Gericht | VG Potsdam 2. Kammer | Entscheidungsdatum | 24.02.2011 | |
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Aktenzeichen | 2 K 832/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 48 BeamtenStG, § 44 Abs 1 LBG, § 35 Abs 1 StVO, § 35 Abs 8 StVO, § 38 Abs 1 StVO, § 38 Abs 2 StVO |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Beklagte nimmt den Kläger wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger ist Polizeimeister im Dienst des beklagten Landes. Er befuhr am 30. September 2004 gegen 9.30 Uhr als Führer des Dienstfahrzeugs, Mercedes Benz, Sprinter, amtliches Kennzeichen …, gemeinsam mit dem Polizeimeister ... die ... in Potsdam in Richtung ... . Als sie etwa noch 50 Meter von der Ampelkreuzung ... / ... bzw. ... entfernt waren, beobachteten die Beamten einen PKW, Typ BMW, der die Kreuzung in Richtung ... beim Lichtzeichen „Rot“ überfuhr. Der Kläger erwog, diesen PKW zum Zwecke der Verkehrskontrolle zu verfolgen. Seine vor ihm liegende Fahrspur war frei. Er schaltete das Blaulicht ein, überquerte langsam die auf „Rot“ stehende Ampel und fuhr in den Kreuzungsbereich ein. Im Bereich der Straßenbahnschienen hielt er an, um das Signalhorn einzuschalten. Er bediente den Einschaltknopf des Signalshorns, welches jedoch nicht sofort funktionierte. Erst nach nochmaliger Betätigung des Einschaltknopfes setzte es sich in Gang.
Zu dieser Zeit befuhr der PKW, Opel, amtliches Kennzeichen …, die Querstraße „…“ in Richtung ... . Die Ampel in seiner Richtung zeigte grünes Licht. Im Kreuzungsbereich kollidierte der Opel mit dem Dienstfahrzeug des Klägers. Der Opel überschlug sich und kam auf dem Fahrzeugdach zum Stillstand. Der Streifenwagen erlitt einen Frontschaden, seine Airbags blieben unausgelöst. Die Fahrerin des Opels erlitt Schnittwunden und eine Schädelprellung. An ihrem Fahrzeug entstand ein Totalschaden, den der Beklagte in vollem Umfang ersetzte.
Ein gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung wurde nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt. Gegen ihn wurde ein Bußgeld in Höhe von 35 Euro verhängt, weil er das Sonderrecht nicht mit der gebührenden Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeübt habe. Ein Disziplinarverfahren wurde nicht gegen ihn eingeleitet.
Mit Schreiben vom 1. August 2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er beabsichtige, ihn wegen des grob fahrlässig verursachten Sachschadens am Dienstfahrzeug in Höhe von 8.651,20 Euro in Anspruch zu nehmen und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Zur Begründung verwies er darauf, dass der Kläger bei „Rot“ und ohne Einsatzhorn in den Kreuzungsbereich eingefahren sei. Die Unfallgeschädigte und alle Zeugen des Ermittlungsverfahrens hätten bekundet, das Einsatzhorn nur ein bis zwei mal wahrgenommen zu haben. Das Horn sei im allerletzten Augenblick vor dem Unfall eingeschaltet worden. Den anderen Verkehrsteilnehmern sei es daher unmöglich gewesen, sich auf die Sondersituation angemessen einzustellen. Blaulicht und Einsatzhorn zusammen dürften nach § 38 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) nur bei höchster Eile zur Rettung von Menschenleben, zur Abwehr von gesundheitlichen Schäden oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie zur Verfolgung flüchtiger Personen oder zur Erhaltung bedeutender Sachwerte verwendet werden.
Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 9. August 2006 dazu. Wegen des Inhalts jenes Schreibens wird ergänzend auf den Verwaltungsvorgang Bezug genommen (Blatt 110 ff des Verwaltungsvorgangs).
