Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 04.03.2011 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 19/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 44 SGB 7 |
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Gewährung von weiterem Pflegegeld.
Die 1951 geborene Klägerin ist die Witwe des 1944 geborenen und 2008 verstorbenen Versicherten K K. Bei dem Versicherten waren aufgrund Bescheides der Beklagten vom 24. April 1998 Veränderungen der Pleura (Brustfell) als Folge einer beruflich bedingten Asbeststaubeinwirkung – Berufskrankheit (BK) Nr. 4103 der Anlage (1) zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) – anerkannt.
Am 03. April 2008 stellte sich der Kläger in der Lungenarztpraxis Dr. H u. a. vor, wo er über einen Verlust von 5 kg Körpergewicht binnen eines Jahres, Hitzewallungen, sowie seit 10 Tagen bestehenden Schwindel und Missempfindungen in der rechten Hand klagte. Ein am selben Tag durchgeführtes cerebrales Computertomogramm (CT) ergab einen Hirntumor. Vom 04. April bis zum 17. April 2008 befand sich der Versicherte zur stationären Behandlung in der C, wo der Tumor am 08. April 2008 entfernt wurde. Pathologisch-anatomische Begutachtungen vom 08./18. April 2008, 17./18. April 2008 und 23. April/06. Mai 2008 sicherten neben einem malignen, mesenchymalen Tumor im Hirn ein nicht kleinzelliges solides pulmonales Karzinom sowie die Tatsache, dass es sich bei dem Hirntumor um eine Metastase des pulmonalen Karzinoms handelte. Der Versicherte befand sich in der Folgzeit noch vom 09. bis zum 20. Mai 2008 sowie vom 27. Mai bis zum 05. Juni 2008 in stationärer Behandlung im H Klinikum E v B. Dabei wurden u. a. weitere ausgedehnte Metastasen im Bereich der Nebenniere bestätigt. Am 06. Juni 2008 verstarb der Versicherte zu Hause.
Mit Bescheid vom 18. August 2008 gewährte die Beklagte der Klägerin Hinterbliebenenrente ab dem Todestag des Versicherten sowie Sterbegeld. Mit Bescheid vom 03. September 2008 erkannte sie die Bronchialkrebserkrankung des Versicherten als BK Nr. 4104 an und gewährte der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin für die Zeit vom 04. April 2008 bis zum 06. Juni 2008 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100.
Mit Schreiben vom 16. September 2008 beantragte die Klägerin die Gewährung von Pflegegeld. Die Krankenkasse hatte auf der Grundlage eines nach Aktenlage am 22. Juli 2008 erstellten Pflegegutachtens Pflegegeld nach Pflegestufe II vom 01. Mai bis zum 30. Juni 2008 (Antrag vom 06. Mai 2008) gezahlt. In einem Telefonat am 02. Juni 2009 teilte die Klägerin mit, der Gesundheitszustand des Versicherten habe sich nach der Kopf-Operation rapide verschlechtert. Seit der Entlassung aus der stationären Behandlung am 17. April 2008 sei er in erheblichem Umfang auf ihre Hilfe angewiesen gewesen. Daraufhin gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 09. Juni 2009 der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten für die Zeit der Hilflosigkeit aufgrund der BK des Versicherten nach § 44 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) Pflegegeld i. H. v. 100% für die Zeit vom 17. April bis zum 06. Juni 2008. Das Pflegegeld entfalle für die Zeit vom 10. bis zum 19. Mai 2008 sowie vom 28. Mai bis zum 04. Juni 2008, da der Versicherte sich in stationärer Behandlung befunden habe. Für die Dauer der stationären Aufenthalte sei kein Pflegegeld zu zahlen, weil die Pflege im Rahmen der stationären Behandlungen sichergestellt gewesen sei. Für den Aufnahme- und Entlassungstag werde jeweils Pflegegeld gezahlt. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und begehrte einen früheren Beginn des Pflegegeldes sowie eine durchgehende Gewährung unter Bezugnahme auf § 44 Abs. 3 SGB VII. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2009 zurück. Nach Auswertung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen lasse sich bei dem Versicherten erstmalig nach der Entlassung aus der stationären Behandlung am 17. April 2008 eine Hilflosigkeit i. S. d. Gesetzes nachweisen. § 44 Abs. 3 SGB VII sei hier nicht anwendbar, da sich diese Vorschrift nur auf Fälle beziehe, in denen Pflegegeld bereits festgestellt worden sei und gezahlt werde. Diese Weiterzahlungsregelung greife nicht in den Fällen der Zahlung des Pflegegeldes an Sonderrechtsnachfolger, hier ende der nicht festgestellte Pflegegeldanspruch am Tag vor und beginne erst wieder am Tag nach der stationären Behandlung.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat die Klägerin vorgetragen, es sei nicht erörtert worden, ob nicht auch aus psychischen Gründen bereits ab einem früheren Zeitpunkt die Zahlung von Pflegegeld indiziert gewesen sei. Darüber hinaus verstoße die von der Beklagten vorgenommene Auslegung des § 44 Abs. 3 SGB VII gegen § 2 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I).
