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Sachverhaltsaufklärung - Mitwirkung - Rechtsfolgenhinweis


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 27. Senat Entscheidungsdatum 08.03.2012
Aktenzeichen L 27 R 518/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 106 SGG

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt in einem Überprüfungsverfahren die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbfähigkeit.

Die 1952 geborene Klägerin hat die Schule nach sieben Klassen abgebrochen und keinen Beruf erlernt. Sie war während ihres Erwerbslebens zuletzt bis 1995 als Reinigungskraft beschäftigt. Im Jahr 2000 erkrankte die Klägerin an Leukämie. Auf ihren im Dezember 2000 gestellten Antrag wurde ihr durch die Beklagte wiederholt und zuletzt befristet bis Dezember 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt.

Am 02. September 2005 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2005 hinaus. Nach Einholung eines internistischen Gutachtens der Dr. C vom 05. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 11. Oktober 2005 ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein orthopädisches Gutachten des Dr. R aus November 2005 ein, der ebenso wie zuvor Dr. C zu der Einschätzung kam, dass bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin bestehe. Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 erhob die Klägerin Klage zu dem Sozialgericht Berlin, das ein Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin und Psychotherapie Dr. B vom 11. April 2007 einholte, welcher ebenfalls eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen befürwortete. Durch Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2007 wurde die Klage abgewiesen.

Am 09. Januar 2008 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und machte einen Leistungsfall seit 2000 geltend. Der Antrag wurde durch die Beklagte als Überprüfungsantrag zum Bescheid vom 11. Oktober 2005 ausgelegt und durch Bescheid vom 18. Januar 2008 zurückgewiesen, da keine neuen medizinischen Unterlagen vorgelegt worden seien. Eine Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 11. Oktober 2005 gemäß § 44 SGB X sei danach nicht erkennbar.

Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin Schmerzen tags wie nachts am ganzen Körper, erhebliche Angstzustände wegen ihrer Krebserkrankung und die daraus resultierende Unfähigkeit zu arbeiten geltend. Das von der Beklagten eingeholte Gutachten der Internistin Dr. P vom 07. März 2008 kam erneut zu der Einschätzung, dass die Klägerin seit Januar 2006 unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig leistungsfähig sei.

Durch Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ein Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 11. Oktober 2005 nach § 44 SGB X bestehe nicht, da die Klägerin keinen Anspruch gemäß §§ 43, 240 SGB VI auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit habe.

In dem anschließend vor dem Sozialgericht Berlin durchgeführten Rechtsstreit wiederholte die Klägerin ihre Klagebegründung und führte weiter aus, dass sie wegen ihrer Angstzustände unter Konzentrations- und Schlafstörungen leide und im Bereich des Lendenwirbelsäule erhebliche degenerative Veränderungen bestünden, die zu ständigen Reizungen führen würden. Das Sozialgericht holte Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. K (Neurologe/Psychiater), Dr. S (Internist), Dr. G (Neurologe/Psychiater), Dr. P (Allgemeinmediziner), Dr. B (Augenarzt) und Dr. M (Lungen- und Bronchialheilkundler) ein. Weiterhin holte das Sozialgericht das Sachverständigengutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. G vom 07. September 2009 ein. Darin gelangte die Sachverständige zu der Einschätzung, die Klägerin sei mit bestimmten Einschränkungen vollschichtig zur Erwerbstätigkeit in der Lage. Auch Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. April 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Rücknahme des Bescheides vom 11. Oktober 2005 nach § 44 SGB X. Denn ein Anspruch auf Weiterbewilligung einer Rente gemäß § 43 SGB VI wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2005 hinaus sowie auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI bestehe bei der Klägerin nicht. Die Klägerin sei noch vollschichtig leistungsfähig bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Dies ergebe sich aus den eingeholten medizinischen Unterlagen und insbesondere dem eingeholten Sachverständigengutachten der Dr. G. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seien nicht gegeben, da die Klägerin als Ungelernte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.

