Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 20.11.2013 | |
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Aktenzeichen | 4 U 36/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung dieses Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung in Höhe von 31.847,32 € aus einem am 20. März/2. April 2008 geschlossenen Darlehensvertrag, der laut Vertragsurkunde der Finanzierung eines gebrauchten BMW X 5 3.0 D diente, in Anspruch. Ferner verlangt sie Zinsen und - diese sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens – vorgerichtlicher Inkassokosten.
Der Beklagte machte gegen seine Inanspruchnahme im Wesentlichen geltend, Opfer eines Betruges geworden zu sein. Er habe auf Bitten seines Freundes O… S… und dessen seinerzeitigen Arbeitgebers K… B…, die beide kein Darlehen für die von ihnen gewünschte Fahrzeugfinanzierung hätten aufnehmen können, „pro forma“ den Darlehensvertrag unterzeichnet, die Darlehensraten hätten absprachegemäß vom Geschäftskonto des Herrn B… abgebucht werden sollen. Auf die Mahnungen der Klägerin hin zur Rede gestellt, hätten ihm die Herren S… und B… versichert, sie würden sich kümmern.
Des Weiteren bestritt er die Auszahlung der Darlehensvaluta und die Erfüllung eines Kaufvertrages, ein solcher Kaufvertrag über den BMW – insoweit sind die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil, auf die im Übrigen hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes gemäß § 540 Abs. 1 ZPO verwiesen wird, zu ergänzen – existiere überhaupt nicht. Dies, meinte der Beklagte, könne er auch dem Darlehensrückzahlungsanspruch entgegenhalten, denn Darlehensvertrag und Kaufvertrag stellten ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 358 BGB dar.
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme der geltend gemachten Inkassokosten stattgegeben. Zur Begründung hat es – soweit für das Berufungsverfahren bedeutsam – ausgeführt, zwischen den Parteien sei ein Darlehensvertrag zustande gekommen; hierbei sei irrelevant, ob der Beklagte auch die Selbstauskunft und die sog. Schufa-Klausel unterzeichnet habe.
Der Darlehensvertrag sei nicht wegen Anfechtung nichtig. Die Voraussetzungen für einen Inhalts- oder Erklärungsirrtum i.S.d. § 119 BGB lägen nicht vor. Überdies sei die am 30. Oktober 2008 erklärte Anfechtung auch nicht unverzüglich i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB, denn die Einziehung der Darlehensraten von seinem Konto sei dem Beklagten bereits aufgrund der Darlehensbestätigung vom 2. April 2008 bekannt gewesen. Auch eine Anfechtung gemäß § 123 BGB scheide aus. Etwaig falsche Erklärungen der Herren S… und B… seien der Klägerin nicht zuzurechnen. Etwaige unrichtige Erklärungen des Mitarbeiters C… der Autohaus L… GmbH müsse sich die Klägerin zwar gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, denn sie sich des Autohauses als ihres Verhandlungsgehilfen bedient. Es sei indes nicht dargetan, dass Herr C… den Beklagten zum Abschluss des Darlehensvertrages veranlasst habe; getäuscht worden sei mit etwaig gefälschten Unterlagen allenfalls die Klägerin und nicht der Beklagte. Ein kollusives Zusammenarbeiten der Herren B… und S… mit Herrn C… sei lediglich pauschal behauptet.
Dem Beklagten stünde der Einwendungsdurchgriff nach § 359 BGB nicht zur Seite, denn ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 358 BGB liege bei der nach dem Beklagtenvortrag fehlenden Identität zwischen Darlehensnehmer und Käufer nicht vor. Die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 BGB sei unbegründet. Aufgrund der vorgelegten Überweisungsbelege und Ausdrucke sei davon auszugehen, dass die Darlehensvaluta vertragsgemäß der W… GmbH als Fahrzeugverkäufer gutgeschrieben worden sei und deren Darlehen bei der Klägerin abgelöst habe; einer Vernehmung der Zeugin M… habe es nicht bedurft.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er sein Klageabweisungsbegehren unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages vollumfänglich weiter verfolgt.
Der Beklagte rügt eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf die Frage, ob und zwischen wem ein Kaufvertrag geschlossen worden sei, und hält den Beweis für die Auszahlung der Darlehensvaluta für nicht erbracht. Übergangen habe das Landgericht sein unter Beweis gestelltes Vorbringen, die Gehaltsbescheinigungen seien vorab mit dem Zeugen S… an das Autohaus gefaxt worden; diese seien dann dort – mit der Folge, dass § 278 BGB greife – oder bei der Klägerin gefälscht worden.
Er bestreitet mit Nichtwissen, dass es das Fahrzeug überhaupt gegeben habe, und behauptet, es fehle an einer wirksamen Widerrufsbelehrung gemäß §§ 355, 495 BGB, weshalb er Kauf- und -Darlehensvertrag mit der Anfechtungserklärung habe widerrufen können.
Durch die Rückgabe des Fahrzeugs an die Klägerin sei die Rücktrittsfiktion des § 503 Abs. 2 BGB a.F. ausgelöst und die Darlehensforderung erloschen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt Oder) vom 17. Januar 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt mit näheren Ausführungen die angefochtene Entscheidung.
II.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen zur Darlehensrückzahlung gemäß § 488 Abs. 1 BGB verurteilt; die Zinsforderung, gegen deren Höhe der Beklagte nichts vorbringt, stützt sich auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
1.
Grundlage des Rückzahlungsanspruchs ist der Darlehensvertrag, der durch Annahme des unstreitig von dem Beklagten unterzeichneten Darlehensantrages durch die Klägerin zustande gekommen ist. Die Einwendungen des Beklagten gegen die Wirksamkeit des Darlehensvertrages greifen sämtlich aus den im Wesentlichen bereits vom Senat im Verhandlungstermin vom 30. Oktober 2013 dargelegten Erwägungen nicht durch. Hierzu im Einzelnen:
a) Ein Durchgreifen einer auf einen Inhalts- oder Erklärungsirrtum gestützten Anfechtung des Beklagten gemäß § 119 BGB hat das Landgericht zu Recht verneint; dagegen bringt die Berufung auch nichts vor.
b) Der Darlehensvertrag vom 20. März/2. April 2008 ist nicht gemäß § 142 BGB aufgrund Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) nichtig.
Der Beklagte meint im Berufungsrechtzug ein Anfechtungsrecht gemäß § 123 BGB darauf stützen zu können, dass die Manipulation seiner Gehaltsbescheinigung – die manipulierte Verdienstbescheinigung (Anlage B 3, Bl. 118 d.A.) wies anstelle des Monatsbruttolohns von 1.131,00 € (Anlage B 2, Bl. 117 d.A.) ein solches von 3.870,00 € und ein Monatsnettoeinkommen von 2.663,09 € auf – jedenfalls im Machtbereich der Klägerin erfolgt sei, nämlich entweder in der Autohaus L… GmbH, deren sich die Klägerin zum Abschluss des Darlehensvertrages bedient habe, oder bei der Klägerin selbst. Dem vermag der Senat – wie im Termin bereits ausgeführt – nicht zu folgen.
aa) Die Behauptung, die Manipulation der Gehaltsbescheinigung sei bei der Klägerin selbst erfolgt, stellt ersichtlich eine bloße Mutmaßung und damit eine unzulässige Behauptung „ins Blaue hinein“ dar. Soweit der Beklagte im Senatstermin vorgetragen hat, der Klägerin sei an einer Ablösung des „notleidenden“ Darlehens der W… GmbH interessiert gewesen, hat der Senat im Termin unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die klägerseits eingereichten Darlehensunterlagen der Behauptung, das Darlehen sei notleidend gewesen, entgegenstehen; ausweislich des als Anlage K 24 (Bl. 215 d.A.) eingereichten Kontoauszuges wurde das Darlehen der W… GmbH bis einschließlich 5. März 2008 stets bedient.
Überdies erfolgte der – bestrittene – Vortrag, die Manipulation der Gehaltsbescheinigung sei bei der Klägerin erfolgt, erstmalig im Berufungsrechtszug und ist mangels Zulassungsgründen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.
bb) Wurde die Manipulation der Gehaltsbescheinigung des Beklagten in der Autohaus L… GmbH vorgenommen, begründete dies gleichwohl kein Anfechtungsrecht des Beklagten wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB).
Täuschung im Sinne des § 123 BGB bedeutet ebenso wie im Strafrecht die Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums. Unzweifelhaft wurde der Klägerin mit Vorlage einer ein höheres Gehalt ausweisenden Lohnbescheinigung die Zahlungsfähigkeit des Beklagten vorgespiegelt.
