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Ausbildungsförderung; Einkommen; Freibeträge; Ausschöpfung; Härtefreibetrag; Halbteilungsgrundsatz; Gesamtbetrachtung; geschiedene Eltern; Gleichbehandlung; doppelte Unterkunftskosten; pauschalierte Betrachtung; durchschnittliche Unterkunftskosten; Wohngeld- und Mietenbericht 2002 der Bundesregierung; durchschnittliche Mietbelastung; Haushaltsnettoeinkommen; Ermessen,; Reduzierung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 14.06.2011
Aktenzeichen OVG 6 B 16.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 113 Abs 5 VwGO, § 25 Abs 1 Nr 2 BAföG, § 25 Abs 3 S 1 Nr 2 BAföG, § 25 Abs 4 BAföG, § 25 Abs 6 BAföG, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG

Leitsatz

1. Wenn im Falle dauerhaft getrennt lebender oder geschiedener Eltern die Freibeträge nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG nur deshalb nicht voll ausgeschöpft werden können, weil das Einkommen des einen Elternteils hierfür zu gering ist, kann der insoweit nicht ausgeschöpfte Freibetrag des einen Elternteils nicht dem Freibetrag des anderen Elternteils zugeschlagen werden. Sofern im Einzelfall Umstände auftreten, denen die Freibetragsregelungen der Absätze 1 und 3 des § 25 BAföG nicht mehr gerecht werden, ist dem gegebenenfalls durch die Gewährung eines sog. Härtefreibetrages nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG Rechnung zu tragen.

2. Aufwendungen für den eigenen Unterkunftsbedarf des dauernd getrennt lebenden Ehegatten gehören nicht zu dem durch den pauschalen Freibetrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG abgegoltenen typischen Unterhaltsaufwand; sie können als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33a EStG einen Härtefreibetrag nach § 25 Abs. 6 BAföG rechtfertigen (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 9. April 1981 - 5 C 62/79 -, BVerwGE 62, 154).

3. In Anbetracht des Umstandes, dass die Härte, zu deren Vermeidung der Freibetrag nach § 25 Abs. 6 BAföG zu gewähren ist, darin besteht, dass in den pauschalierten Freibeträgen des § 25 Abs. 1 und 3 BAföG der doppelte Unterkunftsbedarf keine Berücksichtigung gefunden hat, erscheint es sachgerecht und angemessen, auch insoweit eine pauschalierte Betrachtungsweise zugrundezulegen, jedenfalls wenn sich den gewährten Unterhaltsleistungen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, in welcher Höhe sie zur Bestreitung der Unterkunftskosten gezahlt werden. In Betracht kommt dabei ein Maßstab, der einerseits die Lebenswirklichkeit realitätsnah abbildet und andererseits in der Handhabung durch die Behörde praktikabel ist. Insofern ist es naheliegend, für die Unterkunftskosten einen Betrag zugrundezulegen, der von einem Bezieher eines vergleichbaren Einkommens im Durchschnitt für die Unterkunft ausgegeben wird (ebenso VG Sigmaringen, Urteil vom 16. Januar 2008 - 1 K 49/07 -, Rn. 42 bei juris).

4. Einen brauchbaren Anhaltspunkt für den hier in Rede stehenden Bewilligungszeitraum bietet insoweit der Wohngeld- und Mietenbericht 2002 der Bundesregierung (BT-Drucksache 15/2200). In dessen Anlage 10 wird die Mietbelastung der Hauptmieterhaushalte u.a. gestaffelt nach dem Haushaltsnettoeinkommen dargelegt.

5. Bei der Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unbilligen Härte sind bereits alle in Betracht kommenden Aspekte einzubeziehen und zu gewichten, so dass im Regelfall kein weiterer Spielraum für eine abweichende Ermessensentscheidung durch die Behörde besteht.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 17. Juli 2008 geändert. Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Studentenwerks Frankfurt (Oder) vom 27. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 5. März 2003 verpflichtet, der Klägerin im Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 2001 bis zum 30. September 2002 Ausbildungsförderung in Höhe von weiteren 1.260,24 Euro zu bewilligen.

Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 1981 geborene Klägerin begann im Wintersemester 2001/2002 ein Studium in der Fachrichtung Informations- und Medientechnik an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus. Hierfür beantragte sie im September 2001 die Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen.

Erstmals mit Bescheid vom 29. November 2001 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum Oktober 2001 bis September 2002 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 26 DM. Diesen Bescheid änderte der Beklagte mehrfach jeweils auf die Widersprüche der Klägerin ab; zuletzt mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 27. September 2002. Dabei ging die Behörde von einem Gesamtbedarf der Klägerin von 488,28 Euro im Zeitraum Oktober 2001 bis April 2002 sowie einem Gesamtbedarf von 465,28 Euro im Zeitraum Mai 2002 bis September 2002 aus, von dem es jeweils anzurechnendes Einkommen ihres Vaters in Höhe von 252,07 Euro abzog und den Differenzbetrag von 236,21 Euro bzw. 213 Euro als monatliche Ausbildungsförderung bewilligte. Den hiergegen im Hinblick auf die nach Auffassung der Klägerin unrichtige Einkommensanrechnung ihrer Eltern eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. März 2003 als unbegründet zurück.

