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Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nach § 38 Abs. 5 und 6 KStG


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 09.10.2013
Aktenzeichen 12 K 12108/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Bescheid über die Festsetzung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrages nach § 38 Abs. 5, Abs. 6 KStG vom 10. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2012 wird aufgehoben.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.


Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Möglichkeit der Klägerin, eine Ausnahmevorschrift im Rahmen der Regelungen zur Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 Körperschaftsteuergesetz (KStG) für sich zu nutzen.

Die Klägerin wurde 1951 als Genossenschaft mit dem Unternehmensgegenstand des Errichtens und Bewirtschaftens von Eigenheimen gegründet. Mit zwei Erbbauverträgen vom 10. Oktober 1953 und vom 17. Dezember 1954 bestellte das Land C… zu Gunsten der Klägerin an zwei Grundstücken in C… mit einer Gesamtgröße von rund 90.000 Quadratmetern ein Erbbaurecht für die Dauer von 75 Jahren. Nach den insoweit gleichlautenden Verträgen war die Klägerin berechtigt und verpflichtet, auf den Erbbaugrundstücken im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus auf eigene Kosten und Gefahr unter voller Ausnutzung der Bebauungsmöglichkeiten Reihen- und Doppelhäuser bezugsfertig zu errichten und zu unterhalten (§ 2 Abs. 1 Erbbauvertrag). Die Erbbaugrundstücke durften gemäß § 4 Abs. 1 Erbbauvertrag ausschließlich für Wohnzwecke genutzt werden. Das Erbbaurecht erstreckte sich auch auf den für die Bauwerke nicht erforderlichen Teil des Grundstücks; diesbezüglich war die Erbbauberechtigte zur Nutzung als Hofraum, Straßen- und Wegegelände sowie als Spielplatz berechtigt (§ 3 Abs. 4 Erbbauvertrag).

Aufgrund eines weiteren Vertrags vom 18. Juni 1963 erwarb die Klägerin vom Land C… das Eigentum an wesentlichen Teilflächen – insgesamt rund 81.000 Quadratmeter – der beiden mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücke hinzu. Hinsichtlich der Restflächen wurden zugleich die bestehenden Erbbauverträge aufgehoben. In einem anschließenden Erschließungsvertrag vom 31. Juli 1963 verpflichtete sich die Klägerin gegenüber dem Land C…, diesem die bereits entstandenen Kosten für den Ausbau der das Gelände erschließenden Straßen zu erstatten. Ferner sollte die Klägerin die gemeinschaftlichen Anlagen, Wohnwege, Spielplatzflächen, Garagen und Kfz-Parkflächen sowie alle sonstigen, gemeinschaftlichen Zwecken der Siedler dienenden Flächen dauernd und unwiderruflich in ihrem Eigentum behalten, unterhalten und in einem ordnungsgemäßen Zustand erhalten. Anfallende Unterhaltungs-, Beleuchtungs- und Reinigungskosten sollte die Klägerin auf die Sieder umlegen dürfen.

In den folgenden Jahren errichtete die Klägerin auf der erworbenen Fläche insgesamt 246 Reihen- bzw. Doppelhäuser; sie parzellierte die Flächen entsprechend und veräußerte sämtliche dieser Grundstücksparzellen sukzessive an einzelne Erwerber, die zugleich Genossenschaftsmitglieder bei der Klägerin wurden. Daneben errichtete die Klägerin 28 Garagen (Gesamtfläche: rund 1.850 Quadratmeter), die sie – ebenso wie die Verkehrsflächen, Privatwege und Freiflächen (insgesamt rund 18.000 Quadratmeter) – in ihrem Eigentum zurückbehielt.

