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Wegfall des Rechtschutzinteresses - Nichteinreichung einer Klagebegründung - Bestimmtheit der Betreibensaufforderung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 15.03.2013
Aktenzeichen L 1 KR 450/12 WA ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 102 Abs 2 SGG

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2011 aufgehoben.

Der Rechtsstreit ist weiterhin vor dem Sozialgericht Berlin anhängig.

Der Antrag, den Rechtsstreit an das Sozialgericht Hamburg zu verweisen, wird als unzulässig verworfen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Streit steht in der Sache das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung des Klägers in der Zeit vom 2. Mai 1994 bis 14. Juli 2000 für die G-Schule-S-H GmbH. Zudem streiten die Beteiligten darüber, ob das Verfahren vor dem Sozialgericht durch Nichtbetreiben des Verfahrens nach § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erledigt worden ist.

Die Beklagte stellte nach Anhörung, zu der sich der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 12. Juli 2001 eingehend geäußert hatte, mit Bescheid vom 10. September 2001 fest, dass der Kläger als Dozent in der Zeit vom 2. Mai 1994 bis 14. Juli 2000 für die G-Schule-S-H GmbH im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit tätig geworden sei.

Mit einem unter dem 18. September 2001 gefertigten Anwaltsschreiben legte der Kläger Widerspruch ein. Hierin wurde auf die klägerseitig herausgearbeiteten Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis hingewiesen. Es wurde ausgeführt, dass Herr H P als Zeuge für die entscheidenden Punkte benannt werde und die Adresse erforderlichenfalls nachgereicht werden könne. Die Beklagte wies den Widerspruch nach einer Stellungnahme der G-Schule mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2002 zurück.

Die hiergegen gerichtete Klage hat der Kläger in anwaltlicher Vertretung am 3. Juli 2002 beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Die Klageerhebung erfolge nur zur Fristwahrung. Mit der Klageschrift hat der Kläger beantragt, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide seine Beschäftigung im streitigen Zeitraum als Arbeitnehmer festzustellen. Der Klageschrift war als Anlage das Widerspruchsschreiben beigefügt. Mit Beschluss vom 15. August 2002 hat das Sozialgericht Freiburg den Rechtsstreit an das Sozialgericht Berlin verwiesen, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte.

Nachdem der frühere Bevollmächtigte des Klägers im September 2003 mitgeteilt hatte, dass der Kläger bis zum 30. Juni 2004 in Ägypten beruflich tätig sei und das Verfahren hiernach fortgesetzt werden solle, hat das Sozialgericht – nach Zustimmung der Beklagten zum Ruhen – mit Beschluss vom 2. Dezember 2003 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Auf eine Anfrage unter dem 29. Juni 2005 teilte das Sozialgericht der Beklagten mit, dass das Verfahren nach § 22 der Aktenordnung als erledigt behandelt werde. Auf die Bitte der Beklagten vom 21. Oktober 2008 das Verfahren nicht nur aktenmäßig zu erledigen, hat das Sozialgericht mitgeteilt, dass eine Wiederaufnahme nur sinnvoll sei, wenn die aktuelle Wohnanschrift des Klägers seitens der Beklagten mitgeteilt werde. Mit Schriftsatz vom 24. November 2008 hat die Beklagte eine ermittelte Anschrift des Klägers in K mitgeteilt. Nachdem der frühere Prozessbevollmächtigte vorgetragen hatte, dass es ihm nicht gelungen sei, unter der genannten Anschrift des Klägers Kontakt mit diesem aufzunehmen, hat das Sozialgericht mit Verfügung vom 23. Januar 2009 den Kläger ausgefordert, das Verfahren zu betreiben,

„nachdem Sie die am 03.07.2002 erhobene Klage bis heute nicht begründet haben.“

Es hat zudem auf die Rechtsfolgen hingewiesen, wonach die Klage als zurückgenommen gelte, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibe. Die Frist beginne mit der Zustellung der Aufforderung.

Das Schreiben hat das Sozialgericht dem früheren Bevollmächtigten unter dem 4. Februar 2009 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Nach erneuter Absendung an den Kläger unter der Anschrift Hotel R in St. G selbst, an den das Schreiben gemäß Verfügung vom 29. Januar 2009 zugestellt werden sollte, ist ein mit Datum vom 16. Februar 2009 unterzeichneter Rückschein an das Sozialgericht zurück gelangt.