Nach Zustimmung des zuständigen Personalrats nahm der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 27. November 2006 (Zugang 30. November 2006) gemäß § 44 Landesbeamtengesetz (LBG) wegen des Schadens in Höhe von 8.651,20 Euro in Anspruch. Zur Begründung führte er ergänzend aus, die Sonderrechte dürften nur in Anspruch genommen werden, wenn dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten sei, §§ 35 Abs. 1 und 38 Abs. 1 StVO. Die hier beabsichtigte Verfolgung des Rotlichtverstoßes stehe in keinem Verhältnis zu der Gefährdung für die höchsten Rechtsgüter Leben und Gesundheit aller anderen Verkehrsteilnehmer. Die erforderliche Sorgfalt sei vom Kläger in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch ein und begründete diesen mit Schreiben vom 29. Januar 2007. Der Entschluss des Klägers, die Kreuzung zu befahren sei nicht pflichtwidrig. Die zu verfolgende Verkehrsordnungswidrigkeit des BMW-Fahrers sei massiv und erheblich gefährdend gewesen. Verfolgungsmaßnahmen unter der Nutzung von Sonderrechten seien vor allem zulässig, wenn - wie hier - ein Verkehrsteilnehmer versuche, sich der Kontrolle durch Flucht zu entziehen. Die vom Beamten vorzunehmende Abwägung zwischen der Schwere des Verkehrsverstoßes und der möglichen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit stehe im Ermessen des Beamten. Diesen Ermessenspielraum habe der Kläger zulässig ausgeschöpft und sei vorsichtig in den Kreuzungsbereich eingefahren.
Das Einsatzhorn sei nicht zu spät eingeschaltet worden. Die Bedienung der mittig liegenden Schaltkonsole erfordere Erfahrung und Übung, die dem Kläger als überwiegendem Kradfahrer fehle. Nach dem Entschluss zur Verfolgung habe der Kläger sofort das Blaulicht eingeschaltet. Der Kläger habe an der Haltelinie angehalten, um den Bereich einzusehen. Er habe bemerkt, dass das Horn nicht in Betrieb sei und den rechten Einschalttaster der Konsole gedrückt. Zugleich sei er langsam in die Mitte gefahren, um an den Schienen noch mal anzuhalten. Da er davon habe ausgehen können, dass sein Fahrzeug ausreichend wahrgenommen worden sei, sei er langsam angefahren. Kurz darauf sei von rechts ungebremst der PKW Opel gekommen. Der Kläger habe gebremst, doch sei es zur Kollision gekommen. Die verzögerte Einschaltung des Einsatzhorns sei hier also besonderen Umständen geschuldet und nicht grob fahrlässig. Auch treffe die Unfallgegnerin zumindest eine Mitschuld.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2007, zugestellt am 12. April 2007, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte er die Ausführungen aus dem Anhörungsschreiben. Vertiefend führte er aus, die Nutzung des Sonderwegerechts erfordere den Einsatz von Blaulicht und Signalhorn, § 38 Abs. 1 StVO und sei auch nur bei höchster Eile geboten. Gemäß § 35 Abs. 8 StVO dürfe das Wegerecht nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden. Der Fahrer dürfe seine Fahrt daher nur fortsetzen, wenn er sich vergewissert habe, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer ihn wahrgenommen und ihm freie Bahn eingeräumt hätten. Hätte der Kläger dies tatsächlich getan, so hätte er den Wagen der Unfallgegnerin wahrnehmen müssen. Das Verhalten des Klägers weise eine gesteigerte Risikobereitschaft aus, die angesichts des möglichen Schadensausmaßes den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertige.
Mit der am 27. April 2007 erhobenen Klage wiederholt der Kläger sein Vorbringen aus der Widerspruchsbegründung und ergänzt: Soweit sich sein Verfolgungsentschluss rückblickend tatsächlich als unverhältnismäßig darstelle, liege allenfalls ein „Augenblicksversagen“ vor, da er, im Dienst befindlich, eine sofortige Entscheidung habe treffen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 27. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor: Der Unfallgegnerin könne nicht vorgeworfen werden, das Einsatzfahrzeug zu spät bemerkt zu haben. Sie habe in der Grünphase grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, freie Fahrt zu haben. Zudem habe sie zu wenig Zeit gehabt, sich auf die Sondersituation einzustellen, weil das Einsatzhorn nur 1-2 Mal zu hören gewesen sei. Zudem habe nicht tatsächlich eine Flucht des Verkehrssünders vorgelegen, denn dieser habe den 3 bis 4 Wagenlängen hinter ihm fahrenden Streifenwagen vermutlich gar nicht wahrgenommen.
Im Zuge des Bußgeldverfahrens wurden neben dem Beifahrer und der Unfallgegnerin weitere sechs Zeugen vernommen. Zum Inhalt dieser Zeugenaussagen sowie wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Beklagten (1 Ordner) ergänzend Bezug genommen.
Die gemäß § 113 Abs 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) als Anfechtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 27. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger ist zum Ersatz des am Dienstfahrzeug entstandenen Schadens verpflichtet.
