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Rente - AAÜG - Pflichtbeitragszeit - Verdienst bzw. Arbeitsentgelt - Jahresendprämie - Beweiswert von Individualisierungsmerkmalen auf Klappkarten


Metadaten

Gericht SG Cottbus 13. Kammer Entscheidungsdatum 17.12.2010
Aktenzeichen S 13 R 459/09 ECLI
Dokumententyp Gerichtsbescheid Verfahrensgang -
Normen § 6 AAÜG, § 25a SGB 6, § 14 SGB 4

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 19.12.2008 in der Fassung des Bescheides vom 01.04.2009, dieser wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2009 sowie – im Überprüfungswege – auch unter Abänderung des Bescheides vom 29.11.2001 verurteilt, für die Beschäftigungszeit des Klägers vom 01.01.1984 bis zum 31.12.1984 die im Januar 1985 gezahlte Jahresendprämie in Höhe von 1.160,00 Mark zusätzlich festzustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt ein weiteres Zehntel der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Feststellung von Arbeitsentgelten – Jahresendprämien – für die Zeit ab 1977.

Der 1946 geborene Kläger war als Ingenieur (Urkunde vom 26.02.1970) jedenfalls bis 30.06.1990 im VEB Synthesewerk Schwarzheide beschäftigt. Die Jahresendprämien für die Zeit ab 1977 seien stets ausgezahlt worden mit Ausnahme der Jahresendprämie für 1984, die im Januar 1985 arbeitsunfähigkeitsbedingt auf sein Sparkassenkonto überwiesen worden sei – wofür es keine weiteren Nachweise mehr gebe – sowie ferner mit Ausnahme der Jahresendprämie für 1989, die nach der Verdienstabrechnung für Januar 1990 zusammen mit dem Lohn/Gehalt ausgezahlt worden sei. Die anlässlich der Jahresendprämienzahlungen verausgabten Klappkarten des VEB Synthesewerk Schwarzheide, Frühjahr 1978 – 1.365,00 Mark in 1979 – für 1980 – 1.220,00 Mark in 1981 -, für 1981 – 1.220,00 Mark in 1982 – sowie für 1982 – 1.220,00 Mark in 1983 – weisen eine mit der Verdienstabrechnung für Januar 1990 übereinstimmende Kontrollnummer aus; im Übrigen enthalten sie keine Individualisierungsmerkmale, insbesondere auch nicht den Namen des Klägers. Allerdings trägt die Klappkarte für 1984 – 1.160,00 Mark in 1985 – den zusätzlichen Aufdruck: „Überweisung aufs Konto.“ Die B GmbH gibt an, Jahresendprämien seien in unterschiedlicher Höhe und für einzelne Mitarbeiter differenziert nach Leistungen jährlich neu ermittelt worden; Auszahlungsunterlagen seien nicht vorhanden.

Mit Bescheid vom 29.11.2001 hatte die Beklagte bereits die Zeit vom 01.04.1970 bis zum 30.06.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem sowie entsprechende Arbeitsverdienste – ohne Jahresendprämien – festgestellt.

Am 20.09.2007 beantragte der Kläger die Berücksichtigung von weiteren Arbeitsverdiensten für die Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Mit Bescheid vom 19.12.2008 stellte die Beklagte die Zeit vom 01.04.1970 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie entsprechende Arbeitsverdienste unter Berücksichtigung der für 1989 im Januar 1990 gezahlten Jahresendprämie von 1.465,00 Mark fest. Auf den Widerspruch des Klägers vom 08.01.2009 hin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 01.04.2009 die Zeit vom 01.04.1970 bis zum 30.06.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie entsprechende Arbeitsverdienste unter Berücksichtigung außerdem der für 1978 in 1979, für 1980 in 1981, für 1981 in 1982 sowie für 1982 in 1983 gezahlten Jahresendprämien in der jeweiligen Höhe fest. Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2009 als unbegründet zurück. Zugleich erklärte sie sich bereit, die durch das Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu ⅓ zu erstatten. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, positive Einkünfte für die Zeit vom 01.01.1977 bis zum 31.12.1978, vom 01.01.1980 bis zum 31.12.1980 und vom 01.01.1984 bis zum 31.12.1989 aus einer Beschäftigung im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV könnten nicht als Arbeitsentgelte im Sinne von § 6 Abs. 1 AAÜG anerkannt werden, weil deren Zufluss weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei; die Nachfolgeeinrichtung habe die geltend gemachten Verdienste nicht bestätigen können und aus den eingereichten Unterlagen sei nicht ersichtlich, dass Jahresendprämien gezahlt worden seien; insbesondere fehle der Name des Klägers auf den Nachweisen.

Mit seiner am 19.06.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.

