Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Kanalanschlussbeiträge (Abwasserbeiträge): Aufhebung eines bestandskräftigen...

Kanalanschlussbeiträge (Abwasserbeiträge): Aufhebung eines bestandskräftigen Beitragsbescheids


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 8. Kammer Entscheidungsdatum 26.09.2019
Aktenzeichen 8 K 949/17 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2019:0926.8K949.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 130 Abs 1 AO, § 79 Abs 2 BVerfGG, § 12 KAG BB, § 8 Abs 7 KAG BB

Leitsatz

Das Rücknahmeermessen der Behörde gemäß BB KAG § 12 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. AO § 130 Abs. 1 ist auch dann nicht auf Null reduziert, wenn die Beitragserhebung möglicherweise auf einer verfassungswidrigen Anwendung des BB KAG § 8 Abs. 7 Satz 2 in der ab dem 1. Februar 2004 geltenden Fassung beruhte und somit eine Konstellation vorlag, in der das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot erkannt hat (Anschluss an VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 18. April 2018, - VG 5 K 977/17 -).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines bestandskräftigen Abwasserbeitragsbescheides.

Der Kläger und seine Ehefrau bewohnen seit dem 1. Oktober 1970 das Gebäude auf dem Grundstück mit der postalischen Anschrift S... (Flurstücke 1... und 1... der Flur 3..., Gemarkung H...), das sich im Verbandsgebiet des durch den Beklagten vertretenen Zweckverbandes befindet. Im Mai 1990 erwarben sie zunächst das Gebäude und im Jahr 1991 bzw. 1997 die dazugehörigen Grundstücksflächen.

Im Oktober 1999 wurde der auf dem Grundstück befindliche Kontrollschacht der seit 1970 bestehenden – hinter dem Vier-Parteien-Reihenhaus über drei weitere Grundstücke verlaufenden – Abwasserleitung verschlossen und der Anschluss auf einen durch den Zweckverband neu errichteten Abwasserkanal vor dem Haus in der S... umgebunden.

Mit Bescheid vom 4. November 2003 (Bescheid-Nr....) veranlagte der Beklagte den Kläger und seine Ehefrau zu einem Abwasserbeitrag für die erfolgte betriebsfertige Herstellung des öffentlichen Abwasserkanals einschließlich des Grundstücksanschlusses bis an die Grundstücksgrenze vor dem Grundstück. Dem Widerspruch des Klägers und seiner Ehefrau vom 17. November 2003 half der Beklagte mit Teilabhilfebescheid vom 5. Mai 2004, dem Kläger und seiner Ehefrau gegen Postzustellungsurkunde zugestellt am 6. Mai 2004, insoweit ab, als darin der Herstellungsbeitrag von 3.481,60 € auf 3.168,80 € reduziert wurde. Der Betrag wurde im Juli 2004 gezahlt. Innerhalb der einmonatigen Klagefrist erhob der Kläger keine Klage.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2016 forderten der Kläger und seine Ehefrau den Zweckverband auf, den Abwasseranschlussbeitrag „entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Dezember 2015“ zurückzuzahlen. Am 5. Dezember 2016 beschloss die Verbandsversammlung des Zweckverbandes, nur nicht bestandskräftige Beiträge von Altanschließern zu erstatten.

Der Beklagte legte das Schreiben des Klägers und seiner Ehefrau vom 29. Januar 2016 als Antrag auf Rücknahme eines bestandskräftigen Beitragsbescheides aus und lehnte diesen mit Bescheid vom 31. Januar 2017 ab. Dies begründete er damit, dass auf der Grundlage des gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) anwendbaren § 130 Abgabenordnung (AO) als Ergebnis einer umfassenden Ermessensentscheidung Überwiegendes für die Beibehaltung des Abgabenbescheides sprechen würde. Trotz Zweifeln sei zu Gunsten des Klägers unterstellt worden, dass der angegriffene Bescheid im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im Beschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14 – rechtswidrig sei.

