Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 16.12.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 4a B 2.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 12 Abs 2 S 1 BBesG, § 12 Abs 2 S 2 BBesG, § 12 Abs 2 S 3 BBesG, § 819 Abs 1 BGB, § 818 Abs 4 BGB, § 291 S 1 BGB, § 288 Abs 1 S 2 BGB, Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 80 Abs 1 VwGO, § 90 Abs 1 VwGO, § 124a Abs 3 S 4 VwGO, § 124a Abs 6 S 3 VwGO, § 2 Abs 1 TGV, § 9 Abs 2 TGV |
Bei der Rückforderung zu viel bezahlten Trennungsgeldes hat der Dienstherr gegen einen verschärft haftenden Beamten aufgrund fingierter Rechtshängigkeit der Geldschuld einen Anspruch auf Prozesszinsen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBesG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB]
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 24. Juni 2009 geändert, soweit darin der Bescheid des Beklagten vom 8. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 hinsichtlich der Zinsforderung aufgehoben wurde.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ein vom Beklagten geltend gemachter Zinsanspruch.
Der Kläger wurde mit Wirkung vom 27. Oktober 1999 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Staatssekretär ernannt und war, bis zu seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand am 31. Dezember 2002, im Dienst des beklagten Landes.
Mit Bescheid des Beklagten vom 8. März 2005 - der dem Bevollmächtigten des Klägers am 11. März 2005 bekannt gegeben wurde - in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 nahm der Beklagte Bescheide über die Bewilligung von Trennungsgeld an den Kläger mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Er forderte den Kläger auf, das für den Zeitraum vom 10. November 1999 bis zum 31. Dezember 2002 gewährte Trennungsgeld (einschließlich Reisebeihilfen) in Höhe von 32.433,93 EUR innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides zurückzuzahlen. Weiter wurde geregelt, dass offene Beträge ab dem vorgenannten Zeitpunkt jährlich in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen sind.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 24. Juni 2009 die Klage des Klägers gegen die Rücknahme der Trennungsgeldbewilligungsbescheide und die Rückforderung des Trennungsgeldes abgewiesen. Die auf § 48 Abs. 1 und 2 VwVfGBbg (i.d.F. vom 9. März 2004, GVBl. I S. 78) beruhende Rücknahmeentscheidung und die auf § 12 Abs. 2 BBesG beruhende Rückforderung des überzahlten Trennungsgeldes seien rechtmäßig. Der Kläger könne sich insbesondere nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil er gemäß §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG verschärft hafte. Der Mangel des Rechtsgrundes für die Bewilligung des Trennungsgeldes sei so offensichtlich gewesen, dass der Kläger ihn hätte erkennen können (vgl. näher EA S. 17). Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Beklagten vom 8. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 insofern aufgehoben, als für die Rückforderung des Trennungsgeldes Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz verlangt wurden. Es begründete dies im Kern damit, dass das Verlangen der Zinsen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoße. Die Zinsforderung widerspreche der überwiegenden Übung des beklagten Landes, bei der Rückforderung von überzahltem Trennungsgeld bis zur Bestandskraft des Rückforderungsbescheides keine Zinsen zu erheben. Hinsichtlich der Verzinsung von Rückforderungsansprüchen habe die Landesregierung in ihren allgemeinen Hinweisen und Festlegungen zur einheitlichen Bearbeitung von Beanstandungen der Trennungsgeldgewährung an Beamte, Richter und Arbeitnehmer des Landes der Jahre 1991 bis 2004 in Ziffer 5.1. festgelegt, dass bis zu der Bestandskraft der Rückforderungsbescheide keine Zinsen zu erheben seien. Daran hätten sich alle Geschäftsbereiche bis auf das Ministerium der Justiz und in einem Fall das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie gehalten.