Seinem schriftlichen Vorbringen ist der sinngemäße Antrag zu entnehmen:

Die Beklagte insoweit unter Abänderung des Bescheides vom 19.12.2008 in der Fassung des Bescheides vom 01.04.2009, dieser wiederum der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2009 sowie – im Überprüfungswege – auch unter Abänderung des Bescheides vom 29.11.2001 zu verurteilen, für seine Beschäftigungszeit ab 1977 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung jährlicher Jahresendprämien festzustellen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand sowie dem Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Das Sozialgericht Cottbus ist gem. § 105 SGG befugt, über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Bescheid vom 19.12.2008 in der Fassung des Bescheides vom 01.04.2009, dieser wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2009 sowie – im Überprüfungswege – auch der Bescheid vom 29.11.2001 erweist sich insoweit als rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten, als die Beklagte die für 1984 gewährte und im Januar 1985 gezahlte Jahresendprämie in Höhe von 1.160,00 Mark nicht auch als zusätzliches Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 Abs. 1 AAÜG feststellte.

Entgegen der Ansicht der Beklagten erachtet das Sozialgericht Cottbus im Rahmen der von ihm vorgenommenen freien Beweiswürdigung den Zufluss eben dieser Jahresendprämie im Sinne eines Vollbeweises mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Gestalt als nachgewiesen, als dass vernünftige Zweifel schwiegen. Dies folgert es aus dem von Anfang an konsistenten Vortrag des Klägers (vgl. LSG Berlin-Brandenburg 22.02.2007 L 26 R 610/06) soweit er durch den Akteninhalt hier in Gestalt des Aufdrucks auf der Klappkarte für 1984 bestätigt wurde (vgl. Kransey/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, III Rd.- Nr. 30).

Insoweit hat die Beklagte entsprechend dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.08.2007, AZ: B 4 RS 4/06 R gem. § 6 I 1 AAÜG Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für das Kalenderjahr als Verdienst (§ 256 a II SGB VI) als erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen auch das in der ehemaligen DDR an den Kläger damals rechtmäßig gezahlte Jahresendentgelt festzustellen, dies gemäß § 44 I SGB X auch unter Abänderung des Bescheids vom 29.11.2001.

Weitere Jahresendprämien hat die Beklagte dagegen nach Überzeugung des Sozialgerichts Cottbus zu Recht nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 I SGB IV und damit des § 6 I 1 AAÜG festgestellt. Dabei berücksichtigt es, dass der gleichermaßen konsistente Vortrag des Klägers durch den übrigen Akteninhalt hier in Gestalt der weiteren Klappkarten die Jahresendprämien betreffend mangels Individualisierungsmerkmale und insbesondere mangels Aufdruck des Namens des Klägers nicht bestätigt wurde und die Angaben eines Beteiligten – hier des Klägers – grundsätzlich nicht zur Überzeugungsbildung des Gerichts beitragen können, da § 118 SGG nicht auf die Regelungen über die Parteivernehmung in der ZPO (§ 445 bis 455 ZPO) verweist und dies nur dann ausnahmsweise anders zu beurteilen ist, wenn der übrige Akteninhalt sie bestätigen würde bzw. sie damit nicht in Widerspruch stünden (Krasney/Udsching, AAO).

Außerdem hat das BSG in dem angeführten Urteil davon abgesehen, Beweiserleichterungen welcher Art auch immer vorzusehen; der Kläger trägt vielmehr die objektive Beweislast dafür das sämtliche Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB –DDR in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, das ihm ein bestimmter berücksichtigungsfähiger Betrag auch tatsächlich zugeflossen ist.

Vorliegend ist es dem Kläger trotz seines durchaus glaubhaften Vortrages nicht gelungen, nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, dass die in § 117 AGB-DDR aufgestellten Voraussetzungen auch in seiner Person in jedem Jahr des noch streitgegenständlichen Zeitraums tatsächlich erfüllt gewesen sind und dass er jeweils einen bestimmten Betrag auch tatsächlich erhalten hat.

Weitere Ermittlungen bzw. Zeugeneinvernehmungen erachtet das Gericht für entbehrlich, da insofern nur ähnlich pauschale Angaben seitens des Klägers gemacht werden könnten und nicht davon auszugehen ist, dass angegeben werden könnte, dies zumal im Hinblick auf eine Vielzahl Beschäftigter sowie den vergangenen Zeitraum, aufgrund welcher konkreten Umstände bzw. Anknüpfungstatsachen zu welchen exakten Zeitpunkten bezogen auf welche exakten Beschäftigungszeiten in welcher konkreten Funktion im VEB, aufgrund welcher konkreter Berechnungen, welche konkreten Zahlen schließlich von welcher Person an welche andere Person an welchem Ort und zu welcher Zeit geleistet worden wären.

In Fällen wie dem vorliegenden dürften Zeugenaussagen ein nur bedingt brauchbares Mittel der Beweisführung darstellen, was für den Kläger wenig befriedigend sein mag, letztlich jedoch in den konkreten Umständen der Gewährung der Jahresendprämien selbst sowie den Anforderungen nach dem angeführten Urteil des BSG an deren Berücksichtigung begründet ist.

Nach alle dem konnte die Klage nur in dem tenoriertem Umfang Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 I 1 SGG und berücksichtigt die Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren.