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Bebauungsplan; Normenkontrolle; Gewerbegebiet; "eingeschränktes Gewerbegebiet"; Ausschluss immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen; Lagerplätze; städtebauliche Erforderlichkeit; private Interessen; Gewerbebetrieb; Überplanung; angrenzende Wohnbebauung; Schutzbedürftigkeit; Schutzwürdigkeit; Erweiterungsrechte; Baurechte; Außenbereich; vorsorgender Immissionsschutz; Belange der Wirtschaft; Lärmgutachten; Ermittlungsdefizit; Fehlgewichtung; Planerhaltung; Gesamtunwirksamkeit


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 25.05.2012
Aktenzeichen OVG 2 A 18.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 47 Abs 2 VwGO, § 47 Abs 2a VwGO, § 1 Abs 3 BauGB, § 1 Abs 6 Nr 8 Buchst a BauGB, § 1 Abs 7 BauGB, § 35 Abs 4 S 1 Nr 6 BauGB, § 214 Abs 1 S 1 BauGB, § 214 Abs 3 S 2 BauGB, § 215 BauGB, § 1 Abs 5 BauNVO, § 8 Abs 2 BauNVO

Tenor

Der am 3. September 2009 beschlossene Bebauungsplan RA 2-1 „Ladestraße“ der Gemeinde Rangsdorf, dessen Genehmigung im Amtsblatt für die Gemeinde Rangsdorf vom 22. Januar 2010 (Nr. 1/2010) bekannt gemacht worden ist, wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den von der Antragsgegnerin im Jahr 2010 in Kraft gesetzten Bebauungsplan RA 2-1 „Ladestraße“.

Das Plangebiet liegt im Norden der Gemeinde Rangsdorf. Es erstreckt sich über ca. 16,6 ha, wird nördlich durch Wald und die angrenzende Autobahn A 10 sowie die Gemarkungsgrenze zu Dahlewitz, im Osten durch Flächen für Landwirtschaft und Wohnbebauung, im Süden durch die Straße „Am Stadtweg“ und im Westen durch die Bahntrasse Berlin-Dresden begrenzt. Im genannten Gebiet haben sich seit Anfang der 1990er Jahre verschiedene Gewerbetreibende niedergelassen. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der im Plangebiet liegenden Flurstücke 2..., 3..., 3... und 2... der Flur 1... der Gemarkung Rangsdorf. Sie betrieb dort früher einen Bauhof für ihren Maschinenpark und nutzt das Gelände gegenwärtig als Lager, Werkstatt und für Bürogebäude. Östlich des Plangebiets - unmittelbar angrenzend an die Flurstücke der Antragstellerin - liegt ein durch den Bebauungsplan „Stadtweg Nord“ vom 1. Februar 1996 ausgewiesenes allgemeines Wohngebiet.

Dem Erlass des streitgegenständlichen Bebauungsplans ging folgendes Verfahren voraus: In ihrer Sitzung am 8. März 2007 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss. Als Zwecke der Planung wurden hierbei die Sicherung gewerblicher Flächen für bestehende Betriebe, die Ansiedelung von nichtstörendem Gewerbe und der Ausschluss von Beeinträchtigungen der Wohnqualität für die benachbarten Wohngebiete genannt. Dazu sollte für einen Teil der Flächen des Plangebiets eine Festsetzung als Gewerbegebiet unter Beschränkung auf nicht wesentlich störende Betriebe und Anlagen im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO erfolgen. Außerdem sollten dort Lagerplätze und Sportanlagen unzulässig sein. Weiter waren Festsetzungen in Bezug auf die Grundflächenzahl und eine Oberkante als Höchstmaß sowie die Ausweisung von Pflanzflächen vorgesehen; Betriebe und Anlagen, zu deren Errichtung und Betrieb eine Genehmigung nach der Vierten Bundesimmissionsschutzverordnung erforderlich ist, sollten im gesamten Plangebiet für unzulässig erklärt werden.