Der Beklagte bekam nach seinem eigenen Sachvortrag die gefälschte Verdienstabrechnung überhaupt nicht zu Gesicht. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern bei dem Beklagten durch die manipulierte Verdienstabrechnung überhaupt ein Irrtum in Bezug auf den von ihm am 20. März 2008 unterzeichneten Darlehensantrag hätte erregt werden können.
cc) Ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung wird auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Beklagte, wie mit seiner Berufung geltend macht, seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung in dem Glauben abgegeben habe, die Klägerin würde über sein tatsächliches Einkommen Kenntnis erhalten, andernfalls hätte er den Darlehensantrag nicht unterschrieben.
Diese Behauptung des Beklagten steht in so eklatantem Widerspruch zu seinem tatsächlichen Handeln, dass sie als erkennbar unwahres Vorbringen unberücksichtigt bleibt.
Er hat sich gegenüber der Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrages in maßgeblicher Hinsicht bewusst unredlich verhalten, dass bereits aus diesem Grund nicht nachvollziehbar ist, weshalb er in Bezug auf die Verdienstnachweis auf wahrheitsgemäße Angaben hätte Wert legen wollen. So hatte der Beklagte offenbar keinerlei Skrupel, gegen eine „Aufwandsentschädigung“ i.H.v. 100,00 € den Darlehensantrag als Darlehensnehmer zu unterzeichnen und der Klägerin damit vorzuspiegeln, er sei willens und in der Lage, die Kreditraten zurückzuzahlen. Der Beklagte hat die Klägerin zur Auszahlung einer Nettokreditsumme i.H.v. fast 50.000,00 € veranlassen wollen und es war ihm, der ja „nur“ eine Unterschrift hat leisten wollen und sollen, offenkundig gleichgültig, ob das vorgeblich mit dem Darlehen zu finanzierende Fahrzeug überhaupt existierte, mithin ob die Klägerin eine Sicherheit für das auszureichende Darlehen haben würde.
Gegen die Behauptung, dem Beklagte sei es darauf angekommen, der Klägerin gegenüber sein wirkliches Einkommen mitzuteilen, spricht überdies, dass das vermeintlich mit den Herren S… und B… abgesprochene Vorhaben, ihn als angeblichen Darlehensnehmer „vorzuschieben“, dann gescheitert wäre. Es lag auf der Hand, dass die Klägerin in Kenntnis seines tatsächlichen monatlichen Nettoeinkommens i.H.v. etwa 1.000,00 € – die als Anlage B 2 (Bl. 117 d.A.) eingereichte Verdienstabrechnung weist für die Monate Januar und Februar 2008 einen Nettobetrag von insgesamt 1.866,50 € aus – keinesfalls den Kreditantrag über 49.900,00 € zur Finanzierung eines BMW mit monatlichen Raten 713,63 € positiv beschieden hätte. Um den Vertragsschluss mit der Klägerin zustande zu bekommen, durfte diese Verdienstbescheinigung der Klägerin nicht vorgelegt werden. Dies ist angesichts des darin ausgewiesenen geringen Monatseinkommens einerseits und der Darlehenssumme und Höhe der Darlehensraten andererseits so offensichtlich, dass anzunehmen ist, der Beklagte habe zumindest bewusst die Augen davor verschlossen, dass die der Klägerin vorzulegenden Unterlagen für den Nachweis eines ausreichenden Einkommens in irgendeiner Weise manipuliert werden müssen.
c) Der Darlehensvertrag ist auch nicht wirksam widerrufen worden.
aa) Der Senat hält daran fest, dass das Schreiben des späteren Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 30. Oktober 2008 (Anlage B 4, Bl. 119 f. d.A.) keine Widerrufserklärung enthält. Ausdrücklich wird namens des Beklagten die Anfechtung des Darlehensvertrages („fechte ich (...) an“) erklärt. Die Anfechtung einer Willenserklärung und der Widerruf einer auf Abschluss eines Vertrages gerichteten Willenserklärung sind unterschiedliche rechtsgestaltende Erklärungen, die unterschiedlichen Voraussetzungen unterliegen und unterschiedliche Rechtfolgen nach sich ziehen. Der Inhalt des Schreibens vom 30. Oktober 2008 gibt nichts dafür her, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, dem als Rechtskundigen diese Unterschiede bekannt sind, (auch) einen Widerruf hat erklären wollen.
bb) Selbst wenn die Ausführungen des Beklagten in seiner Berufungsbegründung vom 20. Mai 2013 zu Ziffer V. (S. 6, Bl. 333 d.A.) als Erklärung des Widerrufs verstanden werden könnten – was nach Ansicht des Senats nicht der Fall ist –, wäre ein solcher Widerruf nicht fristgerecht erfolgt.