Am 28. Mai 2009 hat der damalige Vorsitzende verfügt, dass der Rechtsstreit erledigt sei, weil die Klage als zurückgenommen gelte. Nachdem der Kläger von der Beklagten über den Stand des Verfahrens mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 anlässlich eines anderen Widerspruchsverfahrens informiert worden war, hat er mit Schreiben vom 12. Januar 2011 die Wiederaufnahme des Verfahrens beim Sozialgericht beantragt. Mit Schreiben der Vorsitzenden der zuständigen Kammer des Sozialgerichts vom 26. Januar 2011 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass das Verfahren erledigt sei und eine Wiederaufnahme nicht in Betracht komme. Der Kläger hat geltend gemacht, die Betreibensaufforderung nicht erhalten zu haben. Nach Anhörung zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid hat der Kläger zur Sache vorgetragen und die Verweisung an das Sozialgericht Hamburg beantragt.

Mit Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2011 hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen gelte. Es hat insoweit ausweislich der Gründe des Gerichtsbescheides einen Antrag des Klägers angenommen, „festzustellen, dass der Rechtsstreit nicht als zurückgenommen gilt“. Es sei festzustellen, dass die Klage nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG als zurückgenommen gelte. Ausweislich des vorliegenden Rückscheins vom „6. Februar 2009“ (gemeint wohl: 16. Februar 2009) habe der Kläger mit seiner Unterschrift den Empfang des Schreibens bestätigt. Die entgegenstehende Behauptung des Klägers und die Angaben zu einer anderen Wohnadresse habe er nicht nachgewiesen und das Gericht halte dies nicht für glaubwürdig.

Mit seiner am 28. August 2011 eingegangenen Berufung wendet sich der Kläger maßgeblich gegen die Feststellung durch das Sozialgericht und beantragt weiterhin die Verweisung an das Sozialgericht Hamburg. Er hat eine eidesstattliche Versicherung seiner Ehefrau vorgelegt, nach der er am 16. Februar 2009 erst gegen 20:00 Uhr nach W zurückgekehrt sei. Sie sei unmittelbar nach seinem Unterricht in St. G bis 12:00 Uhr mit dem Kläger nach K gefahren. Er trägt ferner zu seiner Tätigkeit bei der G-Schule sowie zu den aus seiner Sicht erforderlichen Beweiserhebungen bzw. Ermittlungen vor.

Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß,

den Rechtsstreit unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2011 an das Sozialgericht zurückzuverweisen und hierbei den Rechtsstreit an das Sozialgericht Hamburg zu verweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung.

Der Senat hat durch Beschluss des Berichterstatters vom 17. Oktober 2011 das Verfahren ausgesetzt wegen des Verdachts der Urkundenfälschung durch eine unbekannte Person, des versuchten Prozessbetrugs durch den Kläger und der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung seiner Ehefrau.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat das Ermittlungsverfahren nach Einholung eines graphologischen Gutachtens eingestellt, wonach zwischen der Unterschrift auf dem Rückschein und den vorliegenden Unterschriftsproben des Klägers nur mit leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit Urheberidentität bestehe.

Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden, weil der Kläger in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

I.

Zulässigerweise ist Gegenstand des Berufungsverfahrens allein, ob das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2011 zu Recht die Erledigung des Verfahrens festgestellt hat (ebenso bei Anfechtung entsprechender Feststellungen LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. August 2012 – L 2 AS 132/12; Bayerisches LSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – L 11 AS 339/11). Der Rechtsstreit in der Sache ist zur Entscheidung bei dem Senat nicht anhängig geworden, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 SGG tatsächlich vorliegen oder nicht. Nimmt das Sozialgericht die Voraussetzungen dieses besonderen Tatbestandes der Erledigung des Prozessrechtsverhältnis zu Unrecht an und stellt rechtsirrig die Erledigung des Rechtsstreits fest, so wäre das Klageverfahren nicht kraft Gesetzes nach § 102 Abs. 2 SGG beendet. Vielmehr würde allein die feststellende Wirkung des Urteils bzw. des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts vom Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft an die prozessuale Lage bindend feststellen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt der Rechtsstreit in der Sache beim Sozialgericht anhängig (Bayerisches LSG, Urteil vom 12. Juli 2011 – Az.: L 11 AS 582/10).