Die Antragsgegnerin machte den Aufstellungsbeschluss im Amtsblatt für die Gemeinde Rangsdorf vom 27. Juli 2007 bekannt. Anschließend beteiligte sie die Träger öffentlicher Belange und führte die Bürgerbeteiligung durch. Die Antragstellerin wandte in diesem Zusammenhang ein, der vollständige Ausschluss von immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Betrieben und Anlagen beeinträchtige sie unangemessen. Wegen des Abstandes zur Wohnbebauung sei ein solcher Ausschluss bei der Überplanung der vorgefundenen Gemengelage nicht erforderlich. Es fehle auch an einer Bestandsanalyse, insbesondere im Hinblick auf das Emissionsgeschehen. Die geplanten Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung schlössen typische Nutzungen innerhalb eines Gewerbegebietes aus.

Im am 28. Mai 2009 beschlossenen Abwägungsvorschlag heißt es hierzu auszugsweise: „Die Gemeinde hat das Interesse der Grundstückseigentümer, ihre Flächen möglichst ohne Einschränkungen als Gewerbeflächen nutzen, bestehende Betriebe erweitern und ausbauen zu können bei der Abwägung berücksichtigt, räumt im Ergebnis aber dem Interesse der Anwohner in den angrenzenden Wohngebieten, von zusätzlichen Lärmbelastungen verschont zu bleiben, die Naherholungsflächen zu sichern und dem Interesse einer geordneten Entwicklung in dem Gebiet ein höheres Gewicht ein… Es handelt sich nicht um eine Gemengelage, sondern um einzelne gewerbliche Anlagen im Außenbereich in Nachbarschaft zu anderen schutzwürdigen Nutzungen. Die vorhandenen Gebäude und sonstigen Anlagen sowie ihre derzeitige Nutzung wurden anhand der Örtlichkeit und der Bestandspläne, der Aussagen des Umweltberichts … sowie der vorhandenen Unterlagen beurteilt. Der letztendlich erarbeitete B-Planentwurf stellt einen notwendigen Regelungsrahmen für ein Gebiet dar, dessen gewerbliche Nutzung und dessen Anlieger für die Gemeinde einerseits wichtig sind, das sich andererseits aber konfliktfrei in das umliegende Siedlungsgebiet einfügen muss… Dass die Gemeinde den oben dargestellten Belangen im Ergebnis Vorrang einräumt, ist nicht zu beanstanden.“

Am 3. Februar 2009 beschloss die Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung. In dem Bebauungsplan durchtrennte sie die Grundstücke der Antragstellerin mit einer sog. „Knotenlinie“. Westlich der „Knotenlinie“ wies sie ein allgemeines Gewerbegebiet aus. Für die östlich der „Knotenlinie“ gelegenen Grundstücksteile der Antragstellerin traf sie die Festsetzung „eingeschränktes Gewerbegebiet“ unter Ausschluss von das Wohnen wesentlich störenden Betrieben und Anlagen sowie von Tankstellen, Vergnügungsstätten, Lagerplätzen und Anlagen für sportliche Zwecke. Außerdem bestimmte sie hierfür eine Grundflächenzahl von 0,3 sowie eine Oberkante als Höchstmaß von 47,5 m und wies eine Pflanzfläche aus. Immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen erklärte sie im gesamten Plangebiet für unzulässig.

Nachdem die Kreisverwaltung Teltow-Fläming den Bebauungsplan mit Bescheid vom 26. Oktober 2009 mit Maßgaben und Auflagen genehmigt und die Antragsgegnerin die Erfüllung dieser Maßgaben und Auflagen mit Beitrittsbeschluss vom 26. November 2009 bestätigt hatte, machte die Antragsgegnerin die Plangenehmigung unter Hinweis auf § 215 Abs. 1 BauGB im Amtsblatt für die Gemeinde Rangsdorf vom 22. Januar 2010 bekannt.

