Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 26.09.2012 | |
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Aktenzeichen | L 7 KA 60/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 63 SGB 5, § 73b SGB 5, § 73c SGB 5, § 81 SGB 5, § 140a SGB 5, § 54 SGG |
1. Eine Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung darf in ihre Satzung eine Regelung aufnehmen, derzufolge die an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer verpflichtet sind, der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung auf Verlangen die von ihnen mit den Krankenkassen geschlossenen Verträge (z.B. die sog. Selektivverträge) vorzulegen.
2. Hält ein Gericht eine von der Aufsichtsbehörde insgesamt beanstandete Satzungsänderung einer Selbstverwaltungskörperschaft für teilweise rechtmäßig, darf es die Aufsichtsbehörde nur dann zu einer Teilgenehmigung verpflichten, wenn es sich um einen sachlich sinnvoll abtrennbaren Teil handelt und nicht in die Selbstverwaltungskompetenz der Körperschaft eingegriffen wird.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zu ½.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten um eine von der Beklagten nicht genehmigte Satzungsänderung.
Die Vertreterversammlung der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beschloss am 17. März 2005 einen 8. Nachtrag zu ihrer Satzung mit dem Inhalt, § 9 – Rechte und Pflichten der Mitglieder – in Abs. 8 lit. b so neu zu fassen, dass Abs. 8 künftig lauten sollte (Änderungen sind unterstrichen):
Die Mitglieder und die sonstigen an der vertragsärztlichen Versorgung Teilnehmenden, soweit sie Honorar von der Vereinigung erhalten, sind verpflichtet,
a) der Vereinigung alle Auskünfte zu erteilen und die Unterlagen vorzulegen, die zur Nachprüfung der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen oder sonstigen von der Vereinigung sicherzustellenden und zu gewährleistenden Tätigkeiten erforderlich sind;
b) die Teilnahme an Modellvorhaben, Verträgen zur integrierten Versorgung und sonstigen von den Krankenkassen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführten Versorgungsformen unverzüglich schriftlich anzuzeigen und die entsprechenden Verträgen mit den Krankenkassen auf Verlangen vorzulegen. Die Teilnahme an einer derartigen Versorgung lässt die Verpflichtung nach Abs. 7 unberührt.
§ 9 Abs. 7 der Satzung regelt die Berechtigung/Verpflichtung der KV-Mitglieder zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und am ärztlichen Bereitschaftsdienst sowie zum Abhalten von Sprechstunden.
Der zwecks Genehmigung dieser Satzungsänderung angegangene Beklagte veranlasste bzw. erhielt die Genehmigungsfähigkeit betreffende Stellungnahmen u.a. des (damaligen) Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, anderer für Aufsichtsangelegenheiten nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zuständigen Landesministerien sowie von Krankenkassen(-verbänden). Mit Bescheid vom 14. Dezember 2005 lehnte der Beklagte die Satzungsänderung ab, weil die bestehenden gesetzlichen Vorschriften keine Rechtsgrundlage dafür enthielten, dass Vertragsärzte Verträge außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung der Klägerin auf Verlangen vorzulegen hätten. In das System der integrierten Versorgung nach § 140a ff SGB V sei die Klägerin gerade nicht einbezogen, sodass ihr auch kein Prüfrecht hinsichtlich des Inhaltes dieser Verträge eingeräumt sei. Der Satzungsnachtrag sei auch nicht notwendig, um Doppelabrechnungen zu verhindern oder die Anschubfinanzierung bzw. Bereinigung der Gesamtvergütung nach § 140d SGB V prüfen zu können. Die Prüfung unrechtmäßiger Doppelabrechnungen von Leistungen der integrierten Versorgung und der vertragsärztlichen Versorgung falle nach § 106a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB V in die Zuständigkeit der Krankenkassen, welche die KVen über die Prüfungen und deren Ergebnisse zu unterrichten hätten. Die Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS) als Registrierungsstelle für Verträge zur integrierten Versorgung erteile jeder KV die ihr gemeldeten Auskünfte. Unabhängig hiervor hätten die KVen das Recht, wegen einer vermeintlich unberechtigten Kürzung der Gesamtvergütung gegen die kürzende Krankenkasse rechtlich vorzugehen.
