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Entscheidung 24 Sa 213/12


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 24. Kammer Entscheidungsdatum 13.06.2012
Aktenzeichen 24 Sa 213/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 10 Abs 4 AÜG, § 9 Nr 2 AÜG

Leitsatz

Die von der CGZP abgeschlossenen Tarfiverträge sind nichtig. Etwas Anderes ergibt sich nicht aus der Lehre vom fehlerhaften Tarifvertrag. Den Ansprüchen aus dem Grundsatz des equal pay steht nicht das Gebot des Vertrauensschutzes entgegen. Das formularmäßig vereinbarte System von Ausschlussfristen ist intransparent.

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 04. Januar 2012 - 39 Ca 9156/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung des Differenzbetrages zwischen der ihr gezahlten Vergütung und dem Arbeitsentgelt, dass ihr Entleiher für vergleichbare eigene Arbeitnehmer während ihrer Tätigkeit im Betrieb des Entleihers gezahlt hat.

Die Klägerin war von Juni 2007 bis Dezember 2009 bei der Beklagten, die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19.06.2007 („Vertrag 2007“) heißt es u.a.:

„Der Arbeitgeber vereinbart mit dem Arbeitnehmer die freiwillige Anwendung des Mantel-(MTV), Entgeltrahmen- und Entgelttarifvertrags sowie des Beschäftigungssicherungstarifvertrags der Tarifgemeinschaft Ch. Gewerkschaften Z. und PSA in der Fassung vom 29.11.2004 sowie der Ergänzung vom 19.06.2006.“

Unter dem 04. September 2009 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zur Ersetzung des Arbeitsvertrags von 2007 („Vertrag 2009“), in der es u.a. heißt:

„§ 1 Tarifanwendung

1. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlicheinschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Dies sind zurzeit die zwischen den Tarifgemeinschaft Ch. Gewerkschaften Z. und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer P. e.V. (AMP) abgeschlossenen Tarifverträge (u.a. Manteltarifvertrag, Entgeltrahmen- und Entgelttarifvertrag).

2. Sollte rechtskräftig festgestellt werden, dass es sich bei den genannten Verträgen nicht um Tarifverträge im Sinne des Tarifvertragsgesetzes handelt, insbesondere weil die CGZP oder die in ihr vertretenen Einzelgewerkschaften keine hinreichende Mächtigkeit besitzen oder die CGZP nicht zum Abschluss von Zeitarbeitstarifverträgen ermächtigt ist, gelten ab dem Zeitpunkt der fehlenden Tariffähigkeit die zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e.V.) und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB: IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, Transnet und GdP abgeschlossenen Tarifverträgen (u.a. Manteltarifvertrag Entgeltrahmen-, und Entgelttarifvertrag).

3. Sollten die in Absatz 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne das neue, zwischen diesen Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Absatz 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

4. Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung die in Absatz 1 genannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch Haustarifverträge oder durch solche Tarifverträge zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden. In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der in Absatz 1 genannten Tarifverträge.

5. Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen widersprechen sollten, gelten vorrangig die tariflichen Regelungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.

§ 7 Vergütung

1. Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung in Höhe der E 1 mit 6,00EUR brutto pro Stunde in den erste 4 Monaten der Beschäftigung und 6,15 EUR brutto pro Stunde mit Beginn des 5. Beschäftigungsmonats. Diese Vergütung erhält er auch in Nichteinsatzzeiten.

9. Die Abrechnung erfolgt am 20. des Folgemonats. Die Lohnzahlung erfolgt per Überweisung auf das Arbeitnehmerkonto am nachfolgenden Bankarbeitstag. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber seine Kontoverbindung innerhalb von 14 Tagen nach Beginn der Tätigkeit mitzuteilen.

§ 18 Ausschlussklausel

Beide Parteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftliche innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Fristen einzuhalten.

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von weiteren drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Diese Ausschlussfristen gelten nicht für Ansprüche, die auf unerlaubte Handlung gestützt werden.“

Wegen der weiteren Vertragsbestimmungen wird auf Bl. 18 – 22 d. A. verwiesen.

In der Zeit von Januar 2008 bis Dezember 2009 zahlte die Beklagte der Klägerin 10.808,35 EUR brutto weniger Vergütung, als der Entleiher, bei dem sie eingesetzt war, einem vergleichbaren eigenen Arbeitnehmer zahlte.

Mit Schreiben vom 09. März 2011 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Zahlung weiteren Arbeitsentgelts geltend, da der mit der CGZP abgeschlossene Tarifvertrag unwirksam sei und das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht regeln könne. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 14. März 2011, das bei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16. März 2011 einging, unter Hinweis auf die Wirksamkeit des mehrgliedrigen Tarifvertrags sowie unter Berufung auf Ausschlussfristen ab.

Mit ihrer am 15.06.201 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 21.06.2011 zugestellten Klage hat die Klägerin Zahlung der Entgeltdifferenz verlangt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.707,65 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. März 2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit Urteil vom 04.01.2012 hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und den Wert des Streitgegenstandes auf 10.707 EUR festgesetzt.

Gegen das ihr am 09.01.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.01.2012 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 10.04.2012 am 28.03.2012 begründet.

Sie trägt vor: Die Klägerin habe vor Klageerhebung nicht aus Zumutbarkeitsgründen den Ausgang des Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der CGZP abwarten dürfen. Es sei der Klägerin in jedem Moment der Leistungserbringung möglich gewesen Klage zu erheben, dass die Beklagte die equal-pay-Differenz zu erstatten habe. Ansprüche seien zum Ende des Monats der Leistungserbringung fällig gewesen; die Klägerin habe ihre Ansprüche auch wenigstens annähernd beziffern können. Die Klägerin hätte jedenfalls von der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009 Kenntnis haben müssen, so dass sie sich seit dem nicht mehr in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden habe. Sie könne zudem Vertrauensschutz beanspruchen, weil das Bundesarbeitsgericht mit seinem Beschluss vom 14.12.2010 erstmals bestimmte tarifliche Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation aufgestellt und damit absolutes Neuland betreten habe. Vertrauensschutz sei auch durch die Arbeitsverwaltung begründet worden, weil die Bundesagentur für Arbeit die Anwendung der CGZP-Tarifverträge über Jahre hin nicht beanstandet habe. Auch durch Äußerungen in Erfahrungsberichten der Bundesregierung könne Vertrauensschutz entstehen. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten der Neuregelung des AÜG zeige, dass die Arbeitsbedingungen in der Leiharbeitsbranche praktischen durchweg durch tarifliche Regelungen gestaltet würden. Das Bundesarbeitsgericht habe durch zwei Entscheidungen Vertrauensschutz begründet, indem es den CGZP-Tarifvertrag für die Üblichkeit eines bei einem Arbeitgeber geltenden Tariflohns herangezogen und in einer anderen Entscheidung die Tariffähigkeit der Christlichen Gewerkschaft Metall festgestellt habe.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage in dem zuletzt noch rechtshängigen Umfang stattgegeben. Der der Höhe nach unstreitige Anspruch der Klägerin rechtfertigt sich aus § 10 Abs. 4 i.V.m. § 9 Nr. 2 AÜG.

1. Gemäß § 10 Abs. 4 AÜG kann der Leiharbeitnehmer im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 2 von diesem die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen.

2. Die tatbestandliche Voraussetzung dieser Vorschrift ist hier erfüllt.

a) Die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung ist gemäß § 9 Ziff. 2 AÜG unwirksam. Sie sieht auch für die Zeit der Überlassung des Klägers an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vor.

b) Die Voraussetzungen der diese Vorschrift einschränkenden Tariföffnungsklausel in § 9 Ziff. 2 3. und 4. Halbsatz sind nicht erfüllt. Zwar ist im Arbeitsvertrag die Geltung abweichender tariflicher Regelungen vereinbart. Diese Vereinbarung kommt hinsichtlich der Bezugnahmeklausel im Vertrag von 2007 und in § 1 Ziff. 1 des Vertrags von 2009 jedoch nicht zum tragen. Die zwischen den Parteien in Bezug genommenen, mit der CGZP geschlossenen Tarifverträge entfalten keine Rechtswirkung, weil die CGZP nicht tariffähig war.

aa) Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 – entschieden, dass die CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzung vom 08. Oktober 2009 weder als Gewerkschaft i.S.d. § 2 Abs. 1 TVG noch als Spitzenorganisation i.S.d. § 2 Abs. 3 TVG tariffähig war. Diese Entscheidung hat die fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nicht nur mit Rechtskraft gegenüber den seinerzeitigen Verfahrensbeteiligten festgestellt, sondern entfaltet Wirkung für und gegen alle (BAG 23.05.2012 - 1 AZB 67/11 -).