Der Beklagte hat die Zulassung der Berufung beantragt, soweit mit dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts der Bescheid hinsichtlich der Zinsforderung aufgehoben wurde. Im Zulassungsverfahren hat er im Wesentlichen vorgetragen:
Der Anspruch des Beklagten auf Verzinsung des Rückforderungsbetrages folge aus § 12 Abs. 2 BBesG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB. Es handele sich dabei der Art nach um Prozesszinsen, wobei die Rechtshängigkeit der Forderung fingiert werde. Es gehe nämlich um Rechtshängigkeitszinsen aufgrund verschärfter Haftung nach §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB. Wegen der eingetretenen Fiktion der Rechtshängigkeit seien gemäß § 291 BGB Prozesszinsen geschuldet. Die Frage, ob durch einen Leistungsbescheid eine Geldforderung rechtshängig werden könne, stelle sich nicht. Die Fiktion der Rechtshängigkeit trete nach § 819 Abs. 1 BGB mit dem Zeitpunkt der Kenntnis bzw. hier wegen § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG des Kennenmüssens des mangelnden Rechtsgrundes für den Erhalt der Leistung ein. Da der Kläger bereits bei Erhalt der Trennungsgeldzahlung deren Rechtswidrigkeit hätte erkennen müssen, schulde er Prozesszinsen. Das angegriffene Urteil, wonach die Geltendmachung des Zinsanspruches gegen den Gleichheitssatz verstoße, sei unrichtig. Dem beklagten Land sei für die Geltendmachung von Zinsen auf Erstattungsansprüche wegen überzahlten Trennungsgelds kein Ermessensspielraum eingeräumt worden. Es handele sich um einen Kraft Gesetzes entstandenen Anspruch, weshalb kein Raum für die Berücksichtigung ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften bestanden habe.
Selbst wenn bezüglich der Zinsforderungen ein Ermessensspielraum eröffnet gewesen wäre, wäre der Beklagte im Hinblick auf die Geltendmachung gesetzlicher Zinsen nicht in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Sinne beschränkt. Die Regelung in Ziffer 5.1 der allgemeinen Hinweise und Festlegungen der Landesregierung zur einheitlichen Bearbeitung von Beanstandungen der Trennungsgeldgewährung, wonach bis zur Bestandskraft des Rückforderungsbescheides keine Zinsen zu erheben seien, beziehe sich nicht auf bereits entstandene Zinsansprüche aufgrund einer verschärften Haftung. Im Übrigen sei für die Selbstbindung der Verwaltung nicht die richterliche Auslegung der Verwaltungsvorschrift, sondern deren tatsächliche Handhabung in der Verwaltungspraxis maßgeblich. Die 96 abgeschlossenen Rückforderungsfälle des Ministeriums für Justiz, die regelmäßig eine Zinsforderung in der vorgezeichneten Art ausgewiesen hätten, machten einen Anteil von 43,24 % bezogen auf alle Fälle der Ressorts der Landesregierung aus. Es liege daher keine einheitliche Verwaltungspraxis vor, Zinsen erst ab Bestandskraft der jeweiligen Rückforderungsbescheide zu erheben.
Der Kläger hat im Zulassungsverfahren im Wesentlichen vorgetragen, dass der Beklagte gehindert sei, den Zinsanspruch geltend zu machen. Für die Geltendmachung einer Zinsforderung bedürfe es einer spezifischen Rechtsgrundlage, an der es hier fehle. Die Geltendmachung des Zinsanspruches sei zudem ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Das Ermessen des Beklagten aus § 12 Abs. 2 S. 3 BBesG sei dahingehend beschränkt, dass vor Fälligkeit des Rückforderungsbetrages keine Zinsen erhoben werden dürften. Dies folge aus den allgemeinen Hinweisen der Landesregierung bis zur Bestandskraft der Rückforderungsbescheide keine Zinsen festzusetzten und der überwiegenden Übung des Landes. In 56,76 % aller Fälle sei „ohne Zinsen vor Fälligkeit“ Trennungsgeld zurückgefordert worden.
Der Senat hat mit Beschluss vom 17. Oktober 2011, der dem Beklagten am gleichen Tag zugestellt wurde, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit mit dem Urteil der Bescheid vom 8. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 hinsichtlich der Zinsforderung aufgehoben wurde.
Der Beklagte hat die Berufung am 7. November 2011 begründet. Er nimmt Bezug auf die Ausführungen in seinem Schreiben vom 28. September 2009 zur Begründung des Zulassungsantrages sowie des gesamten sonstigen Vorbringens im Zulassungsverfahren.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 24. Juni 2009 aufzuheben soweit mit dem Urteil der Bescheid des Beklagten vom 8. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25. August 2005 hinsichtlich der Zinsforderung aufgehoben worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufung könne keinen Erfolg haben. Eine Verzinsung der Rückforderungsbeträge könne nicht verlangt werden. § 12 BBesG schreibe keine Verzinsung von Rückforderungen vor. Es gebe keinen das Öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz, wonach öffentlich-rechtliche Geldforderungen zu verzinsen seien.
