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Entscheidung 12 W 37/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 12. Zivilsenat Entscheidungsdatum 25.08.2010
Aktenzeichen 12 W 37/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus vom 17.03.2010, Az.: 4 O 208/09, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung gegen eine Klage, mit der er auf Rückzahlung geleisteter Anlagegelder in Anspruch genommen wird.

Die Kläger investierten mit Vertrag vom 01.02.2003 einen Betrag von 5.000,- EUR in einem Leasingfonds mit der Bezeichnung V... - Leasingfonds S… K…. Nach der unter dem Briefkopf der Handelsvertretung S… K… erstellten und von dem Beklagten unterzeichneten Vertragsbestätigung vom 05.02.2003 (Bl. 16 GA) wurde die Vertragslaufzeit auf 3 Jahre festgeschrieben bei einer garantierten Rendite von 400,- EUR und einer garantierten jährlichen Rendite von 8%. Die Rückzahlung der Anlagesumme sollte zum Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit am 01.02.2006 erfolgen. Eine Rückzahlung der Anlagesumme einschließlich der Rendite erfolgte nicht.

Die Kläger machen nunmehr den Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anlage einschließlich der garantieren Rendite gegenüber dem Beklagten geltend. Darüber hinaus begehren sie die Feststellung, dass ihre Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten geschuldet wird. Dazu behaupten sie, die eingezahlten Anlegegelder seien durch den Beklagten zur Deckung der laufenden Renditeforderungen und damit zweckentfremdet verwandt worden. Die versprochene Rendite sei risikolos nicht erzielbar gewesen, es habe sich um ein sittenwidriges „Schneeballsystem“ gehandelt. Tatsächlicher Inhaber der Handelsvertretung S… K… sei der Beklagte gewesen. Dieser habe aufgrund einer ihn erteilten Generalvollmacht ohne Wissen des Namensinhabers die Geschäfte geführt, sämtliche im Namen der Handelsvertretung S… K… geführten Schriftverkehr unterzeichnet und die angelegten Gelder in betrügerischer Absicht für sich vereinnahmt. Das Anlagekonzept V... Leasingfonds sei durch den Beklagten erdacht und umgesetzt worden. Der Beklagte habe die Verträge durch von ihm persönlich geschulte Vermittler vermitteln lassen und diese instruiert, mit welchen Versprechungen das Konzept an den Markt gebracht werden sollte. Dabei seien Sicherheiten in Form einer bestehenden Rückversicherung vorgetäuscht worden, die es tatsächlich nicht gegeben habe. Es sei von vornherein nicht geplant gewesen, die vertraglich zugesicherten Ergebnisse zu erzielen, ein Leasingfonds sei nicht aufgelegt worden. Der Namensinhaber S… K… sei von dem Beklagten nur als Strohmann vorgeschoben worden, um seine eigene Tätigkeit zu verschleiern.

Der Beklagte bestreitet den Klagevortrag, insbesondere dass er die angelegten Gelder vereinnahmt habe. Er sei lediglich aufgrund der ihm erteilten Handlungsvollmacht im Rahmen des Vertriebs und der Abwicklung des V... Leasingfonds tätig geworden. Dies sei im Auftrag und mit Wissen des S… K… geschehen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das beabsichtigte Verteidigungsvorbringen habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Anspruch der Kläger sei über § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 54, 32 und 1 KWG begründet. S… K… habe in einem Parallelrechtstreit vor dem Landgericht Cottbus zum Az. 2 O 168/07 als Zeuge bekundet, dass sämtliche unternehmerischen Entscheidungen nicht von ihm, sondern durch den Beklagten getroffen worden seien, so dass sich das Gebot des § 32 KWG auch gegen den Beklagten gerichtet habe. Es sei davon auszugehen, dass der von den Klägern in diesem Rechtstreit angebotene Zeuge K… nicht anders aussagen werde, so dass der Beklagte zumindest als Mitinhaber des Unternehmens anzusehen sei. Der Beklagte habe nicht dargetan, warum der Zeuge in dem vorliegenden Rechtstreit eine andere Aussage machen werde, und für seine Behauptungen keine Eigenbeweismittel angeboten. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung sei hier, trotz der Möglichkeit, dass eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht komme, zulässig.

