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Entscheidung 5 U (Lw) 19/16


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 22.09.2016
Aktenzeichen 5 U (Lw) 19/16 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. November 2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rathenow – Landwirtschaftsgericht – (Az.: 13 Lw 6/15) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird auf 9.969,51 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger und die Streithelfer schlossen am 13. November 2013 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag (UR-Nr. 1693/2013 des Notars … in N…) über Grün- und Ackerland in B…, verzeichnet im Grundbuch von B… Blatt 187 unter den Bezeichnungen Flur 12, Flurstücke 18 und 19, Flur 14, Flurstück 17, Flur 17, Flurstück 9 sowie Grünland in W…, verzeichnet im Grundbuch von W…, Blatt 325 unter der Bezeichnung Flur 10, Flurstück 3.

Über die Grundstücke war am 1. Juli 1998 zwischen dem Streithelfer zu 1. und Herrn J. H. B… ein Pachtvertrag für die Dauer vom 1. Juli 1998 bis zum 31. Dezember 2010 (Bl. 63 ff d. A.) geschlossen und – insoweit unstreitig – einvernehmlich von den Vertragsparteien auf die Beklagte übertragen worden. Der Vertrag enthielt zur Vertragsdauer ferner unter Ziffer 2. Abs. 2 folgende Regelung: „Das Pachtverhältnis verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht mit einer Frist von 12 Monaten zum Ende eines Pachtjahres gekündigt wird.“

Am 4. Juni 2010 vereinbarte der Streithelfer zu 1. mit der Beklagten, vertreten durch deren Geschäftsführerin, in einer handschriftlichen Vereinbarung, dass der Pachtvertrag bis zum 31. Dezember 2011 bestehen bleibe, aber ein Sonderkündigungsrecht bei Eigenbedarf „3 Monate vor Fristablauf“ vereinbart werde (Bl. 69). Ferner wurde vereinbart „Die anderen Bestandteile des Vertrages bleiben bestehen.“

Der Streithelfer zu 1. erklärte mit Schreiben vom 2. September 2013 die Kündigung wegen Eigenbedarfs gegenüber der Beklagten (Bl. 39 d.A.). Mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 wies die Beklagte den Kündigungszeitpunkt 31. Dezember 2013 zurück und stellte in Aussicht, die Flächen „nach Aberntung“ in 2014 herauszugeben.

Dem Kläger wurde dies bei Abschluss des Kaufvertrages mit den Streithelfern nicht mitgeteilt. Vielmehr wurde in den Kaufvertrag aufgenommen, dass die Grundstücke bis zum 31. Dezember 2013 verpachtet seien (Bl. 13 d.A.). Am 8. August 2014 wurde der Kläger als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Der Kläger, der die erworbenen Flächen mit Pachtvertrag vom 11./18. August 2014 weiterverpachtet hatte, erfuhr erst nach Kaufvertragsabschluss von einer Weigerung der Beklagten, die Flächen herauszugeben. Mit Schreiben vom 20. März 2015 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Flächen bis zum 30. März 2015 an ihn herauszugeben. Da die Herausgabe anschließend nicht erfolgte, erklärte der (neue) Pächter des Klägers, dass er an der Pacht kein Interesse mehr habe. Mit der Klage begehrt der Kläger neben der Herausgabe der Flächen die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, Schadensersatz zu leisten, weil die Pachtfläche nicht nach der Aberntung im Jahr 2014 herausgegeben worden sei, sowie die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte hätte im August 2013 davon erfahren, dass die Streithelfer die verpachteten Flächen verkaufen wollten. Er hat die Ansicht vertreten, mit der Bestätigung der Herausgabe der Flächen nach Aberntung hätte die Beklagte sich mit der Beendigung des Pachtvertrages jedenfalls einverstanden erklärt, unabhängig von der Frage, ob ihr bei Erhalt der Kündigung bekannt gewesen sei, dass ein Eigenbedarf der Streithelfer tatsächlich nicht bestehe.