Die Überlegung des Beklagten, aus § 12 Abs. 2 BBesG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 291 Abs. 1 BGB einen Zinsanspruch abzuleiten, verkenne, dass dem Kläger bis zur Rechtskraft der Aufhebung der Trennungsgeldbewilligungsbescheide ein Grund zum Behalten des Trennungsgeldes zur Seite gestanden habe. Der von § 12 Abs. 2 BBesG unterstellte Rückforderungsanspruch entstehe erst, wenn der Rechtsgrund zum Behalten dürfen des Trennungsgeldes weggefallen sei.
Die Verzinsung des Rückforderungsbetrages vor Bestands- und Rechtskraft des Rücknahmebescheids zur Beseitigung des Rechtsgrunds für die Trennungsgeldgewährung müsse mit Blick auf die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage nach § 80 Abs. 1 VwGO beurteilt werden. Vor Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsverfahrens zum Rücknahmebescheid dürften zu Lasten des Schuldners des Erstattungsanspruches keine nachteiligen Folgen umgesetzt werden. Die Entstehung der Verzinsung des Erstattungsanspruches hänge also von der Aufhebung der zugrunde liegenden Bewilligungsbescheide ab. Art. 19 Abs. 4 GG schütze den Betroffenen davor, vor Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens mit negativen Folgen konfrontiert zu werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsstreitakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die genannten Akten lagen in der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats vor und sind zum Gegenstand der Entscheidungsbildung gemacht worden.
I.
Die nach § 124 Abs. 1 VwGO statthaft Berufung des Beklagten ist zulässig. Die Berufungsbegründung des Beklagten entspricht den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO. Die Berufungsbegründung muss danach im Einzelnen anzuführende Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten (vgl. näher BVerwG, Beschluss vom 2. Juni 2005 – 10 B 4/05 -, veröffentlicht in Juris). Diesen Anforderungen entspricht der Schriftsatz des Beklagten vom 7. November 2011. Zwar nimmt der Beklagte hinsichtlich der Berufungsbegründung Bezug auf seine Ausführungen im Zulassungsverfahren. Eine derartige Bezugnahme war hier aber möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1998, BVerwGE 107, 117; Bader/Funke-Kaiser, VwGO, 5. Aufl., § 124a Rdnr. 39), denn die in Bezug genommenen Schriftsätze genügen den Anforderungen des §124a Abs. 3 Satz 4 VwGO an eine Berufungsbegründung und enthalten eine selbständige Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Teil des Urteils.
II.
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage nach Überzeugung des Senat zu Unrecht stattgegeben soweit im Bescheid vom 8. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 der Sache nach geregelt ist, dass das zurückgeforderte Trennungsgeld ab dem 11. April 2005 für das Jahr in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Bescheid insofern rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der angefochtene Zinsanspruch des Beklagten gegen den Kläger steht diesem zu.
1. Rechtsgrundlage des Zinsanspruches ist § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 Bundesbesoldungsgesetz (i.d. F. vom 6. August 2002, BGBl. I S. 3020, – BBesG -) i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Regelung über Prozesszinsen des § 291 Satz 1 BGB im öffentlichen Recht analog Anwendung findet, wenn der Gesetzgeber für den Zinsanspruch bei Geldforderungen im einschlägigen Fachgesetz keine gegenteilige Regelung getroffen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1995, BVerwGE 99, 53; Urteil vom 24. September 1987, Buchholz 237.0 § 89 BaWüLBG Nr. 2). Maßgebliche fachgesetzliche Regelung ist hier § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG. Diese beamtenrechtliche Vorschrift über die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge geht als Spezialgesetz der allgemeinen Regelung des § 49a VwVfG vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1999, BVerwGE 109, 365). Zwar regelt § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG unmittelbar nur die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge. Das Verwaltungsgericht hat aber zutreffend ausgeführt, dass für die Verzinsung und Rückforderung von sonstigen Leistungen des Dienstherrn, wozu auch Trennungsgeld gehöt, nach § 55 Abs. 1 Satz 1 LBG (i.d.F. vom 8. Oktober 1999, GVBl. I S. 446; vgl. § 65 LBG vom 3. April 2009, GVBl. I S. 26) § 12 BBesG entsprechend gilt.
§ 12 Abs. 2 Satz 1 ist BBesG als einschlägige fachgesetzliche Regelung ist entgegen der Ansicht des Klägers Rechtsgrundlage des Zinsanspruches. Aus § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 BBesG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich, dass der verschärft haftende Kläger das zurückgeforderte Trennungsgeld zu verzinsen hat.