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides ist § 44 Abs. 1 Satz 1 LBG (entsprechend § 48 Beamtenstatusgesetz) in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchs gültigen Fassung (Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1999 (GVBl. I S. 446), zuletzt geändert durch 6. ÄndG v. 22. Juni 2005 (GVBl. I S. 214)). Danach hat ein Beamter, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hier hat der Kläger seine Dienstpflichten verletzt, indem er das Einsatzhorn zu spät einschaltete. Er ist unter Verstoß gegen die Bestimmungen des § 35 Abs. 1, 8, § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7 und § 38 Abs. 1 und 2 StVO in eine in seiner Fahrtrichtung durch Rot-Signal gesperrte Kreuzung mit nur dem Sondersignal „Blaues Blinklicht“ eingefahren, ohne sich dabei zugleich des das besondere Wegerecht gewährenden Einsatzhorns (§ 38 Abs. 1 StVO) zu bedienen und sich hinreichend zu versichern, dass die anderen Verkehrsteilnehmer tatsächlich nicht gefährdet werden.
Nach den, die Angaben im replizierenden Schriftsatz vom 21. September 2007 des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestätigenden, Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2011 steht unstreitig fest, dass er das Einsatzhorn erstmalig einschaltete (bzw. versuchte einzuschalten), als er bereits bis zu den Straßenbahnschienen in die für ihn durch Rot gesperrte Kreuzung eingefahren war. Damit verletzte der Kläger im hier vorliegenden (Einzel-) Fall die ihm aus der Straßenverkehrsordnung obliegenden Dienstpflichten.
Zwar ist die Polizei gemäß § 35 Abs. 1 StVO von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist. Eine solch dringende Aufgabenerfüllung mag hier die Verfolgung des Rotlichtsünders möglicherweise gewesen sein. Gleichwohl dürfen die Sonderrechte des § 35 Abs. 1 StVO nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden, § 35 Abs. 8 StVO.
Soll eine Kreuzung unter Inanspruchnahme des Sonderwegerechts bei Rot passiert werden, muss der Fahrer daher in Rechnung stellen, dass andere Verkehrsteilnehmer die Sondersignale nicht oder nicht rechtzeitig wahrnehmen und mit hoher Geschwindigkeit herannahen. Die damit verbundene Kollisionsgefahr ist unter allen Umständen zu vermeiden. Das Wegerecht berechtigt nicht zu einer Gefährdung oder gar Schädigung anderer Verkehrsteilnehmer.
OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. September 1997 - A 3 S 164/96 -, Juris.
Blaues Blinklicht allein darf dabei gemäß § 38 Abs. 2 StVO grundsätzlich nur zur Warnung verwendet werden, gebietet den übrigen Verkehrsteilnehmern aber gerade nicht, dem blinkenden Fahrzeug freie Fahrt einzuräumen. Nur die Verwendung von blauem Blinklicht und Einsatzhorn zusammen ordnet gemäß § 38 Abs. 1 S. 2 StVO an, dass die anderen Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn zu schaffen haben, setzt deren Vorfahrtsberechtigung mithin vorübergehend außer Kraft.
Die verspätete Benutzung des Einsatzhorns erfolgte auch grob fahrlässig. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, oder wer schon die einfachsten, ganz nahe liegenden Überlegungen nicht anstellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die grobe Fahrlässigkeit nicht nur danach bemisst, dass das Verhalten, das zu dem Schaden geführt hat, objektiv grob fehlerhaft ist, sondern auch danach, ob der Schädiger sich subjektiv über Gebote und Einsichten hinweggesetzt hat, die sich ihm in der konkreten Situation hätten aufdrängen müssen.
VG München, Urteil vom 30. März 1999 - M 5 K 97.460 -, Rn 30, Juris, m. w. N.; auch BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 - IV a ZR 57/88 -, NJW 1989, 1354, 1355; Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 -; OLG Brandenburg, Urteil vom 25. September 2002 - 14 U 40/02 -.
Gemessen an diesem Maßstab war es auch in subjektiver Hinsicht grob fahrlässig, dass der Kläger das Einsatzhorn erst betätigte, als er sich schon auf der Kreuzung befand, anstatt dies bereits vor der Überfahrt der Ampel zu tun. Nach seinen Einlassungen war er allenfalls noch knapp 50 Meter von der roten Ampel entfernt, als er sich entschloss, diese zu überfahren. Auch wenn er sich, wie in der mündlichen Verhandlung bekundet, tatsächlich nicht sofort zur Verfolgung des Rotlichtsünders entschlossen haben sollte, sondern erst schauen wollte, ob sich eine Verfolgung „lohne“, war er doch zumindest entschlossen, die rote Ampel zu überfahren. Diesem Entschluss war notwendig immanent, dass er, der Kläger, das Vorfahrtsrecht etwa vorhandenen Querverkehrs würde missachten bzw. würde vorübergehend außer Kraft setzen müssen.
Das Überfahren einer Kreuzung birgt hohe Gefahren, insbesondere wenn sie für den Verkehrsteilnehmer durch rotes Ampellicht gesperrt ist. Deshalb sind auch besonders hohe Anforderungen an jenen Verkehrsteilnehmer zu stellen.
VG München, Urteil vom 30. März 1999 - M 5 K 97.460 -, Rn 39, Juris.
Gerade dem Kläger als Polizeivollzugsbeamten muss dabei bewusst sein, dass er von seinem Sonder- und Wegerecht nur unter äußerster Vorsicht und erst nach rechtzeitiger und ausreichender Ankündigung Gebrauch machen darf.
Dass der Kläger angesichts dieser offensichtlichen Gefahrgeneigtheit seines beabsichtigten Handelns in nur knapp 50 Meter Entfernung zur roten Ampel die Signale Blaulicht und Einsatzhorn nicht von vornherein gemeinsam betätigte, begründet einen auch subjektiv besonders schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß. Denn es ist evident und hätte jedem einleuchten müssen, dass die Zeit für den bevorrechtigten fließenden Querverkehr zu knapp ist, um sich akustisch, visuell und in der Fahrweise darauf einzustellen, wenn das Einsatzhorn erst auf der Kreuzung im Gefahrenbereich selbst eingeschaltet wird.
Subjektiv entlastende Umstände sind nicht vorhanden. Ein vernünftiger Grund, aufgrund dessen der Kläger die beiden Sondersignale Blaulicht und Einsatzhorn getrennt voneinander schalten musste, ist nicht ersichtlich. Eine erfolgreiche Verfolgung des Verkehrssünders wäre ohnehin nur bei erheblicher Eile und, trotz der gebotenen Vorsicht, nur mit größtmöglicher Beschleunigung möglich und sinnvoll gewesen. Welcher vernünftige Nutzen hier darin gelegen haben soll, erst schrittweise fahrend nur mit Blaulicht allein bis zur Mitte der Kreuzung zu fahren, um dann, nach Vergewisserung davon, dass die übrigen Verkehrsteilnehmer halten, mit Einsatzhorn und Blaulicht den Rest der Kreuzung zu passieren, ist weder vorgetragen noch ersichtlich; erscheint einer erfolgversprechenden Verfolgung sogar eher kontraproduktiv. Im Einzelfall mögen für solch eine getrennte Betätigung so kurz vor einer roten Ampel zwar Rechtfertigungsgründe vorstellbar sein, so z. B. wenn notwendig verdeckte Ermittlungen u. ä. dies evtl. gebieten. Hier ergeben sich diesbezüglich jedoch keine subjektiv entlastenden Anhaltspunkte.
Dass der Kläger nach seinem Bekunden nur schrittweise fuhr, entlastet ihn ebenfalls nicht. Auch dann obliegt ihm, erst recht bei Nutzung des Blaulichts allein, die Pflicht bei Überfahrung der roten Ampel eine Gefährdung Anderer zu vermeiden. Die anderen Verkehrsteilnehmer müssen nämlich nicht damit rechnen, dass ein Einsatzfahrzeug nur mit blauem Blinklicht ohne Einsatzhorn bei Rot durchfährt.
Vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl. 2010, § 38 Rn 6, m. w. N.
Aus diesem Grund trifft die Unfallgegnerin auch kein Mitverschulden, zumal die Klägerin das Horn unstreitig höchstens zwei Mal vernehmen konnte, bevor es zu der Kollision kam.
Schließlich entlastet den Kläger auch nicht, dass der Einschaltknopf des Einsatzhorns möglicherweise erst nach wiederholter Bedienung funktionierte, denn bereits der erste Einschaltversuch auf der Kreuzung war - wie dargelegt - grob fahrlässig zu spät.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe, die Berufung gemäß §§ 124 Abs. 2, 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes auf 8.651,20 Euro festgesetzt.