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete, am 21. März 2003 erhobene Klage mit Urteil vom 17. Juli 2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Dem Einkommen ihrer Mutter seien entgegen den Vorstellungen der Klägerin die Unterhaltszahlungen, die sie vom Vater der Klägerin erhalte, nicht zuzurechnen. Sie seien nach § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BAföG hiervon ausdrücklich ausgenommen. Die Unterhaltsleistungen des Vaters der Klägerin an die Mutter könnten auch nicht von dessen Einkommen in Abzug gebracht werden. Dass sie steuerrechtlich als einkommensmindernd zu berücksichtigen seien, stehe dieser Annahme nicht entgegen, denn der Einkommensbegriff des BAföG unterscheide sich erheblich vom Einkommensbegriff des Einkommensteuergesetzes. Die Klägerin könne auch nicht verlangen, dass ein weiterer Teil des Einkommens ihres Vaters anrechnungsfrei zu stellen sei. Die anzurechnenden Freibeträge habe die Behörde im Ergebnis zutreffend ermittelt. Ein weiterer Freibetrag vom verbleibenden Einkommen des Vaters der Klägerin auf der Grundlage des § 25 Abs. 6 BAföG könne nicht anerkannt werden. Es sei nicht zur Vermeidung einer unbilligen Härte geboten, den Unterhalt, den der Vater der Klägerin an ihre Mutter tatsächlich im Bewilligungszeitraum gezahlt habe, aus der Ermittlung des anrechnungsfähigen elterlichen Einkommens durch einen entsprechenden Freibetrag herauszunehmen. Eine unbillige Härte entstehe hierdurch nicht. Dem vorliegenden Sachverhalt fehle jeder Anhaltspunkt für eine Atypik. Der Unterhalt, den der Vater der Klägerin an ihre Mutter zahle, stelle keine außergewöhnliche Belastung dar, denn er diene keinem außergewöhnlichen, aus besonderen Gründen gesteigerten Unterhaltsbedarf. Dies gelte namentlich auch, soweit aus diesen Leistungen die Kosten der Unterkunft ihrer Mutter und der drei Geschwister getragen würden. Denn Aufwendungen für die Unterkunft gehörten zum typischen Unterhaltsbedarf, der aus den nach § 25 Abs. 1 bis 4 BAföG zu belassenden Freibeträgen vom Einkommen zu decken sei. Es liege auch kein Sachverhalt vor, der dem entspräche, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. April 1981 - 5 C 62/79 - zu Grunde gelegen habe. Dass für die Unterhaltsgewährung an die Mutter der Klägerin bei ihrem Vater kein Freibetrag berücksichtigt werde, beruhe ebenfalls nicht auf einer atypischen Fallkonstellation, sondern sei regelhafte Folge des § 25 Abs. 3 BAföG. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 GG, wie ihn die Klägerin geltend mache, sei nicht festzustellen.