Gegen den zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 23.03.2010 zugestellten Beschluss wendet sich der Beklagte mit seiner am 08.04.2010 beim Landgericht per Telefax eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er seine Auffassung vertieft, seine beabsichtigte Rechtsverteidigung biete hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dies sei bereits dann der Fall, wenn über eine Behauptung der mittellosen Partei Beweis zu erheben sei. Im übrigen habe er unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Zeuge K… anlässlich seiner Vernehmung in dem gegen den Beklagten geführten Strafverfahren eingeräumt habe, dass er entgegen seinen Angaben in dem vor dem Landgericht Cottbus geführten Parallelrechtsstreit Kenntnis von der Geschäftstätigkeit der unter seinem Namen geführten Handelsvertretung gehabt habe. Darüber hinaus seien die Einlagen aus dem V... Leasingfonds in der Bilanz der Handelsvertretung S… K… ausgewiesen gewesen. Zudem sei der Zeuge Inhaber verschiedener Konten gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass es sich bei den in dem Rechtsstreit vor der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus getätigten Aussagen um Schutzbehauptungen gehandelt habe. Eine erneute Vernehmung des Zeugen sei daher ohne weiteres angezeigt. Die Herbeiziehung der Akten aus dem Parallelrechtsstreit im Wege des Urkundsbeweises könnte eine originäre Beweisaufnahme nicht ersetzten. Soweit das Landgericht einer Haftung wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften des KWG angenommen habe, habe er, der Beklagte, keine Kenntnis von einer notwendigen Genehmigung gehabt, da er davon ausgegangen sei, dass es sich bei der Anlageform um partiarische Darlehen handle, die keiner Genehmigung nach dem KWG bedürften, so dass er sich in einem den Vorsatz ausschließenden Irrtum befunden habe. Schließlich habe der Insolvenzverwalter der V... GmbH bestätigt, dass eine Forderung der Kläger in Höhe von 5.700,- EUR in dem Insolvenzverfahren anerkannt worden sei.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 01.06.2010 der sofortigen Beschwerde des Beklagten nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist gem. § 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen form- und fristgereicht gem. den §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 ZPO eingelegt worden. In der Sache bleibt das Rechtsmittel des Beklagten ohne Erfolg.

Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verneint. Nach § 114 Satz 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn - neben dem Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen des Antragstellers - die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da das Verteidigungsvorbringen des Beklagten gegenüber dem schlüssig vorgetragenen Klageanspruch nicht erfolgversprechend erscheint.

1.

Das Vorbringen der Kläger als wahr unterstellt, rechtfertigt dies einen Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der geleisteten Anlagesumme sowie der garantierten Rendite gegenüber dem Beklagten aus § 826 BGB.

a) Nach dem Vortrag der Kläger hat der Beklagte die von den Klägern und den übrigen Anlagern des V... Leasingfonds eingezahlten Anlagegelder, die nach der Zweckbestimmung des V... Leasingfonds zum Erwerb von Leasing- und Geschäftsgütern verwendet werden sollten, für sich vereinnahmt und damit den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB erfüllt. Damit hat er eine entsprechende Schädigung der Anleger dadurch, dass die angelegten Gelder sowie die vertraglich zugesagten Renditen zum Fälligkeitszeitpunkt nicht zurückgezahlt werden konnten, zumindest billigend in Kauf genommen. Der Beklagte ist danach zum Schadensersatz in Form der Rückzahlung der geleisteten Anlagengelder sowie der Auszahlung der zugesagten Rendite, die nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit von 3 Jahren zum 01.02.2006 fällig gewesen wäre, verpflichtet. Die dagegen mit der Klageerwiderung sowie der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwendungen des Beklagten greifen nicht durch.