Gegen den Bescheid erhoben der Kläger und seine Ehefrau mit Schreiben vom 6. Februar 2017 Widerspruch, den sie mit Fehlern und Widersprüchlichkeiten „in den Bescheiden“ begründeten. So sei keine Beitragspflicht für ihr Grundstück entstanden. Dies ergebe sich daraus, dass laut Beitragssatzung in der Fassung vom 25. Mai 2003 keine Herstellungsbeitragspflicht entstehe, wenn die Herstellungsbeitragspflicht nach früherem Recht entstanden sei. Das sei hier der Fall gewesen, denn das Gebäude sei 1969/1979 durch den Bauträger Z... gebaut und angeschlossen worden. Bauherr sei der R... gewesen. Die Gemeinde H... habe laut Amtsblatt für die G...vom 1. Februar 2017 schon Mitte der 1980er Jahre über eine moderne Abwasseranlage verfügt. Diese sei dem Zweckverband Anfang der 1990er Jahre kostenfrei zur Verfügung gestellt worden. Darüber hinaus sei der durchgeführte Umschluss eine Unterhaltungsmaßnahme, die nicht beitragspflichtig sei. Daneben sei im Bescheid als Rechtsgrundlage für die Erhebung der Anschlussbeiträge die Abwasserbeitragssatzung vom 11. Januar 2010 genannt worden, obwohl richtigerweise die „Satzungen aus 1997 mit Änderung vom 08.12.1999“ sowie die Satzung vom 25. Juni 2003 anzuwenden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2017, dem Kläger und seiner Ehefrau mit Postzustellungsurkunde vom 18. Februar 2017 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruchsbescheid zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die von dem Kläger vorgetragenen Fehler oder Widersprüchlichkeiten in den erlassenen Beitragsbescheiden könnten dahinstehen, da weiterhin im Rahmen der Prüfung die Rechtswidrigkeit der Beitragsbescheide unterstellt werde. Der Beklagte habe im Zuge der beantragten Aufhebung zwischen der Gerechtigkeit im Einzelfall und dem Interesse der Allgemeinheit an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden abzuwägen. Zwar greife die Belastung eines Abgabenpflichtigen mit der Zahlung eines nicht unerheblichen Abgabenbeitrages in das Eigentumsrecht des Beitragspflichtigen ein. Andererseits bedürfe es zur Refinanzierung der bereits vollständig vorfinanzierten öffentlichen zentralen Abwasserbeseitigungsanlage der Sicherstellung des Abgabenaufkommens. Zudem diene die Erhebung des Anschlussbeitrages keiner freiwilligen, sondern einer dem Zweckverband qua Gesetz übertragenen pflichtigen Aufgabe der Daseinsvorsorge. Das Recht des Zweckverbandes zur Beitragserhebung gemäß § 8 KAG habe sich zu einer Erhebungspflicht verdichtet. Darüber hinaus sei der Anschlussbeitrag dadurch, dass er gemäß § 8 Abs. 10 KAG als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhe, gesetzlich besonders geschützt. Der Eingriff in das Vermögen des Abgabenpflichtigen sei auch dadurch gerechtfertigt, dass ein anschließbares Grundstück – unabhängig davon, ob ein Beitrag erhoben, gezahlt oder erstattet wurde – einen höheren Wert verkörpere als ein nicht anschließbares. Der Anschlussbeitrag werde gerade als Gegenleistung für diese Vorteilslage erhoben, die selbst unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht eingeschränkt oder vermindert werde. Bei der Anwendung des § 130 AO auf bestandskräftige Bescheide sei zudem zu beachten, dass die Einhaltung der Ausschlussfristen für die Erhebung von Rechtsbehelfen nicht unterlaufen werde. Dem Rechtsinstitut der Bestandskraft sei als Gegenstück zum Vertrauensschutz des Bürgers und den gesetzlichen Verjährungsvorschriften gemeinsam, dass sie der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden dienten. Wie der Abgabenpflichtige darauf vertrauen könne, ab einem bestimmten Zeitpunkt oder einem bestimmten Ereignis nicht mehr zu einer bestimmten Abgabe herangezogen zu werden, bedürfe die Behörde, gerade bei der Refinanzierung einer öffentlichen Anlage, die zum Vorteil dieses Abgabenpflichtigen erbracht werde, einer gewissen Rechtssicherheit. Nur so könne der laufende Aufwand und auch die notwendigen Investitionen geplant und finanziell gesichert werden.