Die Antragstellerin hat am 23. Dezember 2010 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt, der der Antragsgegnerin am 30. Dezember 2010 zugestellt worden ist. Sie macht insbesondere geltend, die Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung seien wegen der hierdurch bewirkten Einschränkungen der gewerblichen Nutzbarkeit der Grundstücke und der Beschränkungen der Entwicklungsmöglichkeit bestehender Gewerbebetriebe abwägungsfehlerhaft. Die Abwägung sei im Hinblick auf die Ermittlung der Immissionssituation defizitär und leide an einer Fehlgewichtung der betroffenen gewerblichen Nutzungsrechte einerseits sowie dem Schutzbedürfnis der Wohnbebauung andererseits. Darüber hinaus sei die Abwägung auch im Ergebnis unverhältnismäßig, weil sich der Antragsgegnerin alternative Festsetzungsmöglichkeiten hätten aufdrängen müssen. Die Grenzziehung zwischen den Gewerbegebieten sei willkürlich. Es gehe um die Überplanung einer Gemengelage. Das faktische „Gewerbegebiet Ladestraße“ liege nicht im Außenbereich, sondern bilde einen unbeplanten Innenbereich. Jedenfalls innerhalb der Grenzen einer normalen Entwicklung hätten ihre Investitions- und Erhaltungsinteressen aber auch unabhängig von der Einordnung der bauplanungsrechtlichen Gebietsqualität zwingend Berücksichtigung finden müssen. Die Schutzinteressen der herangerückten Wohnbebauung seien unzutreffend bewertet worden; eine Einschränkung der Festsetzung als Gewerbegebiet sei aus Gründen des Immissionsschutzrechts nicht erforderlich gewesen. Die für den Ausschluss von Anlagen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, maßgebliche Auffassung der Antragsgegnerin, derartige Anlagen seien regelmäßig nur in Industriegebieten zulässig, sei unzutreffend.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bebauungsplan der Gemeinde Rangsdorf RA 2-1 „Ladestraße“, bekanntgemacht im Amtsblatt für die Gemeinde Rangsdorf vom 22. Januar 2010, für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der streitige Bebauungsplan sei formell und materiell rechtmäßig. Ziel des Bebauungsplans sei es, die künftige Ansiedelung von Gewerbebetrieben im Interesse der städtebaulichen Ordnung zu steuern und Beeinträchtigungen benachbarter Wohngebiete durch entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan auszuschließen. Die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung seien aus Gründen des vorsorgenden Immissionsschutzes getroffen worden. Der Umstand, dass keine schalltechnische Untersuchung in Auftrag gegeben worden sei, stelle kein Ermittlungsdefizit dar. Der Ausschluss von Anlagen, die der Vierten Bundesimmissionsschutzverordnung unterliegen, sei in Anbetracht der Nähe zur Wohnbebauung nicht zu beanstanden, entspreche vielmehr der „Empfehlung zu den Abständen zwischen Industrie-/Gewerbegebieten sowie Hochspannungsfreileitungen/Funksendestellen und Wohngebieten im Rahmen der Bauleitplanung unter den Aspekten des Immissionsschutzes“ des Ministers für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung vom 6. Juni 1995. Die Gemeinde sei nicht verpflichtet, Nutzungen bis an die Grenze dessen zu ermöglichen, was anhand der Maßstäbe des Immissionsschutzes gerade noch zulässig sei. Eine Gemengelage sei hier nicht überplant worden. Die Abgrenzung von allgemeinem und eingeschränktem Gewerbegebiet unterliege keinen Bedenken. Sie orientiere sich an den Flurstücksgrenzen bzw. an einem Abstand von ca. 100 m zur an das Wohngebiet angrenzenden Plangebietsgrenze.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und die beigezogenen Aufstellungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

I.

Der Antrag ist rechtzeitig innerhalb von einem Jahr nach der am 22. Januar 2010 erfolgten Bekanntmachung (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellt worden und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsbefugnis ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin als Eigentümerin von Grundstücksflächen, die innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans liegen und hierdurch möglicherweise in ihrer baulichen Nutzbarkeit eingeschränkt werden, in einer durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten Rechtsstellung betroffen sein kann.

Die Antragstellerin ist mit ihrem Vorbringen nicht nach § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert, da sie die im gerichtlichen Verfahren weiterverfolgten Einwendungen bereits während der öffentlichen Auslegung des Entwurfes des streitgegenständlichen Bebauungsplanes erhoben hat.

