Ausschreibung – einem erneuten anschließenden Verhandlungsver-fahren in gleicher Beschaffungsangelegenheit wiederum ein Teilnahmewettbewerb voranzustellen, sind die Angebotsabgabefrist und letztlich noch die Nachlieferungs-frist für noch fehlende Angebotsbestandteile mit dem … 2010 über den zeitlichen Rahmen der Frist des § 18 a Abs. 1 VOL/A hinaus verlängert worden und damit jedenfalls im Sinne des § 18 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A als ausreichend zu qualifizieren. Insoweit kann der Antragsteller auch seinen Kenntnisstand und sein bisheriges Ver-halten in dieser Vergabeangelegenheit nicht vollständig ausblenden. Im Gegensatz zu anderen zur Angebotsabgabe am … 2010 aufgeforderten potenziellen Bietern hatte der Antragsteller im … 2009 an der Interessenbekundung teilgenommen. Damit kannte er die Grundzüge der beabsichtigten Auftragsvergabe. Die Gründe für die Nichtbeteiligung an der nachfolgenden europaweiten Ausschreibung sind zwar nicht bekannt. Allerdings konnten der europaweiten Bekanntmachung vom … 2009, bis auf eine Ausnahme (polizeiliches Führungszeugnis) die auch in diesem Verfahren (in insgesamt geringerer Zahl) vorzulegenden Eignungsnachweise entnommen werden.

Ebenso muss dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden, sofern er eine Wettbewerbsbeeinträchtigung durch die Verbindung der beiden Teile der zu vergebenden Leistungen beanstandet, § 97 Abs. 3, Abs. 4 GWB. Der Antrag-steller hatte sich im Nachgang der der Vorjahresausschreibung vorangestellten Interessenbekundung damit einverstanden erklärt, gegebenenfalls eine Bieterge-meinschaft zu bilden und schriftlich sein Einverständnis gegeben, entsprechend in der europaweiten Ausschreibung (Ziffer II.1.5. der Bekanntmachung) benannt zu werden.

Der Nachprüfungsantrag ist mit seinem Hauptanliegen begründet.

Auch wenn das Verhandlungsverfahren nur geringen formalen Anforderungen unter-liegt, muss sich der Auftraggeber an die wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts halten. Das gilt ausnahmslos für die Grundsätze des fairen Wettbewerbs, der Trans-parenz und der Nichtdiskriminierung. Dies gilt auch für Verfahren, die die Vergabe nachrangiger Dienstleistungen zum Gegenstand haben (OLG Brandenburg, Be-schluss vom 15. Mai 2007 – Verg W 2/07). Außerdem muss der Auftraggeber die Vorgaben der jeweiligen Verdingungsordnung einhalten.

Grundlegend für ein Vergabeverfahren ist, dass sich ein Auftraggeber über seinen Bedarf, welche Leistung er konkret zu beschaffen beabsichtigt, vor Beginn einer Aus-schreibung Klarheit verschafft. So bestimmt § 16 Nr. 1 VOL/A, dass der Auftraggeber erst dann ausschreiben soll, wenn alle Verdingungsunterlagen fertig gestellt sind und die Leistung aus Sicht des Auftraggebers innerhalb der angegebenen Frist ausge-führt werden kann. Dem Auftraggeber steht es grundsätzlich frei, welche Anforde-rungen und Spezifikationen er in der Leistungsbeschreibung an den Beschaffungs-gegenstand, hier: die zu beschaffenden Dienstleistungen, stellt. Dazu gehört, dass er den jeweiligen Beschaffungsgegenstand vor Veröffentlichung der Vergabebekannt-machung zutreffend ermittelt und die benötigte Leistung eindeutig und erschöpfend beschreibt (vgl. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A), sodass die Bieter den Leistungstext im gleichen Sinne verstehen können und vergleichbare Angebote abzugeben in der La-ge sind.