Mit Urteil vom 30. Juni 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt: Für die von der Vertreterversammlung der Klägerin beschlossene Vorlagepflicht gebe es weder eine Ermächtigungsgrundlage noch stehe eine solche Pflicht im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen, denn sie verstoße gegen § 140a ff SGB V. Die Aufgaben der KVen seien auf die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung ausgerichtet, die sie gegenüber den Krankenkassen zu gewährleisten hätten. Nur in diesem Zusammenhang könnten sie ihren Mitgliedern Pflichten auferlegen und diese gegebenenfalls mit den Mitteln des Disziplinarrechts durchsetzen. Die mit der Satzungsänderung vom 17. März 2005 den Vertragsärzten auferlegten Pflichten stünden nicht im Zusammenhang mit dem Sicherstellungsauftrag der Klägerin, da dieser nicht die integrierte Versorgung (§ 140a ff SGB V) umfasse. Nachdem den KVen seit dem 1. Januar 2004 jegliche Möglichkeit zum Abschluss oder zur Einwirkung auf Verträge der integrierten Versorgung genommen worden sei, könne die Klägerin im Rahmen ihrer Satzungsautonomie ihre Mitglieder nicht mehr zur Vorlage ihrer Verträge verpflichten. Zwar möge es zutreffen, dass die Klägerin auf die Information über die in ihrem Bezirk geschlossenen Verträge zur integrierten Versorgung zur Wahrnehmung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben angewiesen sei. Es könne im Ergebnis jedoch grundsätzlich nicht sein, dass sich eine an den Verträgen zwischen Leistungserbringer und Krankenkassen nicht beteiligte KV auf dem Umweg über ihre Mitglieder die Möglichkeit zur Einsicht in diejenigen Unterlagen verschaffe, die sie ohne berechtigten Grund sonst nicht einsehen dürfe. Bei Streitigkeiten über das Vorliegen von Verträgen der integrierten Versorgung sowie Streitigkeiten über die Anschubfinanzierung nach § 140b Abs. 1 Satz 1 SGB V sei die Einschaltung von Vertragsärzten nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Denn die Klägerin könne sich in berechtigten Fällen auf andere Weise die notwendigen Informationen beschaffen. Soweit die Meldebestätigung der Registrierungsstelle BQS nicht ausreichend sei, seien in einem zweiten Schritt die geschlossenen Verträge vorzulegen, wenn das Vorliegen von Verträgen der integrierten Versorgung substantiiert bestritten werde oder sich aus den Meldebestätigungen der Registrierungsstelle selbst Zweifel an der rechtlichen Qualität der Verträge ergebe. Die Klägerin könne sich wegen des Inhaltes der Verträge auch direkt an die Krankenkasse wenden. Abrechnungsprüfungen könne die Klägerin auch ohne die streitgegenständliche Satzungsänderung vornehmen. Bei Anhaltspunkten für Doppel- bzw. Falschabrechnungen im Zusammenhang mit der Teilnahme an Verträgen zur integrierten Versorgung bestehe die Möglichkeit, die Krankenkasse zu informieren, die dann – wie es in § 10 der Plausibilitätsvereinbarung vorgesehen sei – für die Prüfung im Zusammenhang mit Leistungen der integrierten Versorgung zuständig sei. Auch für die Prüfung, ob der einzelne an den Verträgen zur integrierten Versorgung teilnehmende Arzt für die vertragsärztliche Versorgung im erforderlichen Maß zur Verfügung stehe, helfe die Vorlage der Verträge nicht weiter, da sich aus dem Vertragsinhalt nicht entnehmen lasse, in welchem tatsächlichen Umfang der Arzt als Vertragsarzt arbeite. Für die Aufgaben der Klägerin im Zusammenhang mit der Erteilung von Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen durch die Zulassungsgremien bzw. mit der Bedarfsplanung sei es unverhältnismäßig, den Vertragsärzten im Sinne der Satzungsänderung Pflichten aufzuerlegen. Wegen der Verpflichtung, zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zusammen zu wirken (§ 72 Abs. 1 SGB V), sei davon auszugehen, dass auch die Krankenkassen an der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung interessiert seien. Schließlich sei es nicht Aufgabe der Klägerin, Maßnahmen gegenüber Mitgliedern im Zusammenhang mit rechtwidrigen „Zuweiserpauschalen“ zu ergreifen. Dies sei Sache der Ärztekammer, die nach § 24 ihre Berufsordnung befugt sei, sich auf Anfrage alle Verträge über die ärztliche Tätigkeit des einzelnen Arztes vorlegen zu lassen.
