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Entscheidung 9 UF 132/14


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 11.02.2015
Aktenzeichen 9 UF 132/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.

Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … in V… bewilligt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens war zurückzuweisen, weil dem Rechtsmittel hinreichende Erfolgsaussichten nicht beigemessen werden können. Eine auch nur teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung zugunsten des Antragstellers scheidet nach derzeitiger Aktenlage aus. Im Einzelnen:

I.

Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt seit September 2011 und fortlaufend.

Der Antragsteller ist der Vater des am …2005 geborenen Antragsgegners, der seit der Trennung der Kindeseltern im Jahr 2007 im Haushalt seiner Mutter lebt. Mit Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 5. April 2012 – Az. 31 FH 1/12 – wurde der Antragsteller verpflichtet, beginnend ab 1. Juni 2011 den Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe abzgl. des anzurechnenden hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen (Bl. 21 GA).

Mit dem am 6. September 2012 eingegangenen Abänderungsantrag hat der Antragsteller Leistungsunfähigkeit eingewendet und die Abänderung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses dahin beantragt, dass er ab September 2011 zu Unterhaltszahlungen nicht mehr verpflichtet ist.

Der am … 1977 geborene Antragsteller hat die allgemeine Schulausbildung nach der 10. Klasse erfolgreich abgeschlossen und nach dem Wehrdienst eine Ausbildung als Bäcker(geselle) absolviert, die er im August 1997 erfolgreich beendet hat (Bl. 80). Danach hat er bis Juni 2009 in seinem erlernten Beruf bei verschiedenen Arbeitgebern gearbeitet. Das letzte Arbeitsverhältnis wurde nach Behauptung des Antragstellers von ihm selbst beendet, nachdem der Arbeitgeber die Gehaltszahlung infolge der Verletzung eingestellt und er den Verdienst habe einklagen müssen, weshalb das Vertrauensverhältnis zerrüttet gewesen sei. Eine Rückkehr in den erlernten Beruf sei aus gesundheitlichen Gründen zunächst nicht möglich gewesen. Seit 7. Dezember 2010 war er als selbständiger Gewerbetreibender in der Serviceberatung und Neukundengewinnung für die Fa. E… beschäftigt, wobei er vom 10. November 2011 bis 9. August 2011 einen Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit von monatlich 1.014 EUR erhalten hat. Aus den im Übrigen erwirtschafteten Provisionen habe er mit Blick auf behauptete erhebliche Betriebsausgaben allerdings zu keiner Zeit Einkünfte oberhalb des notwendigen Selbstbehalts erzielt. Die Tätigkeit des Antragstellers wurde im September 2012 durch den Auftraggeber beendet. Vom 11. September 2012 bis zum 5. Mai 2013 bezog der Antragsteller Leistungen nach dem SGB II. Seit dem 6. Mai 2013 ist der Antragsteller als Bäcker bei der B. K… Bäckerei GmbH in B… mit 40 Stunden/Woche und einem Nettogehalt von 1.200 EUR beschäftigt. Er behauptet, er müsse die eine einfache Wegstrecke von 39 km zwischen Wohnsitz und Arbeitsstelle mit dem Pkw zurücklegen, weil er bei einem Arbeitsbeginn um 1.00 bzw. 2.00 Uhr nachts nicht auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen könne.

Der Antragsteller war neben der Kindesmutter zunächst hälftiger Eigentümer eines Hausgrundstücks in K…. Das Grundstück ist mit einem Haus bebaut, in dem sich im Erdgeschoss ein Ladenlokal, bestehend aus 51 qm zzgl. zwei Zimmern mit je 10 qm und einer Küche, in der ersten Etage eine etwa 90 qm große Wohnung, die der Antragsteller selbst nutzt, und im Dachgeschoss eine rund 35 qm große weitere Wohnung befindet, die bis Ende des Jahres 2011 zu einem Nettokaltmietzins von 335,70 EUR vermietet war. Im Dezember 2011 hat es einen Heizungsdefekt gegeben, der unrepariert in der weiteren Folge zu erheblichen Frostschäden an den Heizkörpern in den beiden Wohnungen geführt hat. Im April 2013 hat der Antragsteller diesen Heizungs-Frost-Schaden mit einem Kostenaufwand von 2.490,66 EUR (Bl. 156 f. GA) reparieren lassen. Seit Januar 2012 bewohnt allein der Antragsteller das Hausgrundstück.