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Dezember 2009 abgewiesen. Die Kammer habe nicht feststellen können, dass der Versicherte bereits vor dem 17. April 2008 hilflos gewesen sei. Eine entsprechende Aussage oder Wertung enthielten die zeitlich vor dem 17. April 2008 liegenden Arztberichte nicht. So schreibe etwa der Pneumologe B in seinem Arztbericht über eine Untersuchung des Versicherten vom 03. April 2008, es zeige sich eine Verschlechterung einzelner funktioneller Parameter gegenüber den Vorbefunden aus den Jahren 2004 und 2006. Von einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes auf eine Hilflosigkeit zu schließen, sei indes nicht möglich. Soweit die Klägerin meine, eine frühere Gewährung von Pflegegeld sei eventuell aus psychischen Gründen indiziert, so seien diese vermeintlich anspruchsbegründenden Umstände weder näher dargelegt worden noch orientierten sie sich an den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für eine Gewährung von Pflegegeld. Psychischer Beistand zugunsten eines Schwerkranken lasse nicht auf Hilflosigkeit schließen. Weiterhin komme auch eine Gewährung von Pflegegeld für Zeiten stationären Aufenthaltes des Versicherten nicht in Betracht. Da während stationärer Behandlungen die Pflege in der Regel sichergestellt sei, bestehe zunächst für Zeiten der stationären Behandlung kein Anspruch auf zusätzliches Pflegegeld. Soweit in § 44 Abs. 3 SGB VII geregelt sei, dass Pflegegeld für den Monat, in dem eine stationäre Aufnahme stattfinde, weiter zu zahlen sei und mit dem ersten Tag des Entlassungsmonats wieder aufzunehmen sei, so handele es sich um eine langjährige Praxi der Unfallversicherungsträger für die vormals geltende Vorschrift in § 558 Reichsversicherungsordnung (RVO), die nunmehr in der Vorschrift des § 44 Abs. 3 SGB VII ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden habe. Aus den Formulierungen „weiter gezahlt“ und „wieder aufgenommen“ folge, dass die Vorschrift sich auf Fälle beziehe, in den Pflegegeld im Zeitpunkt der stationären Aufnahme bereits festgestellt und gezahlt worden sei. Hingegen sei bei rückwirkender Feststellung von Pflegegeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung - wie im vorliegenden Fall - für Zeiten der stationären Behandlung, in denen die Pflege anderweitig sichergestellt sei, kein zusätzlicher Anspruch auf Pflegegeld gegeben. Bedenke man, dass diese Leistungen in ihrem ursprünglichen Sinn eigentlich eine Sachleistung darstellten, so bestehe kein vernünftiger Grund, bei nachträglichen Leistungsfeststellungen für Zeiten, in denen die Pflege anderweitig sichergestellt gewesen sei, diese Leistung zusätzlich, auch in Form einer Geldleistung, zu gewähren.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Die Gewährung von Pflegegeld sei bereits früher aus Gründen der psychischen Betreuung, welche sie geleistet habe und welche bei einer infausten Erkrankung erforderlich werde, indiziert gewesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 09. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr als Sonderrechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten K K Pflegegeld bereits ab einem früheren Zeitpunkt als dem 17. April 2008 sowie auch für die Zeiträume vom 10. Mai 2008 bis zum 19. Mai 2008 und vom 28. Mai 2008 bis zum 04. Juni 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte des den Verstorbenen behandelnden Onkologen Dr. R vom 26. April 2010 sowie des Internisten Dr. K vom Juni 2010 eingeholt. Darüber hinaus hat der Senat die Schwerbehindertenakte des Versicherten sowie die Gerichtsakten zu dem Rechtsstreit L 22 U 115/08 beigezogen.