Gegen dieses ihr am 30. Juli 2010 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 25. August 2010, die sie wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bestünden die vertragsärztliche Regelversorgung und die selektivvertragliche Versorgung nach den Bestimmungen der §§ 73b, 73c und 140a ff SGB V nicht berührungslos nebeneinander. Vielmehr stelle die vertragsärztliche Regelversorgung das „Sprungtuch“ dar, in das sich alle Beteiligten (Leistungserbringer, Versicherte, Krankenkassen) fallen ließen, wenn es zu Funktionsstörungen im selektivvertraglichen Versorgungsbereich komme. Um ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen zu können, müssten die KVen das Leistungsgeschehen im selektivvertraglichen Versorgungsbereich sehr genau kennen. Die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. September 2009 (Az.: L 9 KR 470/08) und des Sächsischen Landessozialgerichts vom 24. Juli 2009 (Az.: L 1 KR 76/08) hätten bei den Krankenkassen nachweislich nicht zu einem Umdenken bezüglich ihrer Informationspolitik und der bis dahin praktizierten „Geheimniskrämerei“ geführt. Ursache hierfür dürfte sein, dass sich die Aufsichtsbehörden der Krankenkassen nicht wirklich für dieses Thema interessierten und teilweise die Krankenkassen sogar in ihrer Haltung bestärkten. Im Übrigen sei der Hinweis auf den Rechtsweg bei zu erwartender mehrjähriger Verfahrensdauer nicht wirklich geeignet, dem berechtigten Anliegen der Klägerin Nachdruck zu verleihen. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Juni 2010 (Az.: B 6 KA 12/09 R) ergebe sich, dass die KVen generell zu verhindern hätten, dass Leistungen, die zur selektivvertraglichen Versorgung gehörten, als vertragsärztliche Leistungen abgerechnet würden. Da es sich insoweit nicht um Doppelabrechnungen, sondern um einfache Falschabrechnungen handele, bestehe keine konkurrierende Zuständigkeit der Krankenkassen. Diese könnten die fraglichen Abrechnungsfehler gar nicht erkennen und hätten häufig auch kein Interesse an einer aufwändigen Fehlersuche, sobald die von ihnen geschuldete Gesamtvergütung bereinigt worden sei. Ohne Kenntnis der Vertragsinhalte könne die Klägerin nicht einmal nach möglichen Abrechnungsfehlern und -auffälligkeiten suchen. Vor dem Hintergrund, dass die Vorstände der KVen für die Nichtdurchführung von vorgeschriebenen Abrechnungsprüfungen hafteten, sei dies nicht hinzunehmen. Es gebe dem Vernehmen nach zahlreiche Verträge der Krankenkassen mit Vertragsärzten, die keine Bereinigung der Gesamtverträge vorsähen. Einzelheiten zum Inhalt dieser Verträge (z.B. sog. Add-on-Verträge) könne sie nicht mitteilen, da ihr diese Verträge gerade nicht im Wortlaut bekannt seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Dezember 2005 zu verpflichten, den von ihrer Vertreterversammlung am 17. März 2005 beschlossenen 8. Satzungsnachtrag zu genehmigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die (zulässige) Klage abgewiesen. Obwohl der von der Vertreterversammlung beschlossene 8. Satzungsnachtrag nur teilweise rechtswidrig ist, ist die vollständige Versagung der Genehmigung durch den Beklagten nicht zu beanstanden.
I) Im Streit steht zwischen den Beteiligten nicht der gesamte 8. Satzungsnachtrag. Die Verpflichtung der Mitglieder der Klägerin, die „Teilnahme an Modellvorhaben, Verträgen zur integrierten Versorgung und sonstigen von den Krankenkassen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführten Versorgungsformen“ unverzüglich anzuzeigen, wurde weder im angefochtenen Bescheid des Beklagten noch während des Rechtsstreits thematisiert. Zu Recht weist die Klägerin im Übrigen darauf hin, dass die Anzeigepflicht als solche bereits vor der streitigen Änderung (genehmigter) Bestandteil ihrer Satzung war.
II) Der Senat kann offen lassen, ob die auf Erteilung der Genehmigung des 8. Satzungsnachtrags gerichtete Klage als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) oder als Aufsichtungsklage (§ 54 Abs. 3 SGG) zulässig ist. Zwar stellt die von der Klägerin erstrebte Genehmigung einer Satzungsänderung durch den Beklagten im Verhältnis zu ihr einen Verwaltungsakt gemäß § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (BSG, Urteil vom 8. November 2011, Az.: B 1 A /11 R, veröffentlicht in Juris, m.w.N.). Allerdings kann auch im Rahmen einer Aufsichtsklage nicht nur die Abwehr eines belastenden, sondern auch die Verpflichtung zu einem begünstigenden Verwaltungsakt erreicht werden (BSG a.a.O.).
III) Nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V bedarf die Satzung einer KV der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Dies gilt auch für Satzungsänderungen (statt vieler: Steinmann-Munzinger, in jurisPraxiskommentar SGB V, 1.A., § 81 Rd. 31; vgl. zum Satzungsrecht der Krankenkassen: BSG a.a.O.). Ist eine Satzungsänderung, die verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommen ist – hieran im vorliegenden Fall zu zweifeln, sieht der Senat keinen Anlass –, mit höherrangigem Recht vereinbar, besteht nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V ein Anspruch auf die Genehmigung (vgl. zum Satzungsrecht der Krankenkassen: BSG a.a.O.). Hierfür ist bei einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ebenso wie bei einer auf eine Verpflichtung gerichteten Aufsichtsklage auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (BSG a.a.O.).
Ungeachtet der Frage, ob die Genehmigung von Satzung(sänderung)en als Mitwirkung an der autonomen Rechtssetzung von Selbstverwaltungskörperschaften Bestandteil der (allgemeinen) Aufsicht ist (in diesem Sinne: Steinmann-Munzinger, a.a.O.; Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 81 Rd. 64; a.A.: BSGE 37, 272 – zur Anhebung einer Geschäftsführerstelle in der gesetzlichen Unfallversicherung –; Krauskopf/Baier, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, § 34 SGB IV, Rd. 9; Schnapp, in: Schulin (Hrsg.), Handbuch des Sozialversicherungsrechts – Band 1: Krankenversicherungsrecht, § 52 Rd. 16 m.w.N.), ist die zur Genehmigung von Satzung(sänderung)en berufene Behörde auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt (Steinmann-Munzinger a.a.O.; Vahldiek a.a.O.; Kremer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand: April 2010, § 81 SGB V, C 81-19; zum Satzungsrecht der Krankenkassen: BSG, Urteil vom 24. April 2001, Az.: B 7/1 A 4/00 R, veröffentlicht in Juris, m.w.N.). Wären der Genehmigungsbehörde – abgesehen von ausdrücklich entgegenstehenden gesetzlichen Vorgaben (z.B. nach § 148 SGB V) – bei der Satzungsprüfung auch Zweckmäßigkeitserwägungen gestattet (so BSGE 37, 272; Krauskopf/Baier a.a.O., Rd. 13; Schnapp a.a.O.), würde die Satzungsautonomie als Kernstück des Selbstverwaltungsrechts weitgehend ausgehöhlt (Kremer/Wittmann, a.a.O.; ebenso zum Satzungsrecht der Krankenkassen: Schneider-Danwitz, in: jurisPraxiskommentar SGB IV, § 34 Rd. 71).
IV) Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist der 8. Satzungsnachtrag der Klägerin nur teilweise rechtswidrig. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 2005 ist im Ergebnis hingegen nicht zu beanstanden.
1) Was eine KV in ihrer Satzung regeln muss, ergibt sich im Wesentlichen aus § 81 SGB V. Soweit im vorliegenden Fall von Bedeutung, muss die Satzung gemäß Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift insbesondere Bestimmungen enthalten „über Rechte und Pflichten der Organe und der Mitglieder“ (§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V) sowie „die vertragsärztlichen Pflichten zur Ausfüllung des Sicherstellungsauftrags“ (§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 SGB V). Zu den Pflichten der Mitglieder i.S.v. § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V zählen nicht nur solche, die unmittelbar aus dem Gesetz, dem untergesetzlichen Recht (z.B. den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses) bzw. den geschlossenen Verträgen folgen, sondern auch die originär in der Satzung statuierten Pflichten, z.B. zur Beitragszahlung und zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Mit der Vorschrift des § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 SGB V, die durch das GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14. November 2003 (BGBl. I 2190) m.W.z. 1. Januar 2004 zunächst als Nr. 9 eingefügt und seit dem 1. Januar 2005 an der heutigen Stelle verortet wurde, wurden die KVen beauftragt, die Ausfüllung der vertragsärztlichen Pflichten zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrages näher zu konkretisieren (GMG-Entwurf, BT-Drs. 15/1525, S. 99). Hintergrund dieser Neuregelung war zwar die Beobachtung, dass Vertragsärzte unzulässigerweise vor Ende eines Abrechnungszeitraumes ihre Praxis schlossen, weil das individuelle Abrechnungsvolumen ihrer Praxis erschöpft war (a.a.O.). Gleichwohl ist dem Gesetzeswortlaut in keiner Weise zu entnehmen, dass die in der Satzung zu definierenden „vertragsärztlichen Pflichten zur Ausfüllung des Sicherstellungsauftrags“ sich auf diese Pflichtverletzungen beschränken. Sowohl der Wortlaut von § 81 Abs. 1 Satz Nr. 4 SGB V als auch von § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 SGB V erlauben daher die von Klägerin beschlossene Satzungsänderung. Dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist demgegenüber keine Vorschrift zu entnehmen, die diese Satzungsänderung ausdrücklich verbietet.