Für die Finanzierung des Hausgrundstücks sei seinerzeit ein – mittels Hypothek abgesicherter – Privatkredit aufgenommen worden, der mit monatlich 400 EUR zu bedienen gewesen sei; die Mutter des Antragsgegners habe sich an der Kreditrückführung (zunächst) nicht beteiligt. Der Antragsteller selbst ist spätestens im Jahr 2011 in Zahlungsrückstand geraten (Bl. 17 GA).

Mit zur UR-Nr. 232/2013 des Notars … mit Amtssitz in F… errichtetem notariellen Kaufvertrag vom 6. März 2013 hat der Antragsteller den Miteigentumsanteil der Kindesmutter gegen Zahlung von 5.000 EUR erworben; der Nutzungsübergang war für den 7. März 2013 vereinbart; die Eigentumsumschreibung ist am 18. Juli 2013 erfolgt. Zur Finanzierung dieses Grundstücksgeschäfts einschließlich aller Nebenkosten, zur Ablösung der seinerzeit noch auf dem Grundstück lastenden Kreditverbindlichkeiten und von Reparaturkosten hat der Antragsteller von seinen Eltern am 22. Februar 2013 ein – zinsloses - Darlehen über 50.000 EUR erhalten (Bl. 121 GA), das gemäß Darlehensvertrag vom 26. April 2013 (Bl. 120 GA) in monatlichen Raten zu je 400 EUR, beginnend ab dem 1. Mai 2013 zurück zu zahlen ist.

Der Antragsgegner hat Abweisung des Abänderungsantrages begehrt. Er hat eingewendet, dass die Voraussetzungen für eine auf Zeiten vor Antragseinreichung rückwirkende Herabsetzung des Unterhaltstitels nicht vorlägen. Er hat auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit und die fortlaufende (fiktive) Zurechnung von Mieteinkünften verwiesen, so dass Leistungseinschränkungen nicht vorlägen. Die Hauslasten seien nicht anzuerkennen, weil der Antragsteller nach der Trennung von der Kindesmutter einer Veräußerung nicht zugestimmt habe, vielmehr die Immobilie weiter nutzen und auch die Lasten hierfür habe tragen wollen.

Mit Beschluss vom 12. März 2014 hat das Amtsgericht den Abänderungsantrag insgesamt zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller sich fiktiv als leistungsfähig behandeln lassen müsse, weil er nicht dargelegt und bewiesen habe, dass er – notfalls unter Inkaufnahme eines Umzuges - keine ausreichend vergütete Beschäftigung habe finden können. Nach Internetrecherchen sei davon auszugehen, dass der Antragsteller ohne Weiteres ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von mehr als 1.300 EUR erzielen könnte. Die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit stelle sich als Obliegenheitsverletzung dar; auch die Umstände der Beendigung des vorangehenden Arbeitsverhältnisses hätten wenig Substanz.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er sein erstinstanzliches Antragsziel in vollem Umfang weiter verfolgt. Er rügt einen Verstoß gegen die Hinweispflicht und macht geltend, er habe umfangreich dargelegt und nachgewiesen, im Streitzeitraum tatsächlich nicht leistungsfähig gewesen zu sein. Das Amtsgericht habe ferner übersehen, dass er sich über den Landkreis hinaus beworben habe und im Mai 2013 erfolgreich gewesen sei. Er müsse natürlich Fahrtkosten in Kauf nehmen; ein Umzug sei ihm mit Blick auf das selbst genutzte Hausgrundstück nicht anzusinnen. Im Übrigen sei er mit Blick auf den Umgang mit dem Antragsgegner und die auch in K… wohnhaften hilfsbedürftigen Eltern örtlich gebunden. Ein Verweis auf inhaltlich nicht näher konkretisierte Internetrecherchen sei intransparent und rechtsfehlerhaft. Eigene Recherchen des Antragstellers ließen auf eine Spannbreite von 1.300 bis 2.000 EUR brutto schließen; hier bewege sich der Antragsteller mit 1.700 EUR im oberen Mittelfeld.

Der Antragsgegner verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.

II.

Dem zulässigen Rechtsmittel des Antragstellers können nach derzeitigem Sach- und Streitstand (hinreichende) Erfolgsaussichten nicht beigemessen werden.

1.

Die - verfahrensrechtlichen - Voraussetzungen des § 240 Abs. 2 Satz 1 FamFG für die mit Wirkung ab September 2011 erstrebte Herabsetzung des im Verfahren nach §§ 249 ff. FamFG ergangenen Unterhaltstitels vom 5. April 2012 liegen allerdings entgegen der Auffassung des Antragsgegners vor.

Nach Lage der hiesigen Akten ist der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss dem Antragsgegner am 18. April 2012 zugestellt worden (Bl. 118 R GA). Die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 6. August 2012 zurückgenommen, wie sich aus dem dazu ergangenen Kostenbeschluss des erkennenden Senates vom 7. August 2012 – Az. 9 WF 176/12 – ergibt. Das hiesige Abänderungsverfahren hat der Antragsteller mit dem am 6. September 2012 eingegangenen Antrag vom 4. September 2012, mithin innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses, eingeleitet.

2.

Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine auch nur teilweise Herabsetzung des bestehenden Unterhaltstitels vorliegen.

Der Antragsteller ist dem einkommens- und vermögenslosen und deshalb im – titulierten – Umfang von 100 Prozent des Mindestunterhalts abzüglich des anzurechnenden Kindergeldes für ein erstes Kind bedürftigen Antragsgegner (allein) barunterhaltspflichtig, §§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB. Im Streitzeitraum seit September 2011 und für die absehbare Zukunft besteht danach grundsätzlich ein Barunterhaltsbedarf des am …. Februar 2005 geborenen Antragsgegners im Umfang von 272,00 EUR monatlich, den der Antragsteller nach Maßgabe alles ihm Zumutbaren und Möglichen zu decken verpflichtet ist.

Nach Maßgabe von § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB muss sich der Antragsteller nämlich jedenfalls (teilweise) fiktiv so behandeln lassen, als verfüge er – aus abhängiger Erwerbstätigkeit, dem Vorteil mietfreien Wohnens im eigenen Heim und aus Mieteinkünften – über hinreichende Mittel, um daraus ohne Weiteres unter Wahrung seines notwendigen Selbstbehalts den geschuldeten Mindestunterhalt zu zahlen. Der für jede Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit umfassend darlegungs- und beweispflichtige Antragsteller (vgl. zu den erheblichen Anforderungen insoweit zuletzt nur BGH FamRZ 2014, 637 und 1992 – zitiert nach juris) ist den Nachweis auch nur teilweiser Leistungsunfähigkeit schuldig geblieben.

a)

Das Amtsgericht hat zu Recht festgestellt, dass sich die Fortsetzung der selbständigen Erwerbstätigkeit für die Firma E… mit Blick auf die den Antragsteller treffende gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber einem bedürftigen minderjährigen Kind als unterhaltsrechtlich vorwerfbar darstellt. Nachdem der Antragsteller spätestens im Juni 2011 wegen des Kindesunterhalts für den Antragsgegner in Anspruch genommen worden ist, war er gehalten, die nach eigenen Angaben zu keiner Zeit auch nur für den eigenen notwendigen Lebensbedarf des Antragstellers auskömmliche Erwerbstätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender zugunsten einer Arbeitsstelle in seinem erlernten Beruf aufzugeben.

Der Antragsteller hat eine Berufsausbildung zum Bäcker abgeschlossen und verfügt über mehr als 10 Jahre Berufserfahrung in seinem Ausbildungsberuf. Dass noch im Sommer 2011 erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen aus einer nach Aktenlage mehr als zwei Jahre zurückliegenden Knieverletzung vorgelegen hätten, die ihn an der Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit als Bäcker gehindert hätten, ist schon nicht substantiiert vorgetragen und noch weniger unter Beweis gestellt. Der Senat geht davon aus, dass es dem Antragsteller – umfangreiche ernsthafte und nachhaltige Bewerbungsbemühungen unterstellt – gelungen wäre, bis September 2011 eine vollschichtige Erwerbstätigkeit als Bäcker auszuüben, die tariflich vergütet ist. Eine nur kurze aktuelle Recherche des Senates ergab, dass jedenfalls derzeit – teils „dringend“ und mit dem Versprechen von Sonder- und Schichtzulagen – Jobangebote für Bäcker in B… vorhanden sind. Dafür, dass im Sommer 2011 eine entsprechende Arbeitsstelle nicht zur Verfügung gestanden hätte, gibt es keinerlei tragfähige Anknüpfungstatsachen.

(1)

Der Antragsteller muss sich danach so behandeln lassen, als wäre er seit September 2011 abhängig als Bäcker in Vollzeit erwerbstätig gewesen. Im Jahre 2014 – so die Auskunft aus dem Tarifregister für Berlin und Brandenburg - konnte ein Bäcker in B… 1.877,05 EUR brutto (= 1.304,37 EUR netto) erzielen. Im Ergebnis einer Tarifanpassung zum 1. Januar 2015 kann derzeit ein Bruttoverdienst von 1.934,14 EUR (= 1.330,69 EUR netto) monatlich erwirtschaftet werden. Ausgehend von diesen Eckdaten (jährliche Steigerung um rund 30 EUR netto) schätzt der Senat, dass der Antragsteller im Jahre 2011 einen Nettoverdienst von 1.215,00 EUR, im Jahr 2012 einen solchen von 1.245,00 EUR und im Jahr 2013 einen solchen von 1.275,00 EUR monatlich hätte erzielen können.

(2)

Hiervon abzusetzen sind berufsbedingte Aufwendungen, die allerdings ausnahmsweise nicht mit der sonst bei Zurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte üblichen 5-Prozent-Pauschale bemessen werden können. Der tatsächlich in B… und mit einem Nettoeinkommen von nur 1.200 EUR monatlich beschäftigte Antragsteller hat nämlich substantiiert und überzeugend dargelegt, dass er wegen der für Bäcker regelmäßig stark verschobenen Arbeitszeit mit Arbeitsbeginn um 1.00 oder 2.00 Uhr nachts nicht öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch nehmen kann, sondern auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist. Derzeit beträgt sein Arbeitsweg 38 km (einfache Strecke), eine für ein Flächenland wie Brandenburg nicht unübliche Entfernung zur Arbeitsstelle, so dass monatliche Fahrtkosten von 418 EUR (= 0,30 EUR x 76 km x 220 Arbeitstage : 12 Monate) entstehen. Bei gleicher Strecke wären dies mit dem bis Ende 2012 maßgeblichen Kilometersatz von 0,25 EUR Aufwendungen von 348,33 EUR. Der Senat geht zugunsten des Antragstellers davon aus, dass er bei der ihm fiktiv zugerechneten Erwerbstätigkeit als Bäcker schon seit dem Jahre 2011 entsprechende berufsbedingte Aufwendungen zu tragen gehabt hätte, so dass sein (fiktives) Erwerbseinkommen (zunächst) in entsprechender Höhe zu bereinigen ist.

(3)

Auf der anderen Seite sind ihm allerdings die steuerlichen Vorteile aus entsprechenden berufsbedingten Aufwendungen fiktiv wieder zuzurechnen. Aus dem für das Jahr 2013 vorgelegten und mit Blick auf die ganzjährig ausgeübte Erwerbstätigkeit in B… durchaus repräsentativen Einkommensteuerbescheid ergibt sich ein Erstattungsanspruch des Antragstellers im Umfang von 1.184,67 EUR (= monatsdurchschnittlich 97,07 EUR), der für die Jahre 2014 und 2015 zwanglos fortgeschrieben werden kann. Für die Jahre 2011 und 2012 kann allerdings ein solcher Erstattungsbetrag noch nicht eingestellt werden, weil eine abhängige Beschäftigung erst ab September 2011 fingiert wird, so dass eine Steuererstattung im Jahr 2011 (die es tatsächlich auch nicht gab) gar nicht zugerechnet werden kann. Mit Blick auf die (fingierte) Aufnahme einer mit entsprechenden Vorauszahlungen einhergehenden Erwerbstätigkeit im September 2011 wäre allerdings zu erwarten gewesen, dass er allein wegen des steuerlichen Grundfreibetrages die gesamten Steuervorauszahlungen aus den Monaten September bis Dezember 2011 im Jahr 2012 erstattet bekommen hätte. Ausgehend von einer (tatsächlichen) monatlichen Steuerlast von 143,91 EUR bei einem Nettoverdienst von 1.200 EUR im Juni 2013 (vgl. Bl. 123 EUR) schätzt der Senat, dass bei dem hier fingierten Nettoverdienst von 1.215 EUR in der Zeit von September bis einschließlich Dezember 2011 insgesamt Steuervorauszahlungen von rund 600,00 EUR hätten erbracht werden müssen, die im Jahr 2012 zurückerstattet worden wären (= monatsdurchschnittlich 50,00 EUR).