Mit der vom Senat wegen besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Sachverhalt weise eine atypische Konstellation auf. Die finanzielle Struktur der Familie sei trotz der Scheidung der Eltern der Klägerin erhalten geblieben. Der Lebensunterhalt für alle Familienangehörigen werde im Wesentlichen allein durch das Einkommen ihres Vaters bestritten. Die Kosten hierfür gingen aber über den Normalfall hinaus, weil die Scheidung zwei getrennte Haushalte mit sich gebracht habe. Im Kern müsse daher die Unterhaltsleistung ihres Vaters für ihre Mutter ausbildungsförderungsrechtlich anerkannt werden. Das Verwaltungsgericht habe § 25 BAföG falsch ausgelegt. Es habe die Freibeträge der Mutter und des Vaters der Klägerin getrennt betrachtet. Geboten gewesen sei eine Gesamtbetrachtung des Einkommens und der Freibeträge. Der Freibetrag nach § 25 Abs. 1 BAföG, den ihre Mutter nicht habe voll ausschöpfen können, habe in Höhe des nicht ausgeschöpften Teils ihrem Vater zugeschlagen werden müssen, so dass dessen Einkommen entsprechend geringer anzurechnen wäre. § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG nehme Bezug auf das anrechnungsfreie Einkommen in § 25 Abs. 1 BAföG. Die Verweisung in § 25 Abs. 3 Satz 2 BAföG auf Satz 1 beziehe sich daher auf den Freibetrag nach § 25 Abs. 1 BAföG. Der Gesetzgeber habe vorgesehen, dass getrennt lebende, insbesondere geschiedene Eheleute getrennt zu beurteilen seien, mithin getrennte Selbstbehalte in Anspruch nehmen dürften. Einkommen, das einem Unterhaltsverpflichteten als Selbstbehalt zu belassen sei, könne nicht auf dem Umweg über die Erhöhungsverweigerung in § 25 Abs. 3 Satz 2 BAföG dem Auszubildenden als Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen. Solange der nach BAföG-Grundsätzen zu berechnende Selbstbehaltsfreibetrag des § 25 Abs. 1 (also ohne Unterhaltsleistung des Vaters) bei der geschiedenen Mutter der Klägerin nicht erreicht, also gleichsam aufgebraucht sei, sei Einkommen der Mutter nicht (isoliert) auf die Erhöhung des Selbstbehalts des unterhaltspflichtigen Vaters nach Absatz 3 Satz 1 und 2 anzurechnen und könne diese nicht „verbrauchen“. Im Übrigen sei ein Härtefall im Sinne des § 25 Abs. 6 BAföG anzunehmen, weil der Vater der Klägerin mit doppelten Unterkunftskosten belastet sei. Was die Würdigung des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz anbelange, verkenne das erstinstanzliche Urteil den Maßstab. Es gehe nicht um die Schutzpflicht für die Ehe, sondern die Verantwortung für ein Ausbildungsverhältnis. Die Klägerin werde durch die Auslegung des § 25 BAföG benachteiligt, weil ihre Eltern sich hätten scheiden lassen. Bei zusammenlebenden Eltern finde der Unterhaltsausgleich zwischen den Elterneinkommen statt, Freibeträge wirkten sich effektiv aus. Bei den geschiedenen Eltern würden diese Freibeträge verfallen. Damit werde weniger öffentliche Förderung gewährt. Soweit der Auszubildende darauf verwiesen werde, seine Ansprüche gegen die Eltern zu erheben und erforderlichenfalls durchzusetzen, sei seine Lage ebenfalls erschwert. Dasselbe gelte hinsichtlich unterschiedlicher Einkommensverhältnisse bei den Eltern. Verdiene die Mutter nämlich kein eigenes Einkommen, werde der Vater durch den weiteren Freibetrag nach § 25 Abs. 3 BAföG entlastet. Verdiene sie hingegen in der Größenordnung des Freibetrags und behalte gleichzeitig den Unterhaltsanspruch in der Weise, dass der Vater mindestens gerade in der Höhe des Freibetrags nach Absatz 3 leisten müsse, könne es sich so darstellen, dass der Auszubildende weder eine größere Leistung von der Mutter noch an öffentlicher Förderung erhalten könne, während gleichzeitig der Vater den Unterhalt an die Mutter leisten müsse und keinerlei Entlastung zurückerhalte.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 17. Juli 2008 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 27. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 5. März 2003 zu verpflichten, der Klägerin unter Anerkennung eines weiteren Freibetrages für das Einkommen ihres Vaters weitere Ausbildungsförderung im Bewilligungszeitraum 2001/2002 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, der Gesetzgeber habe durch die in § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG getroffene Regelung der Autonomie der dauernd getrennt lebenden Elternteile hinreichend Rechnung getragen. Das Anliegen der Klägerin, den Freibetrag für ihre Mutter dem überschießenden Einkommen ihres Vaters zuzuschlagen, finde im vorhandenen Regelungssystem keine Stütze. Der Klägerin stehe auch kein weiterer Freibetrag zur Vermeidung einer unbilligen Härte nach § 25 Abs. 6 BAföG zu. Die Aufwendungen für die Unterkunft gehörten zum typischen Unterhaltsbedarf, welcher aus den nach § 25 Abs. 1 bis 4 BAföG zu belassenden Freibeträgen zu decken sei. Dieser Umstand sperre gewissermaßen die Anwendung des § 25 Abs. 6 BAföG. Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Die unterschiedliche Ausgestaltung der Einkommensanrechnung bei verheirateten und geschiedenen Ehegatten sei sachlich gerechtfertigt, weil sie sich in erster Linie an den unterschiedlichen Lebenssituationen der Betroffenen orientiere. Diese unterschiedlichen Lebenssituationen könnten sich im Hinblick auf die Anrechenbarkeit der zur Verfügung stehenden Einkommen sowohl in die eine als auch in die andere Richtung auswirken. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass aufgrund des zur Verfügung stehenden höheren Freibetrages für jeden der geschiedenen Ehegatten trotz eines zur Verfügung stehenden höheren konkreten Einkommens beider geschiedenen Ehegatten eine Förderung nach dem BAföG des gemeinsamen Kindes stattfinde, wo demgegenüber im Falle nicht geschiedener Ehegatten, die ständig zusammenlebten, der Freibetrag für das kombinierte eheliche Einkommen niedriger anzusetzen und damit eine öffentliche Förderung der Ausbildung gemeinsamer Kinder eher ausgeschlossen sei als im vorgenannten Fall.

Der Senat hat den Vater der Klägerin zu Umfang und Höhe der von ihm im Bewilligungszeitraum geleisteten Unterhalts- und sonstigen Zahlungen an seine geschiedene Ehefrau als Zeugen gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf Bewilligung weiterer Ausbildungsförderungsleistungen im Bewilligungszeitraum im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Die Ablehnung ihres hierauf gerichteten Begehrens durch den angefochtenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt sie in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Die Beteiligten sind sich über den Grundbedarf der Klägerin sowie über das von ihrer Mutter und ihrem Vater in den maßgeblichen Zeiträumen jeweils bezogene Nettoeinkommen einig. Im Streit ist allein, welche Freibeträge dem Einkommen ihres Vaters zugrundezulegen sind. Die Berücksichtigung von Freibeträgen richtet sich nach § 25 BAföG.

1. Nach § 25 Abs. 1 BAföG in der im Bewilligungszeitraum geltenden Fassung des Gesetzes vom 19. März 2001 (BGBl. I S. 390) blieben seinerzeit monatlich anrechnungsfrei 1. vom Einkommen der miteinander verheirateten Eltern, wenn sie nicht dauernd getrennt lebten, 2.760 DM (= 1.411,17 Euro), 2. vom Einkommen jedes Elternteils in sonstigen Fällen sowie vom Einkommen des Ehegatten des Auszubildenden je 1.840 DM (= 940,78 Euro). Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG erhöhen sich die Freibeträge des Absatzes 1 für Kinder des Einkommensbeziehers sowie für weitere dem Einkommensbezieher gegenüber nach dem bürgerlichen Recht Unterhaltsberechtigte um je 830 DM (= 424,37 Euro), wenn sie nicht in einer Ausbildung stehen, die nach diesem Gesetz oder nach § 59 SGB III gefördert werden kann; nach Satz 2 mindern sich die Freibeträge nach Satz 1 um das Einkommen des Ehegatten, des Kindes oder sonstigen Unterhaltsberechtigten.

a) Die den Eltern der Klägerin nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG zustehenden Freibeträge hat die Behörde richtig ermittelt. Dass die Mutter der Klägerin den Freibetrag von 940,78 Euro wegen ihres deutlich darunter liegenden Einkommens nicht ausschöpft, vermag an dieser Betrachtung nichts zu ändern. Insbesondere erscheint es nicht gerechtfertigt, den Freibetrag aus diesem Grunde dem Einkommen ihres Vaters zuzuschlagen. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin wird schon dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht gerecht, nach dem bei geschiedenen oder getrennt lebenden Eltern des Auszubildenden jedem der beiden Elternteile ein bestimmter Freibetrag zuzuordnen ist. Der Gesetzgeber hat damit eine eindeutige Zuordnung der Freibeträge vorgenommen. Dass diese in Einzelfällen nicht ausgeschöpft werden, liegt in der Natur der dem Gesetz zugrunde liegenden pauschalierenden Betrachtungsweise.

Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung, wonach auch bei geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Elternteilen eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen sei, bezieht sich nicht auf eine Anrechnung der Freibeträge nach § 25 Abs. 1 BAföG, sondern auf eine gemeinsame Betrachtung der Erhöhungsbeträge nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG. Hier war in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst der sog. „Halbteilungsgrundsatz“ entwickelt worden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte entschieden, dass, wenn beide geschiedenen Elternteile des Auszubildenden Einkommen beziehen, für jedes ihrer gemeinsamen Kinder nur insgesamt ein Freibetrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG anrechnungsfrei bleiben könne, und zwar grundsätzlich bei jedem Einkommensbezieher eine Freibetragshälfte (Urteil vom 23. Juni 1983 - 5 C 113/81 -, BVerwGE 67, 280). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 19. Oktober 2006 (- 5 C 16/05 -, BVerwGE 127, 69) zwar aufgegeben und nunmehr entschieden, dass in den Fällen, in denen bereits die Anwendung des § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG zu dem Ergebnis führe, dass das erzielte Einkommen eines (geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden) Elternteils anrechnungsfrei bleibe, der mit Blick auf einen weiteren Unterhaltsberechtigten zu gewährende Erhöhungsfreibetrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zwar nur einmal in Ansatz zu bringen, aber dem anderen Elternteil nicht hälftig, sondern ungeschmälert zuzuordnen sei. Diese Entscheidung bezieht sich ausdrücklich allein auf die Anrechnung des Freibetrags nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG, nicht aber auf den Freibetrag nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG. Diese Rechtsprechung lässt daher auch gerade nicht den Schluss zu, dass nunmehr sämtliche in § 25 BAföG genannten Freibeträge des einen Elternteils auch dem anderen Elternteil zuzuordnen sind. Anlass für die Aufgabe der Rechtsprechung zum sog. Halbteilungsgrundsatz durch das Bundesverwaltungsgericht war gerade, dass das Einkommen eines der geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten bereits durch den Freibetrag aus § 25 Abs. 1 BAföG unberücksichtigt bleibt. Die Mutter der dortigen Klägerin sei aus ausbildungsförderungsrechtlicher Sicht zwar grundsätzlich unterhaltsverpflichtet, infolge der Zuerkennung ihres Freibetrages nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG aber konkret nicht als leistungsfähig anzusehen (a.a.O., Rn. 9 bei juris). Würde man der Auffassung der Klägerin folgen und eine Gesamtbetrachtung für die Freibeträge nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG annehmen, ergäbe diese Rechtsprechung keinen Sinn mehr.

b) Der Auffassung der Klägerin, wonach sich etwas anderes aus dem Umstand ergebe, dass die Regelung in § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG auf § 25 Abs. 1 BAföG verweise und sich deshalb die Verweisung in § 25 Abs. 3 Satz 2 BAföG auf § 25 Abs. 1 Satz 1 BAföG beziehe, ist nicht zu folgen. Nach dem insoweit klaren Wortlaut und der eindeutigen Systematik der Regelung bezieht sich die Verweisung in § 25 Abs. 3 Satz 2 BAföG ausschließlich auf Satz 1 des § 25 Abs. 3 BAföG. Zudem besteht § 25 Abs. 1 BAföG nur aus einem Satz. Eine Verweisung auf dessen „Absatz 1 Satz 1“ ergäbe daher auch keinen Sinn.

c) Soweit die Klägerin geltend macht, sie werde gegenüber Auszubildenden benachteiligt, deren Eltern verheiratet seien, weil sie bei Zusammenveranlagung des Einkommens ihrer Eltern höhere Ausbildungsförderungsleistungen erhalten würde, und sie hierin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Artikels 3 Abs. 1 GG sieht, könnte auch hieraus wegen des eindeutigen Wortlauts und der klaren Systematik des § 25 BAföG eine Zuordnung des von der Mutter nicht ausgeschöpften Freibetrages gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG zum Einkommen des Vaters nicht hergeleitet werden. Dass sich die Regelung in § 25 Abs. 1 BAföG vorliegend tatsächlich zu ihren Ungunsten auswirkt, ist der zulässigen typisierenden und pauschalierenden Betrachtungsweise der Norm geschuldet und wird - wie unten unter 4. ausgeführt - durch die Gewährung eines sog. Härtefreibetrages nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG ausgeglichen.