Durch Beschluss des Senats vom 12. Juli 2010 ist der Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Schwerbehindertenakte des Versicherten (Gz. ) und der Gerichtsakten zu dem Rechtsstreit L 22 U 115/08 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Das Gericht konnte hier gemäß §§ 124 Abs. 1, 126 SGG entscheiden, obwohl weder die Klägerin noch ihre Bevollmächtigten zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind. Die Klägerin war nicht persönlich geladen und die Ladung enthielt einen entsprechenden Hinweis auf die Folgen des Nichterscheinens.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Wie das SG zutreffend entschieden hat, hat die Klägerin weder Anspruch darauf, dass Pflegegeld bereits ab einen früheren Zeitpunkt als dem 17. April 2008 gewährt wird noch auf eine durchgehende Gewährung bis zum Tode des Versicherten. Die Klägerin ist Sonderrechtsnachfolgerin nach dem 2008 verstorbenen Versicherten (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I). Bei dem von Amts wegen zu erbringenden (vgl. Nehls in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Randnr. 1 a zu § 44) Pflegegeld handelt es sich nach herrschender Meinung um eine Geldleistung (vgl. Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Kommentar zum SGB VII, Randnr. 6 zu § 44; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Kommentar zum SGB VII, Randnr. 7.1 zu § 44; Nehls in Hauck/Noftz a. a. O. Randnr. 1 a; offengelassen: Ricke in Kasseler Kommentar, Randnr. 2 zu § 44). Der Anspruch auf Pflegegeld ist nicht nach § 59 Satz 2 SGB I erloschen, weil es sich um eine von Amts wegen zu gewährende Leistung handelt und ein Verwaltungsverfahren der Beklagten zur Klärung der gesamten Leistungsansprüche aus der BK des Versicherten zum „Antragszeitpunkt“ noch andauerte.
Pflegegeld ist nach § 44 Abs. 1 SGB VII zu zahlen, solange der Versicherte infolge eines Versicherungsfalls so hilflos ist, dass er für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang der Hilfe bedarf. Hilflos ist ein Versicherter dann, wenn er in regelmäßiger Wiederkehr, wenn auch nicht notwendigerweise an jedem Tag, für zahlreiche Verrichtungen des Lebens ganz oder in erheblichem Umfang der Hilfe anderer bedarf (vgl. u. a. Nehls in Hauck/Noftz a. a. O. Randnr. 6). Ein Katalog der gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens findet sich in § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX).
Die Beklagte hat den Eintritt einer Hilflosigkeit in diesem Sinne bei dem Versicherten ab der Entlassung aus der C bejaht und den Entlassungstag als Beginn des Pflegegeldanspruchs festgelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine Hilflosigkeit des Versicherten bereits früher eingetreten sein könnte. Insbesondere die behandelnden Ärzte Dr. R und Dr. K haben in ihren vom Senat veranlassten Befundberichten auf explizite Fragen des Senats einen vor dem 17. April 2008 einsetzenden erheblichen Hilfebedarf bei den notwendigen Verrichtungen des alltäglichen Lebens nicht bejahen können. Vielmehr gehen beide von einer Hilflosigkeit erst ab Mai 2008 aus, was mit der Antragstellung bei der Krankenkasse korreliert.