Entsprechend einer Regelung in den Kaufverträgen über die Grundstücksparzellen erhebt die Klägerin seitdem von den Reihen- bzw. Doppelhauseigentümern eine Umlage über die ihr entstehenden Aufwendungen für Reinigung, Winterdienst und allgemeine Reparaturen der Straßen und Wege. Außerdem werden Verwaltungskosten sowie Versicherungsprämien für die für Gebäude abgeschlossene Feuer- und Sturmversicherung und für die für Wege und Freiflächen bestehende Haftpflichtversicherung auf die Eigentümer umgelegt. Die 28 Garagen sowie die Kfz-Parkplätze hat die Klägerin an einzelne Hauseigentümer (Genossen) vermietet. In den Jahren 2007 bis 2010 erzielte die Klägerin insoweit jeweils rund 90.000 € Umsatzerlöse, von denen jeweils rund 75.000 € auf die Siedlungs- und Verwaltungskosten/Umlagen und jeweils rund 15.000 € auf die Mietentgelte für Garagen und Stellplätze entfielen. Daneben erzielte die Klägerin weitere Erträge (insbesondere aus Finanzanlagen und Zinsen) zwischen rund 30.000 € und rund 55.000 € jährlich.

Bis 31. Dezember 1990 war die Klägerin als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 Körperschaftsteuergesetz (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit. Aufgrund der Aufhebung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen durch das Steuerreformgesetz 1990 ist die Klägerin seit dem 1. Januar 1991 unbeschränkt steuerpflichtig. Bedingt durch den Wegfall der Steuerbefreiung hatte die Klägerin auf den 1. Januar 1991 eine Anfangsbilanz aufzustellen, in der der Grundbesitz mit einem Teilwert von 10.710.802,07 DM angesetzt wurde. Die durch den Teilwertansatz bedingten Betriebsvermögensmehrungen – der aktivierte Grundbesitz enthielt allein stille Reserven von 10.710.800 € – erhöhten in der Gliederungsrechnung des verwendbaren Eigenkapitals den Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG, das so genannte EK 02.

Zum 31. Dezember 2006 wurde für die Klägerin ein EK 02-Betrag von 6.182.834 € festgestellt. Um der mit dem Jahressteuergesetz 2008 eingeführten grundsätzlich verpflichtenden pauschalen Versteuerung des zum 31. Dezember 2006 festgestellten Bestandes an EK 02 (§ 38 Abs. 5, Abs. 6 KStG n.F.) zu entgehen, stellte die Klägerin im April bzw. Juni 2008 beim Beklagten einen Antrag gemäß § 34 Abs. 16 Satz 1 Nr. 2 KStG auf weitere Anwendung der §§ 38, 40 KStG in der zuvor geltenden Fassung (KStG a.F.). Der Beklagte teilte der Klägerin darauf mit Schreiben vom 2. November 2008 mit, dass diese die Antragsvoraussetzungen nicht erfülle; sie erziele nicht die vom Gesetz für die Antragsberechtigung geforderte Art von Umsatzerlösen.

Mit Bescheid vom 10. Februar 2009 setzte der Beklagte sodann den Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nach § 38 Abs. 5, Abs. 6 KStG n.F. auf 185.485,02 € fest und lehnte den Befreiungsantrag der Klägerin damit – der Sache nach – ab. Den Einspruch der Klägerin vom 2. März 2009 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2012 zurück, worauf die Klägerin am 27. März 2013 Klage erhoben hat.

Die Klägerin meint, der Beklagte habe ihren Antrag auf weitere Anwendung des § 38 KStG a.F. rechtsfehlerhaft abgelehnt. Sie, die Klägerin, sei als sonstige Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft im Sinne von § 34 Abs. 16 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F. befugt, eine Weitergeltung des § 38 KStG a.F. für sich zu beantragen; denn sie erziele, wie das Gesetz es verlange, Umsatzerlöse, die überwiegend aus der Verwaltung und Nutzung eigenen zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitzes, zumindest aber aus der Betreuung von Wohnbauten stammten.

Der in ihrem, der Klägerin, Eigentum stehende Grundbesitz umfasse Verkehrs- und Freiflächen, Wege sowie Garagen und Stellplätze. Dieser Grundbesitz „diene“ auch Wohnzwecken; der Begriff des „Dienens“ mache nämlich (anders etwa als der Begriff des „Nutzens“, den der Gesetzgeber nicht gewählt habe) deutlich, dass es insoweit nicht (nur) um das Wohnen selbst, sondern gerade auch um ergänzende, die Wohnzwecke unterstützende Funktionen gehe. Eine mittelbar dienende Funktion des Grundbesitzes sei mithin ausreichend. Dieses weite Verständnis des „Dienens“ lasse sich auch auf einen Vergleich mit anderen steuerrechtlichen Normen (etwa § 21 Abs. 2 Einkommensteuergesetz [EStG] oder § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) und mit den in § 34 Abs. 16 KStG n.F. genannten anderen beiden Alternativen für eine Antragsberechtigung stützen; denn in all diesen Vergleichsfällen habe der Gesetzgeber konkret die Gebäude selbst benannt, während er in der ersten Alternative des § 34 Abs. 16 KStG den nicht gegenständlichen Begriff „Wohnzwecke“ gewählt und pauschal auf den „Grundbesitz“ im Gegensatz zum „Gebäude“ bezogen habe. Schließlich entspreche diese weite Interpretation des Begriffs auch der Historie der gesetzlichen Neuregelung. Dass der eigene Grundbesitz in diesem Sinne „Wohnzwecken diene“, ergebe sich aus dessen tatsächlicher Nutzung. So seien die 246 Wohnhäuser der Genossenschaftsmitglieder ausschließlich über die in ihrem, der Klägerin, Eigentum stehenden Straßen- und Wegeflächen zu erreichen und miteinander verbunden. Ferner dienten die Flächen Spiel- und Erholungszwecken. Aus ihrer, der Klägerin, Gründungsgeschichte sei ersichtlich, dass das Auseinanderfallen von unmittelbar und mittelbar Wohnzwecken dienenden Flächen eine historisch bedingte Besonderheit darstelle. Sie, die Klägerin, sei gegenüber dem Land C… vertraglich verpflichtet, dauerhaft die Straßen, Wege und Gemeinschaftsflächen zu behalten und zu unterhalten, während sie die eigentlichen Wohngebäude dem genossenschaftlichen Zweck gemäß nach deren Errichtung veräußert habe.

Ihre Umsatzerlöse erziele sie, die Klägerin, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gerade durch Verwaltung und Nutzung des vorbezeichneten Grundbesitzes. Nach der auch im Rahmen des § 34 Abs. 16 KStG maßgeblichen Verordnung über Formblätter für die Gliederung des Jahresabschlusses von Wohnungsunternehmen vom 22. September 1970 seien Umsatzerlöse in solche aus Hausbewirtschaftung, aus dem Verkauf von Grundstücken, aus Betreuungstätigkeit und aus anderen Lieferungen und Leistungen aufzugliedern. Zu den Umsätzen aus Hausbewirtschaftung gehörten dabei unter anderem Garagenmieten sowie abgerechnete Umlagen für Betriebskosten, mithin auch die von ihr, der Klägerin, erzielten Umsätze aus umgelegten Kosten der Unterhaltung und Pflege der Gemeinschaftsflächen.

Ferner habe sie, die Klägerin, bis zur Aufhebung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGG) auch die in § 34 Abs. 16 KStG n.F. genannte Voraussetzung einer steuerbefreiten Körperschaft erfüllt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie, die Klägerin, als steuerbegünstigtes Unternehmen im Sinne des WGG nicht antragsberechtigt sei.