Die Streithelfer haben behauptet, die Vereinbarung über das Sonderkündigungsrecht sei getroffen worden, da sie nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Pachtzeit eine längerfristige Verpachtung nicht mehr wünschten, was unstreitig ist, und, was streitig ist, die Grundstücke hätten verkaufen wollen. Dies hätten sie der Geschäftsführerin der Beklagten in deren Büro mitgeteilt. Daraufhin sei das Sonderkündigungsrecht vereinbart worden. Den Text habe die Geschäftsführerin der Beklagten formuliert. Die Vertragsparteien seien davon ausgegangen, dass unter „Eigenbedarf“ auch die Veräußerung durch die Verpächter zu verstehen sei. Eine eigene Nutzung hätten sie, die Streithelfer, zu keinem Zeitpunkt erwogen, da sie keine landwirtschaftlichen Berufe hätten. Sie hätten mit der Geschäftsführerin der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung telefoniert und sie habe sich mit einer Kündigung zum Jahresende einverstanden erklärt und angekündigt, keine Neubestellung des Feldes zu veranlassen. Sie hätten auch erfahren, dass tatsächlich auf den Feldern Mais angebaut worden sei; die Aussaat könne jeweils bis Mai eines Jahres erfolgen. Von dem Pflugtausch hätten sie keine Kenntnis gehabt. Nach Ausspruch der Kündigung sei kein Telefonat mit der Beklagten geführt worden.

Die Beklagte hat behauptet, sie sei von einer beabsichtigten eigenen Nutzung der Streithelfer ausgegangen und habe erst Anfang des Jahres 2014 erfahren, dass das Grundstück verkauft worden sei. Sie hätte mit den Streithelfern nicht vor, sondern nur nach Erhalt der Kündigung telefoniert und erklärt, dass die Herausgabe zum 31. Dezember 2013 nicht erfolgen könne, weil die Felder bereits bestellt seien. Sie habe – ausgehend von dem Eigenbedarf der Streithelfer – die Herausgabe nach Aberntung zugesagt. Ihrer Erklärung komme vor dem Hintergrund, dass der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs nicht vorgelegen habe, aber keine rechtliche Bedeutung zu.

Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Geschäftsführerin der Beklagten die Beklagte zur Herausgabe und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren verurteilt und die Verpflichtung der Beklagten, Schadensersatz wegen verspäteter Herausgabe der Flächen zu leisten, festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe sich, nachdem sie nach ihrem eigenen Vorbringen gegenüber den Streithelfern erklärt habe, die Flächen nach Aberntung herauszugeben, dazu verpflichtet, das Pachtverhältnis zu beenden, ohne die Kündigung wegen Eigenbedarfs zu hinterfragen. Darauf hätten die Streithelfer berechtigterweise vertrauen dürfen, so dass die Berufung auf das Fehlen eines Kündigungsgrundes gemäß § 242 BGB ausgeschlossen sei. Jedenfalls könne die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2014 umgedeutet werden, so dass der Herausgabeanspruch auch unter diesem Gesichtspunkt begründet sei.

Wegen der Verletzung der Pflicht zur fristgerechten Räumung bestehe auch ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz, der vor dem Hintergrund, dass die Herausgabe noch nicht erfolgt sei, derzeit noch nicht vollständig beziffert werden könne. Daher sei ein Feststellungsinteresse gegeben. Ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren ergebe sich, da die Beklagte mit der Herausgabe in Verzug sei.

Gegen das am 4. Januar 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4. Februar 2016 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4. April 2016 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Sie macht geltend, die Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung sei hier nicht möglich, weil nach der obergerichtlichen Rechtsprechung Voraussetzung sei, dass der Wille der kündigenden Vertragspartei, den Vertrag unabhängig vom Vorliegen des außerordentlichen Kündigungsgrundes zu beenden, eindeutig hervortrete. Dies sei bei dem Kündigungsschreiben vom 2. September 2009 nicht der Fall.

Die Beklagte habe mit Schreiben vom 12. Juni 2014 erklärt, dass sie die Kündigung für unberechtigt halte. Zuvor habe sie nicht bekundet, dass sie mit der Kündigung einverstanden sei und diese anerkenne. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Eigenbedarf unmittelbar nach Erhalt der Kündigung anzuzweifeln und die Kündigung zurückzuweisen. Vielmehr habe sie auf ein vertragstreues Verhalten ihres Vertragspartners vertrauen dürfen.