Daran mangelt es vorliegend in Bezug auf die mit dem Betreiben eines Tierheimes auf dem Gebiet der …stadt … verbundene Leistung, die Erstellung eines sozialpädagogischen/sozialtherapeutischen Konzeptes für Menschen mit ent-sprechendem sozialen Betreuungsbedarf.

Das Herstellen der Ausschreibungsreife (§ 16 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A) beinhaltet, dass der Bieter vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe erkennen kann, auf welche Anfor-derungen der Auftraggeber besonderen Wert legt, um ein dem Beschaffungsbedarf entsprechendes Angebot zu erstellen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Ja-nuar 2008 – Verg 31/07 – zur Erkennbarkeit der Anforderungen bei der Zuschlagser-teilung durch Mitteilung der Wertungskriterien). Anderenfalls läuft er Gefahr, dem Auftraggeber durch ein nicht auf den tatsächlichen Bedarf zugeschnittenes Angebot eine andere, nicht oder nicht so benötigte Leistung anzubieten. Nur eine große Anzahl auf den tatsächlichen Bedarf zugeschnittener Angebote bietet die Gewähr für einen echten Preis- und Qualitätswettbewerb.

Die Auftraggeberin hat vorliegend in Bezug auf das zu 30 v.H. in die Angebots-wertung einfließende soziale Betreuungskonzept nur scheinbar einen Bedarf für die-se Beschaffung ermittelt und festgelegt. Nach Lage der an die Bieter versandten Ver-dingungsunterlagen ist dieser scheinbare Bedarf breit gefächert. Die Gruppe der „Menschen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf“ umfasst einen weiten Personenkreis. Dieser Umstand musste insbesondere den am … 2010 zur Ange-botsabgabe aufgeforderten Bietern bewusst sein, die, wie der Antragsteller, bereits ein Jahr zuvor an der Interessenbekundung teilgenommen haben; in diesen Vor-jahresunterlagen waren in Bezug auf die Konzeption sozialer Betreuung neben den Vorschriften der §§ 53, 54 SGB XII und §§ 67 – 69 SGB XII (je i.V.m. § 75 SGB XII) und den §§ 75 SGB XII ff. (für obdachlose Bürger/Jugendliche) die „weiteren Hilfe-bedarfsgruppen“ aus dem Bereich des KJHG bzw. SGB VIII genannt worden. Die Leistungsbeschreibung vom … 2010 schließt keine der damals erfassten Be-darfsgruppen aus, benennt lediglich keine einzelnen Vorschriften mehr.

Darüber hinaus verweist die Leistungsbeschreibung zu Ziffer 4 b darauf, dass (vom Bieter) „ein entsprechender Bedarf in der …stadt … an dieser Zusammenarbeit … plausibel festgestellt und die planerische Umsetzung dargelegt werden“ soll.

Diese Formulierung führte offensichtlich zu der Frage des Antragstellers, was die Auftraggeberin unter Menschen mit sozialem Betreuungsbedarf versteht und für wel-che Bedarfsgruppe Betreuungsleistungen angeboten werden sollen. Die Frage wur-de von der Auftraggeberin nicht adäquat beantwortet. Ihre Antworten führten viel-mehr zu der weiteren Beanstandung, die Ausschreibungsreife sei nicht gegeben. Die Auftraggeberin hat auf die Verdingungsunterlagen verwiesen und insbesondere mit Schreiben vom … 2010 offen mitgeteilt, dass die Leistungsbeschreibung lediglich allgemein gehaltene Zielvorstellungen darstelle, die geeignete Bieter mit ihren eigenen Ideen ausfüllen und in der Umsetzung konkretisieren sollen. Da Zielvor-gaben nicht gemacht worden seien, könne folglich jede Zielgruppe in unterschied-licher Weise durch das einzureichende Konzept angesprochen werden. Der Bieter habe Angaben zum gesellschaftlichen Bedarf für die Prüfung der Plausibilität des Konzeptes beizubringen. Insofern (Zitat) handele es sich auch nicht um den eigenen Bedarf der …stadt ...