II.

Der Normenkontrollantrag ist begründet. Der angefochtene Bebauungsplan ist jedenfalls aufgrund materieller Fehler unwirksam.

1. Er ist allerdings nicht bereits mangels Erforderlichkeit für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB zu beanstanden.

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB setzt die Aufstellung eines Bauleitplans zunächst dessen Erforderlichkeit für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung voraus. Was im Sinne dieser Bestimmung erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche Ziele sich die Gemeinde in der Bauleitplanung setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die bauleitplanerischen Regelungen in den gesetzlichen Grenzen zu treffen, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entsprechen. Nicht Voraussetzung ist, dass bauplanerische Festsetzungen zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten sind. Es reicht aus, wenn hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange vorliegen, das daraus entwickelte Konzept bodenrechtlich begründet ist und nach den Maßstäben des § 1 Abs. 6 und 7 BauGB nicht von vornherein als undurchführbar erscheint. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind solche Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist auszugehen, wenn eine planerische Festsetzung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen, oder eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BauR 1999, 1136 [1137] m.w.N.). Nicht erforderlich sind außerdem Bebauungspläne, deren Verwirklichung im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens dauernde Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 1990 - 4 NB 29.90 -, juris). Danach sind die Planungsvoraussetzungen hier gegeben.

a. Eine unzulässige reine Verhinderungsplanung liegt nicht vor. Mit dem Ziel der Lösung von immissionsschutzrechtlichen Konflikten und der Festschreibung des entstandenen Gewerbegebiets verfolgt die Antragsgegnerin positive Planungsziele. Unerheblich ist, dass sie diese Ziele zum Teil negativ („Ausschluss von Beeinträchtigungen“ für die benachbarte Wohnbebauung) umschrieben hat. Denn es besteht kein generelles Verbot negativer Beschreibungen, sofern hierdurch - wie hier - positive Planungsziele festgesetzt werden (vgl. Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, Rn. 26 zu § 1).

b. Für den angegriffenen Bebauungsplan fehlt es auch nicht deshalb an der Erforderlichkeit, weil seine Vorgaben im Hinblick auf durch bestehende Anlagen bereits überschrittene Grundflächenzahlen nicht realisierbar wären. Denn die Festsetzungen des Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung sind zukunftsorientiert (vgl. Beschluss des Senats vom 25. April 2012 - OVG 2 N 100.09 -, m.w.N.). Ihnen stehen - bei neuen Bauvorhaben - keine zwingenden dauernden Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegen.

2. Die Festsetzung „eingeschränktes Gewerbegebiet“ unter Ausschluss von das Wohnen wesentlich störenden Betrieben und Anlagen sowie von Tankstellen, Vergnügungsstätten, Lagerplätzen und Anlagen für sportliche Zwecke ist mit den Vorgaben der Baunutzungsverordnung vereinbar. Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. So verhält es sich hier. Der Ausschluss von das Wohnen wesentlich störenden Gewerbebetrieben und Tankstellen, Vergnügungsstätten, Lagerplätzen sowie von Anlagen für sportliche Zwecke lässt die allgemeine Zweckbestimmung „Gewerbegebiet“ unberührt, weil noch eine Vielzahl der in § 8 Abs. 2 BauNVO genannten Nutzungen (z.B. nicht störende Gewerbebetriebe, Lagerhäuser, öffentliche Betriebe, Geschäfts-, Büro und Verwaltungsgebäude) möglich bleibt (vgl. zu ähnlichen Fallgestaltungen BVerwG, Beschluss vom 15. April 1987 - 4 B 71.87 -, BRS 47 Nr. 55; vgl. ferner Beschluss vom 8. November 2004 - 4 BN 39.04 -, BauR 2005, 513 ff.).

Ebenso wenig bestehen gegen den generellen Ausschluss von immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen im Plangebiet Bedenken. Ein solcher Ausschluss ist zulässig, weil diese Betriebe in der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes hinreichend typisiert sind (vgl. VGH München, Beschluss vom 21. Oktober 1996 - 20 CS 96.1561 und 96.3334 -, BauR 1997, 84) und auch dieser Ausschluss die allgemeine Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets unberührt lässt.

