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Amtshaftung: Haftung einer Gemeinde auf Grund eines Glätteunfalls unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Gestürzten


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Zivilsenat Entscheidungsdatum 02.03.2010
Aktenzeichen 2 U 6/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 253 Abs 2 BGB, § 254 Abs 1 BGB, § 839 Abs 1 BGB, Art 34 GG, § 49a Abs 3 StrG BB

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Januar 2008, Az. 17 O 279/07, abgeändert und wie folgt gefasst:

a) Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes für den Zeitraum 14. Februar 2006 bis 30. September 2006 unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin in Höhe von 4/10.

b) Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz von 6/10 der materiellen Schäden, die ihr aus ihrem Sturz am 14. Februar 2006 gegen 9.50 Uhr auf dem Gehweg am Parkplatz …-M…-Straße/ Ecke …-B…-Straße in F… entstanden sind.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 4/10 jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 14.02.2006 in F…, S…platz (Ecke …-M…-Straße/…-B…-Straße) zu bezahlen, sofern die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Hinsichtlich der Höhe der mit den Klageanträgen zu 1. und 2. geltend gemachten Ansprüche werden das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Januar 2008, Az. 17 O 279/07, und das zu Grunde liegende Verfahren aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

4. Die Entscheidung über die Kosten einschließlich der Kosten der Berufung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von der beklagten Stadt Schmerzensgeld, materiellen Schadensersatz und die Feststellung, dass die Beklagte auch für den Ersatz aller zukünftig entstehenden Schäden aus einem Sturz auf schneeglattem Gehweg hafte.

Die Klägerin behauptet, sie sei am 14. Februar 2006 gegen 9.50 Uhr aufgrund von Schneeglätte auf dem öffentlichen Fußweg am gebührenpflichtigen Parkplatz …-M…-Straße/ Ecke …-B…-Straße gestürzt. Der Fußweg sei weder von Schnee beräumt noch abgestreut gewesen. Aufgrund des Sturzes habe sie rechts einen verschobenen Handgelenksbruch erlitten. Sie verlangt ein Schmerzensgeld sowie den Ersatz von Heilungskosten, Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum 14.02.2006 bis 30.09.2006 zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, welches jedoch mindestens 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit betragen sollte,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 5.642,23 € Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 14.02.2006 in F…, S…platz (Ecke …-M…-Straße/…-B…-Straße) zu bezahlen, sofern die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Vortrag der Klägerin in vollem Umfang mit Nichtwissen bestritten und die Ansicht vertreten, dass jedenfalls das Mitverschulden der Klägerin an dem behaupteten Sturz ein mögliches Verschulden der Beklagten zurücktreten lasse.

Das Landgericht hat die Klägerin persönlich zum Unfallhergang angehört und den Zeugen S… vernommen und anschließend die Klage abgewiesen. Es könne bereits nicht festgestellt werden, dass der Beklagten im streitgegenständlichen Bereich eine Streupflicht oblag, weil der Gehweg nach der ortskundigen Beurteilung des Gerichts nicht hinreichend bedeutend sei für den Fußgängerverkehr. Dies könne jedoch offen bleiben, weil das eigene Verschulden der Klägerin an dem Unfall eine etwaige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte vollständig überwiege. Sie habe selbst erkannt, dass der Weg glatt sei, sich jedoch nicht über die anderen beiden Gehwegmöglichkeiten orientiert. Außerdem habe sie sich nach eigenem Vortrag zunächst wegen der Glätte an ihrem Ehemann festgehalten und sei erst zu Fall gekommen, als sie diesen bis dahin sicheren Halt ohne Grund aufgegeben hatte.

Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin eine unrichtige Tatsachenfeststellung und fehlerhafte Rechtsanwendung. Entgegen der Feststellung des Landgerichts habe sie bereits beim Aussteigen aus ihrem Fahrzeug bemerkt, dass der alternative Gehweg entlang der …-M…-Straße nicht beräumt und gestreut gewesen sei. Die Klägerin habe die Stütze durch ihren Ehemann nicht ohne Grund aufgegeben, sondern ihr Ehemann habe sie wegen der entgegenkommenden Fußgänger losgelassen. Es sei nicht möglich gewesen, untergehakt stehen zu bleiben, ohne die entgegenkommenden Fußgänger zu behindern. Der Gehweg sei auch nicht von untergeordneter Bedeutung gewesen, was sich schon daran zeige, dass der Klägerin andere Fußgänger entgegen gekommen seien. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht daher angenommen, dass die Beklagte bezüglich des streitgegenständlichen Bereichs keine Streupflicht getroffen habe. Es sei der Beklagten auch zuzumuten gewesen, die Unfallstelle zu streuen, denn die Wetterverhältnisse seien stabil gewesen und es sei kein frischer Schneefall erfolgt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.01.2008, Az. 17 O 279/07, das Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben,