Speziell mit Blick auf die Wertungsmatrix zum Betreuungskonzept widerlegt die Auftraggeberin ihre Aussagen gegenüber dem Antragsteller, jede Zielgruppe könne Erfolg versprechend mit dem Betreuungskonzept angesprochen werden. Sie hat zwar mit Schreiben vom …2010 geäußert, dass der Inhalt des in Rede stehenden Betreuungskonzeptes Gegenstand des Verhandlungsverfahrens sei und der genaue Inhalt im Rahmen der Verhandlungen erörtert und festgelegt werden solle. Hat jedoch ein Bieter die Betreuung einer bestimmten Personengruppe angeboten, kann er laut Wertungsmatrix auch die geringste Punktzahl (5 Punkte) erhalten, und zwar dafür, dass er Betreuungsleistungen angeboten hat, die bereits von anderen Trägern abgedeckt werden und für die deshalb vonseiten der Auftraggeberin „kein Bedarf“ an zusätzlicher Leistung besteht.

Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang für den zur Angebotsabgabe aufge-forderten potenziellen Bieter, wann die Auftraggeberin zu der Erkenntnis gelangt(e) bzw. gelangen wird, welche Leistung sie nicht benötigt, die sie gleichwohl (mit) ausgeschrieben und zum Gegenstand des Vergabeverfahrens gemacht hat – vor oder nach Öffnung der Angebote.

Wertet die Auftraggeberin pflichtgemäß auf der Grundlage der mit den Verdingungs-unterlagen übersandten Wertungsmatrizen nach den mitgeteilten Zuschlagskriterien, wie gegenüber dem Antragsteller bestätigt, könnte dies nach der keineswegs abwe-gigen Überlegung, dass der angebotene „fehlende Bedarf“ hinsichtlich der zu betreu-enden Personengruppe ausschließlich aus Dritt-/Fremdmitteln finanziert werden soll und sehr plausibel mit der Tierheimarbeit vernetzt ist (sodass hier die jeweilige Höchstpunktzahl erreicht wird), dazu führen, dass bei entsprechend hoch zu bewer-tendem Angebot für das Betreiben des Tierheimes eine soziale Betreuungsleistung mitbeauftragt würde bzw. mitbeauftragt werden müsste, für die seitens der Auftrag-geberin kein Bedarf besteht. Dass an ihrem Bedarf vorbei angeboten werden kann, hätte der Auftraggeberin mit den Ergebnissen der Vorjahresausschreibung bewusst werden müssen.