Auch die weiteren medizinischen Befunde ergeben keine Hinweise für eine zuvor bestehende Hilflosigkeit. So stellte der Lungenfacharzt B am 03. April 2008 zwar eine Verschlechterung einzelner lungenfunktioneller Parameter fest, eine Hilflosigkeit lässt sich hieraus jedoch nicht schließen. Aus dem Aufnahmebefund der C vom 04. April 2008 ergibt sich, dass der Versicherte damals wach, ansprechbar und allseits orientiert war. Bis auf eine Pronation im Arm-Halteversuch rechts fanden sich weder manifeste noch latente Paresen. Gand, Stand, Blindgang und blinder Seiltänzergang waren sicher durchführbar. Es bestanden leichte mnestische Störungen im Minimental, aber keine vegetativen Defizite. Bei der Aufnahme im H Klinikum E v B am 09. Mai 2008 wurde über eine seit 14 Tagen fortschreitende Dyspnoe berichtet. Der Versicherte befand sich in einem mäßig reduzierten Allgemein- und normalen Ernährungszustand. Es wurde Sauerstoff über die Nasensonde zugeführt, eine Zyanose bestand darunter nicht. Das rechte Bein war geschwollen und schmerzhaft, die restliche körperliche Untersuchung unauffällig. Es wurde eine bilaterale Lungenarterienembolie festgestellt. Bei der erneuten Aufnahme am 27. Mai 2008 fand sich der Zustand jedoch weiter verschlechtert. Die behandelnden Lungenfachärzte Dr. H u. a. berichteten in einem Befundbericht für das Landesamt für Soziales und Versorgung Berlin vom 30. Mai 2008 von einer massiven Verschlechterung des Allgemeinzustandes ab April/Mai 2008. In seinem Verschlimmerungsantrag beim Landesamt für Soziales und Versorgung vom 06. Mai 2008 gab der Versicherte an, wegen Luftmangels nach ca. 500 Metern beim Spaziergengehen pausieren zu müssen, unter Belastung sowie nach ca. 10 Treppenstufen ebenfalls Luftmangel zu leiden und zeitweise Schwindelgefühle zu haben. Die letzte gutachterliche Untersuchung im Rahmen eines Rechtsstreits hatte am 02. Juli 2007 im Rahmen des Rechtsstreits L 22 U 115/08 stattgefunden. Dem Gutachten des damaligen Sachverständigen Dr. G lassen sich keinerlei Hinweise für eine Hilflosigkeit entnehmen.
Soweit die Klägerin ohne jegliche Unterfütterung mit Fakten die Auffassung vertritt, eine Hilflosigkeit ergebe sich aus der bei infausten Erkrankungen regelmäßig notwendigen Erforderlichkeit psychischen Beistandes, so ist dies aus mehreren Gründen nicht zutreffend. Zum einen kommt eine „psychische Hilflosigkeit“ nur dann in Betracht, wenn psychische Veränderungen eine so weitgehende Antriebsschwäche verursachen, dass der Versicherte seine ihm an sich verbliebenen Körperkräfte ohne dauernden Anstoß von außen nicht einzusetzen und zu steuern vermag (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar a. a. O. Randnr. 4 zu § 44; Bereiter-Hahn/Mehrtens a. a. O. Randnr. 6.1 zu § 44) und für einen derartigen Fall ist hier nichts vorgetragen und auch aus den Akten nichts zu entnehmen. Zum anderen kann dieser „Vortrag“ schon aus Gründen der Logik keine Hilflosigkeit vor dem 17. April 2008 begründen. Dr. K hat zwar eine erhebliche reaktive Depression in seinem Befundbericht vom Juni 2010 bestätigt. Aber die „infauste“ Erkrankung des Versicherten, die Grundlage für die Depression oder den angeblich von der Klägerin geleisteten psychischen Beistand bildete, ist erst im April 2008 festgestellt worden. Noch zum Zeitpunkt der Stellung des Verschlimmerungsantrags beim Versorgungsamt am 06. Mai 2008 wusste der Versicherte offensichtlich selber noch nicht, dass er an einem metastasierenden Lungenkrebsleiden litt, wie sich aus seinen eigenen Angaben in diesem Antrag ergibt. Darüber hinaus begründet eine Depression nicht zwangsläufig eine „psychische Hilflosigkeit“ in dem oben ausgeführten Sinne. Abgesehen davon, dass die Bevollmächtigten der Klägerin sich nicht die Mühe machen, einen substantiierten oder wenigstens nachvollziehbaren Vortrag zur Notwendigkeit von Hilfestellungen bei den notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens in erheblichem Umfang vor dem 17. April 2008 zu leisten, spricht schon die gesamte Aktenlage eindeutig gegen eine frühere Hilflosigkeit des Versicherten.