Die Beklagte beantragt,

das am 18. November 2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rathenow – Landwirtschaftsgericht – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Umdeutung der Kündigung in eine ordentliche Kündigung lägen vor. Der Kündigungsgrund „Eigenbedarf“, sei anders als etwa eine verhaltensbedingte Kündigung geeignet, den Willen des Verpächters zum Ausdruck zu bringen, dass er den Pachtgegenstand jedenfalls anders als durch Verpachtung nutzen will. Die Kündigung sei also zumindest zum 31. Dezember 2014 wirksam erklärt worden. Zu Recht sei das Amtsgericht auch davon ausgegangen, dass die Zurückweisung der Kündigung durch die Beklagte verspätet und zu Unrecht erfolgt sei. Sie habe die Kündigung zuvor bereits uneingeschränkt bestätigt ohne zu hinterfragen, aus welchem Grund die Kündigung erklärt worden sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A… und H… W… und K… L… sowie die Geschäftsführerin der Beklagten persönlich angehört. Hinsichtlich des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21. Juli 2016 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Räumung und Schadensersatz, da das auf ihn nach den §§ 585 Abs. 2, 581 Abs. 2, 566 BGB übergegangene Pachtverhältnis nicht wirksam gekündigt worden ist.

Der ursprünglich zwischen den Streithelfern und Herrn B… geschlossene Pachtvertrag (Bl. 63 ff. d. A.) wurde am 1. Juli 1998 zunächst auf 12 Jahre befristet geschlossen. Die Übertragung des Vertrages auf die Beklagte erfolgte konkludent zu einem nicht vorgetragenen Zeitpunkt, indem die Beklagte die Pachtzahlungen erbrachte und die Streithelfer Einwendungen dagegen nicht erhoben. Schriftliche Vereinbarungen hierzu bestehen nicht. Mit der Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Streithelfern vom 4. Juni 2010 ist wiederum wirksam ein Vertrag auf bestimmte Zeit geschlossen worden. Die Parteien haben hier die Beendigung des Pachtvertrages zum 31. Dezember 2011 vereinbart. Der Einhaltung der Schriftform bedurfte diese Vereinbarung nicht, da die Befristung vom 4. Juni 2010 an gerechnet zum 31. Dezember 2011 weniger als zwei Jahre beträgt, § 585a BGB. Da auf den schriftlichen Vertrag im Übrigen Bezug genommen wird, ist zwar auch die Verlängerungsoption nach Ziffer 2. Abs. 2 des ursprünglichen Pachtvertrages mit vereinbart. Diese bewirkt indes nicht, dass der Vertrag nunmehr auf längere Zeit als bis zum 31. Dezember 2011 geschlossen ist, da die Kündigung von beiden Parteien jeweils erklärt werden kann, mithin keine einseitige Bindung des Verpächters an den Vertrag über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre eintritt (vgl. Staudinger/Emmerich (2014), § 550 Rz. 9).

2.

Der Pachtvertrag ist nicht durch die mit Schreiben vom 2. September 2013 erklärte Kündigung der Streithelfer zum 31. Dezember 2013 beendet worden.

Ein Recht zur Kündigung innerhalb einer Frist von drei Monaten setzte voraus, dass der Streithelfer zu 2. als Verpächter sich auf das am 4. Juni 2010 vereinbarte Sonderkündigungsrecht berufen kann, das mit einer Frist von „drei Monaten vor Fristablauf“ ausgeübt werden konnte. Als „Fristablauf“ ist ausgehend von der Vereinbarung vom 4. Juni 2010 (Bl. 59 d. A.) das Ende der Pachtzeit, der 31. Dezember 2011, anzusehen und – ausgehend von der Verlängerungsoption in Ziffer 2.2. des Pachtvertrages vom 1. Juli 1998, die durch die Aufrechterhaltung der „anderen Bestandteile des Vertrages“ Gegenstand der Vereinbarung vom 4. Juni 2010 geworden ist – jeweils der Zeitpunkt 3 Monate vor Ablauf eines jeden Pachtjahres.