Auch unter Berücksichtigung der gewählten Verfahrensart, dass der konkrete Inhalt des Konzeptes sozialer Betreuungsleistungen Gegenstand der Verhandlungen sein wird, ist der sich in der Wertungsmatrix manifestierende Mangel des Vergabever-fahrens nicht zu heilen. Unterstellt, die Auftraggeberin hätte zwischenzeitlich eine Vorstellung über nicht benötigte soziale Betreuungsleistungen, könnten Verhand-lungen über den angebotenen Personenkreis der Menschen mit sozialem Betreu-ungsbedarf mit dem Ziel geführt werden, das Angebot (nachträglich) auf eine be-darfsgerechte(re) Leistung auszurichten, im Extremfall bis hin einem inhaltlich voll-ständig vom ursprünglich eingereichten Angebot abweichenden Konzept – sofern dies vom Bieter überhaupt geleistet werden kann. Das Personal für soziale Betreu-ungsleistungen (mit den entsprechenden Befähigungsnachweisen) wird regelmäßig auf die zu betreuende Klientel ausgerichtet sein. Massive Änderungen des Konzep-tes beträfen daher auch die damit einhergehenden Angebotspositionen im Preisblatt für die sozialen Betreuungsleistungen, die sich nicht allein in Preisverhandlungen er-schöpften, sondern darüber hinaus insbesondere das einzusetzende Personal und dessen Qualifikationen beträfen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt einer funktionalen Leistungs-beschreibung, die ebenfalls gewissen Anforderungen an die Bestimmtheit unterliegt. Der Auftraggeber darf nicht von jeder eigenen Planungstätigkeit absehen und diese gänzlich den Bietern übertragen, wie es hier nach Ziffer 4 b der Leistungsbe-schreibung den Anschein hat: „ein entsprechender Bedarf in der …stadt … an dieser Zusammenarbeit … soll plausibel festgestellt werden“. Vom Auftraggeber sind zumindest das Leistungsziel, die Rahmenbedingungen sowie die wesentlichen Einzelheiten der Leistung in der Weise zu ermitteln und den Bietern mitzuteilen, dass Veränderungen nicht mehr zu erwarten sind. Dies folgt dem Gebot, dass auch bei funktionalen Leistungsbeschreibungen Missverständnisse bei den Bietern vermieden werden und damit sicher gestellt ist, dass miteinander vergleichbare Angebote abgegeben werden. Hier erfolgte im Vorfeld der Ausschreibung keine Festlegung, welche soziale Betreuungsleistung dem Bedarf der Auftraggeberin entspricht. Vielmehr scheint die Auftraggeberin mit der zur Vorjahresausschreibung unveränderten Wahl der Verfahrensart (dort: mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb – unabhängig davon, ob das Verhandlungsverfahren bzw. die freihändige Vergabe zu beanstanden wäre oder nicht) und ihren Hinweisen, die sozialen Betreuungs-leistungen könnten nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden, zu ver-suchen, die ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnenden Mängel der Ausschrei-bung zu kaschieren (ähnlich: vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 16. September 2002 – 1 Verg 2/02).

Aus den der Kammer vorgelegten Verfahrensakten ergibt sich ebenso wenig, wie aus der Leistungsbeschreibung, dem mit dem Antragsteller geführten Schriftverkehr oder der Antragserwiderung, dass die Auftraggeberin ihren Bedarf vor Einleitung des Vergabeverfahrens ermittelt hat. Sie hat auch nichts derartiges in Form eines Verga-bevermerkes in den Vergabeakten dokumentiert. Sie hat ihre bisherigen Erkennt-nisse aus den Wertungsergebnissen der Vorjahresausschreibung, welchen Bedarf sie hiernach gegebenenfalls nicht hat, nicht ausgewertet und damit den potenziellen Bietern dieses Verfahrens Konkretes in vergaberechtskonformer Weise nicht mitzu-teilen vermocht. Ebenso wenig sind daher die Verdingungsunterlagen etwaigen Er-kenntnissen entsprechend überarbeitet worden, wie beispielsweise die Bewertungs-matrix für das soziale Betreuungskonzept im Hinblick auf die Möglichkeit der Ein-schätzung „kein Bedarf“. Hier hätte sich eine Korrektur der Auftraggeberin auf-drängen müssen. Unter Berücksichtigung der aufgeführten Mängel kann das streitige Vergabeverfahren nicht durch Zuschlagserteilung abgeschlossen werden. Das Ver-fahren war vielmehr in den Stand vor Versendung der Verdingungsunterlagen zu-rückzuversetzen.

Es ist nicht Sache der Bieter, den Bedarf eines Auftraggebers zu ermitteln. Bei fort-bestehendem Beschaffungsbedarf hat die Autraggeberin daher vor Einholung neuer Angebote die Vergabereife herzustellen. Insoweit ist der Auftraggeberin jedenfalls zumutbar, ihren Bedarf in Bezug auf die sozialen Betreuungsleistungen im Vorfeld der Aufforderung zur Angebotsabgabe festzustellen und den potenziellen Bietern bei entsprechend angepasster, bedarfsorientierter Wertungsmatrix mitzuteilen. Die Bedarfsbeschreibung sollte kalkulationsrelevante Aspekte umfassen, u.a. Informa-tionen über die dem Bedarf unterfallenden Personenkreise und die voraussichtliche bzw. geschätzte Anzahl der diesen Personenkreisen zugehörigen Personen mit entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf.