Die Widerrufsfrist wäre allerdings nicht gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB bereits 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen, wenn der Beklagte nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden wäre.
(1) Inhaltlich weist die auf dem Darlehensantrag drucktechnisch hervorgehobene (Umrahmung) und gesondert vom Beklagten unterzeichnete Widerrufsbelehrung keine Fehler auf, solche werden auch von dem Beklagten nicht geltend gemacht. Vielmehr enthält die Widerrufsbelehrung die den Vorschriften des §§ 355 Abs. Abs. 1 und 2, 358 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB entsprechenden Hinweise, die im Falle eines verbundenen Geschäfts – wie es nach Ansicht des Beklagten vorgelegen haben soll – erforderlich gewesen wären. Da für das (vermeintlich) finanzierte Geschäft (Kaufvertrag über den BMW) kein Widerrufsrecht bestand, gab es insoweit auch keine Belehrungspflicht.
(2) Der Beklagte kann aber auch nicht mit Erfolg geltend machen, ihm stünde (weiterhin) ein Widerrufsrecht zu, weil er den Darlehensantrag und damit die Widerrufsbelehrung seinerzeit nicht erhalten habe.
Nach § 355 Abs. Abs. 3 Satz 1 BGB beginnt die Widerrufsfrist mit Mitteilung der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher. Mitteilung an den Verbraucher bedeutet, dass ein Exemplar der Belehrung – und bei einem Verbraucherdarlehensvertrag auch ein Exemplar der Vertragsurkunde bzw. des Darlehensantrages (§ 492 BGB) – bei dem Verbraucher verbleiben muss.
Der Beklagte hat zwar bei seiner mündlichen Anhörung durch das Landgericht am 12. Juni 2012 angegeben, es habe zwei Originalformulare gegeben, von denen eines im Autohaus verblieben sei, das andere habe Herr B… mitgenommen. Danach hat Herr B… in offensichtlichem Einverständnis mit dem Kläger das für diesen bestimmte Antragsexemplar an sich genommen. Mithin hat derjenige, für den das Darlehen nach den behaupteten internen Absprachen zwischen dem Beklagten und den Herren B… und S… gedacht war, der die Darlehensraten hätte bezahlen und der Nutznießer des Darlehens hätte sein sollen, das für den Darlehensnehmer bestimmte Antragsformular mit der Widerrufsbelehrung erhalten. Bei dieser Sachlage besteht (auch) nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) keine Veranlassung, dem Beklagten, der nach seinen Angaben lediglich als „Strohmann“ der Herren S… und B… fungiert haben soll, Rechte daraus herleiten zu lassen, dass nicht er persönlich, sondern Herr B… das Antragsexemplar an sich genommen hat. Im Verhältnis zur Klägerin als Darlehensgeberin stand Herr B… „im Lager“ des Beklagten, mag er sich möglicherweise auch – sei es im Nachhinein oder von Anfang an geplant – an die mit dem Beklagten getroffenen Absprache, dass die Darlehensraten von seinem – Herrn B… – Konto abgebucht werden, nicht gehalten haben.
d) Der Darlehensvertrag ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Selbst wenn der Beklagte entsprechend seinem Vortrag lediglich als Strohmann der Herren S… und B… anzusehen wäre, handelte es sich bei dem Darlehensvertrag vom 20. März/2. April 2008 nicht um ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) und auch nicht um einen nach § 116 Satz 2 BGB unwirksamen Vertrag.
Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen (siehe nur BGH, Urteil vom 22. Mai 1978 – III ZR 128/76). Wird beim Vertragsabschluß eine Person als Vertragspartner vorgeschoben (sogenannter Strohmann), so sind die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts in der Regel nicht erfüllt. Denn die erklärte Rechtsfolge ist von den Beteiligten normalerweise – wie hier – ernstlich gewollt, weil andernfalls der erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht oder nicht in rechtsbeständiger Weise erreicht würde.
e) Schließlich ist die Darlehensforderung – auch dies war Gegenstand der mündlichen Erörterung durch den Senat – nicht aufgrund der Rücktrittsfiktion des § 503 Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB a.F. (jetzt: § 508 Abs. 2 Satz 5, und 6 BGB) erloschen.
aa) Die Rücktrittsfiktion scheitert entgegen der Auffassung der Klägerin nicht daran, dass der Darlehensvertrag vor Verwertung des Fahrzeuges gekündigt hatte.
Wie im Verhandlungstermin vom 30. Oktober 2013 ausgeführt, teilt der Senat die wohl herrschende Auffassung (vgl. zum § 13 Abs. 3 VerbrKrG OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. April 2007 – 4 U 67/96 – Rdnr. 25 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 1999 – 4 U 270/98 – Rdnr. 25 m.w.N.), dass im Falle eines finanzierten Fahrzeugkaufs auch nach Kündigung des Darlehens durch den Kreditgeber Raum für die Rücktrittsfiktion des § 504 Abs. 2 Satz 4 BGB besteht.
bb) Ungeachtet der Frage, ob hier ein verbundenes Geschäft vorliegt, kann der Beklagte sich auf die Rücktrittsfiktion nicht berufen. Entscheidend hierfür ist, dass § 503 Abs. 2 Satz 4 BGB nach seinem Schutzzweck nur eingreift, wenn dem Verbraucher Besitz und Nutzung der gelieferten Sache entzogen werden (so BGH, Urteil vom 12. September 2001 – VIII ZR 109/00 – Rdnr. 27 f. zu § 13 Abs. 3 VerbrKrG). Das war hier unstreitig nicht der Fall.
Die Regelungen in § 503 BGB bzw. § 508 BGB sollen den Verbraucher – gleichermaßen wie die Vorgängerregelung des § 13 Abs. 3 VerbrKrG – davor schützen, dass er Besitz und Nutzung der gelieferten Sache verliert, gleichwohl aber an den Kreditvertrag mit der daraus folgenden Zahlungspflicht gebunden bleibt. Dieser Schutzzweck wird im vorliegenden Fall aber gar nicht dadurch tendiert, dass die Klägerin den BMW zwecks Verwertung an sich genommen hat. Dem Beklagten sind hierdurch Besitz und Nutzung an dem Fahrzeug nicht entzogen worden, behauptet er doch, niemals im Besitz des Fahrzeugs gewesen zu sein, und bestreitet, dass überhaupt ein – durch das streitgegenständliche Darlehen finanzierter – Kaufvertrag über das Auto abgeschlossen worden sei.
Zudem ist es dem Beklagten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Rücktrittsfiktion in § 503 BGB zu berufen, denn er hätte die Rechtsstellung eines (auch) mit dieser Regelung geschützten Verbrauchers unredlich erworben. Sein Tatsachenvorbringen als wahr unterstellt, hat er die Klägerin unter Vorspiegelung seiner Zahlungsfähig- und -willigkeit zum Abschluss eines vermeintlich seinen Fahrzeugerwerb finanzierenden Darlehensvertrages (mit)veranlasst. Er hat den Darlehensantrag auf Abschluss eines Darlehensvertrages, der ausdrücklich der Finanzierung des Erwerbs des BMW durch ihn diente, unterzeichnet in dem Bewusstsein, dass er der Klägerin als Darlehensnehmer und Fahrzeugkäufer nur „vorgeschoben“ werden sollte, tatsächlich sollte der BMW von einem Dritten erworben werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Geltendmachung eines Rechts, das dem Schutz des Darlehensnehmers bei Aufspaltung von Finanzierungs- und finanziertem Vertrag dient, als rechtsmissbräuchlich dar.
2.
Der Darlehensrückzahlungsanspruch ist auch entstanden.
Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Darlehensbetrag vertragsgemäß an die W… GmbH ausgezahlt wurde. Für die Ausreichung der Darlehensvaluta sprechen neben den in dem angefochtenen Urteil dargelegten Erwägungen, die der Senat teilt, die folgenden weiteren, im Termin angesprochenen Gesichtspunkte.