Weiterhin hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 09. Januar 2012 – 24 TaBV 1285/11 u.a. – festgestellt, dass auch während der zeitlichen Geltung der Satzungen 2002 und 2005 die CGZP nicht tariffähig war. Diese Entscheidung ist seit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 22.05.2012 – 1 ABN 27/12 – mit Wirkung für und gegen alle rechtskräftig.

bb) Die fehlende Tariffähigkeit der CGZP führt zur Unwirksamkeit der im Klagezeitraum geltenden Tarifverträge, die von dieser Vereinigung abgeschlossen wurden.

(1) § 9 Nr. 2 AÜG setzt für den Fall einer Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien einen wirksamen Tarifvertrag voraus. Das gilt auch, wenn die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbart wird (vgl. Schüren in Schüren/Hamann, AÜG, 4. Aufl. 2010, § 9 Rdnr. 102; vgl. auch BT-Drs. 17/5238, S. 16 zu Buchst. d); a.A. Kilian, NZS 2011, 851 [852]). Dafür sprechen der Wortlaut ("Geltungsbereich"), aber auch der Charakter der Vorschrift als Ausnahmeregelung zum equal-pay-Prinzip.

(2) Schließt eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit einen Tarifvertrag ab, ist dieser Tarifvertrag unwirksam und damit nichtig (BAG 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - BAGE 16, 329; 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - NZA 2007, 448; MünchArbR/Löwisch/Rieble 2. Aufl. Bd. 3 § 255 Rn. 79; dies. TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 178; Däubler/Peter TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 180; Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I § 14 I. 4; HWK/Henssler 5. Aufl. § 2 TVG Rn. 3; Jacobs Tarifeinheit und Tarifkonkurrenz S. 121; Buchner DB 2004, 1042; Feudner BB 2004, 2297, 2301; Böhm DB 2003, 2598, 2599; ders. in DB 2004, 137; Schöne DB 2004, 136). Von Anfang an nichtig sind insbesondere Tarifverträge einer Vereinigung, deren Tarifunfähigkeit später im Verfahren nach § 97 ArbGG festgestellt wird. Diese Tarifverträge werden nicht erst mit Rechtskraft des Beschlusses unwirksam. Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG begründet oder beendet nicht erst die Tariffähigkeit, sondern stellt die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit nur fest. Das wird auch aus der Regelung in § 97 Abs. 5 ArbGG deutlich, wonach das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen hat, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig ist. Diese Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens wäre weitgehend sinnlos und überflüssig, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit einer Vereinigung nur für die Zeit nach der Verkündung der Entscheidung von Bedeutung wäre (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 – a.a.O.)

(3) Zu Unrecht meint die Beklagte, aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und auf Grund der extrem schwierigen Rückabwicklung von Ansprüchen sei eine Anwendung der Vorschriften dieses Tarifvertrages bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP geboten. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird nicht geschützt (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 – a.a.O.; Wiedemann/ Oetker TVG 6. Aufl. § 2 Rn. 15; HWK/Henssler 5. Aufl. § 2 TVG Rn. 3).

(4) Etwas Anderes ergibt sich nicht aus der Lehre vom fehlerhaften Tarifvertrag.

(a) Hiernach soll das Vertrauen der Normunterworfenen dazu zwingen, die Unwirksamkeit eines Tarifvertrags, die sich aus formalen Mängeln wie z.B. der fehlenden Tariffähigkeit einer Vereinigung ergibt, nur für die Zukunft wirken zu lassen (vgl. HWK/Henssler 5. Aufl. § 2 TVG Rn. 3, § 1 Rn. 21).

(b) Ob und wie weit dem im Grundsatz zu folgen ist, kann hier offen bleiben. Der Ansatz, die Regeln des fehlerhaften, gleichwohl durchgeführten Dauerschuldverhältnisses seien auf fehlerhafte Tarifverträge zu übertragen, überzeugt jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung aus einer Reihe von Gründen nicht.