Schließlich sei auch auf die Parallelen in der Interessenlage zwischen ihr, der Klägerin, und einer typischen ehemals gemeinnützigen und nunmehr im Sinne von § 34 Abs. 16 KStG n.F. antragsberechtigten Wohnungsbaugesellschaft hinzuweisen: In beiden Fällen habe sich der sehr hohe Bestand an EK 02 daraus ergeben, dass die Unternehmen nach der Aufhebung der steuerbefreienden Gemeinnützigkeit verpflichtet gewesen seien, ihren Grundbesitz in der Steuerbilanz zum 1. Januar 1991 zu Teilwerten anzusetzen und dabei die im Grundbesitz liegenden stillen Reserven aufzudecken. Dem Sinn und Zweck, die während der Steuerbefreiung gebildeten stillen Reserven nicht ohne weiteres, d.h. ohne einen aktiven Akt der Körperschaft in Gestalt einer Ausschüttung, der Besteuerung zu unterwerfen, hätte die durch § 38 Abs. 4 bis Abs. 7 KStG n.F. vorgesehene verpflichtende Besteuerung widersprochen. Deshalb habe der Gesetzgeber das branchenorientierte Antragswahlrecht vorgesehen. Diese systematischen Überlegungen träfen aber ebenso auf ihren, der Klägerin, Fall zu, zumal bei den typischen Wohnungsbaugesellschaften die antragsgemäße Fortgeltung des § 38 KStG a.F. nicht allein das EK 02 aus den stillen Reserven der Wohngebäude, sondern auch das EK 02 aus den stillen Reserven der übrigen (Verkehrs- Wege- und Spielflächen) umfasse.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die Festsetzung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrages nach § 38 Abs. 5, Abs. 6 KStG vom 10. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2012 aufzuheben,

sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Klägerin nicht zu den antragsberechtigten Körperschaften im Sinne des § 34 Abs. 16 KStG gehöre. Sie erziele keine Umsätze aus der Verwaltung und Nutzung eigenen, zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitzes. Für das „Dienen zu Wohnzwecken“ sei nämlich ein bloßer Nutzungs- und Funktionszusammenhang, wie er hinsichtlich der der Klägerin gehörenden Wege- und Freiflächen sowie Garagen möglicherweise bestehe, nicht ausreichend. Erforderlich sei vielmehr, dass der Grundbesitz als solcher Wohnzwecken diene, also zum Wohnen genutzt werde. Die Umsatzerlöse der Klägerin könnten auch nicht als solche aus der Betreuung von Wohnbauten angesehen werden; Umlagen für Straßenreinigung, Winterdienst und die Instandhaltung der Wege- und Freiflächen stammten vielmehr ebenso wie die Vermietungserlöse für Garagen und Stellplätzen aus der Bewirtschaftung des klägereigenen – nicht zu Wohnzwecken dienenden – Anlagevermögens.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) in ihren Rechten. Die Klägerin fällt unter die in § 34 Abs. 16 KStG verankerte Ausnahmeregelung und hat deshalb einen Anspruch darauf, dass auf sie weiterhin die Norm des § 38 KStG a.F. Anwendung findet.

1. Gemäß § 38 Abs. 4 KStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 war der Endbetrag des noch unversteuert gebliebenen EK 02 letztmals auf den 31. Dezember 2006 festzustellen; der festgestellte Betrag war sodann – unabhängig von einer Ausschüttung – gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG n.F. mit 3 % pauschal zu besteuern (verpflichtende Nachversteuerung). Allerdings wurde bestimmten Körperschaften gemäß § 34 Abs. 16 KStG n.F. das zeitlich bis 30. September 2008 befristete Wahlrecht eingeräumt, auf Antrag weiterhin die zuvor geltende Regelung anzuwenden, nach der es nur im Fall einer Ausschüttung zu einer Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 KStG a.F. kommt. Neben solchen Körperschaften, an denen zu mindestens 50 % juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus Mitgliedsstaaten der EU bzw. des EWR oder gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienende Körperschaften beteiligt sind (Ziff. 1), und neben steuerbefreiten Körperschaften (§ 34 Abs. 16 Satz 1 a.E. KStG) waren nach Ziff. 2 solche Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften antragsbefugt, die „ihre Umsatzerlöse überwiegend durch Verwaltung und Nutzung eigenen zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitzes“ oder durch Betreuung von Wohnbauten oder durch Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen oder Eigentumswohnungen erzielen.