Die Klägerin hat darüber hinaus auch keinen Anspruch auf eine durchgehende Gewährung von Pflegegeld, d. h. auch für die begehrten Zeiträume vom 10. Mai 2008 bis zum 19. Mai 2008 sowie vom 28. Mai 2008 bis zum 04. Juni 2008. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den nachvollziehbaren und ausführlichen Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen seines Gerichtbescheides vom 14. Dezember 2009 an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich ergänzend ist folgendes anzumerken:
Sinn und Zweck des Pflegegeldes ist es zum einen, den auf fremde Wartung und Hilfe angewiesenen Versicherten so zu stellen, dass er sich die erforderliche Wartung und Pflege beschaffen kann, des Weiteren in besonderem Maße die eigene Gestaltungsfreiheit sowohl des Pflegebedürftigen als auch der Pflegeperson in der familiären oder sonstigen privaten Sphäre zu sichern und schließlich, einen Anreiz darzustellen, die Pflege in der gewohnten Umgebung durchzuführen (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens a. a. O. Randnr. 7.2). Im Rahmen der (voll)stationären Behandlung im Krankenhaus nach § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB VII bzw. § 38 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) wird auch die Pflege gewährleistet. Diese Maßnahmen lassen also grundsätzlich im Rahmen des allgemeinen Gebots, Doppelleistungen zu vermeiden, Pflegegeldleistungen entfallen (vgl. Nehls in Hauck/Noftz a. a. O. Randnr. 15; Ricke in Kasseler Kommentar a. a. O. Randnr. 12). Eine sofortige Einstellung der Leistungen wäre dem Versicherten jedoch in vielen Fällen nicht zumutbar, da. z. B. keine sofortige Lösung eines Vertrages mit einer Pflegekraft möglich wäre. Hieraus begründet sich die Übergangsregelung des § 44 Abs. 3 SGB VII (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar a. a. O. Randnr. 12). Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor. Die grundsätzlichen Bedenken, ob in der hiesigen Konstellation der nach dem Tod des Versicherten erfolgten Beantragung des Pflegegeldes durch den Sonderrechtsnachfolger eine Gewährung von Pflegegeld nicht überhaupt ausscheiden müsste (vgl. hierzu das Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden-Württemberg vom 30. Juni 2008 – L 1 U 1284/08 – in www.sozialgerichtsbarkeit.de) hintan gestellt, konnte hier tatsächlich eine Härte für den Versicherten bzw. die Klägerin durch die Nichtgewährung von Pflegegeld während der stationären Aufenthalte nicht entstehen. Denn zum einen ist hier eine Motivation zur Durchführung der häuslichen Pflege nicht mehr notwendig gewesen und zum anderen ist offensichtlich keine Pflegekraft beschäftigt worden (vgl. die telefonischen Mitteilung der Klägerin gegenüber der Beklagten vom 02. Juni 2009). Eine Belastung des Versicherten dadurch, dass trotz der Gewährung der Pflege während der stationären Aufenthalte trotzdem Aufwendungen für häusliche Pflege anfielen, existierte nicht. Nach Sinn und Zweck der Regelung des § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB VII ist diese daher dahingehend auszulegen (teleologische Auslegung), dass sie nicht für den Fall der nachträglichen Gewährung von Pflegegeld an den Sonderrechtsnachfolger gilt. Dies stimmt überein mit der Auslegung nach dem Wortlaut der Regelung wie schon das SG in den Entscheidungsgründen seines Gerichtsbescheides dargelegt hat (so auch Bereiter-Hahn/Mehrtens a. a. O. Randnr. 13). Ein Kollision mit § 2 Abs. 2 SGB I liegt, anders als die Klägerin meint, nicht vor. Diese Vorschrift rechtfertigt keine Doppelleistungen.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.