(aa) Das Praktikabilitätsargument – Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung eines Dauerschuldverhältnisses bei bereits ausgetauschten Leistungen – greift im Falle des Abweichens vom gesetzlichen Grundsatz der gleichen Arbeitsbedingungen durch Tarifvertrag nicht. Die beiderseits erbrachten Hauptleistungen sind nicht rückabzuwickeln; statt des nichtigen tariflichen Vergütungssystems gelten die beim Entleiher angewandten Bestimmungen. Der Verleiher kann sich nicht auf unzumutbare Schwierigkeiten bei der Nachberechnung der Vergütung anhand der beim Entleiher geltenden Regeln berufen; der Kläger trägt die Darlegungslast für die Berechnung seiner Differenzforderung, der Arbeitgeber kann sich zunächst auf einfaches Bestreiten beschränken (wie im vorliegenden Fall geschehen). Dasselbe gilt für die übrigen Arbeitsbedingungen. Soweit von Befürwortern der Lehre vom fehlerhaften Tarifvertrag insbesondere im Hinblick auf die CGZP-Problematik geltend gemacht wird, dass Abwicklungsschwierigkeiten auch bei Leiharbeit nicht auszuschließen seien, wenn der CGZP-Tarifvertrag günstigere Regelungen enthalte als die beim Entleiher anwendbaren Arbeitsbedingungen, ist eine solche Fallgestaltung rechtstatsächlich bisher nicht belegt und auch nicht vorstellbar, da alleiniger Zweck des CGZP-Tarifwerks war, die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer gegenüber der gesetzlichen Regelung zu verschlechtern, um den Verleihern einen Kostenvorteil zu verschaffen.

(bb) Vertrauensschutz kann die Beklagte aus den nachfolgend unter 3. ausführlich dargestellten Gründen nicht beanspruchen.

(cc) Im Schrifttum wird die Lehre vom fehlerhaften Tarifvertrag eingeschränkt in Fällen, in denen der Tarifvertrag aufgrund des Unwirksamkeitsgrunds keine Richtigkeitsgewähr für sich in Anspruch nehmen kann (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a) oder in denen ein Tarifvertrag mit einer tarifunfähigen Vereinigung zur Durchsetzung von Dumpinglöhnen abgeschlossen wird (HWK/Henssler 5. Aufl. § 2 TVG Rn. 3). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die CGZP hat seit ihrer Gründung nichts anderes getan als die Arbeitgeberseite mit Wunschtarifverträgen zu versorgen, um eine Absenkung des Lohnniveaus gegenüber dem Lohnniveau der gesetzlichen Regelung zu erreichen (Schüren in Schüren/Hamann, AÜG, 4. Aufl. 2010, § 9 Rdnr. 107, 111, 113 m.w.N.) und tarifdispositives Arbeitnehmerschutzrecht zu beseitigen.

c) Die Bezugnahmeklausel in § 1 Ziff. 2 des Vertrags von 2009 beseitigt ebenfalls nicht den Anspruch aus § 10 Abs. 4 i.V.m. § 9 Nr. 2 AÜG.

aa) Zum einen ist nach dem Wortlaut dieser Regelung der Geltungsbereich des Verweises auf das Tarifwerk der DGB-Gewerkschaften nicht eröffnet. § 1 Ziff. 2 setzt voraus, dass rechtskräftig festgestellt wurde, dass die mit der CGZP geschlossenen Tarifverträge nicht Tarifverträge i.S.d. Tarifvertragsgesetzes sind. Eine derartige Feststellung wurde bisher – soweit ersichtlich – nicht getroffen. Dies hat die Beklagte auch nicht behauptet.

bb) Zum anderen ist das System der Bezugnahmeklauseln in § 1 des Vertrags 2009 intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB; die Bezugnahmeklausel ist daher nicht Vertragsbestandteil geworden.

(1) Unstreitig handelt es sich bei der streitigen Klausel um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Auf Nachfrage hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung erklärt, es handele sich um ein vom Arbeitgeberverband AMP zur Verfügung gestelltes Formular, wie sich auch aus der Fußzeile dieses Dokuments ergibt.

(2) § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB, der ua. Tarifverträge von der AGB-Kontrolle ausnimmt, erfasst nicht arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln, durch die auf Tarifverträge verwiesen wird (BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 20, AP BGB § 305c Nr. 8).