Gegen den am 30. April 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25. Mai 2010 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Widerspruchs- und erstinstanzlichen Verfahren und macht vertiefend geltend, dass sie wegen ihrer Angstzustände teilweise nicht in der Lage sei, ihre Wohnung zu verlassen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 11. Oktober 2005 aufzuheben und der Klägerin mit Wirkung vom 01. Januar 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2010 zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Durch Beweisanordnung vom 10. September 2010 hat das Gericht den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C mit der Erstattung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung der Klägerin beauftragt. Die Klägerin ist trotz Aufforderung durch den Sachverständigen zu zwei angesetzten Untersuchungsterminen nicht erschienen. Auch auf Aufforderung des Gerichts vom 03. Februar 2011 ist sie zu einem weiteren Untersuchungstermin am 22. März 2011 nicht erschienen. Am 24. März 2011 hat das Gericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Sachverhalt ohne ihre Mitwirkung nicht aufklärbar sei und über die Berufung eine Beweislastentscheidung zu ihren Ungunsten ergehen könne. Zu einem auf Bitten der Klägerin angesetzten weiteren Untersuchungstermin am 05. Mai 2011 ist die Klägerin erneut ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Nach einem Erörterungstermin, zu dem die Klägerin ohne Entschuldigung erst nach Terminsbeendigung erschienen war, ist die Klägerin am 26. September 2011 zur Stellungnahme aufgefordert worden, warum sie wiederholt zu den Untersuchungsterminen nicht erschienen sei und ob sie zu einer entsprechenden Begutachtung bereit sei. Dabei erfolgte auch der Hinweis darauf, dass ohne eine sachverständige Begutachtung die Berufung erfolglos sein dürfte, da die Klägerin für das Vorliegen der Voraussetzungen der begehrten Verlängerung der Erwerbsminderungsrente beweispflichtig sei und die bisherigen Gutachten einen Rentenanspruch verneinen würden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung weder selbst erschienen noch vertreten gewesen ist. Denn die Klägerin ist ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch kein Anspruch auf die Rücknahme des Bescheides vom 11. Oktober 2005 durch die Beklagte zu. Die Beklagte hat bei der Ablehnung des Rentenantrags für die Zeit ab dem 01. Januar 2006 das Recht nicht unrichtig angewandt und auch keinen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Ein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Absätze 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). SGB VI bzw. auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI lässt sich nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen. Insoweit hat das Sozialgericht die Klage unter zutreffender Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten und weiteren medizinischen Unterlagen abgewiesen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Berufung der Gründe des Gerichtsbescheides vom 26. April 2010 und sieht gemäß § 153 Absatz 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.

Auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren vermag nicht zu einer anderen Entscheidung zu führen. Die Klägerin hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, dass ihre psychischen Leiden nicht zutreffend bewertet worden seien. Indes ist dem Senat eine weitere Sachverhaltsaufklärung in dieser Hinsicht durch das Verhalten der Klägerin verwehrt. Die Klägerin ist trotz wiederholter Aufforderung und entsprechender Hinweise des Gerichts zu den Untersuchungsterminen bei dem durch Beweisanordnung vom 10. September 2010 mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragten Sachverständigen Dr. C nicht erschienen. Da nach allen bislang eingeholten Sachverständigengutachten ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Erwerbsminderungsrente –wie bereits ausgeführt- nicht feststellbar ist, geht die Nichtaufklärbarkeit zu Lasten der Klägerin, die den begehrten, aber nach den bisherigen Erkenntnissen nicht nachweisbaren Anspruch geltend macht. Denn die Klägerin trägt die objektive Beweislast für diesen von ihr verfolgten Anspruch und die Nichtaufklärbarkeit scheitert an ihrer Mitwirkung. Die Klägerin ist mit richterlicher Verfügung vom 26. September 2011 aufgefordert worden mitzuteilen, ob sie zur Untersuchung entsprechend der Beweisanordnung vom 10. September 2010 bereit ist; zugleich hat der Senat die Klägerin auf die möglichen rechtlichen Folgen einer mangelnden Bereitschaft zur Untersuchung durch einen Sachverständigen ausdrücklich hingewiesen. Diese Bereitschaft hat die Klägerin nicht bekundet, sie ist trotz ordnungsgemäßer Ladung auch zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. März 2012 nicht erschienen. Nach den vorangegangenen drei unentschuldigten Säumnissen der Klägerin, zu den jeweils anberaumten Untersuchungsterminen des Sachverständigen zu erscheinen, wäre eine Bekundung der Mitwirkungsbereitschaft erforderlich gewesen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin auch zu dem auf ihre Bitte hin angesetzten Untersuchungstermin am 5. Mai 2011 unentschuldigt nicht erschienen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nicht ersichtlich sind.