Das in diesem Vergabeverfahren praktizierte Einholen von Angeboten, bei dem die Bieter Gefahr laufen, in dem mit 30 v.H. wertungsrelevanten Teil am Bedarf vorbei anzubieten, widerspricht dem Gebot, die Leistungen in einem transparenten Verfahren zu vergeben, in dem alle Bieter ein gleiches Verständnis von der anzubie-tenden Leistung haben, sodass untereinander vergleichbare Angebote Gegenstand der Verhandlungen sein können, die sodann in die Wertung gelangen können.

Ein Verstoß gegen § 16 Nr. 2 VOL/A ist nicht anzunehmen, da eine Interessenbe-kundung bereits im Vorjahr stattgefunden hat und das hier zur Beurteilung stehende Verhandlungsverfahren nach Scheitern der Vorjahresausschreibung gerade auch auf dieser Grundlage durchgeführt wird. Ob angesichts der Resonanz in dem von der Auftraggeberin angenommenen potenziellen Bieterkreis tatsächlich ein „Markt“ für die Vergabe der Leistungsteile im Verbund vorhanden ist, obliegt der Einschätzung der Auftraggeberin.

Die weiteren Beanstandungen des Antragstellers, hinsichtlich des Tierheimbetriebes werde den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet, § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A, sind zurückzuweisen. Die Übernahme von mehr als 20 Tieren bewegt sich unter Berücksichtigung der vorzuhaltenden Kapazitäten nach Ziffer 4. lit. a) der Leistungs-beschreibung (Hunde: 50 Plätze; Katzen: 65 Plätze …) im Bereich der kalkulierbaren Unterbringungskosten. Mit einem gewöhnlichen Wagniszuschlag kalkulierbar wären auch – jedenfalls nicht auf Dauer zu erwartende – etwaige Überschreitungen der geschätzten Kapazitäten.

Weitere Angaben zum Erbbaugrundstück, speziell zu etwaigen Altlasten, hatte die Auftraggeberin mit Schreiben vom … 2010 gemacht, dem sie das aktuellere Gutachten mit Stand … 2009 beilegte. Hiernach (S. 6: Bodenkontamination) sind „nach Bodenprüfungen die Verdachtsmomente ausgeräumt und es besteht kein Anlass auf Verdachtsmomente für Bodenkontaminationen“, sodass das Gutachten „die Verdachtsflächen oder Altlasten, …, als nicht vorhanden unterstellt“. Den Stand der mit dem aktuellen Gutachten ergänzten Verdingungsunterlagen haben die Bieter ihrer Angebotskalkulation zugrunde zu legen.

Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers werden Preisanpassungsmodalitäten in § 8 des Vertragsentwurfes geregelt. (vgl. auch Ziffer 6. der Leistungsbeschreibung). Ein etwaiger Verstoß gegen § 27 Abs. 1 ErbbauRG ist nicht ersichtlich, da die Inves-titionen in das Grundstück in die Preiskalkulation „Fund- und Verwahrtiere“ einflie-ßen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB.

Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Der Antragsteller hat mit seinem Antrag im Ergebnis Erfolg.

Im vorliegenden Fall bedarf es keiner Festsetzung einer Gebühr, weil die Auftrag-geberin nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG unter die persönliche Gebührenfreiheit fällt.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsteller war notwendig. In dem Nachprüfungsverfahren stellten sich im Zusammenhang mit den vom Antragsteller erhobenen Beanstandungen Rechtsfragen, deren Schwierigkeiten anwaltliche Vertretung erforderlich gemacht haben, § 128 Abs. 4 Satz 1, 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2, 3 Satz 2 VwVfG.

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abge-lehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die auf-schiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).