(3) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie in § 1 Ziff. 1 und 2 die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

(a) Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

(b) Die Verweisung auf andere Rechtsnormen ist dem geltenden Recht nicht fremd und deshalb nichts Ungewöhnliches (BGH 21. Juni 1990 - VII ZR 308/89 - BGHZ 111, 388, 391). Eine Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerkes führt darum für sich genommen nicht zur Intransparenz. Das Bestimmtheitsgebot als hier maßgebliche Ausprägung des Transparenzgebots verlangt lediglich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BGH 5. November 2003 - VIII ZR 10/03 - NJW 2004, 1598). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass er wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (BAG 24.09.2008 - 6 AZR 76/07 - NZA 2009, 154; vgl. auch BGH 23. November 1994 - IV ZR 124/93 - BGHZ 128, 54, 60 f.; vgl. für Verweisung auf beamtenrechtliche Bestimmungen BAG 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 27, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 45).

Eine die Vergütung der Arbeitsleistung regelnde Bezugnahmeklausel ist allerdings nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen wie vergütet werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Vergütung er für die vereinbarte Arbeitsleistung erhalten soll (vgl. für den Fall einer Überstundenpauschale BAG 22.02.2012 - 5 AZR 765/10 - juris; 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

(c) Danach ist jedenfalls die Bezugnahmeklausel in § 1 Ziff. 2 des Vertrags intransparent.

Mit der Bezugnahme auf Tarifverträge soll der gesetzlich geregelte Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt wie im Entleiherbetrieb ausgeschlossen werden. Dies setzt eine klare und bestimmte Festlegung der anwendbaren Tarifverträge, durch die vom gesetzlichen Anspruch abgewichen werden soll und deren Wirksamkeit ggf. überprüft werden muss, voraus. Für die Klägerin ist aber nicht vorhersehbar gewesen, welche tarifliche Regelung maßgebend für ihr Arbeitsverhältnis sein soll. Denn die Voraussetzungen, unter denen nicht die vorrangig vereinbarten Tarifverträge der CGZP, sondern die zwischen Mitgliedsgewerkschaften des DGB und dem iGZ geschlossenen Tarifverträge gelten sollen, sind unklar. Nach dem Wortlaut der Ziff. 2 sollen die dort genannten Tarifwerke nur gelten, wenn rechtskräftig festgestellt ist, dass die CGZP-Verträge keine Tarifverträge im Sinne des TVG sind. Diese Feststellung wurde bisher – soweit ersichtlich – nicht getroffen; vielmehr wurde die fehlende Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Welche Rechtsfolge das für die von der CGZP geschlossenen Kollektivverträge hat, ist nicht Gegenstand des vom Klauselverwender offensichtlich gemeinten Beschlussverfahrens gemäß § 97 ArbGG. Ob die Klausel so ausgelegt werden kann, dass die Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP zur Geltung der in Ziff. 2 genannten Tarifverträge führen soll, kann dahinstehen; jedenfalls enthält die Klausel vermeidbare Unklarheiten. Dass die sich daraus ergebende Unklarheit über die bestehenden Ansprüche deren Geltendmachung erschwert, liegt auf der Hand.

3. Den aus der Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP resultierenden Ansprüchen der Klägerin aus §§ 10 Abs. 4, 9 Ziff. 2 AÜG stehen nicht das Verbot der echten Rückwirkung von Rechtsfolgen auf einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt bzw. das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes entgegen.

a) Zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips zählt die Rechtssicherheit. Der rechtsunterworfene Bürger soll nicht durch rückwirkende Beseitigung erworbener Rechte in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht werden (BVerfGE 45, 142 <167>; 72, 175 <196>; 105, 48 <57>; 126, 286 <313>). Der Bürger soll die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>).

Als Teil der Staatsgewalt sind die Gerichte an das Rechtsstaatsprinzip gebunden und müssen bei Änderung ihrer Rechtsprechung, nicht anders als der Gesetzgeber bei Gesetzesänderungen, den Grundsatz des Vertrauensschutzes beachten (BVerfG 14.01.1987 – 1 BVR 1052/79 – BVerfGE 74, 129, 154). Vertrauensschutz bedeutet u.a. Schutz vor Rückwirkung. Ein Bürger darf grundsätzlich auf die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisierte Rechtslage und deren Bestand vertrauen. Er darf erwarten und sich darauf verlassen, dass sein zum Zeitpunkt der Handhabung rechtlich gefordertes Verhalten von der Rechtsprechung nicht nachträglich als rechtswidrig oder nicht ausreichend qualifiziert wird (BVerfG 22.03.1983 – 2 BVR 475/78 – BVerfGE 63, 343, 357). Eine Rechtsprechungsänderung darf deshalb regelmäßig nicht dazu führen, einer Partei rückwirkend Handlungspflichten aufzuerlegen, die sie nachträglich nicht mehr erfüllen kann (BAG 29.03.1984 – 2 AZR 429/83 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 31).