Nach dem Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung, die den „Eigenbedarf“ erwähnt, lag ein Kündigungsrecht nicht vor. Das Gesetz sieht den „Eigenbedarf“ als außerordentlichen Kündigungsgrund ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 594a Abs. 1 BGB) für Landpachtverträge nicht vor. Die außerordentliche fristlose Kündigung oder die Kündigung unter Abkürzung der ordentlichen Frist regelt das Gesetz für den Landpachtvertrag in § 594 e Abs. 1 BGB nur unter den Voraussetzungen der §§ 543, 569 Abs. 1 und 2 BGB. Allerdings ist die Vorschrift abdingbar, zumal der Kündigungsgrund hier individuell vereinbart ist (vgl. Staudinger/Ulrich von Jeinsen, BGB (2013), § 594e Rz. 35). Eigenbedarf des Streithelfers zu 1., also die beabsichtigte Nutzung für sich oder Angehörige (vgl. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) war hier unstreitig nicht gegeben.

Im Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat weder davon überzeugt, dass die Parteien des Pachtvertrages übereinstimmend den Begriff des „Eigenbedarfs“ als Sonderkündigungsrecht bei Verkauf verwenden wollten, noch davon, dass der Geschäftsführerin der Beklagten bei Erhalt des Kündigungsschreibens vom 2. September 2013 bekannt war, dass die Eigenbedarfskündigung tatsächlich in Verkaufsabsicht erklärt worden war.

Der Umstand, dass die Beklagte sich mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 bereit erklärte, die Räumung nach Aberntung vorzunehmen, begründete daher auch keine wirksame einvernehmliche Beendigung durch Aufhebung des Pachtvertrages. Zwar ist die Umdeutung einer Kündigung in das Angebot zur Aufhebung des Vertrages zulässig, wenn dem Kündigungsschreiben zu entnehmen ist, dass mit einer Reaktion des Erklärungsempfängers gerechnet wird und eine entsprechende Reaktion erfolgt (BGH NJW 1981, 976; WM 1984, 171). Da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen ist, dass der Beklagten bei Entgegennahme der Kündigung die Verkaufsabsicht der Streithelfer bekannt war, konnten die Streithelfer nicht davon ausgehen, dass die Beklagte der Beendigung des Pachtvertrages zustimmte, unabhängig von der Frage, warum der Vertrag beendet wurde. Aus Sicht der Streithelfer war nämlich erkennbar, dass die Beklagte mit der Kündigung nicht einverstanden war, allerdings von einer berechtigten Kündigung ausging. Sie antwortete am 21. Oktober 2013: „...mit Bedauern bestätige ich Ihnen (...) den Erhalt der Kündigung (...). Gerne hätten wir das Pachtverhältnis mit Ihnen verlängert“ (Bl. 18 d. A.).

Die Geschäftsführerin der Beklagten erklärte in der Anhörung, dass die Streithelfer im Juni 2010 in ihrem Büro darum gebeten hätten, ein Sonderkündigungsrecht zu vereinbaren, da sie nach Beendigung des auf 12 Jahre geschlossenen Pachtvertrages eine längere Vertragsdauer nicht mehr vereinbaren wollten. Man habe sich auf eine kürzere Laufzeit bis zum 31. Dezember 2011 und die Möglichkeit der jährlichen Beendigung zum Ende des Pachtjahres, sowie auf ein Sonderkündigungsrecht wegen Eigenbedarfs geeinigt. Sie sei davon ausgegangen, dass die Streithelfer dann kündigen könnten, wenn sie die Flächen selbst bewirtschaften wollten. Ihr sei nicht bekannt gewesen, ob die Streithelfer Eigentümer weiterer Flächen waren. Ihr seien vergleichbare Klauseln aus Verträgen mit anderen Verpächtern bekannt, sie habe die Formulierung daher aufgenommen. Eindeutig habe sich das Kündigungsrecht nicht auf einen Verkauf der Flächen beziehen sollen. Mit ihr sei weder im Juni 2010 noch im August 2013 über einen beabsichtigten Verkauf gesprochen worden. Sie hätte anderenfalls ein eigenes Kaufangebot abgegeben. Erst im Frühjahr 2014 sei sie, etwa zeitgleich durch den Kläger und den Prozessbevollmächtigten der Streithelfer, über den Verkauf informiert worden.

