Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Die Kosten einer Kfz-Vollkaskoversicherung für ein als alleiige Unterkunft...
Aufgrund von Wartungsarbeiten konnten seit Januar 2024 keine neuen Entscheidungen veröffentlicht werden. Alle Entscheidungen mit Stand vom 31. Dezember 2023 sind jedoch abrufbar. Zurzeit werden die noch ausstehenden Entscheidungen nachgepflegt.

Die Kosten einer Kfz-Vollkaskoversicherung für ein als alleiige Unterkunft genutztes Wohnmobil gehören nicht zu den berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II.


Metadaten

Gericht SG Potsdam 51. Kammer Entscheidungsdatum 07.09.2017
Aktenzeichen S 51 AS 1151/17 ER ECLI ECLI:DE:SGPOTSD:2017:0907.S51AS1151.17ER.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 86b Abs 2 S 2 SGG, § 22 Abs 1 SGB 2

Tenor

1. Der Antrag wird, soweit er sich nicht durch den Änderungsbescheid vom 11. Juli 2017 erledigt hat, abgelehnt.

2. Der Antragsgegner erstattet dem Antragsteller die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers.

Gründe

Der – nach Erlass des Änderungsbescheides vom 11. Juli 2017 im hiesigen Verfahren - noch aufrechterhaltene Antrag des Antragstellers,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 30. Mai 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. Juli 2017 für den Monat Juli weitere 87,39 € für die Vollkaskoversicherung des Wohnmobils vorläufig zu bewilligen,

ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) wie auch Anordnungsgrund (im Sinne der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung) bestehen. Wegen des vorläufigen Charakters einer einstweiligen Anordnung soll durch sie eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Bei seiner Entscheidung kann das Gericht sowohl eine Folgenabwägung vornehmen wie auch eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anstellen. Drohen aber ohne die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dann dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist allein anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -).

Bereits ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht. Die anteiligen Kosten für eine Vollkaskoversicherung des vom Antragsteller bewohnten Wohnmobils gehören nicht zu den Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Das Gericht verweist hierzu zunächst auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss vom 21. Februar 2017 (Az.: S 51 AS 2256/16 ER). An der Auffassung des Gerichts, wonach eine Vollkaskoversicherung aufgrund des engen Bezugs zur Nutzung des Wohnmobils als Kraftfahrzeug einer Zuordnung zum Bereich der Wohnnutzung entgegensteht, ändern auch die Ausführungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 28. August 2017 nichts. Zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass Schäden durch Vandalismus, Silvesterfeuerwerk und Fahrerflucht durch die - vom Antragsgegner berücksichtigte - Teilkaskoversicherung nicht erfasst seien. Derartige Schäden hingen zudem gerade nicht mit einer konkreten Nutzung des Wohnmobils als Kfz zusammen. Sie stellten für das Wohnmobil des Antragstellers eine größere und wahrscheinlichere Gefahr dar als Schäden durch einen selbst verursachten Unfall. Auf den diesbezüglichen Versicherungsschutz komme es dem Antragsteller nicht wesentlich an. Zudem deckten Wohngebäudeversicherungen mehr Schäden ab als die Teilkaskoversicherung eines Kfz, wie etwa Schäden durch einen Fahrzeuganprall, den Absturz eines Luft- oder Raumfahrzeugs, seiner Teile oder Ladung, Überschalldruckwellen, Verpuffung, Schäden durch Rauch und Ruß, Seng- und Schmorschäden.

Es trifft sicherlich zu, dass Wohngebäudeversicherungen einen umfassenderen Versicherungsschutz bieten als eine Kfz-Teilkaskoversicherung. Allerdings werden die vom Antragsteller angeführten Schäden auch durch seine Kfz-Vollkaskoversicherung nicht abgesichert. Dem auf der Internetseite des Versicherungsunternehmens dargestellten Versicherungsumfang für eine Vollkaskoversicherung für Pkw lässt sich ein derartiger Schutz jedenfalls nicht entnehmen (vgl. https://www.kravag.de/ka/kravag/privatkunden/kfz/vollkasko.jsp). Hier interessierende zusätzliche Leistungen der Vollkaskoversicherung gegenüber der Teilkaskoversicherung sind ohnehin nur hinsichtlich des Schutzes vor mutwilliger Beschädigung durch Dritte (Vandalismus) sowie den Ersatz von selbstverschuldeten Unfallschäden am Fahrzeug zu erkennen. Der vom Antragsteller gewünschte Schutz vor Vandalismus rechtfertigt es aus Sicht des Gerichts dabei nicht, die Kosten der Vollkaskoversicherung der Wohnnutzung des Wohnmobils zuzuordnen. Denn diese Kosten liegen offensichtlich ganz überwiegend im Versicherungsschutz wegen selbstverschuldeter Unfallschäden begründet, welche wiederum mit der Nutzung als Fahrzeug im Zusammenhang stehen. Dass es dem Antragsteller nach seinem Vortrag auf diesen Schutz nicht ankommt, vermag daran nichts zu ändern.

Da die Kosten einer Vollkaskoversicherung somit nicht zu den Kosten der Unterkunft im Sinne des §§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zählen, bedarf es für ihre Nichtberücksichtigung selbstverständlich auch keiner vorherigen Kostensenkungsaufforderung.

Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Prüfung eines Anordnungsgrundes. Das Gericht weist insoweit lediglich für zukünftige Verfahren darauf hin, dass eine Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht sein dürfte, wenn die geltend gemachten Kosten bereits vor Antragstellung bei Gericht durch Bankeinzug von einem Konto fremder Dritter gedeckt worden sind. Die Rückzahlungsverpflichtung somit entstandener Schulden des Antragstellers begründet regelmäßig keine unzumutbaren Beeinträchtigungen, welche durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner durch seinen nach Antragstellung bei Gericht ergangenen Änderungsbescheid vom 11. Juli 2017 dem ursprünglichen Antragsbegehren hinsichtlich der Kfz-Haftpflichtversicherung i.H.v. 100,63 € nachgekommen ist und somit die teilweise Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt hat. Da die Mandatierung der Verfahrensbevollmächtigten allerdings erst nach dem erledigenden Ereignis erfolgt ist und der Antrag im Übrigen keinen Erfolg hatte, wäre eine Kostentragung durch den Antragsgegner hinsichtlich der Anwaltskosten trotz des teilweisen Unterliegens unbillig.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG.