Gericht | SG Neuruppin | Entscheidungsdatum | 19.07.2011 | |
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Aktenzeichen | S 9 KR 212/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragsfestsetzung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung wegen ihrer gleichzeitigen Mitgliedschaft im A. D. S. e.V. (AD e.V.).
Die am 17. April 1957 geborene Klägerin war bis zum 28. Februar 2007 bei der Beklagten als Bezieherin von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) pflichtversichert.
Ausweislich einer Gesprächsnotiz im Verwaltungsvorgang teilte die Klägerin der Beklagten am 08. Mai 2007 (nach Darstellung der Klägerin im März 2007) telefonisch mit, dass sie seit dem 01. Februar 2007 selbständig tätig sei, und erkundigte sich nach der Beitragsbemessung für Selbständige. Einen Antrag wolle sie erst stellen, nachdem sie über das Ende ihres Arbeitslosengeld II-Bezuges beschieden worden sei. Die Beklagte stellte eine Stundung oder Ratenzahlung rückwirkender Beiträge in Aussicht und teilte mit, die Klägerin werde nach Beendigung des Arbeitslosengeld II-Bezuges automatisch von ihr angeschrieben werden.
Die Klägerin wurde mit Ablauf des 28. Februar 2007 als pflichtversicherte Arbeitslosengeld II-Bezieherin bei der Beklagten abgemeldet. Dies wurde der Beklagten mit Datenübermittlung am 10. September 2007 bekannt. Eine erste schriftliche Kontaktaufnahme mit der Klägerin erfolgte mit (nicht im Verwaltungsvorgang befindlichem) Schreiben vom 22. Oktober 2007, worauf die Klägerin mit bei der Beklagten am 12. November 2007 eingegangenem Schreiben mitteilte, dass sie „schon lange bei einer anderen Versicherung“ versichert sei.
Die Klägerin teilte mit am 06. Dezember 2007 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben mit, dass sie seit dem 01. April 2007 im AD e.V. versichert sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2011 gab die Klägerin an, bereits seit dem 01. Mai 2005 parallel zu ihrer Pflichtversicherung bei der Beklagten Mitglied im AD e.V. zu sein.
Mit Bescheid vom 07. Februar 2008 erhob die Beklagte Beiträge für den Zeitraum vom 01. April bis zum 31. Dezember 2007. Die Klägerin unterliege der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in der seit dem 01. April 2007 geltenden Fassung, da sie keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall habe und zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Für die Krankenversicherung wurde ein Beitrag von 456,00 € und für die Pflegeversicherung von 69,47 € monatlich festgesetzt. Die Beitragshöhe begründete die Beklagte mit einer vorläufigen Festsetzung nach § 240 Abs. 4 SGB V i.V.m. § 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Beitragseinstufung solle überprüft werden, sobald die Klägerin den Nachweis ihrer Einkommensverhältnisse geführt habe.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 16. Februar und vom 04. März 2008 Widerspruch und stellte bei der Beklagten einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sowie einen Antrag auf Stundung.
Nach Ermittlung der Einkommensverhältnisse stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. März 2008 unter Abänderung des Bescheides vom 07. Februar 2008 Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 235,20 € (2007) bzw. 238,56 € (2008) und zur Pflegeversicherung in Höhe von 35,83 (2007) bzw. 36,34 € (2008) monatlich fest. Für den Zeitraum vom 01. April 2007 bis zum 29. Februar 2008 erhob sie Beiträge in Höhe von insgesamt 2989,07 €.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 09. April 2008 Widerspruch. Die Mitgliedschaft im AD e.V. sei als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall anzuerkennen, weshalb die Versicherungspflicht nicht eingreife.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2008 (erneut ausgefertigt am 16. Mai 2008) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die weitergehenden Anträge auf Vollziehungsaussetzung und Stundung lehnte die Beklagte ebenfalls ab. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V setze voraus, dass kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestehe. Der AD e.V. sei ausweislich der Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kein Versicherungsunternehmen und könne eine solche Absicherung daher nicht leisten.