Die Zeugin H… W… gab an, dass sie und ihr Ehemann im Sommer 2010 bei einem Besuch im Büro der Geschäftsführerin der Klägerin eindeutig erklärt hätten, dass sie nur noch kurze Pachtzeiten vereinbaren wollten, weil sie die verpachteten Flächen verkaufen wollten. Die Geschäftsführerin der Beklagten habe daraufhin die jährliche Kündbarkeit vorgeschlagen sowie die Vereinbarung eines Sonderkündigungsrechts wegen Eigenbedarfs in den Vertrag aufgenommen. Ihr, der Zeugin, sei die Bedeutung dieses Begriffs geläufig, sie hätte sich aber „nichts dabei gedacht“ und der Geschäftsführerin der Beklagten die Formulierung überlassen, da diese in geschäftlichen Dingen erfahrener sei. Tatsächlich habe sie dann vor Übersendung des Kündigungsschreibens mit ihr ein Telefonat geführt und mitgeteilt, dass sie jetzt einen Käufer habe. Frau We… habe darum gebeten, dass ihr eine schriftliche Kündigung übersandt werde. Was hinsichtlich der Bestellung der Flächen besprochen wurde, wisse sie nicht mehr genau.

Der Zeuge A… W… gab an, dass Anlass des Gesprächs mit der Geschäftsführerin der Beklagten im Juni 2010 sein Anliegen einer kurzfristigen Laufzeit des Pachtvertrages gewesen sei. Er meinte auch, dass in diesem Zusammenhang gegenüber der Geschäftsführerin die Verkaufsabsicht bereits erwähnt worden sei. Der Zeuge erklärte allerdings, dass er nur noch eine jährliche Verlängerung des Pachtvertrages vereinbaren wollte. Das zusätzlich zur jährlichen Kündigungsmöglichkeit eingeräumte Sonderkündigungsrecht gehe dagegen auf einen Vorschlag der Geschäftsführerin der Beklagten zurück. Warum sie diesen für die Beklagte mit erheblichen Nachteilen verbundenen Vorschlag unterbreitet habe, könne er nicht mehr angeben. Zur Vorbereitung der Kündigung im August 2013 erklärte er, nach seiner Kenntnis habe seine Ehefrau der Geschäftsführerin der Beklagten in einem Telefonat mitgeteilt, dass die Flächen verkauft werden sollten. Dies habe ihm seine Ehefrau telefonisch berichtet, nachdem sie mit der Geschäftsführerin der Beklagten gesprochen habe. Darüber, wann die Flächen übergeben würden, habe er mit seiner Ehefrau in diesem Telefonat nicht gesprochen. Er habe sich schließlich darauf eingelassen, dass die Pachtflächen erst nach Aberntung herausgegeben werden sollten, da er befürchtet habe, anderenfalls zum Schadensersatz verpflichtet zu sein.

Der Senat ist im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass die Angaben der Zeugen W… zutreffen, wonach ein von ihnen geplanter Verkauf des Grundstücks Anlass für die einvernehmliche vertragliche Vereinbarung des Sonderkündigungsrechts für Eigenbedarf gewesen und dass die Beklagte zudem telefonisch informiert gewesen ist, dass die im September 2013 übersandte Kündigung in Verkaufsabsicht erklärt wurde.

Die Zeugin H… W… war sich zwar sicher, die Verkaufsabsicht in dem Gespräch am 4. Juni 2010 erwähnt zu haben. Eine Schilderung des Gesprächsverlaufs vermochte sie jedoch nicht mehr abzugeben, insbesondere dazu, inwiefern die Formulierung des Eigenbedarfs als Kündigungsgrund thematisiert worden sei. Dabei räumte sie ein, dass ihr die Bedeutung des Begriffs geläufig gewesen sei, sie habe sich aber „nichts dabei gedacht“. Zwar lässt sich diese Schilderung der Zeugen W… damit in Einklang bringen, dass die Zeugen im Hinblick auf den Pachtvertrag auch zuvor mit wenig Interesse gehandelt hatten. So hatten sie sich etwa um die Person ihres Pächters keine Gedanken gemacht, solange der Pachtzins gezahlt wurde. Da die Zeugen die Beklagte allerdings im Juni 2010 zusammen nur aus dem einen Grund aufsuchten, dass eine andere vertragliche Formulierung vereinbart werden sollte, die eine kurzfristige Beendigung des Pachtverhältnisses ermöglichte, hält der Senat es für widersprüchlich, dass sie sich bei der Formulierung des Kündigungsrechts dann ausschließlich auf die Beklagte verließen, obwohl sie eine konkrete Vorstellung von dem zu regelnden Anlass einer kurzfristigen Kündigung gehabt haben wollen. Die Formulierung des Eigenbedarfs soll von ihnen aber weder hinterfragt, noch deren Bedeutung gegenüber der Beklagten klargestellt worden sein. Dass beide Vertragsparteien den Begriff des Eigenbedarfs entgegen dem Wortlaut auch auf den Verkauf erstrecken wollten, kann danach nicht angenommen werden.