Der Kläger hat am 13. März 2017 Klage erhoben. Er betont, dass er ein sog. Altanschließer sei. Ein funktionstüchtiger Grundstücksanschluss habe bereits seit 1970 bestanden. Zudem sei nach der Rechtsprechung bis zum 17. Dezember 2015 die Ausnutzung der Primärrechtsmittel aussichtslos gewesen. Ferner wiederholt und vertieft er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Zur Untermauerung seiner Argumentation legt er umfangreiche Dokumente aus seiner Zeit als Mitglied der Gemeindevertretung H... vor.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2017 zu verpflichten, den Bescheid des Beklagten vom 4. November 2003 (Bescheid-Nr. 0...) in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 5. Mai 2004 über die Erhebung eines Herstellungsbeitrages zurückzunehmen und den Herstellungsbeitrag in Höhe von 3.168,80 € an den Kläger zurückzuzahlen;

hilfsweise,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2017 zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 29. Januar 2016 auf Rücknahme des Bescheides des Beklagten vom 4. November 2003 sowie des Teilabhilfebescheides vom 5. Mai 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen. Er trägt vor, dass der Kläger nicht dem Anwendungsbereich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu den sog. Altanschließern unterfalle. Die Altanlagen in der S... seien ausweislich des Abwasserbeseitigungskonzeptes niemals Bestandteil der öffentlichen zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage gewesen, sodass für das Grundstück des Klägers eine rechtlich gesicherte Anschlussmöglichkeit erstmals im Jahr 1999 entstanden sei. Ausgehend davon sei die bestandskräftige Bescheidung im Jahr 2003 rechtzeitig – und zwar innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist – ergangen. Zudem habe der Beklagte selbst dann, wenn der Kläger mit seinem Veranlagungsverhältnis unter die sog. Altanschließer-Rechtsprechung fiele, die Rücknahme des Bescheides zutreffend abgelehnt. Ein subjektiv-öffentliches Recht des Klägers, insbesondere ein Anspruch auf Rücknahme des Beitragsbescheides oder eine Ermessensreduzierung auf Null, liege nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichtes nicht vor. Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht eine Norm für verfassungswidrig erkläre, bestehe kein Anspruch gemäß § 130 AO, sondern es bleibe bei dem Grundsatz, dass dem rechtstaatlichen Gedanken der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens der Vorzug vor einem etwaigen Individual- oder Gerechtigkeitsinteresse des Abgabenpflichtigen im Einzelnen zukomme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges (1 Heft) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) als Verpflichtungsklage statthafte Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 31. Januar 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2017 sind nicht rechtswidrig und verletzen des Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat weder einen Anspruch darauf, den Beklagten zu verpflichten, den Beitragsbescheid vom 4. November 2003 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 5. Mai 2004 zurückzunehmen (I.), noch darauf, ihm den Beitrag in Höhe von 3.168,80 € zu erstatten (II.), oder darauf, den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes über seinen Antrag neu zu entscheiden, da Ermessensfehler seitens des Beklagten nicht ersichtlich sind, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO (III.).

I.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rücknahme des nach Ablauf der Klagefrist gegen den Widerspruchsbescheid bestandskräftig gewordenen Beitragsbescheides vom 4. November 2003 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 5. Mai 2004 zu. Rechtsgrundlage dafür wäre § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) in Verbindung mit § 130 Abs. 1 AO. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, denn selbst bei unterstellter Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides vom 4. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2004 (1.) ist das dem Beklagten durch § 130 AO eingeräumte Rücknahmeermessen nicht dergestalt reduziert, dass allein die Rücknahme des Bescheides ermessensfehlerfrei ist (2.)

1.

Nach dem Vorbringen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren ist zwischen den Beteiligten nicht mehr unstreitig, dass der Beitragsbescheid vom 4. November 2003 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 5. Mai 2004 rechtswidrig ist.

Es kann hier zugunsten des Klägers unterstellt werden – wie es der Beklagte im Verwaltungsverfahren getan hat –, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der sog. hypothetischen Festsetzungsverjährung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 – juris), der sich die Kammer angeschlossen hat (vgl. Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 23. Juli 2019 – VG 8 K 951/14 –, S. 11 des Entscheidungsumdrucks), in seinem Fall vorliegen und der Bescheid des Beklagten vom 4. November 2003 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 5. Mai 2004 materiell rechtswidrig ist.

Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 27. Juni 2019 – III ZR 93/18 – steht dem mangels Bindungswirkung für das erkennende Gericht nicht entgegen. Der dort vertretenen Auffassung, dass bei zutreffender Auslegung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG in der bis zum 1. Februar 2004 geltenden Fassung eine „hypothetische Festsetzungsverjährung“ gar nicht habe eintreten können, folgt die Kammer nicht. Sie schließt sich vielmehr der vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in Auseinandersetzung mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs geäußerten Ansicht an, dass Erwägungen des Vertrauensschutzes in die bestehende Rechtsprechung dafür sprechen, die bisherige Praxis aufrechtzuerhalten, und dass auch in der Sache – wie sich aus dem Zusammenspiel von Normwortlaut und Gesetzesgenese ableiten lässt – kein Grund besteht, sich der Auslegung des Bundegerichtshofes anzuschließen (dazu ausführlich Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. September 2019 – OVG 9 S 18.18. –, S. 9 ff. des Entscheidungsumdruckes).

2.

Das Ermessen des Beklagten ist nicht dergestalt reduziert, dass allein die Rücknahme des Beitragsbescheides ermessensfehlerfrei wäre. § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 130 AO räumt auf der Rechtsfolgenseite der Behörde Ermessen ein („kann“). Danach hat vorrangig der Beklagte in Ausübung dieses Ermessens darüber zu befinden, ob er die eingetretene Bestandskraft eines Verwaltungsaktes beseitigt und die begehrte Korrektur vornimmt, oder nicht. Hat die Behörde insoweit eine Entscheidung getroffen, ist die gerichtliche Kontrolle der getroffenen Entscheidung gemäß § 114 Satz 1 VwGO grundsätzlich auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens gewahrt und das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage ausgeübt hat. Anderes gilt nur dann, wenn sich das Rücknahmeermessen des Beklagten dergestalt reduziert hat, dass allein die Rücknahme des Bescheides rechtmäßig wäre. Das ist hier nicht der Fall.

a)

Allein aus der Rechtswidrigkeit des (bestandskräftigen) Beitragsbescheides und damit der Eröffnung des Anwendungsbereichs der Norm folgt noch kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Januar 2007 – 6 C 32.06 –, juris Rn. 13 zu §§ 51, 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)). Die materielle Gerechtigkeit, die für eine Korrektur unrichtiger Bescheide spricht, und die Rechtssicherheit, die das Festhalten an der Bestandskraft begründen kann, sind im Ausgangspunkt gleichwertige Gesichtspunkte im Rahmen der von der Behörde zu treffenden Entscheidung. Dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit kommt also zunächst kein höheres Gewicht zu als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Dementsprechend gibt es keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 24. Mai 2006 – 2 BvR 669/14 –, juris Rn. 80; Beschluss vom 27. Februar 2007 – 1 BvR 1982/01 –, juris Rn. 33; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 50.09 –, juris Rn. 14; EuGH-Vorlage vom 7. Juli 2007 – 6 C 24/03 –, juris Rn. 15 m. w. N.).

Ob die Beitragserhebung auf einer verfassungswidrigen Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n.F. beruhte und somit eine Konstellation vorliegt, in der das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot erkannt hat (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14 –, juris), kann dahinstehen. Auch eine mögliche Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung führt nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null. § 79 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) bestimmt, dass die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer durch das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben. § 79 Abs. 2 BVerfGG regelt direkt ausschließlich die Folgen von Senatsentscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes, durch die eine Rechtsnorm für verfassungswidrig erklärt wird und auf deren Grundlage nicht mehr anfechtbare (behördliche oder gerichtliche) Entscheidungen ergangen sind (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 1905/02; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Januar 2017 – OVG 3 K 58.16). Unabhängig davon, ob dieser Norm auch ein darüber hinaus gehender Anwendungsbereich zuzusprechen ist (so Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. September 2018 – OVG 9 S 10.18 –, juris), kann daraus jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, dass der Beitragsbescheid hier zurückzunehmen ist. Denn auch wenn nach Feststellung des Bundesverfassungsgerichtes eine Gesetzesvorschrift nur bei einer bestimmten Auslegung mit der Verfassung vereinbar ist, ist weder die Verwaltung noch der Gesetzgeber verpflichtet, unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf einer verfassungswidrigen Auslegung einer Vorschrift beruhen, rückwirkend aufzuheben (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11. Oktober 1966 – 1BvR 178/64 –, BVerfGE 20, 230-238; so auch Nichtannahmebeschluss vom 30. Januar 2008 – 1 BvR 943/07 –, juris).