Mit ihrer am 20. Juni 2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Widerspruchsbescheid sei ihr erst am 21. Mai 2008 zugegangen. Der AD e.V. sei eine Unterstützungseinrichtung, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfalle faktisch leiste. Er sei auch dauerhaft leistungsfähig und lehne Leistungen nicht etwa aus Geldmangel ab. Dies werde von einem Aktuar regelmäßig überprüft. Das Beitragsverfahren bestimme sich nach der Beitrags- und Solidareinlagenordnung. Demnach habe jedes Mitglied am Anfang eines Jahres ein Einlagenversprechen in schriftlicher Form zu erteilen und dem Kassenwart zu übergeben. Die Einlagenversprechen seien stets größtenteils eingehalten worden. Die Absicherung der Mitglieder erfolge jeweils durch die Gelder der lokalen Solidargemeinschaft. Ein solidarischer Ausgleich zwischen den lokalen Solidargemeinschaften sei bis 2007 nicht formalisiert geregelt und umgesetzt worden, habe sich aber gleichwohl faktisch bewährt, da man auf funktionierende Solidarität setze. So seien im Jahr 2007 dem überregionalen Solidaritätsfond als Nothilfeüberbrückung Leihgelder in Höhe von 41.139,94 € zur Verfügung gestellt und 37.415,00 € wieder zurückgeführt worden. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2007 und der ersten Jahreshälfte 2008 seien fachliche Berater hinzugezogen worden, um formale Regelungen zu einem übergreifenden Ausgleichssystem zu konzipieren und die dafür erforderlichen Sicherheitsmittel für Großschadensfälle zu evaluieren. Eine Begutachtung durch einen vom Vorstand beauftragten unabhängigen Aktuar (versicherungsmathematischer Sachverständiger) gemäß der aktuellen Beitrags- und Solidareinlagenordnung zur regelmäßigen Überprüfung der Entwicklung der Solidareinlagen, Rücklagen und Zuwendungen sei erstmals 2008 erfolgt. Die Freiwilligkeit der Beitragsversprechen und das Fehlen einer Mindestbeitragserwartung sprächen nicht gegen die Leistungsfähigkeit des AD e.V. Die Klägerin, die aktuell an Krebs erkrankt sei, habe während ihres SGB II-Leistungsbezuges etwa 10,00 EUR monatlich und während ihrer selbständigen Tätigkeit bis zum Ausbruch der Erkrankung 100,00 EUR monatlich gezahlt. Sie erhalte seitdem vom AD e.V. die stationären Heilbehandlungskosten erstattet und darüber hinaus ein monatliches Therapiegeld. Da sich der Jahresbeitrag nach den in den vergangenen Jahren tatsächlich entstandenen und fortgeschriebenen Gesundheitskosten richte und zusätzliche Mittel für unvorhergesehene Notfälle erhoben und aus verbleibenden Mitteln vergangener Jahre Rücklagen gebildet würden, seien ausreichende Mittel auch für schwerste Krankheitsfälle vorhanden. Dieses Verfahren habe sich bewährt.
Die Klägerin beantragt,
den Beitragsbescheid vom 7. Februar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 13. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt unter Bezugnahme auf die Besprechung des Arbeitskreises Versicherung und Beiträge der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 12. Juni 2008 die Auffassung, dass es sich bei einer Mitgliedschaft im AD e.V. nicht um eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall handele. Folglich werde die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durch eine solche Mitgliedschaft nicht ausgeschlossen. Der AD e.V. beschreibe in seiner Satzung nur unzureichend das für die Vereinsmitglieder bestehende Leistungsspektrum. Vielmehr würden nur allgemeine Grundsätze formuliert. Konkrete Leistungsbeschreibungen, wie sie das SGB V vorsehe, fehlten bereits im Ansatz. Die Versorgung in den sog. „Großschadensfällen“ könne dauerhaft nicht sichergestellt werden. Beispielsweise Dialysepatienten, die für jede gesetzliche Krankenkasse einen erheblichen finanziellen Aufwand darstellten, überforderten das Leistungsvermögen des AD e.V. möglicherweise bereits binnen kürzester Zeit. Dieser Eindruck werde insbesondere dadurch verstärkt, dass die nach der Beitrags- und Solidareinlagenordnung zur Finanzierung der Leistungsaufgaben zu erhebenden Solidareinlagen von den Vereinsmitgliedern selbst bestimmt würden. Eine verbindliche und im Voraus mit gewisser Sicherheit planbare Bestimmung der Einnahmen des Vereins sei nicht ersichtlich. Die im AD e.V. organisierten Personen hätten mithin weder einen rechtlichen Anspruch, noch einen faktischen Leistungsanspruch, der dauernd erfüllbar sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Gerichtsakte des Verfahrens im vorläufigen Rechtsschutz zum Aktenzeichen S 9 KR 213/08 ER (L 9 B 484/08 KR ER) Bezug genommen, welche der Entscheidung zugrunde lagen.
Das Gericht konnte die Streitsache trotz Ausbleibens der Beklagten mündlich verhandeln und entscheiden (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG entspr.; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer – Meyer-Ladewig, § 127 SGG Rn 4). Die Beklagte war hierauf mit der Ladung zum Termin hingewiesen worden.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klagefrist von einem Monat seit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 87 Abs. 1 und 2 SGG) eingehalten worden. Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass der Widerspruchsbescheid der Klägerin vor dem behaupteten Zeitpunkt zugegangen ist. Die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), wonach ein schriftlicher Verwaltungsakt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt, greift nicht ein, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Diesen Nachwies kann die Beklagte hier hinsichtlich der Erstausfertigung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2008, welcher der Klägerin nach eigener Einlassung nicht zugegangen sein soll, nicht führen.
2. Die Klage ist unbegründet. Der Beitragsbescheid vom 7. Februar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 13. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin war bis zum Ablauf des 28. Februar 2007 bei der Antragsgegnerin als Bezieherin von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) pflichtversichert. Seit dem 01. April 2007 unterliegt die Klägerin der Versicherungspflicht nach der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V, da sie keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatte und zuletzt gesetzlich krankenversichert war. Ein Verzicht auf die Versicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist nicht möglich.
Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht nicht. Die Klägerin erfüllt keinen der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 SGB V genannten anderen Pflichtversicherungstatbestände, insbesondere ist sie nicht als Arbeiter, Angestellter oder zur Berufsausbildung gegen Arbeitsentgelt beschäftigt (Nr. 1). Sie bezieht weder Arbeitslosengeld I oder II (Nr. 2 und 2 a) noch eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr. 11). Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus ihrer Mitgliedschaft im AD e.V. Durch eine solche Mitgliedschaft wird die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V folglich nicht ausgeschlossen.
a. Soweit darauf verwiesen wird, der AD e.V. kenne keinen Leistungskatalog, aber auch keine Leistungseinschränkungen, was eine deutliche Verbesserung gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung sei, wird deutlich, dass der AD e.V. mit seinem freiwilligen Beitragsaufkommen in Konflikt stehende über das Maß des im gesetzlichen System Notwendigen hinausgehende Leistungserwartungen weckt, wie sie beispielsweise im Falle von Krebsbegleitbehandlungen in Bezug auf nicht anerkannte Behandlungsmethoden (z.B. Hyperthermie, Fiebertherapie, insulinpotenzierte Chemotherapie) entstehen können.
Ausweislich seiner Satzung räumt der AD e.V. seinen Mitgliedern jedoch keine Rechtsansprüche im Sinne gerichtlich durchsetzbarer Leistungsversprechen ein, und zwar weder im Kernbereich des medizinisch Notwendigen noch darüber hinaus zur Erfüllung der über den Katalog gesetzlicher Leistungen hinausgehenden Leistungserwartungen seiner Mitglieder. Es handelt sich um eine aufsichtsfreie Personenvereinigung, die (unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Bundesgesundheitsministeriums zu einer Absicherung durch sog. faktische Ansprüche) ihren Mitgliedern weder auf lokaler Ebene Rechtsansprüche einräumt (§ 2 Abs. 1 Satz 4), noch überregional im Hinblick auf Zahlungen aus dem überregionalen Solidaritätsfonds (§ 2 Abs. 4 Satz 2).
Nach Ansicht der Kammer wird damit das Tatbestandsmerkmal des „anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall“ im Sinne der §§ 5 Abs. 1 Nr. 13, Abs. 8a, 190 Abs. 13 Satz 1 SGB V (und ebenso der „vergleichbaren Ansprüche“ im Sinne von § 193 Abs. 3 Nr. 2 VVG in der am 01.01.2009 in Kraft getretenen Fassung) nicht erfüllt, da hierunter nur echte Rechtsansprüche fallen, nicht aber faktische Leistungserwartungen, mögen sie dauerhaft erfüllbar sein oder nicht. Zum Tatbestandsmerkmal des anderweitigen Anspruchs hat das Sozialgericht Landshut bezogen auf eine andere lokale Solidargemeinschaft im AD e.V. u.a. ausgeführt (Beschluss vom 10.08.2009 – S 4 KR 124/09 ER, zitiert nach Juris):
„20Ein Anspruch im Sinn der §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V liegt nur dann vor, wenn § 194 Abs. 1 BGB erfüllt ist. Nach dieser Legaldefinition ist ein Anspruch das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Die Subsidiarität im Sinn der Regelungen der §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V greift somit erst ein, wenn ein anderweitiges Recht auf Krankenbehandlung eine Absicherung im Krankheitsfall gewährleistet.
21Dass der Terminus Anspruch im Sinn der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB zu verstehen ist ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung. Der gesetzgeberische Zweck der Regelung der §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V ist, dass in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein soll. Hierzu wurde mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) für alle Einwohner ohne Absicherung im Krankheitsfall Versicherungsschutz in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung gewährleistet. Dabei werden der gesetzlichen Krankenversicherung insbesondere Personen ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall zugewiesen, die zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sind, sowie solche Personen, die zuletzt weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren, aber zu dem Personenkreis gehören, der seinem Status nach der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen ist (vgl. BT-Drs. 16/3100 S. 94). Zur anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall steht in der Begründung zum Entwurf des GKV-WSG: "Ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sind insbesondere die nicht gesetzlich oder privat krankenversicherten Personen, die keinen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 40 SGB VIII, § 48 SGB XII, § 264 SGB V, auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz oder auf sonstige Gesundheitsfürsorge haben, die nicht beihilfeberechtigt sind, keinem Sondersystem wie der freien Heilfürsorge angehören und auch keinen Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Bundesentschädigungsgesetz oder vergleichbaren gesetzlichen Regelungen haben. Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz besteht ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Beihilfeberechtigte Personen, die über keine ergänzende Krankheitskostenvollversicherung über den von der Beihilfe nicht übernommenen Kostenteil verfügen, werden als Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall angesehen. Sie fallen unter die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13, sofern sie zuletzt gesetzlich krankenversichert waren. Personen, für die aufgrund über- und zwischenstaatlichen Rechts ein Anspruch auf Sachleistungen besteht, verfügen ebenfalls über eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall" (vgl. BT-Drs. 16/3100 S. 94)". Den Gesetzesmaterialien ist die Wertentscheidung zu entnehmen, dass mit der Versicherungspflicht nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V Schutz im Krankheitsfall für die gesamte Bevölkerung in Deutschland gewährleistet werden soll, wobei andere Ansprüche auf Absicherung im Krankheitsfall vorgehen. Insgesamt ist somit eine subsidiäre Auffangversicherungspflicht geregelt. Wenn aber die gesetzgeberische Wertentscheidung wirksam umgesetzt werden soll, dann ist es erforderlich den Auffangversicherungsschutz vom Grundsatz her zu gewähren und nur für den Fall, dass ein qualitativ und quantitativ vergleichbarer Schutz im Krankheitsfall vorliegt, eine Ausnahme zu akzeptieren. Qualitativ vergleichbar mit dem Schutz durch die gesetzliche Krankenversicherung sind von der Rechtsnatur her nur echte Ansprüche im Sinn des § 194 Abs. 1 BGB. Nur wenn durch ein Recht auf Schutz im Krankheitsfall eine Absicherung gegeben ist, kann unter Einbeziehung des gesetzgeberischen Grundgedankens des Schutzes der gesamten Bevölkerung im Krankheitsfall daran gedacht werden, dass der Gesetzgeber eine andere Absicherung als ausreichend in Betracht gezogen hat und auf ein Eingreifen der Auffangversicherungspflicht verzichten wollte. Der Schutz der gesamten Bevölkerung im Krankheitsfall kann nicht dergestalt umgesetzt werden, dass einerseits im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung echte Rechte auf Schutz im Krankenfall gewährt werden, aber andererseits rechtlich nicht qualifizierbare Leistungen zur Subsidiarität führen. Würde man ohne Vorliegen der Rechtsnatur eines echten Anspruchs im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB ein Eingreifen der Subsidiarität annehmen, so wäre die Umsetzung der gesetzgeberischen Grundentscheidung nicht mehr gegeben, denn der Schutz der Bevölkerung im Krankheitsfall würde ohne Vorhersehbarkeit, ohne Berechenbarkeit und somit von tatsächlichen Zufälligkeiten abhängen.
22Auch aus der Systematik der gesetzlichen Regelung folgt, dass der Anspruch nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V im Sinn der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB zu verstehen ist. Während des Gesetzgebungsverfahrens ist die anderweitige, die Auffangversicherungspflicht ausschließende Absicherung durch § 5 Abs. 8 a SGB V teilweise präzisiert worden (vgl. BT-Drs. 16/4200 S. 9 und 16/4247 S. 29). Bei Durchsicht dieser gesetzlichen Regelung ist eindeutig, dass von § 5 Abs. 8 a SGB V nur Ansprüche im Sinn des § 194 Abs. 1 BGB erfasst werden. Wenn aber von der Präzisierung der anderweitigen Absicherung nur Ansprüche im Sinn des § 194 Abs. 1 BGB erfasst werden, so muss dies auch für die der Präzisierung zugrunde liegende Ausgangsnorm des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und die daran anknüpfende Regelung des § 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V gelten.
23Ebenfalls aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass der Anspruch nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V im Sinn der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB zu verstehen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren Begriffe entsprechend einer bereits vorhandenen Bedeutung verwendet. Zwar hat der Gesetzgeber den Begriff des anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nicht näher definiert, aber es sind im Wortlaut der §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 5 Abs. 8 a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V keine Anhaltspunkte erkennbar, dass der Gesetzgeber entgegen der sonst üblichen Verfahrensweise dem Begriff des Anspruchs eine andere Bedeutung als in der Legaldefinition geregelt beimessen wollte.
24Dass der Anspruch nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V im Sinn der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB zu verstehen ist, ergibt sich auch aus der Historie der Regelung. Bisher war der Schutz im Krankheitsfall nicht lückenlos, weil es keine allgemeine Einwohnerversicherung gab. Nicht alle Einwohner erfüllten die Voraussetzungen entweder für eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, oder eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder für eine Familienversicherung in der gesetzlichen Versicherung oder für eine private Krankenversicherung im Krankheitsfall oder für andere Hilfen bei Krankheit. Mit dem GKV-WSG wurde für alle bisher Schutzlosen eine Versicherungspflicht begründet. Insofern vollzog sich ein Paradigmenwechsel zur Bürgerversicherung. Der Paradigmenwechsel zur Bürgerversicherung kann nur dann effektiv vollzogen werden, wenn nur bei echten Ansprüchen im Sinn des § 194 Abs. 1 BGB auf Schutz im Krankheitsfall eine Ausnahme zur Auffangversicherungspflicht akzeptiert wird.
25Im Hinblick auf die Auslegung des Anspruchs folgt das Gericht nicht der Auffassung, dass faktische Leistungsansprüche, wenn sie dauernd erfüllbar sind, ausreichen für das Eingreifen der Subsidiarität. Die Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit im Antwortschreiben vom 15.04.2008 an das Werk gegenseitiger Hilfe lautet: "Ob bei Solidargemeinschaften "vergleichbare Ansprüche" vorliegen, hängt davon ab, ob – wenn nicht rechtlich, dann zumindest faktisch – ein Leistungsanspruch besteht, der dauernd erfüllbar ist. Dies hängt von der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall ab." Dieser Auffassung hat sich der Arbeitskreis "Versicherung und Beiträge der Spitzenverbände der Krankenkassen" am 12.06.2008 in seiner Besprechung weitgehend angeschlossen. Im Rahmen dieser Auffassung wird die Gleichstellung von faktischen Leistungsansprüchen mit Ansprüchen im Sinn des § 194 Abs. 1 BGB lediglich festgestellt, aber eine Begründung hierzu ist nicht erkennbar. Außerdem ist dem Gericht nicht nachvollziehbar, was ein faktischer Leistungsanspruch ist. Darüber hinaus erschließt sich für das Gericht nicht, welche konkrete Ausgestaltung des faktischen Leistungsanspruchs im Einzelfall ausreichend ist. Denn zum einen werden bezüglich des Werks gegenseitiger Hilfe für das Bundesministerium der Justiz sowie des Bundesministeriums für Gesundheit lediglich keine Bedenken zu erkennen gegeben, ohne jegliche Bezugnahme auf die konkrete Ausgestaltung des Einzelfalles. Und zum anderen fehlt im Hinblick auf die Beurteilung von AD durch den Arbeitskreis "Versicherung und Beiträge der Spitzenverbände der Krankenkassen" eine konsequente Umsetzung der oben genannten Auffassung, denn zunächst setzt sich der Arbeitskreis mit der dauernden Erfüllbarkeit der dem Grunde nach bestehenden faktischen Leistungsansprüche auseinander, um dann aber im Ergebnis darauf abzustellen, dass die Satzung keinen Rechtsanspruch auf Kostenerstattung vorsieht, sondern in jedem Einzelfall über die Auszahlung entschieden wird. Insgesamt mangelt es dieser Auffassung nach Ansicht des Gerichts an dogmatischer Substanz hinsichtlich Herleitung, Definition und Anwendung.