Der Behauptung der Beklagten, dass die Streithelfer lediglich die Vereinbarung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs mit ihr vereinbart haben, stehen auch nicht die persönlichen Umstände der Streithelfer entgegen. Beide Streithelfer waren in einer LPG tätig und verfügen mithin über Berufserfahrungen in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Überdies waren die Streithelfer und die Geschäftsführerin der Beklagten vor dem Treffen im Juni 2010 auch nicht persönlich miteinander bekannt. Man traf sich vielmehr, wie sowohl die Geschäftsführerin der Beklagten als auch die Zeugen angaben, zum ersten Mal.

Die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Zeugin erstrecken sich auch auf die Frage, ob die Verkaufsabsicht der Streithelfer der Beklagten im August 2014 mitgeteilt wurde. Sie ergeben sich insbesondere daraus, dass die Anfrage der Beklagten nach dem Verkaufspreis, die Formulierung eines eigenen Angebots und die Frage nach dem Kaufinteressenten nahe gelegen hätten. Es soll nach der Schilderung der Zeugin W… aber insoweit keine Rückfragen der Geschäftsführerin der Beklagten gegeben haben. Auch erklärte die Zeugin W…, dass sie gehofft habe, keine schriftliche Kündigung schicken zu müssen, was, da das Kündigungsschreiben mit geringem Aufwand formuliert worden ist (Anlage B 1, Bl. 45 d. A.) darauf hindeutet, dass ihr selbst Zweifel am Vorliegen eines Kündigungsgrundes gekommen waren. Schließlich konnte die Zeugin auch nicht mehr im Detail angeben, was sie mit der Geschäftsführerin der Beklagten zur Frage der Neubestellung und Aberntung besprochen habe, so dass der Senat von einer aktuellen Erinnerung der Zeugin an den Gesprächsverlauf nicht überzeugt ist.

Der Zeuge A… W… hatte sich nach dem Eindruck des Senats persönlich weniger um die Vertragsgestaltung gekümmert. Auf den Vorhalt, dass die Möglichkeit einer jährlichen Beendigung des Pachtverhältnisses bereits durch die Bezugnahme in der Vereinbarung vom 4. Juni 2010 auf den Pachtvertrag vom 1. Juli 1998 gegeben sei und offen bleibe, warum die Beklagte von sich aus zusätzlich ein für sie nachteiliges Sonderkündigungsrecht, das die Streithelfer nicht gefordert hatten, hätte anbieten sollen, konnte er den Gesprächsverlauf nicht nachvollziehbar erläutern. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob der Zeuge W… sich an das Gespräch noch konkret erinnern kann, da seine Darstellung weder mit dem Vortrag der Streithelfer, noch mit der Schilderung seiner Ehefrau in Einklang zu bringen ist und die wirtschaftlichen Interessen der Beklagten gegen das von ihm geschilderte Geschehen sprechen. Die Vertragsparteien waren einander auch nicht persönlich verbunden, was die Beklagte zu einem besonderen Entgegenkommen den Streithelfern gegenüber hätte veranlassen können.

