Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Schulrecht

Schulrecht


Metadaten

Gericht VG Potsdam 12. Kammer Entscheidungsdatum 02.08.2012
Aktenzeichen 12 L 307/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zum Besuch der Sekundarstufe I der ... -Gesamtschule mit Beginn des Schuljahres 2012/13 aufzunehmen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers vom 15. Juni 2012,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, ihn zum Schuljahr 2012/13 vorläufig in der Jahrgangsstufe 7 aufzunehmen,

ist zulässig und begründet:

Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch in diesem Sinne glaubhaft gemacht. Der anhängige Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. April 2012 dürfte nach summarischer Prüfung Erfolg haben, weil der Antragsteller voraussichtlich einen Anspruch auf Aufnahme in die Jahrgangsstufe 7 der ... -Gesamtschule in Kleinmachnow besitz. Zwar ist nach den glaubhaft gemachten Angaben der Antragsgegnerin die Kapazität der ... Gesamtschule mit der Aufnahme von insgesamt 102 Schülerinnen und Schülern zum Schuljahr 2012/13 erschöpft. An der Schule werden nach den Festlegungen des Schulträgers 4 Klassen der Jahrgangsstufe 7 eingerichtet. In 2 dieser Klassen sollen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden, so dass die Klassenstärke dort gemäß § 8 Abs. 2 Sonderpädagogikverordnung mit maximal 23 Schülerinnen und Schülern bemessen ist. Die verbleibenden beiden Klassen sind für jeweils 28 Schülerinnen und Schüler vorgesehen. Bei der Berechnung dieser Kapazität ist zu berücksichtigen, dass die zur Verfügung stehenden Räume 49,059 bzw. 54 qm groß sind und bei der Antragsgegnerin das sog. Fachraumprinzip praktiziert wird, d.h. dass die Schüler keine festen Klassenräume haben, sondern je nach Unterrichtsfach die jeweiligen Fachräume aufsuchen. Da jede Klasse somit auch in einem Raum mit einer Größe von 49 qm unterrichtet werden muss, ergibt sich die Begrenzung auf 28 Schülerinnen und Schüler. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, von diesem ihrer Ansicht nach bewährten Prinzip abzurücken, besteht nicht. Von diesen 102 Plätzen wird ein Platz für einen Wiederholer benötigt, so dass sich eine Aufnahmekapazität von 101 Schülerinnen und Schülern ergibt.

Der Antragsteller hat grundsätzlich auch keinen Anspruch darauf, unter Überschreitung von bestehenden Kapazitäten in die Jahrgangsstufe 7 der Schule aufgenommen zu werden. Zwar gewähren sowohl das Elternrecht aus Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) und Artikel 27 Abs. 2 und Artikel 30 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV), als auch das durch Artikel 12 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte die freie Wahl zwischen unterschiedlichen Bildungswegen, die der Staat in der Schule zur Verfügung stellt, und damit auch ein Recht auf Zulassung zu einer Schule der gewählten Schulform (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 1972 - 1 BvR 230/70 und 95/71 -, BVerfGE 34, 165, 184). Die genannten Vorschriften gewähren aber keinen einklagbaren Anspruch auf die Schaffung neuer bzw. die Erweiterung vorhandener Kapazitäten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 2. Oktober 1998 - 1 B 41/98 - NVwZ 2001, 912; OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 2. Oktober 1998 - 1 B 121/98-).

Jedoch darf das Wahlrecht der Eltern zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten Schulformen nicht mehr als notwendig begrenzt werden. Art. 29 Abs. 3 LV gewährleistet einen Anspruch auf den gleichen Zugang zu den vorhandenen Schulplätzen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 24. August 1998 - VfGBbg 41/91 - , 15 f.).

Im Rahmen der sich aus Artikel 7 Abs. 1 GG ergebenden Befugnis des Staates, das Schulsystem zu bestimmen, kann indessen die Aufnahme des Kindes in die unterschiedlichen Bildungswege an konkrete Zulassungsvoraussetzungen geknüpft werden, deren Festsetzung im einzelnen Sache der Länder ist. Das Wahlrecht der Eltern zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten Schulformen darf dadurch jedoch nicht mehr als unbedingt erforderlich eingeschränkt werden (vgl. BVerfG, a. a. O.).

Von diesen Grundsätzen ausgehend, hat der Landesgesetzgeber die Aufnahme von Schülern in eine weiterführende allgemeinbildende Schule in den §§ 50, 53 Brandenburgisches Schulgesetz (BbgSchulG) konkretisiert und der Minister für Bildung, Jugend und Sport für das Land Brandenburg das Aufnahmeverfahren auf Grund der Ermächtigung des § 56 BbgSchulG durch die der Verordnung über die Bildungsgänge in der Sekundarstufe I (Sekundarstufe I-Verordnung - Sek I-V -) im Einzelnen ausgestaltet.

Dies bedeutet, dass im Rahmen der vorhandenen Schulplätze der Wunsch der Erziehungsberechtigten nicht nur bei der Festlegung des Schulzweiges und der Schulform (Oberschule, Gymnasium, Gesamtschule), sondern auch hinsichtlich der konkreten Schule innerhalb des Schulzweiges bestimmend ist. Wird die Aufnahmekapazität der gewählten Schule überschritten, so werden die Schülerinnen und Schüler in einem Auswahlverfahren ausgewählt.

Bei der ... -Gesamtschule handelt es sich um eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe (Gesamtschule). Nach § 53 Abs. 3 Satz 7 BbgSchulG erfolgt die Aufnahme an Gesamtschulen zu einem Drittel der Aufnahmekapazität für den Bildungsgang zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife nach dem Vorrang der Eignung gemäß § 53 Abs. 5 Satz 4 bis 6 BbgSchulG und zu zwei Dritteln der Aufnahmekapazität entsprechend dem Aufnahmeverfahren an Oberschulen. Die näheren Einzelheiten des Aufnahmeverfahrens an Gesamtschulen richten sich nach § 32 Sek I-V. Danach werden bis zu einem Drittel der Plätze an Schülerinnen und Schüler vergeben, die den Bildungsgang zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife (AHR) gewählt haben, wenn die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität einer Gesamtschule übersteigt. Das Auswahlverfahren für diese Schülerinnen und Schüler wird entsprechend § 43 Sek I-V durchgeführt (§ 32 Satz 2 Sek I-V). Eine Eignungsfeststellung gemäß § 41 sowie eine Eignungsprüfung gemäß § 32 erfolgen nicht (§ 32 Satz 3 Sek I-V). Das Aufnahmeverfahren für die verbleibenden Plätze wird entsprechend den §§ 49 und 50 Sek I-V für Schülerinnen und Schüler durchgeführt, die den Bildungsgang zum Erwerb der Fachoberschulreife und der erweiterten Berufsbildungsreife gewählt haben (§ 32 Satz 5 Sek I-V).

Maßgebliches Kriterium für die Zuordnung zu den Plätzen für die jeweiligen Bildungsgänge der Gesamtschule ist der Wunsch der Eltern, dass ihr Kind den von ihnen ausgewählten Bildungsgang besucht. Dies entspricht der gesetzlichen Grundentscheidung in § 53 Abs. 1 Satz 2 BbgSchlG zur Gewährleistung der vorrangigen Rechtsstellung der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Eine Vergabe der begrenzten Anzahl der Plätze nach der Empfehlung des Grundschulgutachtens, wenn diese vom Elternwunsch abweicht, wäre deshalb fehlerhaft (Beschluss der Kammer vom 3. September 2008 – 12 L 370/08).

Die Eltern des Antragstellers haben für ihn den Bildungsgang Realschulabschluss/Fachoberschulreife gewünscht. Die Antragsgegnerin hat das nach § 53 Abs. 2 BbgSchulG i. V. m. §§ 32, 43, 49, 50 Sek I-V notwendige Auswahlverfahren durchgeführt von den ermittelten 101 Plätzen nach eigenen Angaben 29 Plätze in der Gruppe Allgemeine Hochschulreife (einschließlich Härtefällen) und 57 Plätze in der Vergabegruppe Fachoberschulreife/erweiterte Berufsbildungsreife vergeben. 1 Platz ist durch einen Wiederholer besetzt worden.