Durch das hinsichtlich der Rückforderung des Trennungsgeldes rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts ist nach § 121 VwGO bindend entschieden, dass die vom Beklagten mit Bescheid geregelte Rückforderung zu viel gezahlten Trennungsgeldes rechtmäßig ist. Die Verzinsung der Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge regelt sich mangels anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. § 819 Abs. 1 BGB bestimmt dabei eine verschärfte Haftung des Empfängers. Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu diesem Zeitpunkt rechtshängig geworden wäre. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes oder der Zahlung steht nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Rechtsfolge des § 819 Abs. 1 BGB ist, dass der Anspruch auf Herausgabe – hier der Anspruch auf Rückforderung des zu viel gezahlten Trennungsgeldes – ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Empfängers als rechtshängig zu behandeln ist, was dann über § 818 Abs. 4 BGB zur Anwendung der Regeln über die Zahlung von Prozesszinsen nach § 291 BGB führt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2007, BGHZ 171, 38). Durch die verschärfte Haftung wird damit die Rechtshängigkeit der Rückforderungsgeldschuld im Sinne von § 291 Satz 1 BGB fingiert, ohne dass eine (§ 90 Abs. 1 VwGO, § 261 ZPO) Leistungsklage erhoben werden musste. Dementsprechend ist auch in der Literatur (vgl. Schwegmann/Summer, BBesG, § 12 Rdnr. 36) anerkannt, dass der Beamte nach § 12 Abs. 2 BBesG i.V.m. § 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 BGB Prozesszinsen ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes zu zahlen hat. Bestätigt wird dies auch durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 1999 (BVerwGE 109, 365) indem bei der Rückforderung beamtenrechtlicher Bezüge in einer Fallkonstellation, in der der Beamte hinsichtlich der Rückzahlung der Bezüge aufgrund § 12 Abs. 2 BBesG, §§ 819 Abs. 1 bzw. § 820 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB verschärft haftete, dem Beklagten nach § 820 Abs. 2 Halbsatz 1, § 818 Abs. 4 i.V.m. § 291 BGB ein Zinsanspruch zugesprochen wurde. Dass der Zinsanspruch dort auf § 820 Abs. 2 BGB gestützt wurde und nicht wie hier auf § 819 Abs. 1 BGB, führt zu keiner anderen Bewertung, denn beide Normen enthalten als Rechtsfolge die gleiche Fiktion der Rechtshängigkeit des Anspruches.
Unter Anwendung der vorgenannten rechtlichen Grundsätze haftet der Kläger aufgrund der Umstände des Einzelfalles gemäß § 819 Abs. 1 BGB i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG für die Rückzahlung des Trennungsgelds verschärft, weil der Mangel des rechtlichen Grundes der Bewilligung des Trennungsgeldes so offensichtlich war, dass er ihn hätte erkennen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Mangel offensichtlich, wenn der Empfänger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außeracht gelassen hat (BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 1990, Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 17; Urteil vom 27. Januar 1987, Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 12; Plog/Wiedow BBG, § 12 Rdnr. 6 m.w.N.). Diese Frage deckt sich mit der Prüfung der grob fahrlässigen Unkenntnis der Rechtswidrigkeit eines ggf. aufzuhebenden Bewilligungsbescheides nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG (BVerwG, Beschluss vom 24. Juli 2000 – 10 B 4/99 – veröffentlicht in Juris).
Der Kläger hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außeracht gelassen. Nach den vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen und der Bewertung des Verwaltungsgerichts (vgl. näher EA Seite 15 ff.) war der Mangel des Rechtsgrundes für die Bewilligung des Trennungsgeldes hier so offensichtlich, dass der Kläger als früherer Verwaltungsrichter und in der Justiz- und Innenverwaltung an hervorragender Stelle Verantwortlicher und mit Angelegenheiten der Personalverwaltung kraft Berufes und Funktion besonders vertraute Person den Mangel hätte erkennen müssen. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger diese Würdigung und Bewertung im Berufungsverfahren nicht substantiiert angegriffen hat, hat der Senat keinen Grund für eine abweichende Bewertung und Würdigung.