2) Grundsätzlich ist eine KV berechtigt, ihre Mitglieder durch eine Satzungsregelung zur Vorlage aller Verträge zu verpflichten, die ihren Sicherstellungsauftrag tangieren. Dies betrifft insbesondere die Verträge zur integrierten Versorgung gemäß § 140a ff SGB V, zur hausarztzen-trierten Versorgung gemäß § 73b SGB V bzw. zur besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung gemäß § 73c SGB V – die sog. Selektivverträge – sowie Verträge zu Modellvorhaben gemäß §§ 63, 64 und 64b SGB V.
a) Der Sicherstellungsauftrag der KVen findet seine rechtliche Grundlage in § 72 und § 75 SGB V.
Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen (§ 72 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der KVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden (§ 72 Abs. 2 SGB V). Die KVen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 75 Abs. 1 SGB V).
Diese gesetzlichen Vorgaben bedeuten für die KVen eine doppelte Verpflichtung: Zum einen haben sie im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundes- und Landesebene an der Normsetzung und der Zusammenarbeit in den gemeinschaftlich besetzten Gremien, die u.a. für die Zulassungsangelegenheiten, die Wirtschaftlichkeitsprüfung, die Bedarfsplanung (Landesausschüsse) sowie die Streitschlichtung (Schiedsstellen) errichtet wurden, mitzuwirken. Zum anderen haben sie die ambulante vertragsärztliche Versorgung durchzuführen, damit die Leistungsansprüche, die den Versicherten gegenüber ihren Krankenkassen zustehen, verwirklicht werden können (vgl. Hesral, in: jurisPraxiskommentar SGB V, 1.A., § 75 Rn. 22ff). Letzteres hat zur Folge, dass die KVen nicht nur den äußeren Rahmen zu organisieren haben, innerhalb dessen zugelassene ärztliche Leistungserbringer zum Wohle der Versicherten ihre ärztliche Tätigkeit entfalten können, sondern auch die Weiterleitung der von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütungen (§ 85 Abs. 2 SGB V) an diese Ärzte im Rahmen der Honorarverteilung.
b) Der so umrissene Sicherstellungsauftrag wird durch die o.g. Selektivverträge und Modellvorhaben in mehrfacher Weise tangiert.
aa) Zum einen beschränken diese Versorgungsformen die Aufgaben der KVen dadurch, dass deren Sicherstellungsauftrag schon kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung im Umfang der selektivvertraglich jeweils vorgesehenen Versorgung eingeschränkt ist (§ 73b Abs. 4 Satz 6, § 73c Abs. 3 Satz 4, § 140a Abs. 1 Satz 3 SGB V). Infolgedessen sind die (Gesamt-)Vergütungen (§ 64 Abs. 3 Satz 1, § 73b Abs. 7 Satz 2, § 73c Abs. 6 Satz 1 SGB V) bzw. der Leistungsbedarf sowie das Ausgabevolumen für Arzneimittel (§ 140d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1) um die selektivvertraglich vorgesehenen Leistungen zu bereinigen bzw. zu verringern. Andernfalls würde einzelne Leistungen durch die Krankenkassen sowohl im Rahmen der von den KVen zu verantwortenden vertragsärztlichen Regelversorgung als auch über die Selektivverträge vergütet (BSG, Urteil vom 6. Februar 2008, Az.: B 6 KA 27/07 R, veröffentlicht in Juris). Das hierin zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Ziel, Doppelzahlungen zu vermeiden, kann eine KV aber nur erreichen, wenn ihr der konkrete Inhalt aller Selektivverträge bekannt ist, an denen auch nur eines ihrer Mitglieder beteiligt ist. Auch die nach Anlage 7 des aktuellen Honorarverteilungsvertrags der Klägerin vorzunehmende „Bereinigung der Regelleistungsvolumina, der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina sowie zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen bei Beitritt eines Arztes zu einem Selektivvertrag gem. §§ 73b Abs. 7, 73c Abs.6 und 140d Abs. 2 SGB V“ ist nicht ohne diese Kenntnisse möglich.