hilfsweise,

den Rechtsstreit der Höhe nach an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter näherer Darlegung und weist insbesondere darauf hin, dass die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung durch das Landgericht auf ausdrückliche Nachfrage erklärte, dass sie und ihr Mann von vornherein vorhatten, den gewählten Weg zu begehen und sie deshalb nicht sagen könne, ob die Gehwege beiderseits der …-M…-Straße abgestreut waren oder nicht.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der von der Beklagten zum Termin gestellten Zeugin Sch….

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).

In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz ihrer durch den Sturz auf dem schneeglatten Gehweg entstandenen Schäden aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin in Höhe von 4/10.

Die Feststellung des Landgerichts, dass die Klägerin infolge Schneeglätte am 14. Februar 2006 auf dem streitgegenständlichen Gehweg zu Fall gekommen ist, wird mit der Berufung nicht angegriffen und ist deshalb zu Grunde zu legen.

Die Beklagte traf hinsichtlich des streitgegenständlichen Gehweges eine Räum- und Streupflicht. Die Winterdienstpflicht ist gemäß § 49 a Abs. 3 BbgStrG hoheitliche Aufgabe der Gemeinden; ihre Verletzung führt zu einer Haftung nach Amtshaftungsrecht. Dabei führt § 49 a Abs. 3 BbgStrG, wonach die Gemeinden im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage winterdienstlich zu behandeln haben, soweit dies zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist, nicht zu einer Ausweitung der nach allgemeinen Grundsätzen geltenden (Verkehrssicherungs-) Pflichten (ständige Rechtsprechung des Senats). Vielmehr besteht die Winterdienstpflicht nach allgemeinen Grundsätzen nur bei einer konkreten Gefahrenlage und nach den örtlichen Besonderheiten. Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Für Fußgänger müssen die Gehwege, soweit auf ihnen ein nicht unbedeutender Verkehr stattfindet, sowie die belebten, über die Fahrbahn führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege bestreut werden (BGH VersR 1995, 721, 722; NJW 2003, 3622 ff.; Senat, Urteil vom 05.08.2008, Az. 2 U 15/07, zitiert nach Juris, dort Rz. 14). Voraussetzung für die Streupflicht für Fußgänger ist nicht, dass es sich um einen verkehrsbedeutenden Weg handelt. Vielmehr besteht lediglich für gänzlich verkehrsunbedeutende Wege keine Streupflicht, d. h. für Wege, für die ein echtes Verkehrsbedürfnis auch unter Berücksichtigung der Erwartungshaltung der Benutzer nicht erkennbar ist. Demgemäß sind alle Wege, denen ein Verkehrsbedürfnis nicht abgesprochen werden kann, zu bestreuen (Senat Urteil vom 03.06.2008, Az. 2 U 8/07, zitiert nach Juris, dort Rz. 34). Für die Beurteilung des Verkehrsbedürfnisses kommt es nicht darauf an, in welchem Maß der streitgegenständliche Weg im relevanten Zeitpunkt tatsächlich genutzt wurde. Entscheidend ist nach den allgemeinen Grundsätzen über den Inhalt der Verkehrssicherungspflichten vielmehr, welches Maß an Verkehr nach den Umständen des konkreten Falls auf dem betroffenen Weg zu erwarten war. Die von dem Verkehrssicherungspflichtigen vorzunehmende Beurteilung, ob eine winterdienstliche Behandlung erforderlich ist, kann nur auf der Grundlage des zu erwartenden Verkehrs erfolgen.