26Mit der Mitgliedschaft in der regionalen Solidargemeinschaft ARTABANA Landau a.d. Isar e.V. zum 01.07.2007 durch den Antragsteller wird kein Anspruch nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a, 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V begründet. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung bezweckt der AD auf der Grundlage von Eigenverantwortung und Solidarität die Schaffung von rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die eine individuelle und persönliche Gesundheitspflege sowie die freie Wahl und Durchführung eines individuellen Gesundheitsweges ermöglichen. Durch ausreichende Solidareinlagen und Rücklagen in den Solidaritätsfonds der lokalen Gemeinschaften und von AD sowie die Möglichkeit zu Nachschüssen und notfalls zu angemessenen Selbstbeteiligungen aller Mitglieder lokaler ARTABANA Solidargemeinschaften wird sichergestellt, dass die Leistungen dauerhaft auch bei schweren Krankheiten so erfüllbar sind, dass ein Rückgriff auf Fürsorge oder gesetzliche bzw. private Krankenversicherung nicht nötig wird und somit sowohl der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erforderliche anderweitige Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall als auch der nach § 193 Abs. 3 Nr. 2 VVG in der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Fassung erforderliche vergleichbare Anspruch gegeben ist. Gemäß der Stellungnahme des Bundesgesundheitsministeriums reichen dazu faktische Ansprüche auch dann aus, wenn – wie bei einer Unterstützungskasse – zwar keine Rechtsansprüche eingeräumt werden, aber die Leistungen tatsächlich dauerhaft erbracht werden können. Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 der Satzung besteht kein Rechtsanspruch auf Zahlung aus dem Solidaritätsfonds. § 4 Abs. 3 des Statuts des Solidaritätsfonds konkretisiert insoweit, dass ein Rechtsanspruch auf Leistungen aus dem Solidaritätsfonds nicht besteht und auch nicht durch Leistung von Solidareinlagen an den Solidaritätsfonds oder wiederholte regelmäßige Leistungen aus dem Solidaritätsfonds begründet werden. Insgesamt ergibt sich somit sowohl aus Zweck und Grundprinzipien der AD, als auch aus den ausdrücklichen Satzungs- bzw. Statutregelungen eindeutig, dass sich aus der Mitgliedschaft in der regionalen Solidargemeinschaft ARTABANA Landau a.d. Isar e.V des Antragstellers für diesen kein Anspruch im Sinn des § 194 Abs. 1 BGB ergibt und somit nach Überzeugung des Gerichts diese Mitgliedschaft keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall begründet gemäß § 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V.
27Im Bereich der sozialen Pflegeversicherung gelten die obigen Ausführungen entsprechend für die Regelungen des § 20 Abs. 1 Nr. 12, 49 Abs. 1 Satz 3 SGB XI.“
Die Kammer hält diese Ausführungen nach eigener Überzeugungsbildung für zutreffend und auf den vorliegenden Fall für übertragbar und macht sie sich daher vorliegend vollumfänglich zu Eigen.
b. Auch die weiteren hiergegen geäußerten Einwände der Klägerin greifen nach Ansicht der Kammer nicht durch. Dem hier in Rede stehenden pauschalen Absicherungsversprechen kann nicht durch Vergleich mit einer öffentlich-rechtlichen Ermessensentscheidung ein Anspruchscharakter im Sinne der „sozialen Rechte“ (§ 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I) zugeschrieben werden. Auch bei Ermessensentscheidungen besteht ein echter Rechtsanspruch. Dieser ist jedoch inhaltlich nicht auf die begehrte Leistung selbst, sondern auf ermessensfehlerfreie Entscheidung gerichtet. Vorliegend geht es indes um einen Anspruch auf Leistungen im Krankheitsfall selbst, denn § 5 Abs. 1 Nr. 13 setzt einen „anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall“ voraus; dieser darf folglich nicht im „Ermessen“ des Leistungsträgers stehen.
Ein Vergleich mit der betrieblichen Altersversorgung durch Unterstützungskassen erscheint bei der vorliegenden Fallgestaltung ebenfalls nicht sachgerecht, denn dieses System stellt lediglich eine Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung dar, während im Fall der Klägerin die gesetzliche Krankenversicherungspflicht gerade verdrängt werden soll.