bb) Aber auch für die ihr auferlegte Mitwirkung in der gemeinsamen Selbstverwaltung muss eine KV die genauen Inhalte der Selektivverträge bzw. von Modellvorhaben kennen. Insbesondere ihre Aufgaben innerhalb der Zulassungsgremien und im Zusammenhang mit der Bedarfsplanung kann sie ohne diese Kenntnisse nicht wahrnehmen. Z.B. ist ihr die Beurteilung, ob der bei Entscheidungen über Sonderbedarfszulassungen (§ 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses) generell erforderliche besondere Versorgungsbedarf gegeben ist, kaum möglich, wenn sie nicht über alle Versorgungsmöglichkeiten, die den Versicherten innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stehen, informiert ist. So könnte etwa eine Versorgung, die im Rahmen eines Modellvorhabens oder eines Vertrages zur integrierten Versorgung angeboten wird, den besonderen Versorgungsbedarf entfallen lassen. Dem lässt sich nicht entgegengehalten, die Zulassungsgremien könnten die erforderlichen Informationen auch von den Krankenkassen erlangen. Denn die Mitwirkung der KVen in Zulassungsangelegenheiten obliegt ihnen als eigene Verpflichtung zur Wahrung ihres Sicherstellungsauftrags. Diese Verpflichtung wird nicht obsolet, weil sie auch andere Institutionen der gesetzlichen Krankenversicherung trifft.
Im Vergleich zur Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V), einem weiteren gewichtigen Bereich der gemeinsamen Selbstverwaltung, ist indes eine gewisse Schieflage festzustellen. Denn nach § 106 Abs. 2 Sätze 12 bis 14 SGB V übermitteln die Krankenkassen der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen in erweitertem Umfang, damit diese – auch wenn sie die Wirtschaftlichkeit der selektivvertraglich erbrachten Leistungen selbst nicht prüft – der Gefahr einer Verzerrung durch statistische Bereinigung der Daten begegnen kann (AMNOG-Entwurf, BT-Drucks. 17/2413, S. 28). Für die Zulassungsgremien wurde eine solche Informationspflicht der Krankenkassen hingegen nicht gesetzlich geregelt, sodass den KVen eine Möglichkeit eröffnet werden muss, sich die erforderlichen Informationen anderweitig zu verschaffen.
c) Allerdings ist die Klägerin nicht mehr darauf angewiesen, sich durch ihre Mitglieder die Selektivverträge vorlegen zu lassen, um Kenntnis von deren Inhalt zu erlangen. Denn zwischenzeitlich kann sie die Übermittlung der für Sicherstellungszwecke erforderlichen Daten unmittelbar von den Krankenkassen beanspruchen.
Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 19. Oktober 2010 (DÄBl. 2010, A-2351) „zur Ermittlung des zu bereinigenden Behandlungsbedarfs gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V bei Beitritt eines Versicherten zu einem Vertrag gemäß §§ 73b, 73c und 140a ff. SGB V“ (die am 14. Dezember 2011 vereinbarte Änderung dieses Beschlusses betrifft nur hier nicht relevante Bestimmungen). Der Beschluss vom 19. Oktober 2010 sieht u.a. vor, dass die den jeweiligen Selektivvertrag abschließenden Krankenkassen umfassende Angaben über den konkreten Versorgungsauftrag des Selektivvertrags sowie die hieran teilnehmenden Versicherten und Vertragsärzte an die betroffene KV zu übermitteln haben. Im Einzelnen bedeutet dies, dass nach Abschnitt II („Bereinigung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung“) Ziffer 2.1 Satz 1 des Beschlusses die den Selektivvertrag abschließende Krankenkasse der betroffenen KV und dem zuständigen Verband der Krankenkasse auf Landesebene die für die Bereinigung erforderlichen Datengrundlagen gemäß §§ 73b Abs. 7, 73c Abs. 6 und 140a ff. Abs. 2 SGB V in geeigneter Weise maschinenles- und -verarbeitbar spätestens 6 Wochen, bei erstmaliger Bereinigung spätestens 8 Wochen, vor dem nächsten bzw. ersten Bereinigungsquartal zur Verfügung stellt. Zu übermitteln sind nach Abschnitt II Ziffer 2.3 des Beschlusses folgende Daten:
1. Angaben über den konkreten Versorgungsauftrag bzw. über dessen Änderung, insbesondere eine Liste der dem für das jeweilige Kalenderquartal nach Abschluss bzw. Anpassung des Vertrags gültigen selektivvertraglichen Versorgungsauftrag vollständig entsprechenden Gebührenordnungspositionen des EBM für Leistungen und Kostenerstattungen innerhalb der regional vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung,
2. aktuelle Liste der im jeweiligen Kalenderquartal nach Abschluss bzw. Änderung eines Selektivvertrags am Selektivvertrag teilnehmenden Versicherten mit Wohnort im Bezirk der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigung mit Vor- und Nachnamen, Krankenversichertennummer, Geburtsdatum, Geschlecht, PLZ, Status, Ein- und ggf. Austrittsdatum sowie im Einvernehmen LANR und BSNR des am Selektivvertrag teilnehmenden behandelnden Arztes,
3. aktuelle Liste der im jeweiligen Kalenderquartal eines Selektivvertrags am Selektivvertrag teilnehmenden bereichseigenen Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten mit Vor- und Nachnamen, LANR, BSNR, Ein- und ggf. Austrittsdatum, Anzahl der am Selektivvertrag teilnehmenden Versicherten je Arzt bzw. bei Arztnetzen je Arztnetz,
4. der zu bereinigende jahresbezogene Leistungsbedarf insgesamt und nach Gebührenordnungspositionen des EBM, ggf. differenziert nach den Altersklassen gemäß den für die Versorgungsinhalte des Selektivvertrags zutreffenden Versicherten- bzw. Grund- bzw. Konsiliarpauschalen des EBM sowie der zu bereinigende versichertenbezogene, jahresbezogene Gesamtleistungsbedarf der teilnehmenden Versicherten gemäß Versorgungsauftrag, soweit vorhanden, gemäß dem unter Nr. 3.1 beschriebenen Verfahren.
Welche weitergehenden sicherstellungsrelevanten Erkenntnisse die Klägerin gewönne, wenn ihr die Selektivverträge im Wortlaut vorgelegt würden, ist nicht erkennbar. Verfügt die Klägerin nach der derzeitigen Rechtslage jedoch bereits über die Daten, die sie mittels der ihren Mitgliedern aufzuerlegenden Vorlagepflicht erlangen möchte, bedarf es einer entsprechenden Satzungsregelung, die in die durch Art. 12 Grundgesetz geschützte Berufsausübungsfreiheit der Mitglieder eingreift, für den Bereich der Selektivverträge nicht.
d) Etwas anderes gilt für die Modellvorhaben (§ 63ff SGB V), die vom o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses nicht erfasst werden. Kenntnis über die Leistungen, die in diesem Rahmen erbracht werden, kann die Klägerin auch nicht auf anderem Wege erlangen. Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, das Gebot zur Zusammenarbeit verpflichte die Krankenkassen, den KVen die notwendigen Informationen zukommen zu lassen, verkennt er zum einen, dass diesem Gebot keine ausdrückliche parlamentsgesetzliche Anspruchsgrundlage zugunsten der KVen – und insoweit abweichend von § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 10 SGB V – korrespondiert. Darüber hinaus ist dieser Weg der Informationsbeschaffung, wie anhand des den Beteiligten bekannten Urteils des Senats vom 9. September 2009 (Az.: L 9 KR 470/08, veröffentlicht in Juris) deutlich wird, mit erheblich höherem Aufwand in Gestalt ggf. langwieriger Rechtsstreite zwischen der Klägerin und Krankenkassen verbunden.