Bezieht sich die Entscheidung auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des Prozessrechtsverhältnisses (in der Hauptsache) als solches, so wird mit ihr keine Entscheidung innerhalb dieses Klageverfahrens in der Sache getroffen. Das Berufungsgericht kann daher allein über die Richtigkeit dieser Feststellung als verfahrensrechtliche Vorfrage entscheiden (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. August 2012 – L 3 AS 133/12), nicht aber über den – bei falscher Entscheidung des SG – nach wie vor in erster Instanz anhängigen Rechtsstreit in der Sache.

Bei dieser Rechtslage war der Antrag des Klägers auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht unnötig und unzulässig. Das prozessuale Begehren des Klägers, eine erste Sachentscheidung durch das Sozialgericht zu erreichen, ist jedoch dahingehend auszulegen (§§ 123, 153 Abs. 1 SGG), dass er die zulässige Feststellung begehrt, dass das Verfahren vor dem Sozialgericht nach der Aufhebung des Gerichtsbescheides dort fortzuführen ist.

Unzulässig ist der klägerische Antrag jedoch, soweit der Kläger die Befassung des Sozialgerichts Hamburg begehrt. Da der Rechtsstreit – wie ausgeführt – noch ununterbrochen vor dem Sozialgericht Berlin anhängig ist, kommt eine Verweisung im Rahmen einer Zurückverweisung nicht in Betracht. Im Übrigen ist das Sozialgericht Berlin durch den Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts Freiburg verbindlich und zutreffend als örtlich zuständig bestimmt worden. Für die Frage der örtlichen Zuständigkeit kommt es stets nur auf die Umstände zum Zeitpunkt der Klageerhebung an (vgl. § 57 Abs. 1 SGG).

II.

Die Berufung hat in der Sache – mit Ausnahme des unzulässigen Begehrens hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Sozialgerichts Hamburg – auch Erfolg.

Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 SGG lagen nicht vor.

Es bestehen bereits erhebliche Zweifel am Vorliegen der erforderlichen Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung mit Verfügung vom 23. Januar 2009. Das Erfordernis solcher Anhaltspunkte ist ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Klagerücknahmefiktion (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1998 - 2 BvR 2662/95). Solche Anhaltspunkte können sich aus der Verletzung von Mitwirkungspflichten im sozialgerichtlichen Verfahren ergeben. Allerdings ist nur das Unterlassen solcher prozessualen Mitwirkungshandlungen erheblich, die für die Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen bedeutsam sind, die also für das Gericht – nach seiner Rechtsansicht – notwendig sind, um den Sachverhalt zu klären und eine Sachentscheidung zu treffen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 – Az.: B 13 R 74/09 R Rn. 52 bei Juris).

Die Nichteinreichung einer Klagebegründung ist grundsätzlich noch kein hinreichender Anhaltspunkt für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Nach § 92 Abs. 1 Satz 4 SGG soll die Klage die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Auch mit der Änderung zum 1. April 2008 sind allein die Bezeichnung der Beteiligten und des Gegenstands des Klagebegehrens als zwingende Angaben (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG) ausgestaltet worden. Unterbleiben sie, kann eine Ausschlussfrist gesetzt werden (§ 92 Abs. 2 Satz 1 SGG). Fehlen andere Elemente der Klageschrift, sieht § 92 Abs. 2 SGG keine Sanktionen vor. Vielmehr ist mit § 106a Abs. 1 SGG ebenfalls mit Wirkung zum 1. April 2008 eine Präklusionsvorschrift geschaffen worden, die es dem Gericht ermöglicht, den Kläger unter Fristsetzung zum Vortrag derjenigen Tatsachen zu veranlassen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich im Verwaltungsverfahren beschwert fühlt. Dies entspricht letztlich dem relevanten Inhalt einer Klagebegründung im tatsächlichen Bereich. Der systematische Zusammenhang dieser Vorschriften spricht bereits dagegen, die Nichteinreichung einer Klagebegründung als Anhaltspunkt für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses heranzuzuziehen.