Das Landgericht hat ausdrücklich offen gelassen, welche Verkehrsbedeutung der streitgegenständliche Weg hatte, sodass der Senat insoweit an keine Feststellung gebunden ist. Nach den vorstehenden Kriterien kann dem betroffenen Gehweg schon aufgrund der örtlichen Verhältnisse, die sich aus den von der Klägerin vorgelegten Fotografien und dem von der Beklagten vorgelegten Lageplan ergeben, ein Verkehrsbedürfnis nicht abgesprochen werden. Der Gehweg befindet sich innerhalb einer geschlossenen Ortschaft. Er verbindet auf kurzem Weg die …-M…-Straße mit der …-B…-Straße, an der das Bankgebäude liegt, das die Klägerin erreichen wollte. Bereits nach seinem äußeren Erscheinungsbild war der Gehweg von seiner Bedeutung her gleichrangig mit den Fußwegen entlang der …-M…-Straße, denn er entsprach ihnen sowohl in der Art des Belages als auch der Breite. Seine Bedeutung für den Fußgängerverkehr ergibt sich auch daraus, dass er für die Fußgänger, die das Bankgebäude von der …-M…-Straße aus erreichen wollten, eine Abkürzung darstellt im Vergleich zu den Fußwegen entlang der …-M…-Straße. Entsprechendes gilt für Fußgänger, die von dem Gebäude zur …-M…-Straße gelangen wollten. Diese Bedeutung für den Fußgängerverkehr mindert sich nicht dadurch, dass der Gehweg seitlich an einem Parkgelände vorbeiführt, denn dieser Verlauf hat keinen Einfluss auf die Entscheidung der Fußgänger, den Weg zu wählen oder nicht. Aufgrund seiner Bedeutung für den Fußgängerverkehr hätte der streitgegenständliche Gehweg daher winterdienstlich bearbeitet sein müssen. Nach dem von der Beklagten selbst mit dem Schriftsatz vom 30. Mai 2008 vorgelegten Lageplan, in dem die winterdienstlich betreuten Wege markiert sind, war dies nicht der Fall.

Nach den unstreitigen Umständen war es für die Beklagte auch zumutbar, die Unfallstelle vor dem Zeitpunkt des Unfalls zu streuen. Die insoweit darlegungsbelastete Beklagte hat nicht vorgetragen, dass es ihr unzumutbar gewesen wäre, auch den streitbefangenen Gehweg bis zum Unfallzeitpunkt winterdienstlich zu behandeln. Sie hat insbesondere den Vortrag der Klägerin, wonach seit Tagen kein frischer Schnee gefallen und die Wetterlage stabil war, nicht bestritten.

Indem die Beklagte den Gehweg nicht beräumt und gestreut hat, hat sie somit eine Amtspflicht im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB verletzt, die gerade dem Schutz der den Gehweg benutzenden Fußgänger und damit der Klägerin diente.

Die Beklagte haftet für die durch den Sturz der Klägerin entstandenen Schäden jedoch insoweit nicht, als die Klägerin ein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB an der Entstehung der Schäden trifft. Ein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB trifft denjenigen, der vorsätzlich oder fahrlässig diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren (vgl. Palandt-Heinrichs, 69. Auflage 2010, § 254 Rn. 8 und 9). Die Klägerin hat diese ihr obliegende Sorgfalt außer Acht gelassen, indem sie ihre bis dahin sichere Stütze durch ihren Ehemann aufgab, als ihnen ein Fußgänger entgegenkam. Nach eigenem Vortrag hatte sich die Klägerin gerade deshalb an ihrem Ehemann festgehalten, weil sie ein Ausgleiten auf dem glatten Weg vermeiden wollte. Dass der Weg glatt war, hatte sie bereits zu Beginn des Weges wahrgenommen. Indem sie die Stütze in Kenntnis der Glätte bewusst aufgab, hat sie jedenfalls fahrlässig die Gefahr eines Sturzes auf dem glatten Weg begründet. Ihr in der Berufungsinstanz erstmals erhobener Vortrag, es sei nicht möglich gewesen, untergehakt dem entgegenkommenden Fußgänger auszuweichen, ist nicht nachvollziehbar. Wo zwei Menschen untergehakt nebeneinander laufen können, können sie einem entgegenkommenden Fußgänger ausweichen, indem sie sich seitwärts stellen und ihn vorbeigehen lassen. Der Vortrag ist schon deshalb unbeachtlich. Gründe, die es zwingend erscheinen ließen, dass die Klägerin ihre Stütze aufgab, hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Das hierin liegende Mitverschulden hat erhebliches Gewicht, weil die Klägerin in voller Kenntnis der drohenden Gefahr handelte. Im Hinblick darauf bemisst der Senat dieses Mitverschulden mit einem Haftungsanteil von 4/10.