2. Die Behörde hat im Hinblick auf die drei Brüder der Klägerin § 25 Abs. 3 BAföG im Ergebnis zutreffend angewandt. Zwar hätte das BAföG-Amt bei der Berechnung des Einkommens des Vaters der Klägerin diesem - wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - der volle Freibetrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zurechnen müssen, was sie unterließ. Die Behörde hat den Freibetrag von 424,37 Euro dem Vater der Klägerin vielmehr nur zur Hälfte für jeden der drei Brüder angerechnet (424,37 Euro : 2 = 212,185 Euro x 3 = 636,55 Euro). Das wirkt sich allerdings im Ergebnis nicht aus, denn sie hat zugleich dem Einkommen des Vaters der Klägerin einen weiteren Freibetrag in identischer Höhe nach § 25 Abs. 6 BAföG zugeschlagen, der letztlich zum selben Ergebnis führt. Davon ist auch schon das Verwaltungsgericht richtigerweise ausgegangen. Die Vertreterin des Studentenwerks hat die im Bescheid vom 27. September 2002 angewandte Berechnungsweise in der mündlichen Verhandlung mit der vom Beklagten eingesetzten Software erläutert.

3. Im Hinblick auf die Mutter der Klägerin ist dem Einkommen ihres Vaters kein weiterer Freibetrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zuzurechnen. Zwar ist auch die Mutter der Klägerin sonstige Unterhaltsberechtigte im Sinne der Vorschrift, so dass auf das Einkommen ihres Vaters dem Grunde nach ein weiterer Freibetrag anzurechnen wäre. Auf diesen Freibetrag ist allerdings das Einkommen der Mutter der Klägerin gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 BAföG anzurechnen. Für die Einkommensanrechnung nach § 25 Abs. 3 Satz 2 BAföG kommt es - anders als bei § 25 Abs. 1 BAföG in Verbindung mit § 24 Abs. 2 BAföG - nicht auf das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres an, sondern gemäß § 22 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. Abs. 1 BAföG auf das im Bewilligungszeitraum erzielte Einkommen (vgl. auch Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Auflage, § 35, Rn. 21; Kreutz in Rothe Blanke, BAföG, § 25, Rn. 24). Die Mutter der Klägerin hat im Bewilligungszeitraum ein Einkommen von insgesamt 5.417,25 Euro erzielt. Es setzt sich ausweislich der Unterlagen im Verwaltungsvorgang wie folgt zusammen: Im Oktober 2001 1.118,58 DM (= 571,92 Euro), im November 2001 1.310,69 DM (= 670,15 Euro), im Dezember 2001 1.077,89 DM (= 551,12 Euro), im Januar 2002 553,19 Euro, im Februar 2002 542,65 Euro, im März 2002 577,44 Euro (vgl. die Gehaltsnachweise für diesen Zeitraum, Bl. 50 bis 55 VV) sowie im Zeitraum ab 1. April 2002 bis zum 30. September 2002 1.950,78 Euro (= 183 Tage à 10,66 Euro, vgl. den Bewilligungsbescheid über Arbeitslosengeld vom 30. April 2002, Bl. 76 VV). Das entspricht einem durchschnittlichen Monatseinkommen im Bewilligungszeitraum von 451,44 Euro, das den nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zu gewährenden Freibetrag von 424,37 Euro übersteigt.

4. Sowohl die Behörde als auch das Verwaltungsgericht haben allerdings übersehen, dass vom Einkommen des Vaters der Klägerin ein Härtefreibetrag nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG in Abzug zu bringen ist. Nach dieser Vorschrift kann zur Vermeidung unbilliger Härten auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist, abweichend von den vorstehenden Vorschriften ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben. Gemäß § 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG fallen hierunter insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 bis 33b EStG sowie Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Der für die Anerkennung des Härtefreibetrages erforderliche Antrag, der sowohl vom Antragsteller als auch vom Einkommensbezieher gestellt werden kann (Kreutz, a.a.O., Rn. 47 a.E.), liegt vor. Er wurde auch innerhalb des Bewilligungszeitraumes gestellt. Mit Schreiben vom 10. Januar 2002 (Bl. 46 VV) führte der Vater der Klägerin aus, er sei seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Laut Einkommensteuerbescheid 2000 betrage der Unterhalt 12.049 DM. Auch hierfür beantrage er einen entsprechenden Freibetrag.

