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Beschwerde; Anordnung des Ruhens des Verfahrens; Ruhensanordnung; Antrag der Beteiligten; Einverständniserklärung eines Beteiligten; Zweckmäßigkeit; Ermessen (verneint)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 08.03.2011
Aktenzeichen OVG 2 L 7.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 94 VwGO, § 146 VwGO, § 173 VwGO, § 251 ZPO, § 61 Abs 1 Nr 3 BauO BE

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. Dezember 2010 wird geändert. Das Ruhen des Verfahrens wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Senats im Berufungsverfahren OVG 2 B 16.10 angeordnet.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 146 Abs. 1 VwGO). Die Versagung einer beantragten Aussetzung oder Anordnung des Ruhens des Verfahrens ist keine prozessleitende Verfügung im Sinne des § 146 Abs. 2 VwGO, gegen die eine Beschwerde ausgeschlossen ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 26. Juli 2004 – 22 C 04.1198 –,juris; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 24, jeweils m.w.N.). Auch sonst bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Nach der gemäß § 173 Satz 1 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren Bestimmung des § 251 Satz 1 ZPO hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Für den in entsprechender Anwendung des § 251 Satz 1 ZPO erforderlichen Antrag der Hauptbeteiligten genügt es, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 30. November 2010 das Ruhen des Verfahrens beantragt und der Beklagte dazu unter dem 9. Dezember 2010 sein Einverständnis erklärt hat (vgl. Roth in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 251 Rn. 4).

Die beantragte Anordnung des Ruhens des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Senats im Berufungsverfahren OVG 2 B 16.10 ist aus einem sonstigen wichtigen Grund zweckmäßig, denn es ist zu erwarten, dass in dem Berufungsverfahren, welches das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Juli 2010 – VG 19 K 251.09 – betrifft, die auch für das vorliegende Verfahren bedeutsame Frage geklärt wird, ob die Regelung des § 61 Abs. 1 Nr. 3 BauO Bln der Erteilung einer gesonderten Baugenehmigung für Spielhallen, deren Betrieb einer Erlaubnis nach § 33 i GewO bedarf, entgegensteht.

Dass die Senatorin für Stadtentwicklung nach einer Pressemitteilung der Senatskanzlei vom 1. März 2011 (vgl. www.berlin.de/landespressestelle/archiv/2011030 1.1230.333426.html) inzwischen einen Gesetzentwurf zur Änderung der Bauordnung vorgelegt hat, wonach – entsprechend der bis zum Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Juli 2010 geübten Verwaltungspraxis – für Spielhallen eine gesonderte Baugenehmigung zu erteilen ist, steht der Zweckmäßigkeit der Ruhensanordnung nicht entgegen. Sollte die Neuregelung wie geplant in Kraft treten und sich danach die Frage nach der Statthaftigkeit eines Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht mehr stellen, so kann das Verwaltungsgericht, wenn nicht einer der Beteiligten das Verfahren wieder aufnimmt, das Ruhen wegen Wegfalls der Anordnungsvoraussetzungen von Amts wegen für beendet erklären (vgl. Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 251 Rn. 5 ff.).

Liegen die Voraussetzungen für eine Ruhensanordnung nach § 251 ZPO vor, hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift handelt es sich insoweit, anders als bei der Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO, um eine gebundene Entscheidung. Soweit aus der Verwendung des Wortes „zweckmäßig“ im Gesetzestext teilweise abgeleitet wird, dass das Gericht einen Ermessensspielraum hat (vgl. etwa Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 94 Rn. 1; Kreutz/Franz/Maske, DVBl. 2006, S. 221, 222; jeweils m.w.N.), vermag dem der Senat nicht zu folgen, denn die Zweckmäßigkeit der Ruhensanordnung stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der im Beschwerdeverfahren der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28. Januar 2011 – 4 OB 9.11 –, bei juris m.w.N.).

Ob auch die Voraussetzungen einer Aussetzung § 94 VwGO vorliegen, kann unentschieden bleiben, denn das von der Klägerin geltend gemachte Aussetzungsbegehren hat sich mit der Ruhensanordnung, die einen Sonderfall der Aussetzung des Verfahrens darstellt (vgl. Kreutz/Franz/Maske, a.a.O., S. 222), erledigt.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).