2. Die Klägerin hat innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist einen Antrag nach § 34 Abs. 16 KStG n.F. gestellt. Sie erfüllt nach Ansicht des Senats auch die in dieser Norm genannten materiellen Antragsvoraussetzungen. Bei der Klägerin handelt es sich – unstreitig – um eine im Genossenschaftsregister eingetragene und mithin als Genossenschaft im Sinne von § 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) anzusehende Körperschaft in Form einer Wirtschaftsgenossenschaft. Darüber hinaus erzielt die Klägerin ihre Umsätze – entgegen der Annahme des Beklagten – auch überwiegend durch Verwaltung und Nutzung eigenen zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitzes; denn bereits die Umlegung der Bewirtschaftungskosten, die auf die im Eigentum der Klägerin stehenden Straßen, Wege und Plätze entfallen, führt bei der Klägerin zu entsprechenden Umsätzen, die mit rund 75.000 € pro Jahr gegenüber den sonstigen Umsätzen (Garagenvermietung und Kapitaleinkünfte betragen insgesamt zwischen 45.000 € und 70.000 € jährlich) regelmäßig überwiegen.

a) Der Wortlaut der Antragsvoraussetzung, wonach es auf die Verwaltung und Nutzung eigenen, „zu Wohnzwecken dienenden“ Grundbesitzes als Basis der überwiegenden Umsatzerlöse ankommt, spricht weder eindeutig für eine Einbeziehung der im Eigentum der Klägerin stehenden Flächen, noch schließt er eine solche Einbeziehung aus. Einerseits könnte die Bezeichnung „zu Wohnzwecken“ – insbesondere das Wort „zu“ – die Annahme stützen, dass das Wohnen durch den betreffenden Grundbesitz nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar ermöglicht werden muss; die die einzelnen Wohnhäuser erschließenden Straßen und Wege wären danach ausgenommen. Andererseits weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass dem Wort „dienen“ im Gegensatz zu dem Wort „nutzen“ eine eher weite, funktionale Bedeutung beigemessen werden kann, so dass solche Teile des Grundbesitzes, die zwar nicht selbst „bewohnt“ werden, jedoch das Wohnen in einem engen räumlichen und funktionalen Zusammenhang fördern oder gar erst – wie Wege – ermöglichen, einbezogen sein könnten. Ebenso zutreffend ist der Hinweis der Klägerin, dass der Gesetzgeber nicht die enge Bezeichnung des „Gebäudes“ oder der „Wohnung“, sondern den eher weiten Begriff des „Grundbesitzes“, zu welchem nach allgemeinem Sprachverständnis insbesondere auch nicht bebaute Außenflächen zählen, gewählt hat. Eine solche weit verstandene Auslegung des Wortlauts hätte mithin den Vorteil, dass Abgrenzungsprobleme wie etwa im Fall der Mitvermietung von Terrassen- und Gartenflächen – auch Vorgärten zwischen der Straße und dem Wohnhaus – sowie von Carports auf den Wohngrundstücken und ähnlichen Fallgestaltungen von vornherein vermieden würden.

b) Eine am Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung orientierte Auslegung der Norm spricht nach Auffassung des Senats dafür, unter den „zu Wohnzwecken“ dienenden Grundbesitz auch die im Eigentum der Klägerin stehenden Straßen, Wege und Plätze zu subsumieren.