b)

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und der Obergerichte besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt.

Schlechthin unerträglich in diesem Sinne ist das Festhalten an dem rechtswidrigen Verwaltungsakt insbesondere dann, wenn die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, dessen Rücknahme begehrt wird, im Erlasszeitpunkt offensichtlich rechtswidrig war; ferner, wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Auch kann dem entsprechenden Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsaktes rechtmäßig ausgeübt werden kann, sodass sich das Ermessen aufgrund dessen als intendiert erweist (vgl. zum Ganzen Bundesverwaltungsgericht, EuGH-Vorlage vom 7. Juli 2004 – 6 C 24.03 – juris Rn. 15 m. w. N.).

Derartige Umstände liegen hier bei einer Gesamtbetrachtung nicht vor.

aa)
Zunächst kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Aufrechterhaltung des Beitragsbescheides aufgrund dessen offensichtlicher Rechtswidrigkeit schlechthin unerträglich ist.

Die Offensichtlichkeit begründende Umstände sind grundsätzlich dann gegeben, wenn die Behörde den bestandskräftigen Beitragsbescheid in Kenntnis seiner Rechtswidrigkeit erlassen hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht, EuGH-Vorlage vom 7. Juli 2004 – 6 C 24.03 –, juris Rn. 15 m. w. N). Denn angesichts der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) darf der abgabenpflichtige Empfänger eines Bescheides darauf vertrauen, dass die abgabenerhebende Körperschaft nicht vorsätzlich einen rechtswidrigen Verwaltungsakt in der Hoffnung erlässt, er werde mangels Anfechtung bestandskräftig und könne so durchgesetzt werden. Dabei kommt es allerdings nicht allein darauf an, ob die Behörde bei Erlass nur Kenntnis von den Umständen hatte, welche die Rechtswidrigkeit des Bescheides begründeten. Vielmehr musste sie selbst eindeutig und erkennbar von dessen Rechtswidrigkeit ausgehen. Die Wertung „schlechthin unerträglich“ setzt einen bewussten Verstoß der Behörde gegen die Rechtsordnung voraus, der es ausschließt, dass sie sich auf die aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgende Bestandskraft berufen kann (so auch Verwaltungsgericht Potsdam, Urteil vom 25. Juli 2018 – 8 K 4589/16 –, juris; Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 18. April 2018 – 5 K 977/17 –, juris Rn. 34 f.).

Die – hier unterstellte – Rechtswidrigkeit im Hinblick auf die Altanschließerproblematik drängte sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilabhilfebescheides im Jahr 2004 nicht gleichsam auf. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte nachweislich wegen einer gerichtlichen Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt die Rechtswidrigkeit des Bescheides erkannt hätte und der Entscheidung nicht gefolgt wäre, ohne sich auf eine eigene weiterhin bestehende abweichende Rechtsauffassung zu berufen. Vielmehr wurde die Praxis des Beklagten, auch altangeschlossene Grundstücke zu Herstellungsbeiträgen heranzuziehen, späterhin durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg vom 12. Dezember 2007 – OVG B 44.06 –, auch unter Auseinandersetzung mit der Problematik der Rückwirkung, bestätigt. Diese gefestigte Rechtsprechung der brandenburgischen Verwaltungsgerichte wurde auch durch das Landesverfassungsgericht Brandenburg (Beschluss vom 21. September 2012 – 46/11 –, juris) bestätigt, in der Folge blieben auch Rechtsmittel zum Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 11. September 2014 – 9 B 22.14 –, juris) erfolglos.