Im Zwischenergebnis ist danach festzuhalten, dass der Antragsteller allein aus Erwerbseinkünften auch bei Zurechnung eines fiktiv tariflichen Erwerbseinkommens als Bäcker tatsächlich nicht in der Lage wäre, Unterhaltsleistungen zu erbringen. Das bereinigte Nettoeinkommen erreicht den dem Antragsteller zu belassenden notwendigen Selbstbehalt von zunächst 950,00 EUR (bis 31. Dezember 2012), sodann 1.000 EUR (bis 31. Dezember 2014) und von 1.080,00 EUR seit Januar 2015 tatsächlich nicht. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die nachstehende Tabelle Bezug genommen.

b)

Dem Antragsteller sind sodann (zeitweise fiktive) Mieteinnahmen zuzurechnen. Die Dachgeschosswohnung war jedenfalls bis Ende 2011 vermietet. Der daraus erzielte Mietzins von 335,70 EUR ist dem Antragsteller - mindestens - im Umfang seines Miteigentumsanteils, also in Höhe von 167,85 EUR als weiteres Einkommen zuzurechnen.

Die Zurechnung dieses Mietzinses hat auch für die Zeit nach dem 31. Dezember 2011 zu erfolgen, weil der Antragsteller die – nach Aktenlage mit Blick auf die fehlende Beheizbarkeit und die zerborstenen Heizungsrohre/Heizkörper erfolgte - Beendigung dieses Mietverhältnisses verschuldet hat. Als vor Ort ansässiger (Mit-)Eigentünmer und (Mit-)Vermieter wäre der Antragsteller gehalten gewesen, schnellst möglich die Heizung mindestens notdürftig zu reparieren, schon um die ansonsten absehbaren und hier auch eingetretenen Folgeschäden an den Heizungsrohren und Heizkörpern zu verhindern und darüber hinaus die Fortsetzung des doch recht einträglichen Mietverhältnisses sicherzustellen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsteller – ernsthafte Bemühungen um eine umgehende Heizungsreparatur unterstellt – den eingetretenen Frostschaden und die Auflösung des Mietverhältnisses nicht hätte verhindern können. Nach der jetzt vorgelegten Reparaturrechnung über rund 2.500 EUR ist ganz offensichtlich der weitaus größte Teil der Kosten für die Beseitigung der - bei dringend gebotenem zügigen Handeln vermeidbaren - Schäden an den Heizungsrohren und Heizkörpern aufgewendet worden. Der Schaden an der Heizungsanlage wäre also erkennbar mit vergleichsweise überschaubarem finanziellen Aufwand zu beseitigen gewesen. In Anbetracht des erheblichen finanziellen Engagements der Eltern im Zusammenhang mit dem Erwerb des Hausgrundstücks zu Alleineigentum und den tatsächlich – unnötig - weit höheren Kosten der endgültigen Schadensbeseitigung an der Heizung im Frühsommer 2014 ist zu erwarten, dass die Eltern auch unmittelbar im Zeitpunkt des Defektes der (ordnungsgemäß gewarteten ?) Heizungsanlage finanzielle Unterstützung geleistet hätten, schon um dem Sohn das finanziell attraktive Mietverhältnis zu erhalten. Die zögerliche Vorgehensweise des Antragstellers in dieser Angelegenheit stellt sich als vorwerfbar dar mit der Folge, dass er sich so behandeln lassen muss, als wäre das Mietverhältnis ungekündigt fortgeführt worden. Nur der Vollständigkeit halber ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass nicht ansatzweise substantiiert und nachvollziehbar dargelegt und unter Beweis gestellt ist, dass der Antragsteller wenigstens nach Behebung des Schadens an der Heizungsanlage im April 2014 nachhaltige Bemühungen um die Neuvermietung der Dachgeschosswohnung unternommen hätte.

Dem Antragsteller ist daher über den Monat Dezember 2011 hinaus und bis einschließlich Februar 2013 der hälftige Mietzins von 167,85 EUR zuzurechnen und mit Nutzungsübergang gemäß Grundstücksübertragungsvertrag mit der Kindesmutter im März 2013 der gesamte erzielbare Mietzins für die Dachgeschosswohnung von 335,70 EUR als weiteres Einkommen unterhaltsrechtlich zuzurechnen.

c)

Darüber hinaus muss sich der Antragsteller den Vorteil mietfreien Wohnens im eigenen Heim als weiteres Einkommen zurechnen lassen.