Den vorgenannten Ausführungen, nach denen dem Beklagten aufgrund der verschärften Haftung des Klägers der geltend gemachte Zinsanspruch zusteht, steht nicht entgegen, dass die Rückforderung des Trennungsgeldes durch einen von dem Kläger gerichtlich angefochtenen Leistungsbescheid erfolgt ist und nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 24. September 1987, NJW 1988, S. 1682; BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1971, BVerwGE 37, 239; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz‚ Urteil vom 2. März 1983 - ÖV 1983, S. 904) dem Dienstherrn bei der Anfechtungsklage eines Beamten gegen einen von ihm erlassenem Leistungsbescheid kein Anspruch auf Prozesszinsen nach § 291 BGB zusteht. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass Voraussetzen für Prozesszinsen nach § 291 BGB ist, dass eine Geldschuld rechtshängig gewesen ist, also auf Leistung geklagt werden muss (§ 90 Abs. 1 VwGO; § 291 ZPO). Hiervon ist allerdings die hiesige Konstellation zu unterscheiden. Der mit Bescheid vom 8. März 2005 geltend gemachte Zinsanspruch begründet sich nämlich nicht aus der Rechtshängigkeit der Anfechtungsklage des Beamten. Vielmehr geht es hier nicht um Prozesszinsen während der Anfechtungsklage, sondern um Rechtshängigkeitszinsen aufgrund einer verschärften Haftung nach §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB, bei der die Rechtshängigkeit im Sinne von § 291 Satz 1 BGB fingiert wird (vgl. näher S. ), also der Rückforderungsanspruch ab dem Zeitpunkt des Kennenmüssen des Mangels des rechtlichen Grundes der Trennungsgeldgewährung als rechtshängiger Anspruch zu behandeln ist. Bestätigt wird dies auch durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 1999 (BVerwGE 109, 365) die eine Anfechtungsklage eines Beamten gegen ein Rückzahlungsverlangen des Dienstherrn zum Gegenstand hatte, bei der der Kläger verschärft haftete. Auch hier wurden dem Beklagten Zinsen nach §§ 820 Abs. 2 Halbsatz 1, § 818 Abs. 4 BGB i.V.m. § 291 BGB zugesprochen.
Auch die weiteren Voraussetzungen des § 291 Satz 1 BGB sind erfüllt. Der Anspruch auf die Geldforderung - hier die Rückforderung des Trennungsgeldes – war ab dem 11. April 2005 fällig im Sinne von § 291 Satz 1 BGB. Denn mit Bescheid vom 8. März 2005 wurde der Rückforderungsanspruch festgesetzt und die Bewilligungsbescheide über die Gewährung von Trennungsgeld mit Wirkung für die Vergangenheit als Rechtsgrund der Zahlung zurückgenommen.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist der geltend gemachte Zinsanspruch nicht zu verneinen, weil er gegen die Rücknahme der Bewilligungsbescheide Widerspruch und Anfechtungsklage erhoben hatte. Dass diese nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung haben, also die Rücknahme der Bewilligungsbescheide erst nach dem in § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Zeitpunkt nach Abweisung der Anfechtungsklage im ersten Rechtszug bestandskräftig geworden ist, steht dem nicht entgegen. Die Argumentation des Klägers überschätzt die Reichweite von § 80 Abs. 1 VwGO. Widerspruch und Anfechtungsklage haben danach aufschiebende Wirkung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 1995, BVerwGE 99, 109 m.w.N.) hat der Eintritt der aufschiebenden Wirkung zur Folge, dass der angefochtene Verwaltungsakt vorläufig nicht vollzogen werden darf. Dagegen beseitigt die aufschiebende Wirkung nicht die Wirksamkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes. Dies bedeutet, dass der Eintritt der aufschiebenden Wirkung keine rechtsgestaltende Wirkung dahingehend hat, dass der Verwaltungsakt als vorläufig nicht existent zu behandeln wäre. Die Behörde darf nach Anfechtung allerdings keine Maßnahmen treffen, die rechtlich als Vollziehung des nach wie vor wirksamen Verwaltungsaktes zu qualifizieren sind. Ebenso wie ein Abgabenbescheid ungeachtet seiner Anfechtung als solcher bereits die Fälligkeit der Abgabenforderung herbeiführt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2008, BVerwGE 132, 250), lässt die Anfechtung der Rücknahme des Trennungsgeldesbewilligungsbescheides vom 8. März 2005 dessen Wirksamkeit unberührt. Die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Rücknahmeentscheidung hat nur vorläufige Wirkung. Diese Wirkung entfällt - wie in dem hier eingetretenen Fall – mit der unanfechtbaren Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfes rückwirkend (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Mai 1966, BVerwGE 24, 92; Urteil vom 2. Juli 1982, BVerwGE 66, 75; Bader/Funke-Kaiser, VwGO, 5. Auflage, § 80 Rdnr. 20, 22 m.w.N.). Aufgrund des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung durch die rechtskräftige Abweisung der Klage des Klägers gegen die Rücknahme der Bewilligungsbescheide und die Rückforderung des Trennungsgeldes ist der Rückforderungsanspruch also rückwirkend als fällig anzusehen mit der Folge, dass der Zinsanspruch ab dem 11. April 2005 besteht (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG., 6. Auflage, § 49a Rdnr 73; Kopp/Ramsauer VwVfG, 10. Aufl. § 49a Rdnr. 20). Dem steht auch die vom Kläger angeführte Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen. Die Besonderheit der behördlichen Befugnis, Rechtsverhältnisse einseitig durch Verwaltungsakte zu regeln, findet in § 80 Abs. 1 VwGO ihr durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenes Gegenstück. Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage hemmt diese besonderen Hoheitsbefugnisse. Wie der Kläger zu Recht ausführt, soll der Betroffene vor Abschluss des Klageverfahrens nicht mit negativen Folgen der hoheitlichen Regelungsbefugnis konfrontiert werden. Endet aber wie hier die aufschiebende Wirkung, weil die Anfechtungsklage rechtskräftig abgewiesen wurde, ist es dem Beklagten nicht untersagt, die spezifisch hoheitlichen Regelungen des Verwaltungsaktes umzusetzen und Zinsen nach § 291 ZPO auch für den Zeitraum zu verlangen, während dessen der Widerspruch und die Anfechtungsklage anhängig waren.
Die Höhe des im angefochtenen Bescheid geregelten Zinsanspruches folgt aus § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG i.V.m. §§ 291 Satz 2, 288 Satz 2 BGB. Der Zinssatz beträgt danach für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
2. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts stellt die im Bescheid vom 8. März 2005 erfolgte Geltendmachung des Zinsanspruches gegenüber dem Kläger auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die allgemeinen Hinweise der Landesregierung zur einheitlichen Bearbeitung und Beanstandung der Trennungsgeldgewährung an Beamte, Richter und Arbeitnehmer des Landes Brandenburg der Jahre 1991 bis 2004 (veröffentlicht in Landtag Brandenburg, Drs. 4/4287, Anlage 4) oder die tatsächliche Handhabung dieser Verwaltungsvorschrift in der Verwaltungspraxis der zuständigen Behörden der Erhebung von Prozesszinsen entgegen standen. Die vom Verwaltungsgericht gerügte Nichteinhaltung der vorgenannten ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift bzw. ihrer tatsächlichen Handhabung in der Verwaltungspraxis führt über Art. 3 Abs. 1 GG nur dort zu einer Bindung des Beklagten, wo dieser eine Entscheidung nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffen hat. Der Beklagte hat aber hier zutreffend dargetan, dass es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen aufgrund verschärfter Haftung um einen nach § 12 Abs. 2 BBesG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB kraft Gesetzes entstandenen Anspruch handelt, bei dessen Geltendmachung kein durch die Verwaltungsvorschriften oder die Verwaltungspraxis gelenkter Ermessensspielraum bestand. Auch die Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG, wonach von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen abgesehen werden kann, eröffnet kein Ermessen über die Geltendmachung von Rechtshängigkeitszinsen. Nach dem klaren Wortlaut der Norm des § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG kann von der „Rückforderung“ aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden. Danach ist eine Billigkeitsentscheidung über die Verzinsung der Rückforderungsschuld als solche nicht gefordert. Die angefochtenen Zinsen waren daher nach § 34 LHO als Einnahme grundsätzlich zu erheben, sofern sie nicht unter den Voraussetzungen des § 59 LHO niedergeschlagen oder erlassen werden. Selbst wenn Behörden des beklagten Landes in vergleichbaren Fällen eine abweichende Rechtsanwendung vorgenommen hätten, bestünde kein Anspruch auf Fehlerwiederholung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979, BVerfGE 50, 142 (166); BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 1993, BVerwGE 92, 153 (157); OVG Bln-Bbg, Urteil vom 28. November 2011 – 3a B 2.11 –; Beschluss vom 10. November 2011 – OVG 4a N 12.11 -; Jarass/Pieroth, GG, 10. Auf. 3 Rdnr. 36).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die Rechtsfrage, ob bei der Rückforderung des Trennungsgelds nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB bei verschärft haftenden Beamten nach § 291 BGB Zinsen zu erheben sind, ist geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1999, BVerwGE 109, 365).