Auch der Vergleich mit einer Leistung nach billigem Ermessen im Sinne von § 315 BGB ist irreführend, denn dies entspricht weder der Satzung noch dem Selbstverständnis des AD e.V. Bei Anwendbarkeit von § 315 BGB wäre eine Leistungskonkretisierung durch die lokale Solidargemeinschaft im Einzelfall nur dann verbindlich, wenn die Bestimmung der Billigkeit entspräche, anderenfalls wäre eine Leistungsbestimmung durch Urteil zu treffen. Abgesehen davon, dass dies einen Zustand bedenklicher Rechtsunsicherheit schaffen, eine zeitgerechte Leistung vereiteln und den AD e.V. regelhaft mit sachfremden Gerichtskosten belasten könnte, widerspräche ein solches Verfahren der Satzung und dem Selbstverständnis der Solidargemeinschaften des AD e.V., die aufsichtsfrei und selbstbestimmt nach solidarischen Grundsätzen über Art und Umfang von Leistungen im Einzelfall abschließend entscheiden wollen. Dem entsprechend sind Rechtsansprüche auf Zahlungen aus dem Solidaritätsfonds gerade ausgeschlossen.
Eine gerichtliche Leistungskonkretisierung oder Leistungsüberprüfung im Streitfall scheidet im Übrigen bereits deshalb aus, weil § 11 der Satzung alle innerhalb des AD e.V. intern nicht lösbaren Streitfälle einem schiedsrichterlichen Verfahren nach §§ 1025 ff Zivilprozessordnung (ZPO) unterwirft. Demnach wäre eine Klage vor einem ordentlichen Gericht als unzulässig abzuweisen (§ 1032 ZPO). Im Unterschied zum für Versicherte kostenfreien sozialgerichtlichen Verfahren für gesetzlich Pflichtversicherte ist das schiedsrichterliche Verfahren schließlich mit einem wenig kalkulierbaren Kostenrisiko verbunden (§ 1057 ZPO).
Die Kammer hat im Übrigen Zweifel, ob der sich aus der Satzung ergebende Vereinszweck überhaupt auf eine vorbehaltlose „Absicherung im Krankheitsfall“ im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gerichtet ist. Zunächst ist in § 2 Abs. 1 Satz 3 von „Nachschüssen“ und „Selbstbeteiligungen“ die Rede; letztere sind indes nicht entsprechend § 193 Abs. 3 VVG auf kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt. Die Zielsetzung des AD e.V. wird in § 2 Abs. 3 dahin konkretisiert, „überregional Hilfe in Notsituationen als Folge von Krankheits- und Unglücksfällen“ zu leisten. Nach § 2 Abs. 9 lit. a.) wird diese Einschränkung auf eine „Notsituation“ auch auf lokaler Ebene aufgegriffen:
„Die Satzungszwecke werden insbesondere dadurch verwirklicht, dass die durch Krankheitsfall in Notlage geratenen Mitglieder der lokalen ARTABANA Solidargemeinschaften und andere Menschen unbürokratisch und schnell sowohl finanziell als auch von Mensch zu Mensch unterstützt werden.“
Demnach würde es sich nicht um eine garantierte Absicherung im Krankheitsfall bezogen auf die hierdurch verursachten Kosten, sondern lediglich um eine Absicherung gegen eine durch Krankheit verursachte individuelle Notlage, mithin um eine Bedürftigkeitsleistung, handeln. Auch wenn dies bisher anders gehandhabt worden sein mag, wären solche satzungsmäßigen Unklarheiten zunächst auszuräumen, um auch im Spannungs- und Konfliktfall eine Absicherung der Krankheitskosten tatsächlich gewährleisten zu können.
Schließlich könnten z.B. wirtschaftlich stärkere lokale Solidargemeinschaften nach freier Entschließung aus dem AD e.V. austreten (§ 3 Abs. 4 und 5), was zum Verlust der Risikostreuung für die lokale Gemeinschaft und zu Finanzierungsproblemen für das verbliebene Gesamtgefüge führen könnte, und der AD e.V. selbst könnte sich voraussetzungslos mit 3/4-Mehrheit auflösen (§ 10), was die Rückkehr der Mitglieder in das gesetzliche System zur Folge hätte, für das keine Beiträge geleistet worden sind.
In Ermangelung eines anderweitigen Rechtsanspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall ist die Klägerin folglich versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
c. Nach Ansicht der Kammer ist die Klägerin überdies unter Berücksichtigung der Größe der lokalen Solidargemeinschaften, des Mittelaufkommens sowie nicht genügender überregionaler Ausgleichsregeln auch faktisch auf Dauer nicht hinreichend im Krankheitsfall abgesichert.
aa. Nach aktenkundiger Auskunft des AD e.V. bestehen die lokalen Solidargemeinschaften aus einer Zahl von jeweils 3 bis 40 Mitgliedern. Im August 2008 habe der Mitgliederbestand bei 1323 Personen gelegen, davon 287 durch angehörige Mitglieder mit abgesicherte Kinder und Studenten. 57,9 % der Mitglieder seien ausschließlich über ARTABANA für den Krankheitsfall abgesichert. 20,4 % der Mitglieder seien zusätzlich krankenversichert oder beihilfeberechtigt. 21,7 % seien mit abgesicherte Kinder und Studenten. Der größte Teil der Mitglieder sei selbständig tätig, hauptsächlich in Heilberufen, im Handwerk und in den Bereichen Bioläden, soziale Projekte und Landwirtschaft. Ein großer Anteil der Mitglieder gehöre nicht zum höchst verdienenden Personenkreis.
Die Solidargemeinschaft ARTABANA Waldsee, der die Antragstellerin angehöre, umfasse insgesamt 12 Mitglieder, von den 5 herkömmlich krankenversichert seien. Daneben werde auch ein mitgetragenes Kind abgesichert.