Umstände, aus denen sich ein darüber hinausgehendes Mitverschulden der Klägerin ergeben könnte, hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht bewiesen. Im Ergebnis der persönlichen Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geht der Senat davon aus, dass sich die Klägerin tatsächlich nicht über andere Gehwegmöglichkeiten vergewisserte. Ihren erstmals in der Berufungsbegründung erhobenen Vortrag, sie habe bereits beim Aussteigen aus dem Auto bemerkt, dass die Gehwege entlang der …-M…-Straße glatt gewesen seien, hat sie in diesem Sinne korrigiert. Entgegen der Ansicht des Landgerichts folgt eine Sorgfaltspflichtverletzung der Klägerin jedoch nicht bereits daraus, dass sich die Klägerin nach ihrem eigenen erstinstanzlichen Vortrag nicht über die anderen Gehwegmöglichkeiten orientiert hat. Waren nämlich sämtliche Wege zum Bankgebäude unberäumt und nicht gestreut, so war es der Klägerin objektiv nicht vorzuwerfen, dass sie den kürzesten der glatten Wege benutzte. Darin, dass die Klägerin sich nicht über andere Gehwegmöglichkeiten vergewisserte, wäre daher nur dann ein Mitverschulden zu sehen, wenn die anderen Wege ihrerseits nicht glatt gewesen wären. Die Beklagte hat ihre Behauptung, dass am Unfalltag die öffentlichen Gehwege an der …-M…-Straße und der …-B…-Straße winterdienstlich betreut gewesen seien, nicht beweisen können. Aus der Aussage der zum Beweis dieser Behauptung benannten und durch den Senat vernommenen Zeugin Sch… ergab sich dies nicht mit der erforderlichen Sicherheit. Sie konnte nur erklären, dass die Wege entlang der …-M…-Straße und der …-B…-Straße von dem damals gültigen Streckenplan für den Winterdienst erfasst gewesen seien und am Unfalltag ein Mitarbeiter dafür eingeteilt gewesen sei, den Zustand dieser Wege zu kontrollieren und bei Bedarf nachzuarbeiten. Ob die Wege jedoch tatsächlich am Unfalltag geräumt und gestreut gewesen seien, konnte sie nicht sagen, weil sie selbst nicht vor Ort gewesen war. Zwar ist die Tatsache, dass die Wege entlang der …-M…-Straße und der …-B…-Straße von dem damals gültigen Streckenplan für den Winterdienst erfasst waren, ein gewichtiges Indiz dafür, dass diese Wege am Unfalltag auch winterdienstlich behandelt waren. Ohne weitere Anhaltspunkte reicht dieses Indiz jedoch nicht aus, die für ein Urteil erforderliche Überzeugung zu begründen. So bleibt denkbar, dass der für den Winterdienst an dieser Stelle eingeteilte Mitarbeiter die Situation falsch eingeschätzt oder es aus anderen Gründen unterlassen hat, die genannten Wege zu streuen. Zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten hatte der Senat daher davon auszugehen, dass die Wege entlang der …-M…-Straße und der …-B…-Straße zur Unfallzeit nicht winterdienstlich behandelt waren, mit der Folge, dass die Klägerin keine sichere Alternative zu dem von ihr gewählten Weg hatte.

Im Ergebnis hat die Klägerin somit gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz von 6/10 der von der Klägerin aufgrund des Unfalls erlittenen materiellen Schäden.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte darüber hinaus einen Anspruch aus § 253 Abs. 2 BGB auf billige Entschädigung für die immateriellen Schäden, die sie aufgrund der Sturzverletzungen erlitten hat. Dabei ist die Entschädigung aufgrund der vorstehenden Erwägungen unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 4/10 zu bemessen.

Über die mit den Klageanträgen zu 1. und 2. geltend gemachten Ansprüche konnte dem Grunde nach entschieden werden, weil im Ergebnis des bisherigen Verfahrens sämtliche haftungsbegründenden Umstände und das Maß des Mitverschuldens feststehen. Über die Höhe der Ansprüche konnte dagegen nicht entschieden werden, weil die von der Klägerin zur Begründung der Höhe der Ansprüche vorgetragenen Umstände sämtlich streitig sind. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hilfsweise gestellten Antrags der Klägerin hat der Senat den Rechtsstreit hinsichtlich der Höhe der Ansprüche der Klägerin gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen, weil insoweit eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich erscheint.

Der Feststellungsantrag zu 3. war dagegen entscheidungsreif, weil die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils der Klägerin dem Grunde nach feststeht. Insoweit kam eine Zurückverweisung daher nicht in Betracht (vgl. BGH NJW 1988, 1984) und war durch Teilurteil zu entscheiden.

Soweit die Klägerin mit den Klageanträgen zu 1. bis 3. Schadensersatz über einen Anteil von 6/10 hinaus begehrte, waren die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.

III.

Über die Kosten des Berufungsverfahrens kann erst in der Schlussentscheidung entschieden werden, weil sich der von den Parteien jeweils zu tragende Kostenanteil auch danach richtet, in welcher Höhe sich die geltend gemachten Ansprüche schließlich als begründet erweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

IV.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf 8.142,23 € entsprechend der Summe der Werte der mit der Berufung weiterverfolgten Klageanträge zu 1. in Höhe von 2.000,00 €, zu 2. in Höhe von 5.642,23 € und zu 3. in Höhe von 500,00 €.