3. Der angegriffene Bebauungsplan wird jedoch bezogen auf die Festsetzung eines „eingeschränkten Gewerbegebietes“ den Anforderungen des Abwägungsgebots gemäß § 1 Abs. 7 BauGB nicht gerecht.

Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 [309]) ist das Gebot gerechter Abwägung verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet; es ist verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss; es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Soweit die Ermittlung und Bewertung der Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, in § 2 Abs. 3 BauGB nunmehr auch als verfahrensbezogene Pflicht ausgestaltet worden ist, ergeben sich hieraus keine inhaltlichen Änderungen gegenüber den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Abwägungsgebot entwickelten Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 - 4 CN 1.07 -, BVerwGE 131, 100 [105]). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

a. Hiervon ausgehend hat im vorliegenden Fall eine Abwägung zwar stattgefunden, der Plangeber hat jedoch nicht alles an Belangen in die Abwägung eingestellt, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen. Es liegt bezogen auf die Festsetzung eines „eingeschränkten Gewerbegebietes“ ein Abwägungsdefizit vor, weil der Plangeber den abwägungserheblichen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und in die Abwägung eingestellt hat.

Abwägungsbeachtlich sind die Belange, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan erkennbar waren; bekannte - private - Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen, wenn sie in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008, a.a.O., S. 106). Danach hätte die Antragsgegnerin das Gewicht der Rechte der im Plangebiet ansässigen Gewerbetreibenden auf und ihre Interessen an einer Betriebsausweitung einerseits und der Schutzinteressen der angrenzenden Wohnbebauung andererseits ermitteln müssen. Daran fehlt es hier. Die Antragstellerin macht zu Recht geltend, die Antragsgegnerin habe kein Immissionsschutzgutachten zur Vorbereitung ihrer Abwägung eingeholt.

aa. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 10. September 2009 - OVG 2 A 2.06 -, juris) erfordert die Überplanung eines teilweise bereits bebauten Gebiets, insbesondere eines vorhandenen Gewerbegebiets in der Nachbarschaft zu einer bestehenden Wohnnutzung, eine erkennbare sorgfältige Bestandsaufnahme betreffend des vorhandenen Betriebes und hauptsächlich seines Emissionsverhaltens (vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 8. März 1993 - 11a NE 53.89 -, GewArch 1993, 298 [300]; Urteil vom 7. März 2006 - 10 D 43/03.NE -, juris; VGH Mannheim, Urteil vom 6. Mai 2009 - 3 S 3037.07 -, BauR 2009, 1870 [1871]). Um eine verwertbare Grundlage für eine Immissionsprognose zu erhalten, ist es nämlich grundsätzlich unerlässlich, das tatsächlich zulässige Emissionspotenzial zu ermitteln, wie es sich aus der für den jeweiligen Betrieb erteilten Baugenehmigung ergibt. Nur auf einer solchen Grundlage ist die Prognose hinreichend aussagekräftig, um die in die Abwägung einzustellenden widerstreitenden Belange von Wohnnutzung und Gewerbebetrieb richtig gewichten und zu einem gerechten Ausgleich bringen zu können (vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 6. Mai 2005 - 10 B 2657/04.NE -, juris). Vorliegend ist eine derartige Bestandsaufnahme nicht erfolgt, obwohl die Antragstellerin deren Fehlen bereits frühzeitig in ihren Einwendungen gegen den Bebauungsplanentwurf gerügt hat.

bb. Außerdem hat die Antragsgegnerin keine ausreichenden Ermittlungen zu dem Bestand der vorhandenen Betriebe, deren konkreten Betriebsumfang und zu den konkreten Betriebsabläufen sowie den damit im Zusammenhang stehenden Rechten der im Plangebiet ansässigen Gewerbetreibenden vorgenommen. Es ist den Aufstellungsunterlagen nicht zu entnehmen, ob und inwieweit von den vorhandenen Betrieben zu welchen Zeiten in welchem Umfang nachteilige Auswirkungen welcher Art ausgehen.

cc. Die genannten Ermittlungen sind entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht deshalb entbehrlich, weil sich die überplanten Grundstücke bauplanungsrechtlich im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB befinden. Dabei unterstellt der Senat, dass die Einordnung der bauplanungsrechtlichen Gebietsqualität durch die Antragsgegnerin zutrifft und das „Gewerbegebiet Ladestraße“ noch keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB bildet. Auch in diesem Fall träfe die Annahme der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe keine Baurechte, solche Rechte würden durch den angegriffenen Bebauungsplan erst geschaffen, nicht zu. Nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB kann einer - im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessenen - baulichen Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs im Außenbereich nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächen-nutzungsplans oder eines Landschaftsplans widerspricht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB ist. In einem solchen Fall, der hier gegeben ist, sofern eine solche Betriebserweiterung nicht im Einzelfall konkrete Immissionskonflikte hervorruft, besteht ein Rechtsanspruch auf die Zulassung von Erweiterungsvorhaben (vgl. Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., Rn. 43 zu § 35) und damit insoweit ein eigentumsrechtlich verfestigtes Baurecht. Dieses Baurecht wird durch den angegriffenen Bebauungsplan beeinträchtigt, soweit dieser für einen Teil des Plangebiets eine Festsetzung als „eingeschränktes Gewerbegebiet“ trifft. Denn diese Festsetzung steht insbesondere einer zukünftigen Ausweitung von Lagerplätzen entgegen; die Antragstellerin wird auf den Bestandsschutz zurückgeworfen, ohne dass die Antragsgegnerin sich zuvor durch Einholung eines Gutachtens ein Bild von der Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung und damit von der Erforderlichkeit der Beeinträchtigung der Baurechte der Antragstellerin verschafft hat.

dd. Der Verzicht auf die gebotenen Ermittlungen ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Antragsgegnerin vorsorgenden Immissionsschutz betreiben wollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 28. Februar 2002 - 4 CN 5.01 -, DVBl. 2002, 1121 [1126]) ist die Gemeinde zwar nicht verpflichtet, Nutzungen bis an die Grenze dessen zu ermöglichen, was anhand der Maßstäbe des Immissionsschutzrechts gerade noch zulässig ist, ohne als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG qualifiziert werden zu können. Vielmehr darf die Gemeinde bereits im Vorfeld der Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen tätig werden und mit einem Bebauungsplan vorbeugenden Immissionsschutz betreiben. Durch eine solche Absicht ist sie jedoch nicht von der Verpflichtung enthoben, ausreichende Ermittlungen anzustellen. Dies gilt jedenfalls für die Beurteilung von Lärmimmissionen, für die es festgelegte Schwellenwerte gibt. Auch im Rahmen vorbeugenden Lärmschutzes können die wechselseitigen Interessen nämlich nur sachgerecht gewichtet werden, wenn das Ausmaß der zu erwartenden Beeinträchtigungen und die Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung bekannt sind.

ee. Auch die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung der Antragsgegnerin, derartige Ermittlungen hätten für die von ihr angestrebte Konfliktlösung keine Erkenntnisse gebracht, weil sie das gefundene Planergebnis in jedem Fall so beschlossen hätte, rechtfertigt nicht den Verzicht auf die gebotenen Ermittlungen. Zum einen erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin von der ursprünglich angestrebten Konfliktlösung abgesehen hätte, wenn sie sich durch die gebotenen Ermittlungen ein Bild von der Schutzwürdigkeit der Erweiterungsinteressen der Gewerbetreibenden und der Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung verschafft hätte und ihr durch ein Lärmgutachten etwa die Unzulässigkeit der geplanten Festsetzungen vor Augen geführt worden wäre. Zum anderen hat das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB nicht nur ermächtigenden Charakter, indem es die im Planungsauftrag liegende und ihm immanente planerische Gestaltungsfreiheit, das Planungsermessen bestätigt, sondern es beinhaltet gleichzeitig eine Verpflichtungsfunktion in dem Sinne, dass die Ausnutzung des Planungsermessens zugleich eine gerechte und damit den rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechende Abwägung der davon berührten Belange einschließlich der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials voraussetzt (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand: November 2011m § 1 Rn. 183 m.w.N.). Dies erlaubt es der Gemeinde nicht, sich auf das jeweilige Planungsergebnis zurückzuziehen.