b) Hinsichtlich des Vorliegens der übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 9. April 1981 - 5 C 62/79 - (BVerwGE 62, 154 ff., juris) ausgeführt, dass Aufwendungen für den eigenen Unterkunftsbedarf des dauernd getrennt lebenden Ehegatten nicht zu dem durch den pauschalen Freibetrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 abgegoltenen typischen Unterhaltsaufwand gehören; sie könnten als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33a EStG einen Härtefreibetrag nach § 25 Abs. 6 BAföG rechtfertigen. Insbesondere hat es dargelegt, dass die - auch vorliegend vom Beklagten wie vom Verwaltungsgericht vertretene - Auffassung, wonach die Unterhaltsverpflichtungen abschließend in § 25 Abs. 1 bis 4 BAföG berücksichtigt seien, nicht zutrifft. Mit den pauschalierend und typisierend festgesetzten Freibeträgen in § 25 Abs. 1 bis 4 BAföG sei regelmäßig der gesamte typische Aufwand für den Lebensunterhalt des Einkommensbeziehers eines Ehegatten, seiner Kinder und der ihm gegenüber Unterhaltsberechtigten abgegolten. Zum typischen Unterhaltsbedarf gehörten die üblichen Aufwendungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts, wie zum Beispiel für Ernährung, Kleidung, Wohnung. Gerade die Aufwendungen für die Wohnung würden aber einen Posten bilden, bei dem eine Vernachlässigung der Abweichung von dem typischen Erscheinungsbild des Zusammenlebens aller aus dem Einkommen unterhaltenen Personen in einer Wohnung zu einer nicht vertretbaren Härte führen könnte (a.a.O., Rn. 21 bei juris). Gehörten nämlich zu den zu berücksichtigenden Personen noch weitere Unterhaltsberechtigte im Sinne des § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG und dürfte auch dann das Einkommen ausnahmslos nur in Höhe der in den genannten Vorschriften bestimmten Pauschalen geschont werden, so wären die Grenzen überschritten, die einer an sachbezogenen Merkmalen orientierten Typisierung durch den insoweit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz verflochtenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogen seien. Denn in diesen Fällen bestehe hinsichtlich des Aufwands zur Befriedigung des Unterkunftsbedarfs keine einheitliche Typik. Der geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatte eines Elternteils des Auszubildenden hätte regelmäßig einen von dem des Einkommensbeziehers unabhängigen eigenen Unterkunftsbedarf. Sei aus dem Einkommen nicht der Aufwand für eine Gemeinschaftswohnung zu bestreiten, umfasse vielmehr der vom Einkommensbezieher geleistete Unterhalt für einen Unterhaltsberechtigten auch dessen eigenen besonderen Unterkunftsbedarf, dann erweise sich die Gesamtregelung des § 25 BAföG allerdings nicht als lückenhaft. Denn der Berücksichtigung atypischer Umstände diene die Vorschrift des § 25 Abs. 6 BAföG (a.a.O., Rn. 23 bei juris). Auf § 25 Abs. 6 BAföG könne sich der Einkommensbezieher dann berufen, wenn er zwangsläufig Aufwendungen für den Unterhalt seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau habe.

Nach diesen Grundsätzen, die der Senat seiner Entscheidung zugrundelegt, ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch im vorliegenden Fall ein Härtefreibetrag nach § 25 Abs. 6 BAföG zu gewähren. Das Einkommen der geschiedenen Ehefrau des Vaters der Klägerin genügte nicht, um im maßgeblichen Bewilligungszeitraum ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ihr Einkommen betrug - wie bereits dargelegt - lediglich 5.417,25 Euro (= 451,44 Euro monatlich). Sie hatte deshalb einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann, dem dieser sich nicht entziehen konnte. Er war zur Unterhaltsleistung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verpflichtet. Die Verpflichtung zum Unterhalt umfasst auch Kosten der Unterkunft für seine geschiedene Ehefrau. Die Belastung mit diesen Unterkunftskosten geht über die Belastung hinaus, die typischerweise von Einkommensbeziehern zu tragen sind.

c) Der hiergegen erhobene Einwand des Beklagten, der vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 9. April 1981 entschiedene Sachverhalt sei mit dem hier gegebenen Sachverhalt nicht vergleichbar, überzeugt nicht. Der Beklagte macht insoweit geltend, in dem dort entschiedenen Fall habe der getrennt lebende Ehemann sowohl die anfallenden laufenden Kosten für das von der nicht erwerbstätigen Ehefrau und den Kindern bewohnte Haus, als auch seiner Ehefrau eine Unterhaltsrente gezahlt. Im vorliegenden Fall habe dagegen die Mutter der Klägerin im Bewilligungszeitraum eigenes Einkommen erzielt und von ihrem früheren Ehemann nur eine Unterhaltsrente erhalten, die von den beauftragten Rechtsanwälten vereinbart worden sei. Diese Argumentation geht am Kern der Aussage des Bundesverwaltungsgerichts in der genannten Entscheidung vorbei. Danach ist nicht entscheidend, ob und wie hoch der Verdienst des Unterhaltsberechtigten ist, sondern, ob ein Unterhaltsanspruch nach bürgerlichem Recht besteht, der die Unterkunftskosten einschließt. Dieses Erfordernis erfüllt der hier zur Entscheidung stehende Sachverhalt. Dass die Höhe der Unterhaltszahlungen nicht durch ein Gericht festgelegt, sondern zwischen den Eltern der Klägerin vereinbart wurde, rechtfertigt ebenfalls keine andere Sicht. Insbesondere besteht nicht die von der Behörde damit vermutlich verbundene Befürchtung, die Eltern könnten durch ihre Vereinbarung die Höhe der Freibeträge selbst festlegen. Der in Rede stehende Freibetrag nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG bezieht sich allein auf die Unterkunftskosten, die der Vater der Klägerin für deren Mutter zu tragen hat. Deren Höhe bestimmt sich nach den bestehenden Umständen, die anhand objektiver Kriterien zu ermitteln sind und nicht durch Vereinbarung zwischen den Eltern der Klägerin festgelegt werden können.