So lässt der Inhalt des von dem Beklagten im Verhandlungstermin des Landgerichts vom 12. Juni 2012 überreichten Schreibens der W… GmbH vom 23. Juli 2008 an die Kfz-Zulassungsstelle den Schluss zu, dass deren zur Finanzierung des BMW aufgenommenes Darlehen tatsächlich abgelöst wurde. In jenem Schreiben teilt der Geschäftsführer der W… GmbH der Kfz-Zulassungsstelle die Veräußerung des Fahrzeugs an den Beklagten mit und forderte sie auf, den Pkw auf den neuen Eigentümer umzumelden. Die W… GmbH wäre nicht von einem beidseitig vollzogenen Kaufvertrag ausgegangen, wenn ihr bei der Klägerin mit Darlehensvertrag vom 16. Mai 2007 (Anlage K 22, Bl. 213 d.A.) aufgenommenes Darlehen nicht abgelöst worden wäre. In welcher Weise dies hätte erfolgt sein sollen, als durch das streitgegenständliche Darlehen ist nicht ersichtlich.
Damit in Einklang steht, dass der BMW nach dem Beklagtenvortrag und ausweislich des Schreibens der Kfz-Zulassungsstelle (Bl. 158 a d.A.) tatsächlich auf ihn als vermeintlichen Käufer umgemeldet worden war, und dass bei verständiger Würdigung der bei seiner Anhörung vor dem Landgericht gemachten Angaben davon auszugehen ist, dass O… S… bzw. K… B…, die nach den Absprachen das Fahrzeug nutzen sollten, dies tatsächlich auch getan haben. Andernfalls wäre deren Reaktion auf die – nach dem Vortrag des Beklagten – erfolgten Mitteilungen, er sei von der Klägerin gemahnt worden, nicht erklärlich. Danach hat sich nämlich weder Herr S… noch Herr B… darauf berufen, das Fahrzeug doch gar nicht erhalten zu haben. Dies hätte aber nahegelegen, wenn der BMW nicht übergeben worden wäre.
3.
Der Beklagte kann dem Darlehensrückzahlungsanspruch auch nicht im Wege des Einwendungsdurchgriffs gemäß § 359 BGB mit Erfolg entgegenhalten, er habe das Fahrzeug nie erhalten.
Dabei bedarf es auch hier letztlich keiner Entscheidung, ob der Annahme des Landgerichts, es liege ein verbundenes Geschäft vor, gefolgt werden kann; denn der Beklagte kann sich zumindest unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht darauf berufen, nicht in den Besitz des vorgeblich finanzierten BMW gelangt zu sein.
Für den Einwand, er habe den BMW nicht erhalten, ist im vorliegenden Fall schon deshalb kein Raum, weil der Beklagte das Fahrzeug nach seinem eigenen Vorbringen gar nicht habe erwerben und in Besitz nehmen sollen. Dafür, dass die Herren S… bzw. B… das Fahrzeug nicht absprachegemäß in Besitz genommen haben, ist, wie ausgeführt, nichts ersichtlich.
Nach § 359 BGB soll der Verbraucher nicht schlechter gestellt werden, als wenn ihm nur ein Vertragspartner gegenüber stünde bzw. bei Personenidentität nur ein Vertrag geschlossen worden wäre. Dass der Beklagte zu keinem Zeitpunkt Besitz an dem Fahrzeug erhalten hat, ergibt sich im vorliegenden Fall aber nicht aus der Aufspaltung von Finanzierungs- und finanziertem Vertrag, sondern allein aufgrund der behaupteten, zwischen ihm und den Herren S… bzw. B… getroffenen Abreden. Nach diesen internen Absprachen sollte gerade nicht der Beklagte den BMW zur Nutzung erhalten, sondern sein (damaliger) Freund O… S… bzw. Herr B…. Die für den Beklagten nachteilige Situation ergibt sich mithin allein aus den in bewusster Umgehung der Klägerin getroffenen Abreden zwischen dem Beklagten und den Herren S… und B…
Auch der Umstand, dass möglicherweise ein Mitarbeiter der Autohaus L… GmbH (Herr C…), dem unstreitig die Darlehensantragsformulare der Klägerin zur Verfügung standen, in diese zu Lasten der klagenden Bank getroffenen Absprachen miteingebunden war, rechtfertigt es nicht, in Bezug auf das vermeintlich finanzierte Geschäft etwaig eingetretene Leistungsstörungen dem ursprünglichen Finanzierungsgeschäft zuzurechnen.
Eine andere Sichtweise ist schließlich auch nicht deshalb veranlasst, weil der Beklagte möglicherweise selbst Opfer unredlichen Verhaltens der Herren B… und S… geworden ist. In diesem Fall mag der Beklagte bei diesen Herren, die die behaupteten mündlichen Abreden mit ihm nicht eingehalten haben, Rückgriff nehmen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und 2, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.847,32 € festgesetzt.