Hinsichtlich des Telefonates seiner Ehefrau mit der Geschäftsführerin der Beklagten im August 2014 hatte der Zeuge A… W… keine unmittelbaren eigenen Wahrnehmungen. Er gab an, seine Frau habe ihn angerufen und geschildert, dass sie der Beklagten angekündigt habe, eine Kündigung zu übersenden, da man einen Käufer habe. Sie habe nichts darüber berichtet, ob das Feld noch bestellt worden sei. Der Zeuge konnte nicht wiedergeben, was seine Frau sonst über die Reaktion der Geschäftsführerin der Beklagten bei dem Telefonat schilderte. Die Detailarmut der Schilderung sowie der Umstand, dass der Zeuge sich in seiner Aussage darauf beschränkte, den für die Streithelfer günstigen Umstand zu wiederholen, was seine Frau gegenüber der Beklagten erklärt haben soll, begründen die Zweifel des Senats, dass der Zeuge das Telefonat mit seiner Frau noch zutreffend und vollständig wiedergeben konnte.

Die erstinstanzlich vom Kläger vorgetragene Behauptung, der Zeuge L…, der Vater der Geschäftsführerin der Beklagten, habe in einem Telefonat im Sommer 2014 dem Kläger gegenüber erklärt, es sei ihm bekannt gewesen, dass die Zeugen W… das Grundstück veräußern wollten, hat der Zeuge im Rahmen seiner Vernehmung nicht bestätigt. Vielmehr gab er an, von dem Bestehen des Sonderkündigungsrechts und seiner Ausübung erst im Frühjahr 2014 Kenntnis erlangt zu haben, als seine Tochter von dem Grundstückserwerb durch den Kläger erfahren habe. Erst danach habe er auch mit dem Kläger telefoniert.

Die Berufung auf die Unwirksamkeit der Kündigung ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch nicht treuwidrig, da nicht festzustellen ist, dass die Streithelfer die Beklagte über den Grund der Kündigung zutreffend informierten. Die Streithelfer handelten dann ihrerseits pflichtwidrig.

3.

Die außerordentliche Kündigung kann auch nicht in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Die Umdeutung einer außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung ist nur dann zulässig, wenn sie entweder direkt hilfsweise ausgesprochen wird, oder wenn sich aus den Umständen für den Vertragspartner zweifelsfrei ergibt, dass der gekündigte Vertrag nach dem Willen der Vertragspartei in jedem Fall beendet werden soll (BGH NJW 1981, 976; ZIP 2003, 667, Tz. 20). Da sich aus der Kündigung keine Anhaltspunkte für die Motivation zur Kündigung ergaben, kann – weil die Beklagte keine Kenntnis davon hatte, was die wahren Beweggründe für die Kündigung waren – auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie den Willen der anderen Vertragspartei zur unbedingten Kündigung erkennen konnte. Dies ist dem Kündigungsgrund des Eigenbedarfs auch nicht „immanent“, wie der Kläger meint. Denn der Kündigung wegen Eigenbedarfs liegen keine Umstände zugrunde, die auf die Zerrüttung eines Vertrauensverhältnisses oder andere Gründe hindeuten, die aus Sicht des Verpächters in jedem Fall zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führen sollen, wie etwa bei einem Arbeitsverhältnis. Die Pächterin traf insoweit auch keine Verpflichtung zur Nachfrage.

Schließlich sind weder die Aufforderung zur Herausgabe durch den Klägervertreter gegenüber der Beklagten im Schreiben vom 20. März 2015 noch die Klageerhebung als Kündigung auszulegen. Eine weitere Kündigung ist im Verfahren nicht erklärt worden.

4.

Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen unterlassener Herausgabe der Flächen zum 1. Oktober 2014 ist, da die wirksame Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 1. Oktober 2014 aus den dargestellten Gründen nicht vorliegt, ebenso unbegründet.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltsgebühren zu, da die Aufforderung zur Räumung unberechtigt erfolgte.

5.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen (§543 Abs. 2 ZPO).

Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes beruht auf den §§ 41 Abs. 2 GKG, 3 ZPO, 47, 48 GKG. Für den Räumungsanspruch ist die Jahrespacht von 1.307,09 € maßgeblich. Der Anspruch auf Schadensersatz ist ausgehend von der behaupteten Jahrespacht von 350 € / ha auf insgesamt 5.414,64 € jährlich zu bemessen, abzüglich 20 % wegen der Beschränkung des Anspruchs auf Feststellung, mithin 4.331,71 €. Berechnet auf zwei Jahre ergibt sich ein Betrag von 8.662,42 €.