Im Hinblick auf die Komplexität des Problems in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht handelte der Beklagte nach damaliger Auffassung rechtmäßig und folgte der Rechtsprechung. Ein bewusster Verstoß des Beklagten gegen die Rechtsordnung war somit nicht gegeben.

bb)
Ferner ist die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen bestandskräftigen Bescheides nicht deshalb „schlichtweg unerträglich“ im Hinblick auf den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, weil der Beklagte in gleich oder ähnlich gelagerten Fällen von seiner Befugnis zum Wiederaufgreifen des Verfahrens Gebrauch gemacht hätte, hiervon jedoch im Fall des Klägers abgesehen hätte, ohne dass sachgerechte Erwägungen für die unterschiedliche Behandlung erkennbar wären. Denn hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Der Zweckverband hat in seiner Verbandsversammlung am 5. Dezember 2016 beschlossen, nur nicht bestandskräftige Beiträge von Altanschließern zu erstatten. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte von dieser Verwaltungspraxis – vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls – abgewichen wäre, sind nicht ersichtlich; entsprechendes hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Die unterschiedliche Behandlung derjenigen Beitragspflichtigen, die Klagen erhoben haben und derjenigen, die darauf verzichtet haben, ist sachlich begründet. Bei einem Verfassungsverstoß der Verwaltung ist einem Bürger zuzumuten, hiergegen mit den gegebenen Rechtsmitteln, notfalls mit der Verfassungsbeschwerde, vorzugehen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11. Oktober 1966 – 1 BvR 178/64 –, BVerfGE 20, 230 ff.; Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 18. April 2018, – 5 K 977/17 –, juris Rn. 38). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Zweckverband mittlerweile differenzierte Gebührensätze eingeführt hat, um Beitragszahler und Nichtbeitragszahler unterschiedlich zu behandeln (vgl. § 4 der Satzung über die Erhebung von Kanalbenutzungsgebühren für die Abwasserableitung und -behandlung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung F... in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 5. Dezember 2016 und der 6. Änderungssatzung vom 3. Dezember 2018).

cc)
Weiterhin ist die Aufhebung des Bescheides nicht deshalb geboten, weil die Berufung des Beklagten auf die Unanfechtbarkeit sich als Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben darstellte. Als treuwidrig bzw. als Verstoß gegen die guten Sitten erweist sich die Ablehnung des Wiederaufgreifens etwa dann, wenn der Betroffene durch ein Verhalten der Behörde „veranlasst“ worden ist, von der Einlegung eines Rechtsmittels abzusehen. Dabei genügt es nicht, dass die Behörde den Bürger in einer falschen Rechtsansicht bestärkt hat (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 24. Januar 2007 – 9 LA 252/09 –, juris Rn. 8). Eine entsprechende Einwirkung des Zweckverbandes auf den Kläger ist hier nicht ersichtlich. Zwar trägt der Kläger zutreffend vor, dass einem Abgabenpflichtigen keine Kenntnisse abverlangt werden können, die die eines in der Sache befassten Sachbearbeiters überschreiten. Dennoch ist grundsätzlich bei einem Verfassungsverstoß durch die Verwaltung einem Bürger zuzumuten, hiergegen mit den gegebenen Rechtsmitteln, notfalls mit der Verfassungsbeschwerde vorzugehen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11. Oktober 1966 – 1 BvR 178/64 –, BVerfGE 20, 230-238). Anderes könnte nur dann gelten, wenn vom Beitragspflichtigen die Anstrengung eines Rechtsbehelfsverfahrens unter Berücksichtigung aller Umstände billigerweise nicht erwartet werden konnte. Die in § 130 AO vorgesehene Möglichkeit, rechtswidrige Verwaltungsakte zurückzunehmen, dient jedoch grundsätzlich nicht dazu, die Folgen eines nicht eingelegten oder nicht weiterverfolgten Rechtsbehelfs auszugleichen (Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. September 2009 – XI R 56/07 –, juris). Allein der Umstand, dass der Kläger darauf vertraute, die Ausnutzung der Primärrechtsmittel sei im Hinblick auf die Rechtsprechung der Fachgerichte aussichtslos, genügt nicht, einen Verstoß gegen die guten Sitten oder eine Treuwidrigkeit anzunehmen.