Vorliegend kommt hinzu, dass der Kläger mit der Klageschrift einen bestimmten Klageantrag gestellt hatte und das Widerspruchsschreiben, das Vortrag zur Sache und den Verweis auf ein Beweisangebot durch einen Zeugen enthielt, als Anlage vorgelegt wurde. Die zwingende Notwendigkeit weiteren Vortrags erschließt sich daher nicht.

Der Senat kann offenlassen, ob eine andere Bewertung gerechtfertigt ist, weil die Klage ausdrücklich nur zur Fristwahrung erhoben worden ist und trotz fortwährender Aufforderungen ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist. Hiergegen dürfte entscheidend sprechen, dass das Sozialgericht den Beteiligten durch die Anordnung des Ruhens signalisiert hat, weitere Äußerungen abwarten zu wollen. Der Ruhensbeschluss setzt gerade voraus, dass das Gericht das Abwarten als sachgerecht ansieht (vgl. §§ 202 SGG, 251 Abs. 1 ZPO). Das Sozialgericht hatte 2002 und 2003 den Kläger zu Händen seines damaligen Prozessbevollmächtigten mehrfach an die Einreichung einer Klagebegründung erinnert. Nach der Mitteilung eines Auslandsaufenthaltes bis Juli 2004 hat es den Rechtsstreit mit Beschluss vom 2. Dezember 2003 zum Ruhen gebracht und auch nicht auf Nachfrage der Beklagten im Juni 2005 (und damit deutlich nach Juni 2004) wieder aufgenommen. Nach fünf Jahren des Ruhens des Verfahrens hat das Sozialgericht die erneute Nichterreichbarkeit des Klägers auch für seinen Prozessbevollmächtigten zum Anlass für die Betreibensaufforderung genommen.

Die nicht geringe Bedeutung des Streitgegenstandes, der das Bestehen oder Nichtbestehen von Versicherungspflicht über mehr als sechs Jahre erfasst und damit mittelbar auch Bedeutung für die Frage der Versicherungspflicht des Klägers als selbstständiger Lehrer in dieser Zeit hat, spricht vorliegend ebenfalls dafür, an die Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses hohe Anforderungen zu stellen.

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Es fehlt jedenfalls an einer hinreichend bestimmten Betreibensaufforderung. Die Anforderungen an den Inhalt der Betreibensaufforderung sind insoweit strenger als die an den Anhaltspunkt für den Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Bienert NZS, 2009, 554, 555). Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Betreibensaufforderung deutlich und in den Handlungsaufträgen klar sein muss (BR-Drs. 820/07 Seite 24). Eine Aufforderung allgemein zur Förderung bzw. zum Betreiben des Verfahrens reicht nicht aus (Roller in HK-SGG, 4. Auflage, 2012, Rn. 20 zu § 102; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Auflage, 2012, Rn. 20 zur Parallelregelung des § 92 Abs. 2 VwGO). Das Sozialgericht hätte im vorliegenden Fall in der Betreibensaufforderung angeben müssen, welche Mitwirkungshandlungen des Klägers noch erwartet werden, damit das Verfahren sachgerecht gefördert werden kann. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Widerspruchsbegründung und der Akten der Beklagten hätte das Sozialgericht sich das Begehr und den streitigen Lebenssachverhalt im Wesentlichen erschließen können. Die Begründung der Betreibensaufforderung allein damit, dass der Kläger die Klage seit Erhebung nicht begründet habe, genügt diesen Anforderungen nicht. Das Sozialgericht hat den Kläger überhaupt nicht zu einer bestimmten Handlung aufgefordert, sondern allein dazu, das Verfahren zu betreiben. Allein zur Begründung hat es auf die ausstehende Klagebegründung Bezug genommen. Eine solche Aufforderung stellt keine Betreibensaufforderung im Sinne des § 102 Abs. 2 SGG dar.

Auf die Frage der Zustellung der Betreibensaufforderung auch an den Kläger persönlich kommt es mithin für die vorliegende Entscheidung nicht mehr an.

Der Gerichtsbescheid war daher aufzuheben und die sinngemäß beantragte Feststellung zu treffen.

III.

Das Sozialgericht wird im Rahmen des noch anhängigen Verfahrens nach § 193 SGG auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden haben, das der Sache nach nur einen prozessualen Zwischenstreit darstellt.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nummer 1 und 2 SGG liegen nicht vor.