Nach § 53 Abs. 3 Satz 7 i. V. m. Satz 6 BbgSchulG und § 32 Satz 4 i. V. m. § 50 Satz 4 bis 6 Sek I-V erfolgt die Verteilung der Plätze, die auf die Bildungsgänge Fachoberschulreife/Allgemeine Berufsbildungsreife entfallen nach der Nähe der Wohnung zur Schule. Bis zu 50 vom Hundert der Plätze können nach besonderen Gründen vergeben werden. Hier sind von den 57 ermittelten freien Plätzen 24 nach besonderen Gründen und 27 nach der Wohnortnähe vergeben worden.

Die Kammer hat allerdings – auch unter Berücksichtigung dieses Verfahrens - Zweifel, ob die maßgeblichen Bestimmungen des Brandenburgischen Schulgesetzes und der Verordnung zur Sekundarstufe I mit dem Verweis auf „besondere Gründe“ hinreichend bestimmt sind. Nach Art. 20 Abs. 3 GG bedürfen wesentliche Entscheidungen der Verwaltung einer gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 – BVerfGE 98, 218). Dies gilt auch im Schulrecht, wenn das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 GG und aus Art. 27 Abs. 2 und Art. 30 Abs. 4 LV sowie die Rechtsstellung aus Art. 12 Abs. 1 GG bei der Wahl zwischen unterschiedlichen Bildungsgängen berührt sind (vgl. Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht Band 1 Schulrecht, 4. Aufl. Rdnr. 56). Die nach Art. 7 Abs. 1 GG dem Staat zugewiesenen Befugnisse und Aufgaben zur Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesen ermächtigt die Schulverwaltung nicht zu einer gesetzesfreien Ausgestaltung des Schulverhältnisses (BVerwG, Urteil vom 15. November 1974 – 7 C 12.74 –, BVerwGE 47, 201). Es kann dahinstehen, ob der Gesetzgeber verpflichtet ist, die „besonderen Gründe“ bereits im Schulgesetz näher zu definieren, wie er dies in § 53 Abs. 4 BbgSchulG für „besondere Härtefälle“ getan hat, denn auch in der gemäß § 56 BbgSchulG ergangenen Rechtsverordnung findet sich eine nähere Bestimmung der „besonderen Gründe“ nicht. Solche Hinweise sind lediglich in einer Verwaltungsvorschrift enthalten, die zudem sehr offen formuliert ist. Es ist mithin den Schulen im Ergebnis selbst überlassen, für die Auswahl von bis zu einem Drittel der Schülerinnen und Schüler, die an der Gesamtschule aufgenommen werden, die Aufnahmekriterien zu bestimmen. Die Entscheidung, ob der Gesetzgeber oder jedenfalls der Verordnungsgeber im Lichte der betroffenen Grundrechte durch Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „besondere Gründe“ die Kriterien für die Auswahl der Schülerinnen und Schüler bei erschöpfter Kapazität für bis zu einem Drittel der Plätze den Gesamtschulen überlassen darf oder ob er dies jedenfalls in Grundzügen selbst regeln muss, stellt aber eine schwierige Rechtsfrage dar, die einem eventuellen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss, so dass die Kammer für das einstweilige Rechtsschutzverfahren von der Anwendbarkeit einer Verteilung nach „besonderen Gründen“ ausgeht.

Darauf kommt es letztlich aber auch nicht an, denn die Verteilung nach „besonderen Gründen“ ist hier jedenfalls teilweise fehlerhaft erfolgt. In einem Umfang von 18 der auf diese Gruppe entfallenden 24 Plätze ist die Antragsgegnerin nach Ziffer 18 Nr. 2 der Verwaltungsvorschrift zur Sekundarstufe I-Verordnung verfahren. Danach liegen besondere Gründe insbesondere vor, wenn die persönlichen Voraussetzungen dem Angebot der Schule besonders entsprechen. Zu diesem Zweck hat die Antragsgegnerin für die Schülerinnen und Schüler, deren Eltern den Wunsch für den Bildungsgang Fachoberschulreife/Berufsbildungsreife angegeben hatten, einen Rangliste auf der Basis von Punkten erstellt. Dabei gingen zu 50 % die erreichten Leistungen in Form der Zensuren in die Wertung, die anderen 50 % wurden auf der Basis des Grundschulgutachtens eingebracht. Durch die bewerteten Leistungen und die dahinter stehenden Kompetenzen, Lernumstände, das Arbeitsverhalten und die Begabung sollte ein aussagekräftiges Instrument geschaffen werden, sollte erreicht werden, Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, die aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen eine Entwicklung zum FORQ-Abschluss und damit zum Übergang in die Klasse 11 prognostizieren ließen. Die in der Vergabegruppe Allgemeine Hochschulreife aufgenommene Zahl von Schülerinnen und Schülern ließe prognostisch keine Bildung eines Oberstufenjahrgangs in der 11. Klasse zu. Diese für sich genommenen nachvollziehbaren Kriterien stehen aber mit dem Brandenburgischen Schulgesetz in Verbindung mit der Verordnung zur Sekundarstufe I in Widerspruch. Durch die Berücksichtigung der Zeugnisnoten und sonstiger Beurteilungen zur Leistung und Eignung der Schülerinnen und Schüler im Grundschulgutachten hat die Antragsgegnerin für die betroffenen 18 Plätze eine Vergabe nach dem Vorrang der Eignung vorgenommen. Dieses Verfahren ist in § 53 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 5 BbgSchulG aber der Auswahl an Gymnasien bei der Nachfrage vorbehalten. An Gesamtschulen erfolgt die Aufnahme nach § 53 Abs. 3 Satz 7 BbgSchulG nur zu einem Drittel der Aufnahmekapazität nach dem Vorrang der Eignung. Zu den weiteren zwei Dritteln soll die Aufnahme nach dem Aufnahmeverfahren an Oberschulen erfolgen. Die Auswahl an Oberschulen ist wiederum in § 53 Abs. 3 Satz 5 und 6 BbgSchulG geregelt. Die dort abschließend aufgezählten Kriterien sind besondere Härten, die Nähe der Schule zur Wohnung und bis zu 50 von 100 „besondere Gründe“.

Wie bereits dargestellt geben weder der Gesetzgeber noch der Verordnungsgeber Hinweise über die Auslegung des Rechtsbegriffs der „besonderen Gründe“. Aus der Abgrenzung zwischen dem Verfahren für den Bildungsgang Allgemeine Hochschulreife und den übrigen Bildungsgängen ergibt sich aber, dass Eignungskriterien lediglich beim Bildungsgang Allgemeine Hochschulreife Berücksichtigung finden sollen. Auch wenn man die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 50 Sek I-V zugrunde legen wollte, die allerdings das Gericht nicht binden, lässt sich ersehen, dass bei der Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs Elemente von Leistung und Eignung keine Rolle spielen sollen. Eine andere Auslegung würde auch dem Primat des Wunsches der Eltern für einen Bildungsgang (§ 53 Abs. 1 BbgSchulG, § 32 Satz 1 und Satz 4 Sek I-V) widersprechen. Entgegen dem Wunsch der Schule, diese Schülerinnen und Schüler zur allgemeinen Hochschulreife zu führen, haben die betroffenen Eltern eine Ausbildung in den Bildungsgängen Fachoberschulreife/Allgemeine Berufsbildungsreife und damit auch einen entsprechenden Abschluss gewünscht.

Nach § 53 Abs. 4 Satz 7 i. V. m. Satz 6 BbgSchulG können in einem Anteil von bis zu 50 vom Hundert der auf die Bildungsgänge Fachoberschulreife und Allgemeine Bildungsreife entfallenden Plätze nach besonderen Gründen vergeben werden. Ist aber das Vergabeverfahren in dieser Gruppe – wie hier – jedenfalls sind teilweise fehlerhaft erfolgt, verbleibt es für die Auswahl für die darauf entfallenden Plätze (hier 18) bei dem Kriterium der Nähe der Wohnung zur Schule (§ 53 Abs. 3 Satz 5 Nr. 2 i. V. m. Satz 7 BbgSchulG). Dabei ist allerdings festzustellen, dass auch das Vergabeverfahren nach diesem Vergabekriterium an der ... -Gesamtschule fehlerhaft erfolgt ist. Die dazu erstellte Rangliste ist nach Ermittlung der Luftlinie zwischen Wohnung und Schule erfolgt. In § 50 Abs. 5 Sek I-V ist geregelt, dass die Nähe der Wohnung zur Schule unter dem Gesichtspunkt der Schulwegzeit oder der Entfernung bestimmt wird. Der Verordnungsgeber wollte danach den tatsächlichen Schulweg der Schülerinnen und Schüler zur Berücksichtigung heranziehen, wobei ein Wahlrecht zwischen den Kriterien der aufzuwendenden Zeit und der zu absolvierenden Strecke für den Schulweg besteht. Bei einer Berücksichtigung der Luftlinie zwischen Wohnung und Schule könnten dabei diese nachvollziehbaren Kriterien verfehlt werden. Dies zeigt gerade das Beispiel Kleinmachnow, wo das Einzugsgebiet der Schule durch den Teltow-Kanal und dem Machnower See geteilt wird. Angesichts der nur wenigen vorhandenen Möglichkeiten, dieses Hindernis zu überqueren, können sich zwischen einer Bemessung nach Luftlinie und dem realen Schulweg erhebliche Abweichungen ergeben.

Die Kammer hat der Antragsgegnerin daher aufgegeben, eine neue Liste nach der Entfernung zwischen Schule und Wohnung einzureichen. Auf dieser Liste befindet sich der Antragsteller bei einer Entfernung von 3000 m zwischen Wohnung und Schule auf dem Platz 41 der Bewerberinnen und Bewerber aus den Bildungsgängen Fachoberschulreife/Allgemeine Berufsbildungsreife.

Der Antragsteller kann zwar durch das angestrengte gerichtliche Verfahren nicht besser gestellt werden, als er in einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren gestanden hätte. Bei einer Vergabe der 18 hier nach besonderen Gründen unter Eignungsgesichtspunkten vergebenen Plätze nach der Entfernung zuzüglich der sonstigen nach diesem Kriterium vergebenen Plätze wären 45 Plätze nach Entfernung zu vergeben, der Antragsteller mithin zu berücksichtigen gewesen.

Da die Antragsgegnerin für Nachrücker insgesamt 9 Plätze zur Verfügung hält, steht dem Antragsteller nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung einer dieser Plätze zu. Vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass die Antragsgegnerin insoweit nicht auf eine Nachrückerliste i. S. v. § 7 Abs. 2 Satz 3 Sek I-V in diesem Zusammenhang verweisen kann, denn auch ein Nachrücken könnte sich nach dem oben dargestellten lediglich nach der Entfernung zwischen Wohnort und Schule bei den hier betroffenen Bildungsgängen Fachoberschulreife/besondere Berufsbildungsreife ergeben.

Der Antragsteller hat auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht. Zwar steht nach der Zuweisung des Staatlichen Schulamtes dem Antragsteller im kommenden Schuljahr ein Schulplatz in der M... Oberschule in Teltow zur Verfügung. Der Antragsteller braucht sich im gerichtlichen Verfahren, dass auf die vorläufige Aufnahme an eine ganz bestimmte Schule einer bestimmten Schulform gerichtet ist, nicht darauf verweisen lassen, dass er den gewünschten Bildungsgang auch an einer anderen von ihm nicht beantragten Schule einer anderen Schulform aufnehmen könnte, nur weil die dortige Kapazität noch weniger erschöpft ist, als an der von ihm beantragten Schule (Beschluss der Kammer vom 3. September 2003 – 12 L 370/08 –).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung aus § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei der Streitwert in Anbetracht der Vorläufigkeit des Verfahrens zu halbieren ist.