dd)
Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben wäre, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsaktes rechtmäßig ausgeübt werden könnte, sodass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweisen würde. Insoweit war zu berücksichtigen, dass dem veranlagten Grundstück durch die dauerhafte gesicherte Anschlussmöglichkeit an die zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage des Zweckverbandes ein Vorteil gewährt wird und der Herstellungsbeitrag – das Vorliegen einer Altanschließersituation unterstellt – lediglich wegen Eintritts der hypothetischen Festsetzungsverjährung nicht mehr erhoben werden durfte. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Herstellungsbeitrag, entgegen der in der Öffentlichkeit teilweise verbreiteten Meinung, nicht für die Errichtung eines bereits zu DDR-Zeiten vorhandenen Grundstückanschlusses erhoben wird. Vielmehr werden (teilweise) die Kosten der nach der Gründung des Zweckverbandes geschaffenen Anlagen auf die davon bevorteilten Grundstückseigentümer umgelegt.

II.

Der mit dem Zahlungsantrag (sinngemäß) verfolgte Erstattungsanspruch gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 37 Abs. 2 AO hat keinen Erfolg, weil ohne die mit dem Verpflichtungsantrag begehrte Aufhebung des Beitragsbescheides der Rechtsgrund für das Behaltendürfen des vereinnahmten Beitrages nicht in Wegfall geraten ist.

III.
Ferner steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages vom 29. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Die seitens des Beklagten getroffene Ermessensentscheidung unterliegt nur nach Maßgabe des § 114 VwGO der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle.

Die Entscheidung des Beklagten leidet nicht an Ermessensfehlern. Ausweislich der angegriffenen Bescheide hat er das ihm bei der zu treffenden Entscheidung eingeräumte Ermessen erkannt und auch ausgeübt. Er hat sein Ermessen nicht auf sachfremde Erwägungen gestützt oder berücksichtigungsbedürftige Umstände des Einzelfalls außer Acht gelassen. Insbesondere erlaubt der Anwendungsbereich des § 130 AO, auch finanzielle Interessen zu berücksichtigen (im Einzelnen: Verwaltungsgericht Potsdam, Urteil vom 25. April 2019 – VG 8 K 2236/18 –, juris Rn. 50). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte auch nicht in erster Linie ausschließlich haushaltsrechtliche Aspekte aufgeführt: Zwar dient der Beitrag der Refinanzierung und Sicherstellung des Abgabenaufkommens. Allerdings sind diese Aspekte dem Interesse des Beklagten an der Schaffung und Erhaltung von Rechtssicherheit in Bezug auf die zukünftige Finanzierung und somit der Gestaltung der Gebührenstruktur zuzuordnen. Anhaltspunkte für eine Ermessensüberschreitung liegen unter Berücksichtigung des zuvor Festgestellten nicht vor. Es ist in der Regel ermessensfehlerfrei, wenn die Behörde dem Aspekt der Rechtssicherheit im Rahmen ihrer Ermessensausübung den Vorzug gibt, sofern nicht die Aufrechterhaltung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes nach den oben aufgezeigten Maßstäben schlechthin unerträglich ist. Auch ist regelmäßig nicht zu beanstanden, wenn die Behörde im Anwendungsbereich des § 130 AO der Rechtssicherheit den Vorrang einräumt und sich darauf beruft, dass die materielle Gerechtigkeit im gesetzlich zugelassenen Rechtsmittelverfahren gegen den Ausgangsbescheid zu verwirklichen ist.

 IV.
Da bereits die Voraussetzungen des § 130 AO nicht gegeben sind, kann vorliegend offen bleiben, ob § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO eine Aufhebung oder Änderung des Bescheides ausschließt.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Im Hinblick darauf, dass eine große Anzahl weiterer Verfahren mit vergleichbarem Streitgegenstand beim Verwaltungsgericht anhängig ist, indes zu den konkreten Fragen bislang keine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg ergangen ist, war vorliegend die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Ferner ergeht der folgende

BESCHLUSS:
Der Streitwert wird auf 3.168,80 € festgesetzt.

Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht dem Geldbetrag des streitbefangenen Bescheides.