Er hat – mit Ausnahme der allerdings unterhaltsrechtlich aus den vorstehend erörterten Gründen unbeachtlichen Zeit zwischen Frostschaden Ende 2011 und Reparatur desselben im Frühjahr 2014 – die eigenen Angaben zufolge 90 qm große Wohnung in der ersten Etage bewohnt. Ausgehend von dem tatsächlich vereinbarten Mietzins für die rund 35 qm große Dachgeschosswohnung ist davon auszugehen, dass die selbst genutzte Wohnung einen objektiven Mietwert von – äußerst vorsichtig und zugunsten des Antragstellers – geschätzten 400,00 EUR hat, der dem Antragsteller bis einschließlich Februar 2013 zunächst (mindestens) hälftig und ab März 2013 in vollem Umfang als weiteres Einkommen unterhaltsrechtlich zuzuschreiben ist.

d)

Irgendwelche Zahlungsverpflichtungen aus dem Grundstückserwerb können im Streitfall nicht als die vorstehend angeführten Vorteile dieses Immobilieneigentums schmälernde Belastung einkommensmindernd berücksichtigt werden.

Soweit der ursprüngliche Eigentumserwerb kreditfinanziert gewesen ist, fehlen hierzu substantiierte Ausführungen und Beweisantritte, insbesondere zu den tatsächlich geleisteten Zahlungen. Die den Schriftsätzen des Antragstellers bei Verfahrenseinleitung beigefügt gewesenen (nur weitestgehend unerheblichen) Unterlagen sind im Termin vor dem Amtsgericht am 29. Januar 2014 an den Antragsteller zurückgereicht worden; Zahlungsbelege sind allerdings nach Aktenlage zu keiner Zeit eingereicht worden. Nachdem der Antragsteller selbst schon in der Antragsschrift vom 4. September 2012 einen zeitweisen Zahlungsrückstand hinsichtlich dieses – wohl auch privaten – Finanzierungsdarlehens eingeräumt hat und weitergehende im hiesigen Verfahren, aber auch zum Verfahrenskostenhilfeantrag abgereichte Unterlagen Zweifel an einer ordnungsgemäßen Bedienung einer Vielzahl von Zahlungsverpflichtungen durch den Antragsteller begründen, können weder Zins- noch gar Tilgungsleistungen auf die ursprüngliche – noch gemeinsam mit der Kindesmutter eingegangene ? - Kreditfinanzierung in die Unterhaltsberechnung eingestellt werden.

Dies gilt nicht minder für die Zeit seit Erwerb des Grundstücks zu Alleineigentum des Antragstellers. In diesem Zusammenhang dürfte allerdings eine Absetzung der möglicherweise tatsächlich geleisteten Rückzahlungen auf den nun von den Eltern zum Zwecke des Grundstückserwerbs (einschließlich der Ablösung des ursprünglichen Darlehens) hingegebenen Kredits über 50.000 EUR schon aus Rechtsgründen ausscheiden. Es handelt sich nämlich insoweit um ein zinsloses Darlehen, so dass Finanzierungskosten im engeren Sinne gar nicht entstanden sind, mit den folglich ausschließlich zur Tilgung bestimmten Rückzahlungen von monatlich 400,00 EUR also schlicht Vermögenserwerb betrieben wird. Den Einsatz von Kosten für einen reinen Vermögenserwerb aber muss sich ein minderjähriges Kind, das nur den das eigene Existenzminimum absichernden Mindestunterhalt beansprucht, nicht entgegen halten lassen. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass sich der Antragsteller im laufenden Verfahren um diesen Mindestunterhalt zum Erwerb (und nicht zum freihändigen Verkauf) des Hausgrundstücks entschlossen, also eigenverantwortlich in Kenntnis der ihn treffenden Unterhaltsverpflichtung dieses Zahlungspflicht begründet hat.

Im Ergebnis dessen ist festzustellen, dass der Antragsteller uneingeschränkt in der Lage ist, den hier geforderten Mindestunterhalt auch seit September 2011 zu zahlen. Auf die nachstehende Tabelle wird Bezug genommen.

Auf die weiteren Fragen, ob der Antragsteller hinreichende Bemühungen unternommen hat, auch das Ladenlokal zu vermieten oder seinen für sich betrachtet unzureichenden Erwerbseinkünfte durch die Aufnahme einer Nebentätigkeit aufzustocken, kam es danach schon nicht mehr an.