Auch der Hinweis des Beklagten auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bremen vom 9. Januar 1990 - 2 BA 43/89, 2 BA 44/89 - (FamRZ 1990, S. 1415), geht fehl. Der dort entschiedene Sachverhalt ist mit dem hiesigen schon deshalb nicht vergleichbar, weil im dortigen Fall die Eltern des Auszubildenden gemeinsam ein Wohnhaus bewohnten. Es entstanden daher - anders als vorliegend - keine doppelten Unterkunftskosten. Im Fall des Oberverwaltungsgerichts Bremen ging es um die Berücksichtigung des Einkommens der Eltern eines Auszubildenden, die nach der Belastung mit dem Unterhalt von insgesamt zehn Kindern noch Lasten für ein Haus zu tragen hatten, dessen Größe durch die Zahl der Kinder bedingt war, die sie früher gleichzeitig zu unterhalten hatten. Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat insoweit entschieden, dass die durch die Größe des Hauses bedingte Höhe der Unterkunftskosten keinen atypischen Umstand darstelle, der die Annahme eines Härtefreibetrages im Sinne des § 25 Abs. 6 BAföG rechtfertige. Das ist mit der hier zur Entscheidung stehenden Sachverhaltskonstellation nicht vergleichbar.

d) Geht man vor diesem Hintergrund vorliegend von einer die Gewährung eines Härtefreibetrages nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG rechtfertigenden atypischen Doppelbelastung des Vaters der Klägerin hinsichtlich der Unterkunftskosten dem Grunde nach aus, ist weiter zu klären, in welcher Höhe doppelte Unterkunfts-kosten von ihm zu tragen waren. Der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall gibt in dieser Hinsicht für die vorliegende Sachverhaltskonstellation nichts her. Im dortigen Fall war ein Anhaltspunkt für die Höhe dieses Betrages relativ leicht zu gewinnen. Der Unterkunftsbedarf der Unterhaltsberechtigten wurde dort dadurch gedeckt, dass ihr eine Wohnung unentgeltlich zur Nutzung überlassen wurde und dies im Unterhaltsurteil berücksichtigt worden war. Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher bei der Ermittlung der Höhe des Unterkunftsbedarfs an den damals noch nach § 21 Abs. 1 EStG zu versteuernden Nutzwert der Wohnung im eigenen Haus sowie weitere vom dortigen Unterhaltsverpflichteten getragene Nebenkosten anknüpfen. Vergleichbare Anhaltspunkte liegen im hiesigen Fall nicht vor.

In Anbetracht des Umstandes, dass die Härte, zu deren Vermeidung der Freibetrag zu gewähren ist, darin besteht, dass in den pauschalierten Freibeträgen des § 25 Abs. 1 und 3 BAföG der doppelte Unterkunftsbedarf keine Berücksichtigung gefunden hat, erscheint es dem Senat sachgerecht und angemessen, auch insoweit eine pauschalierte Betrachtungsweise zugrundezulegen, zumal sich den vorliegend gewährten Unterhaltsleistungen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, in welcher Höhe sie zur Bestreitung der Unterkunftskosten gezahlt werden. An die Höhe der tatsächlichen Unterkunftskosten - sei es der Ehefrau, sei es des Ehemannes - anzuknüpfen, erscheint angesichts der gebotenen pauschalierenden Betrachtungsweise ebenfalls nicht angemessen. Denn es könnte durchaus sein, dass diese Kosten im einen wie im anderen Fall besonders hoch oder besonders niedrig sind.

Sachgerecht erscheint es dem Senat vor diesem Hintergrund, im vorliegenden Fall einen Maßstab anzulegen, der zum einen die Lebenswirklichkeit realitätsnah abbildet und der andererseits in der Handhabung durch die Behörde praktikabel ist. Insofern ist es naheliegend, für die Unterkunftskosten einen Betrag zugrundezulegen, der von einem Bezieher eines vergleichbaren Einkommens im Durchschnitt für die Unterkunft ausgegeben wird (vgl. auch VG Sigmaringen, Urteil vom 16. Januar 2008 - 1 K 49/07 -, Rn. 42 bei juris). Einen brauchbaren Anhaltspunkt für den hier in Rede stehenden Bewilligungszeitraum bietet insoweit der Wohngeld- und Mietenbericht 2002 der Bundesregierung (BT-Drucksache 15/2200). In dessen Anlage 10 wird die Mietbelastung der Hauptmieterhaushalte u.a. gestaffelt nach dem Haushaltsnettoeinkommen dargelegt. Bei einem Haushaltsnettoeinkommen von 900 bis unter 1.300 Euro wurden danach in den sog. alten Bundesländern durchschnittlich 31,1 % des Haushaltsnettoeinkommens für die Bruttokaltmiete aufgewendet. Legt man dies im vorliegenden Fall zu Grunde, ergibt sich folgende Berechnung:

Das Gesamteinkommen der Mutter der Klägerin setzte sich im Bewilligungszeitraum zusammen aus monatlich 1.004 DM (= 513,34 Euro) an Unterhaltsleistungen sowie - wie oben unter 3. dargelegt - monatlich 451,44 Euro an Erwerbseinkommen bzw. Arbeitslosengeld. In der Summe stand ihr damit im Bewilligungszeitraum ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 964,78 Euro zur Verfügung. Die durchschnittlichen Unterkunftskosten in Höhe von 31,1 % entsprechen danach einem Betrag von 300,05 Euro. Dieser ist als Härtefreibetrag nach § 25 Abs. 6 BAföG anzuerkennen.

e) Liegen danach die Voraussetzungen für die Bejahung eines Freibetrages in dieser Höhe vor, hätte der Beklagte diesen anrechnungsfrei stellen müssen. Der von § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG grundsätzlich eröffnete Ermessensspielraum der Behörde ist vorliegend dahingehend reduziert, dass nur noch die Entscheidung, die besagten Einkünfte anrechnungsfrei zu lassen, rechtmäßig ist. Da es Sinn und Zweck des § 25 Abs. 6 BAföG ist, unbillige Härten zu vermeiden, prägt der Begriff der unbilligen Härte den Zweck der Ermessensermächtigung entscheidend und bestimmt maßgeblich das Steuerungsprogramm für das Ermessen sowie die hierfür beachtlichen Kriterien. Neben diesem Zweck, unbillige Härten zu vermeiden, sind andere für die Einräumung eines Freibetrages nach § 25 Abs. 6 BAföG bedeutsame Ermessensgesichtspunkte nicht ersichtlich. So lassen sich keine Gründe finden, die es rechtfertigen könnten, gegen den Ermächtigungszweck einen weiteren Teil des Einkommens trotz sonst eintretender unbilliger Härte nicht anrechnungsfrei zu lassen. Einerseits gibt § 25 Abs. 6 BAföG nur dann, wenn und soweit eine Einkommensanrechnung ohne Härtefreibetrag zu einer unbilligen Härte führen würde, die Ermessensdirektive vor, einen weiteren Teil des Einkommens anrechnungsfrei zu lassen (eine sonst eintretende unbillige Härte als notwendige Bedingung); andererseits soll aber auch immer dann, wenn und soweit eine Einkommensanrechnung ohne Härtefreibetrag zu einer unbilligen Härte führen würde, ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei gelassen werden ("Zur Vermeidung unbilliger Härten" als notwendige und zugleich hinreichende Ermessensdirektive bzw. eine sonst eintretende unbillige Härte als notwendiges und zugleich hinreichendes Ermessenskriterium). Damit ist die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unbilligen Härte im Sinne des § 25 Abs. 6 BAföG unmittelbar mit dem Ermessensbereich und der Ermessensausübung nach dieser Vorschrift verbunden (BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1998 - 5 C 14/97 -, BVerwGE 107, 164 ff., Rn. 13 bei juris). Daher sind bei der Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unbilligen Härte grundsätzlich bereits alle in Betracht kommenden Aspekte einzubeziehen und zu gewichten, so dass im Regelfall kein weiterer Spielraum für eine abweichende Entscheidung besteht. Besondere Umstände, die vorliegend ausnahmsweise eine andere Abwägung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

5. Im Ergebnis ist danach das Einkommen des Vaters der Klägerin wie folgt zu berechnen:

Auf sein Nettoeinkommen von 2.934,09 Euro sind - wie geschehen - ein Freibetrag nach § 25 Abs. 1 BAföG in Höhe von 940,78 Euro anzurechnen sowie insgesamt drei Freibeträge für die Brüder der Klägerin nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG in Höhe von jeweils 424,37 Euro (insgesamt 1.273,11 Euro). Hinzu kommt ein bislang nicht berücksichtigter Freibetrag nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG in Höhe von 300,05 Euro. Das ergibt in der Summe Freibeträge von 2.513,94 Euro. Damit hätte der Vater der Klägerin im Bewilligungszeitraum ein (Rest-) Einkommen von 420,15 Euro (2.934,09 - 2.513,94 Euro) gehabt. Dieses Einkommen bleibt nach § 25 Abs. 4 insgesamt zu 65 % (das entspricht einem Betrag von 273,10 Euro) anrechnungsfrei. Das heißt, im Ergebnis könnten lediglich 147,05 Euro des Einkommens des Vaters der Klägerin angerechnet werden. In Höhe der Differenz zwischen den von der Behörde angenommenen 252,07 Euro an anrechenbarem Einkommen und dem nach der hiesigen Berechnung zulässigen Anrechnungsbetrag von 147,05 Euro ist Ausbildungsförderung nachzuzahlen. Monatlich entspricht das einem Betrag von 105,02 Euro. Bezogen auf den Bewilligungszeitraum Oktober 2001 bis September 2002 sind der Klägerin demgemäß 1.260,24 Euro (12 Monate à 105,02 Euro) an Ausbildungsförderung nachzuzahlen.

Der Senat weist zudem darauf hin, dass der Beklagte zu prüfen haben wird, ob für die übrigen Bewilligungszeiträume, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, gemäß § 44 SGB X ebenfalls eine Nachbewilligung zu erfolgen hat (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 44 SGB X im Ausbildungsförderungsrecht: BVerwG, Urteil vom 25. April 1985 - 5 C 123/83 -, BVerwGE 71, 220 ff.).

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.