e) Die o.g. Interessen der Klägerin, den Inhalt der Modellvorhaben betreffenden Verträge zur Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrags zu erfahren, sind jedoch beschränkt auf die Kenntnis, welche ihrer teilnehmenden Mitglieder innerhalb eines Modellvorhabens welche Leistungen erbringen sollen. Nicht zu Sicherstellungszwecken benötigt werden bei den KVen hingegen Informationen über die Vergütung ihrer Mitglieder sowie über sonstige am Modellvorhaben beteiligte Leistungserbringer, welche nicht zu den KV-Mitgliedern gehören (z.B. Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen, Heil- und Hilfsmittelerbringer, Angehörige der im Krankenpflegegesetz oder im Altenpflegegesetz geregelten Berufe <vgl. § 63 Abs. 3b SGB V>), erbracht werden. Angaben hierzu dürfen von den zur Vorlage verpflichteten Mitgliedern daher geschwärzt werden.
f) Die weiteren, von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Verträge (z.B. sog. Add-on-Verträge) sind im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht berücksichtigungsfähig. Voraussetzung hierfür wäre eine Kenntnis zumindest des ungefähren Vertragsinhalts, weil nur dann beurteilt werden kann, ob diese Verträge den Sicherstellungsauftrag der Klägerin tangieren.
V) Erweist sich somit die von der Klägerin beschlossene Satzungsänderung teilweise als rechtmäßig mit der Folge, dass der die Genehmigung insgesamt versagende Bescheid des Beklagten zumindest in diesem Umfang rechtswidrig ist, ist der Senat gleichwohl gehindert, die Beklagte zur eingeschränkten Genehmigung des rechtmäßigen Teils der Satzungsänderung zu verpflichten.
1) Der Senat kann an dieser Stelle offen lassen, ob die teilweise Genehmigung einer Satzung(sänderung) durch die Aufsichtsbehörde generell ausgeschlossen ist. Gegen die Zulässigkeit einer Teilgenehmigung wird eingewandt, die Genehmigungsbehörde dürfe sich hierdurch nicht die Verfügungsgewalt über die beabsichtigte Satzungsänderung aneignen und dadurch unmittelbar gestaltenden Einfluss auf das autonome Recht ausüben (Stößner, Die Staatsaufsicht in der Sozialverwaltung, 2.A., S. 151ff). Andererseits existiert kein Rechtssatz, der die teilweise Genehmigung autonomen Rechts untersagt. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Entscheidung der Genehmigungsbehörde gegenüber der Selbstverwaltungskörperschaft Verwaltungsaktsqualität aufweist (s.o. unter II.) dafür, Teilgenehmigungen im Grundsatz im selben Umfang wie die Teilanfechtung von Verwaltungsakten nach den allgemeinen Prinzipien des Verwaltungs- und Sozialprozessrechts für zulässig zu erachten. Voraussetzung wäre dann, dass die Satzung(sänderung) in sachlich sinnvolle Teilregelungen aufspaltbar ist. Zugleich muss gewährleistet sein, dass die genehmigte Teilregelung nicht in offensichtlichem Widerspruch zu den mit der Selbstverwaltungsentscheidung verfolgten Zielen steht (Schirmer u.a., a.a.O.), wie dies z.B. bei komplexen Satzungsleistungen einer Krankenkasse vorstellbar erscheint. Vieles spricht daher für differenzierende Lösungen je nach dem betroffenen Regelungsgegenstand (Schirmer/Kater/Schneider Aufsicht in der Sozialversicherung, Stand: Juli 2012, Kap. 525, S. 4ff).
2) Im vorliegenden Fall hält der Senat eine sachlich sinnvolle Teilgenehmigung für ausgeschlossen. Denn eine genehmigungsfähige Satzungsänderung müsste zumindest die o.g. Einschränkungen der Informationspflicht beachten. Möglicherweise gibt es aber auch Modellvorhaben, die noch weitere nicht sicherstellungsrelevante Angaben enthalten. Denkbar ist ferner, dass die Klägerin genauere Kenntnis vom Inhalt der von ihr erwähnten, jedoch nicht berücksichtigungsfähigen Verträgen erhält. Um derartige sowie ggf. weitere, dem Senat nicht bekannte Umstände im Rahmen der Satzungsänderung zu berücksichtigen, ist der insoweit sachkundigeren Vertreterversammlung der Klägerin die Gelegenheit zu eröffnen, eine Satzungsänderung entsprechend der Vorgaben des Senats, jedoch unter Beachtung ggf. weiterer Umstände neu zu formulieren.
VI) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat berücksichtigt hierbei, dass die von der Klägerin angestrebte Informationspflicht grundsätzlich nicht zu beanstanden ist und sich die Klägerin durch eine unzutreffende Begründung des Bescheides zur Klageerhebung veranlasst sehen durfte.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).