Am 31. Dezember 2007 seien beim AD e.V. Rücklagen von insgesamt 1.098.735,34 € vorhanden gewesen, davon 1.039.086,68 auf dezentralen Konten und in Eigenverantwortung der lokalen Solidargemeinschaften und 59.648,66 € auf dem zentralen Konto des überregionalen Solidaritätsfonds. Die Solidargemeinschaft ARTABANA Waldsee habe über Rücklagen in Höhe von 18.771,28 € verfügt. Im Jahr 2008 werde die Einlagensumme voraussichtlich auf insgesamt 1.120.769,30 € steigen. Der aktuelle Einlagenstand der Solidargemeinschaft ARTABANA Waldsee zum Stichtag 30. September 2008 betrage 22.068,85 €.
Nach weiterer Angabe der Klägerin waren zum 31. Dezember 2010 insgesamt 2.551.000,00 EUR an kumulierten Solidareinlagen vorhanden. Im überregionalen Solidaritätsfonds stünden davon etwa 100.000,00 EUR zur Verfügung. Auf den jährlichen Mitgliederversammlungen könne beschlossen werden, dass Mittel von den lokalen Solidargemeinschaften zugunsten des zentralen Solidarfonds eingezogen werden können, soweit die lokalen Solidargemeinschaften damit einverstanden seien.
bb. Die mitunter sehr geringe Mitgliederzahl in den jeweiligen lokalen Solidargemeinschaften erlaubt keine ausreichende Risikostreuung. Aufgrund der ausgeprägten Lokalisierung des Gesamtgefüges und des insgesamt geringen und im Einzelnen stark indifferenten Leistungsaufkommens ist vielmehr nur eine Absicherung nach jeweiliger Kassenlage der betroffenen lokalen Solidargemeinschaft zu erwarten. Für die Versorgung in den sog. „Großschadensfällen“ ist eine solche lokale Einheit ersichtlich nicht vorgesehen und nicht geeignet. Es dürfte daher entscheidend auf den überregionalen Mittelausgleich ankommen, um kostenaufwändigeren Krankheitsfällen überhaupt begegnen zu können. Ein solcher Mittelausgleich wird objektiv erschwert durch das offenbar gegenüber dem gesetzlichen System deutlich unterdurchschnittliche Mittelaufkommen. Bei Solidareinlagen der 1018 Mitglieder (einschließlich beitragsfreier Personen) von 890.421,90 € im Jahr 2007 entfällt auf das einzelne Mitglied ein Monatsbeitrag von lediglich 72,89 €, was auch bei unterdurchschnittlicher Alters- und Risikostruktur bereits gegenwärtig für eine sachgerechte Rücklagenbildung nicht ausreichen dürfte.
cc. Für eine Inanspruchnahme überregionaler Rücklagen fehlt zum Zeitpunkt der angefochtenen Verwaltungsentscheidung als auch gegenwärtig eine praktikable Regelung für einen zwingenden Mitteltransfer von den lokalen Solidargemeinschaften in den überregionalen Solidarfonds und von dort zu einer anderen bedürftigen lokalen Solidargemeinschaft. Es kann auch nicht unterstellt werden, dass ein solcher Mitteltransfer ungeregelt funktioniert, zumal hierdurch den finanziell in der Regel schwach ausgestatteten Solidargemeinschaften die Mittel entzogen würden und schließlich dessen Mitglieder, die ohnehin nur freiwillige Einlageversprechen gewohnt sind, auch keine Nachschusspflicht trifft. Wenn es demgegenüber in § 3 Abs. 5 Satz 2 der Satzung heißt, der Austritt einer lokalen Solidargemeinschaft aus dem AD e.V. solle erst nach Erledigung eines anhängigen Großschadensfalles wirksam werden, wenn „zu dessen Erledigung auch das Solidarvermögen der austretenden lokalen ARTABANA Solidargemeinschaft herangezogen werden soll“, erscheint dies wenig praktikabel. Die Feststellung der Notwendigkeit einer bestimmten weiteren Leistung der Krankenbehandlung, der Eintritt des Großschadensfalls (Erschöpfung der lokalen und der überregionalen Mittel bei weiter fortbestehendem Leistungswillen) sowie Art und Umfang eines Mitteltransfers zu einer zahlungsunfähigen lokalen Solidargemeinschaft können nur einstimmig oder in einer zweiten Abstimmung mit 3/4-Mehrheit durch die Mitgliederversammlung beschlossen werden (§ 5 Abs. 3, Abs. 5 Alt. 5 der Satzung). Es ist indes nicht gewährleistet, dass eine solche Mehrheit bei widerstreitenden Interessen der vom Großschadensfall betroffenen und der nicht betroffenen Solidargemeinschaften tatsächlich hergestellt werden kann, auch nicht, dass dies rechtzeitig geschieht.
Der hierdurch absehbare Konflikt würde durch die völlige Freiwilligkeit der Höhe der individuellen Solidareinlagen (II. 2 Beitrags- und Solidareinlagenordnung) und das Nebeneinander von herkömmlich versicherten und unversicherten Mitgliedern noch verstärkt, da hiermit regelhaft unterschiedliche Erwartungen an Art und Ausmaß der Leistungen verbunden sein dürften.