b) Soweit der Beklagte in der Klageerwiderung zunächst pauschal bestritten hat, das die Kläger den Betrag von 5.000,- EUR als Anlage eingezahlt haben, ist dieses pauschale Bestreiten im Hinblick auf die von den Klägern vorgelegte und von dem Beklagten unterzeichnete Vertragsbestätigung vom 05.02.2003 unbeachtlich. Denn in diesem Schreiben bestätigt der Beklagte im Namen der Handelsvertretung S… K…, dass mit Wertstellung vom 01.02.2003 ein Betrag von 5.000,- EUR über 3 Jahre angelegt worden ist und die Anlagesumme nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit zum 01.02.2006 zur Rückzahlung fällig ist. Dem Schreiben ist insbesondere aus der Formulierung, dass man sich für das entgegengebrachte Vertrauen bedanke und auf gute Zusammenarbeit hoffe, zu entnehmen, dass damit zugleich die Einzahlung des Anlagebetrages von 5.000,- EUR bestätigt wird, so dass das einfache Bestreiten des Beklagten betreffend die Zahlung des angelegten Betrages nicht ausreichend ist. Vielmehr hätte es dem Beklagten oblegen, konkret vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass eine Zahlung der Anlagesumme entgegen den Angaben in dem Schreiben vom 05.02.2003 nicht erfolgt sei. Im übrigen hat der Beklagte in seinem im Beschwerdeverfahren zu den Akten gereichten Schriftsatz vom 23.07.2010 ausdrücklich eingeräumt, Anlagegelder als Darlehen an die Q… Leasing GmbH, deren Geschäftsführer er gewesen sei, vergeben zu haben. Diese Vorgehensweise war jedoch von dem eigentlichen Zweck des Leasingfonds, in wirtschaftliche Güter zum Zwecke des Leasens und Verleasens zu investieren, nicht gedeckt, was dem Beklagten auch bekannt war. Inwieweit der Beklagte deswegen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden ist, ist für die Beurteilung der Rechtslage in dem vorliegenden Rechtsstreit letztlich unerheblich, zumal im zivilgerichtlichen Verfahren eine Bindung an die im Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Wertungen nicht besteht. Im Hinblick auf die von dem Beklagten selbst eingeräumten Zahlungsabschlüsse kommt es auch nicht darauf an, in welchem Umfang S… K… tatsächlich Kenntnis von den im Namen der Handelsvertretung geführten Geschäften gehabt hat und diese möglicherweise sogar gebilligt hat, da dies allenfalls für eine Frage der zivilrechtlichen Haftung des S… K… neben dem Beklagten als Gesamtschuldner gem. §§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 2 BGB von Bedeutung ist. Von daher kommt es auf eine Vernehmung des S… K… als Zeugen und etwaige Widersprüche zu den von ihm in dem gegen den Beklagten geführten Strafverfahren getätigten Aussagen nicht an. Ebenso ist in diesem Zusammenhang unerheblich, von wem der V... Leasingfonds gegründet worden ist.

Der von den Klägern geltend gemachte Schaden ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der V... GmbH durch den Insolvenzverwalter ein Betrag in Höhe von 5.700, -EUR zu Gunsten der Kläger anerkannt worden ist. Dass in dem Insolvenzverfahren mit einer Quote zu rechnen ist oder die Kläger gar Zahlungen erhalten haben, die den Schaden mindern würden, hat der hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht substantiiert dargetan. Näherer Vortrag wäre ihm aufgrund seiner wirtschaftlichen Nähe zur Handelsvertretung S… K… und zur V... GmbH auch zumutbar.

2.

Der unter Ziff. 4 geltend gemachte Feststellungsantrag ist ebenfalls zulässig und begründet. Das Feststellungsinteresse der Kläger folgt aus § 850 f Abs. 2 ZPO. Danach kann das Vollstreckungsgericht, wenn die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben wird, auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c ZPO vorgesehenen Beschränkungen bestimmen. Der Gläubiger kann, wenn er auf die durch diese Norm erweiterte Pfändungsmöglichkeit Wert legt, den Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bereits im Erkenntnisverfahren geltend machen und eine Entscheidung des Prozessgerichts dadurch erzwingen, dass er neben dem Leistungsantrag die Feststellung eines derartigen Anspruchs begehrt (vgl. BGH NJW 2003, 515, 516). Entsprechendes gilt für eine mögliche spätere Insolvenz des Beklagten im Hinblick auf §§ 302 Nr. 1, 174 Abs. 2 InsO (vgl. Münchener Kommentar/Schumacher, InsO 2. Aufl. § 184 Rn. 8 c).

3.

Der von den Klägern geltend gemachte Zinsanspruch ist zwar teilweise unbegründet, soweit Zinsen über den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides am 07.01.2009 und über dem Betrag von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz hinaus gem. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend gemacht werden. Da der Zinsanspruch jedoch kostenneutral ist und im Falle einer Verurteilung der Beklagte gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits im vollen Umfang zu tragen hat, ist eine hinreichende Erfolgsaussicht auch diesbezüglich nicht gegeben. Ebenso wie bei der Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht zu prüfen ist, inwieweit Nebenforderungen Erfolg haben, die den Streitwert nicht erhöhen (vgl. Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 114, Rn. 23b), ist die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung in vollem Umfang zu verneinen, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch lediglich hinsichtlich der streitwertneutralen Nebenforderungen teilweise unbegründet ist.

Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 23.07.2010 die Aussetzung des Verfahrens gem. § 149 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens beantragt hat, braucht hierüber nicht entschieden zu werden, da im Prozesskostenhilfeverfahren eine Aussetzung wegen der summarischen Prüfung nicht in Betracht kommt (vgl. Musielak/Stadler ZPO 7. Aufl. § 149 Rn. 3).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Pflicht des Beklagten zur Tragung der Gerichtskosten ergibt sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit Nr. 1812 KV (Anlage 1 zu § 3 GKG), ohne dass es eines Ausspruchs im Beschlusstenor bedarf. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 in Verb. mit Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.