ff. Soweit die Antragsgegnerin weiter darauf hinweist, es müsse ihr die Möglichkeit offen stehen, städtebauliche Fehlentwicklungen mit den Mitteln der Bauleitplanung zu steuern, ist ihr im Grundsatz zwar zuzustimmen. Bei einer solchen Steuerung muss sie aber die Rechte der bestehenden Betriebe berücksichtigen und sich in diesem Rahmen in einem ersten Schritt Kenntnis vom Ausmaß dieser Rechte und der ihnen entgegenstehenden Belange verschaffen.

b. Neben einem Ermittlungsdefizit ist eine Fehlgewichtung des Abwägungsmaterials festzustellen.

Aus dem Fehlen gebotener betriebsbezogener Erhebungen insbesondere zu vorhandenen bzw. zu erwartenden Emissionen folgt, dass der Schutz des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht in die dem Satzungsbeschluss zugrundeliegende Abwägung eingestellt worden ist (vgl. Urteil des Senats vom 10. September 2009, a.a.O.). Die Belange der im Plangebiet ansässigen Gewerbebetriebe sind zu gering gewichtet worden; die Gewerbetreibenden hätten ohne rechtfertigende Gründe nicht auf den Bestandsschutz beschränkt werden dürfen, vielmehr hätten auch ihre Erweiterungsrechte in den Blick genommen werden müssen. Den Interessen der Bewohner des angrenzenden Wohngebiets ist demgegenüber ein zu hohes Gewicht beigemessen worden, weil ihnen unabhängig von einem konkreten Schutzbedürfnis der Vorrang gegenüber den Interessen der Gewerbetreibenden eingeräumt worden ist.

Neben dem Eigentumsrecht der Gewerbetreibenden hat die Antragsgegnerin den nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchstabe a) BauGB zu berücksichtigenden Belangen der Wirtschaft nicht das ihnen zukommende Gewicht beigemessen. Denn mit der - ausweislich der Abwägungsentscheidung - bedingungslosen Durchsetzung des Planungsziels des Schutzes der angrenzenden Wohnbebauung verkennt die Antragsgegnerin die Bedeutung der auch im Rahmen der „Belange der Wirtschaft“ zu berücksichtigenden Erweiterungsinteressen eines vorhandenen Gewerbebetriebes, die selbst als Einzelinteresse mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. September 1988 - 4 NB 15/88 -, NVwZ 1989, 245 [246]). Bei der Anwendung des § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchstabe a) BauGB ist für eine angemessene Berücksichtigung der aufgezeigten Belange ebenfalls mehr als die Beachtung des durch Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Bestandsschutzes geboten (vgl. OVG Münster, Urteil vom 8. März 1993, a.a.O.). Es ist - wie im Rahmen des durch § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB bestimmten Eigentumsrechts - erforderlich, die noch als normale Betriebsentwicklung anzusehende und oft zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit notwendige Erweiterung der Kapazitäten ebenso wie die Modernisierung einer Anlage o.ä. als abwägungsbeachtlich anzuerkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. April 1971 - IV C 66.67 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 90; Beschluss vom 8. September 1988, a.a.O.).

4. Die festgestellten Mängel im Abwägungsvorgang sind nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB beachtlich, weil sie offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. zu den Anforderungen u.a. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008, a.a.O., S. 105 ff.).

Offensichtlich sind Fehler bei der Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, wenn sie ohne Weiteres aus dem Aufstellungsvorgang und der Planbegründung hervorgehen (vgl. Urteil des Senats vom 10. Dezember 2008 - OVG 2 A 7.08 -, juris). Das ist hier für die unterlassene Einholung eines schalltechnischen Gutachtens der Fall.