Vielmehr wurde bisher wie im vorangegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgetragen lediglich die leihweise Inanspruchnahme von überregionalen Mitteln praktiziert, was aber für die dauerhafte Regulierung der Kosten Schwerstkranker nicht praktikabel erscheint. Unabhängig hiervon wären die überregionalen Mittel in Fällen der Versorgung Schwerstkranker innerhalb kurzer Zeit erschöpft, so beispielsweise im Falle häuslicher Krankenpflege bei einer im Einzelfall gebotenen 24-Stunden Krankenbehandlung und -beobachtung oder im Fall einer Dialysebehandlung. Sowohl die lokalen als auch die u.U. verfügbaren überregionalen Mittel wären bei wenigen Schwerstkranken bereits nach Monaten erschöpft.
dd. Auch aus dem vom AD e.V. eingeholten versicherungsmathematischen Gutachten des Dipl.-Math. Peter A. Schramm vom 15. Oktober 2008 ist zu entnehmen, dass sog. Großschäden beispielsweise für Frühgeburten, Brandopfer oder Transplantationen mit Komplikationen durchaus in Größenordnungen von Millionen Euro je Betroffenem und Jahr berücksichtigt werden müssen. Es liegt auf der Hand, dass dies mit insgesamt lokal und überregional vorhandenen Mitteln von 2.551.000,00 EUR (31. Dezember 2010), die zudem bis auf 100.000,00 EUR regional gebunden sind und folglich nicht verbindlich für einen überregionalen Mittelausgleich zur Verfügung stehen, dauerhaft nicht zu leisten ist. Es kann demgegenüber nicht entscheidend darauf abgestellt werden, dass die regionalen Solidargemeinschaften nach Angabe des AD e.V. bis dato mit einem sog. Großschadensfall aufgrund kostenintensiver Krankheitsfälle nicht konfrontiert gewesen sein mögen. Bei überwiegend selbständig tätigen Mitgliedern, denen die Rückkehr in gesetzliche Sicherungssysteme, beispielsweise die Pflichtversicherung für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II oder die Hilfen zur Gesundheit und zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) jederzeit offen steht, werden schwerwiegende Versorgungsfälle möglicherweise erfolgreich ausgegliedert werden können. Dies dürfte jedoch nicht für, sondern gegen die Leistungsfähigkeit des AD e.V. als Alternative zum gesetzlichen Sicherungssystem sprechen.
Aus dem versicherungsmathematischen Gutachten vom 15. Oktober 2008 ergibt sich auch, dass aufgrund der zu erwartenden Alterung der Mitglieder mit einer überproportionalen Erhöhung der zu beschaffenden Beiträge gerechnet werden muss. Gelänge es nicht, die Älteren bzw. weniger Gesunden zu sozialverträglich höheren Beiträgen zu bewegen, so würde der AD e.V. für Jüngere zunehmend unattraktiver, was den Alterungseffekt noch beschleunigen würde. Der Gutachter empfiehlt daher, sofort zusätzlich ca. 60,00 EUR jährlich pro Person zum Aufbau eines Alterssicherungsfonds zu erheben, um Beitragssteigerungen um etwa 23% (200.000,00 EUR) zum Ausgleich einer erwartbaren Steigerung des Durchschnittsalters um 7 Jahre (neben den allgemeinen Kostensteigerungseffekten im Gesundheitswesen) abzuwenden.
Diese Empfehlung ist in der bestehenden Struktur jedoch nicht umsetzbar; der AD e.V. verlangt satzungsgemäß kein Mindesteinlageversprechen in bestimmter Höhe und kann schon gar keine Umlage für einen Alterssicherungsfond oder eine Beitragserhöhung festschreiben.
ee. In der bestehenden Struktur dürfte mithin lediglich eine Absicherung ergänzend zum gesetzlichen System dauerhaft zu leisten sein, also für den daneben herkömmlich versicherten Personenkreis, etwa im Hinblick auf alternative und neue Behandlungsmethoden aufgrund einer Entscheidung der lokalen Solidargemeinschaften im jeweiligen Einzelfall.
3. Die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Versicherungspflichtigen beginnt mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland (§ 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V), frühestens mit der Einführung der Vorschrift am 01. April 2007. Da die Klägerin somit nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seit dem 01. April 2007 versicherungspflichtig ist, unterliegt sie gemäß § 223 Abs. 1 SGB V der Beitragspflicht für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft, wobei sie gemäß § 250 Abs. 3 SGB V als Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V den Beitrag allein zu tragen hat.
4. Auch die von der Beklagten festgesetzte Höhe der Beiträge begegnet keinen Bedenken. Die Beitragshöhe bestimmt sich für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen gemäß § 227 SGB V nach § 240 SGB V, so dass damit die Grundsätze für die Beitragsbemessung und –erhebung bei freiwillig Versicherten gelten. § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestimmt für die Krankenversicherung, dass die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt wird. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt (Abs. 1 Satz 2). Die Satzung der Krankenkasse muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (Abs. 2 Satz 1). Gemäß § 57 Abs. 4 Satz 1 des Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gelten diese Vorschriften auch für die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung.
Der Beitragsbemessung wurde anstelle des sich aus dem Steuerbescheid der Antragstellerin für 2007 ergebenden geringeren Einkommens gemäß § 240 Abs. 4 SGB V kalendertäglich der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße für die alten Bundesländer zugrunde gelegt, mithin für 2007 monatlich 1837,50 € (2450,00 : 40 x 30) und für 2008 monatlich 1863,75 (2485,00 : 40 x 30). Die Beklagte hat die Bemessungsgrundlage zutreffend unter Berücksichtigung der monatlichen Bezugsgröße für die alten Bundesländer bestimmt. Nach § 309 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gilt vom 01.01.2001 an die Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) auch in den neuen Bundesländern.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Sache.