Der Klägerin ist insoweit zuzugeben, dass ihr Fall greifbare Parallelen zu den von ihr als „typisch“ bezeichneten Wohnungs(-bau-)genossenschaften aufweist. Wie diese war auch die Klägerin bis zur Aufhebung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen von der Körperschaftsteuer befreit; und ebenso wie bei jenen Genossenschaften stammt das nunmehr steuererhöhend wirkende EK 02 zu einem wesentlichen Teil (im Streitfall: zu ca. 89 %) aus der Aktivierung der zuvor – steuerbefreit – erwirtschafteten stillen Reserven der mit den Teilwerten anzusetzenden Wirtschaftsgüter. Soweit in den Gesetzesmaterialien und in der (bislang vereinzelten) finanzgerichtlichen Rechtsprechung die Antragsberechtigung bestimmter Körperschaften der Wohnungswirtschaft damit begründet wird, diese Unternehmen seien dadurch gekennzeichnet, dass eine Besteuerung einer Ausschüttung systemfremd wäre, weil das EK 02 bei Wohnungsbauunternehmen, die die Antragsvoraussetzungen erfüllten, in der Regel auf eine ehemals gemeinnützige Tätigkeit zurückgehe (vgl. FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 24. September 2012 – 2 K 31/11, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2013, 155, nicht rechtskräftig), treffen diese Erwägungen deshalb in gleicher Weise auch auf die Klägerin zu. Gleiches gilt im Grundsatz für die Erwägung, dass bei sämtlichen in § 34 Abs. 16 KStG n.F. genannten Antragsberechtigten deren öffentlicher oder gesetzlich festgelegter Zweck auch Auswirkungen auf die Möglichkeit zur Ausschüttung und auf das Ausschüttungsverhalten habe (vgl. Bundestags-Drucksache [BT-Drucks.] 16/6290, S. 74; BT-Drucks. 16/7036, S. 21; vgl. auch FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 24. September 2012 – 2 K 31/11, a.a.O.), wenngleich im Fall der Klägerin derartige Bindungen nicht gesetzlicher, sondern vertraglicher Natur sind.

c) Das vorgenannte Normverständnis entspricht nach Ansicht des Senats schließlich am ehesten dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (vgl. insbesondere BT-Drucks. 16/7036, S. 21), wurde der Anwendungsbereich der Vorschrift im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erweitert; während für Wohnungsunternehmen zunächst noch eine ausschließliche Verwaltung eigenen Grundbesitzes gefordert war, sah die später Gesetz gewordene Änderungsfassung einen erweiterten Tätigkeitskatalog vor, weil „typische Wohnungsunternehmen“, die der Gesetzgeber hier vor Augen hatte, neben der Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes oftmals auch andere Tätigkeiten im Wohnungswesen durchführen. Der Gesetzgeber tendierte also – soweit der grundsätzliche Sinn und Zweck der Norm erfüllt war (dazu oben zu lit. b)) – zu einem eher weiten als einem zu engen Normverständnis. Zwar trifft die Eigenschaft eines „typischen“ Wohnungsunternehmens auf die Klägerin aus den genannten historischen Gründen nicht zu. Der Senat geht allerdings davon aus, dass der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung besonders gelagerte Fälle wie denjenigen der Klägerin nicht im Blick hatte und durch die Fassung der Vorschrift solche Fälle nicht bewusst von dem Wahlrecht ausschließen wollte; gegenteilige Anhaltspunkte sind jedenfalls aus den Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich.

d) Stellen nach dem Vorstehenden die im Eigentum der Klägerin stehenden Straßen, Wege und Plätze, durch welche die Wohngebäude der Genossen unmittelbar erschlossen und zugänglich werden, zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitz im Sinne des § 34 Abs. 16 KStG n.F. dar, so sind auch die aus der Umlegung der Kosten für Unterhaltung und Pflege dieser Gemeinschaftsflächen, der Beiträge zur Feuer- und Sturmversicherung der Gebäude und zur Haftpflichtversicherung der Wege und Freiflächen sowie des Winterdienstes resultierenden Umsatzerlöse als solche aus der Verwaltung jenes Grundbesitzes anzusehen. Diese Umlagen sind im Bereich der Wohnungswirtschaft typisch und – wie die Klägerin zutreffend anmerkt – bei Anwendung der Formblattverordnung (Verordnung über Formblätter für die Gliederung des Jahresabschlusses von Wohnungsunternehmen vom 22. September 1970) den Umsatzerlösen aus der Hausbewirtschaftung zuzuordnen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die mit der Abgrenzung der antragsberechtigten Genossenschaften im Bereich der Wohnungswirtschaft zusammenhängenden Fragen sind, soweit ersichtlich, noch nicht höchstrichterlich geklärt.