Die aufgezeigten Mängel im Abwägungsvorgang haben auch das Abwägungsergebnis beeinflusst. Auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind Mängel im Abwägungsvorgang, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder erkennbarer oder nahe liegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Es kommt also einerseits nicht auf den positiven Nachweis eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis an. Auf der anderen Seite genügt aber auch nicht die (wohl stets zu bejahende) abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Mangel anders geplant worden wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - 4 BN 47.03 -, BRS 66 Nr. 65).

Vorliegend besteht die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Hätte die Antragsgegnerin nämlich den Konflikt zwischen den geschützten Interessen der Gewerbetreibenden auch an Erhaltung der üblichen Entwicklungsmöglichkeiten und den schützenswerten Interessen der angrenzenden Wohnbebauung zutreffend ermittelt und bewertet, so hätte sie den Interessenausgleich wahrscheinlich anders getroffen, insbesondere das eingeschränkte Gewerbegebiet unter Berücksichtigung des konkreten Schutzbedürfnisses der Wohnbebauung anders zugeschnitten. Ein städtebaulich zwingender Belang, der geeignet wäre, die streitgegenständliche Planung zu rechtfertigen, ist den Aufstellungsvorgängen nicht zu entnehmen. Dies rechtfertigt den Schluss, dass die Antragsgegnerin bei einem fehlerfreien Abwägungsvorgang zu einem zumindest teilweise abweichenden Planinhalt gekommen wäre.

5. Die dargestellten beachtlichen Verstöße gegen das Abwägungsgebot sind nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden. Denn die Antragstellerin hat dem dort geregelten Rügeerfordernis jedenfalls mit ihrer der Antragsgegnerin rechtzeitig zugestellten Antragsschrift form- und fristgerecht Rechnung getragen.

6. Die festgestellten Mängel haben zur Folge, dass der am 22. Januar 2010 bekannt gemachte Bebauungsplan RA 2-1 „Ladestraße“ insgesamt für unwirksam zu erklären ist.

Die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans hat nur dann nicht die Gesamtunwirksamkeit des Plans zur Folge, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 6. April 1993 - 4 BN 43.92 -, BRS 55 Nr. 31; Beschluss vom 18. Februar 2009 - 4 B 54.08 -, BauR 2009, 1102). So verhält es sich hier nicht.

Bei dem angegriffenen Bebauungsplan handelt es sich ersichtlich um ein in sich geschlossenes und ausdifferenziertes Planungskonzept. Nach dem in der Planbegründung zum Ausdruck gekommenen Planungsziel ging es der Gemeinde mit ihrem Bebauungsplan u.a. gerade darum, die östlich des Plangebiets angrenzende Wohnbebauung zu schützen. Dieser Schutz sollte insbesondere durch Festlegung des „eingeschränkten Gewerbegebiets“ als Puffer erfolgen, das einen Übergang zum Wohngebiet und zum Freiraum schaffen sollte. Vor dem Hintergrund dieses zentralen Plananliegens und angesichts des Fehlens von objektiven Anhaltspunkten in der Planbegründung für einen Willen der Antragsgegnerin, in jedem Fall die übrigen Festsetzungen zu erhalten, kann nicht angenommen werden, dass die Antragsgegnerin den Plan auch ohne die durch den Immissionsschutz veranlassten Festsetzungen erlassen hätte.

7. Ob über die festgestellten Mängel im Abwägungsvorgang hinaus Fehler im Abwägungsergebnis vorliegen und ob die von der Antragstellerin gerügten Abwägungsmängel in Bezug auf den Ausschluss immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen und hinsichtlich der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung sowie der Ausweisung einer Pflanzfläche gegeben sind und die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge hätten, kann offenbleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 52 Abs. 1 und 7 GKG. Hierbei ist von Ziffer 9.8.1 des - im Interesse der Vorhersehbarkeit der Kostenfolgen und damit der Rechtssicherheit sowie der Gleichbehandlung - regelmäßig herangezogenen Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (veröffentlicht in DVBl. 2004, 1525) auszugehen, der für die Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan einen Streitwert von 7.500,00 Euro bis 60.000,00 Euro vorsieht. Bei der Interessenlage der Antragstellerin erscheint vor diesem Hintergrund der aus dem Tenor ersichtliche Streitwert angemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).