Dieser allgemeine Vertrauensschutz steht allerdings sogar der teleologischen Reduktion einer gesetzlichen Vorschrift nicht generell entgegen (vgl. BVerfGK 4, 105 <111>). Der allgemeine, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Vertrauensschutz unterscheidet sich damit vom speziellen Vertrauensschutz des Art. 103 Abs. 2 GG, wo gerade das Vertrauen auf den Wortlaut einer Norm geschützt wird (vgl. BVerfGK 4, 105 <111>).

b) Diese Grundsätze stehen der Anwendung des § 2 Abs. 3 TVG in der vom Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 14.12.2010 (- 1 ABR 19/10 - NZA 2011, 289) vorgenommenen Auslegung auf die hier streitgegenständlichen Ansprüche nicht entgegen.

aa) Die Beklagte könnte sich nicht darauf berufen, sie hätte sich auf den eindeutigen Wortlaut des § 2 TVG verlassen. Denn mit dieser Argumentation stellte sie lediglich auf eine bestimmte, ihr richtig erscheinende Auslegung dieser Vorschrift, nämlich die Auslegung nach dem Wortlaut, ab. Sie konnte jedoch nicht auf die Anwendung gerade dieser einen Auslegungsmethode durch die Gerichte vertrauen. Den Gerichten steht vielmehr auch die Möglichkeit der Auslegung mit Hilfe teleologischer Gesichtspunkte zu Gebote, von der das Bundesarbeitsgericht - wie oben ausgeführt - Gebrauch gemacht hat (vgl. BVerfG 6.09.2011 - 2 BvR 2216/06 - juris).

bb) Soweit sie vorträgt, sie hätte auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vertraut, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG vor. Abgesehen davon, dass sogar die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich ist, wenn sie hinreichend begründet ist (vgl. BVerfGE 122, 248 <277>) und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfGE 84, 212 <227>; BVerfGK 4, 12 <15>), hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Beschluss vom 14.12.2010 seine Rechtsprechung nicht geändert (BAG Beschluss v. 22. 5. 2012 – 1 ABR 27/12 – Rn. 25 – juris).

(1) Die hier aufgeworfene Frage der Ableitung der Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation von der Tariffähigkeit ihrer Mitgliedsverbände war bis zum Beschluss des BAG vom 14.12.2010 noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen. Von einer bislang ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dieser Frage ist das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 14.12.2010 deshalb nicht abgewichen. Das Bundesarbeitsgericht hat – anders als in dem zitierten Urteil vom 23.03.2006 (2 AZR 343/05 – a.a.O. - Massenentlassung -) sowie beispielsweise im Urteil vom 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 – NZA 2007,965 - Gleichstellungsabrede -) nicht eine ständige Rechtsprechung geändert.

(2) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass das Bundesarbeitsgericht von einer ganz herrschenden Meinung im Schrifttum abgewichen wäre. Soweit ersichtlich ist die Frage des Ursprungs der Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation in den Standartkommentaren zum TVG zum Zeitpunkt der Gründung der CGZP nicht erörtert worden. Die Grundlage der Auslegung des § 2 Abs. 3 TVG durch das Bundesarbeitsgericht, nämlich der Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit, war im Schrifttum allerdings ganz überwiegend anerkannt (vgl. Wiedemann/ Oettker, 6. Auflage 1999, Rnr. 19 zu § 2 TVG; anderer Auffassung insbesondere Rieble in FS Wiedemann S. 519,526 ff).

Diese Rechtsauffassung wurde bereits im Jahre 2006 vom Bundesarbeitsgericht übernommen (28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – NZA 2006,1112). Es kann daher dahinstehen, ob eine erstmalige höchstrichterliche Entscheidung, die von einer bislang herrschenden Meinung im Schrifttum abweicht, den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu beachten hat.

(3) Die Feststellung der Tarifunfähigkeit ist daher ein reiner Anwendungsfall der Auslegung des § 2 TVG, kein rückwirkender Eingriff in abgeschlossene Lebenssachverhalte.

cc) Unabhängig davon hat die Beklagte nicht geltend gemacht, warum bei ihr zum Zeitpunkt des Abschlusses der hier maßgeblichen Tarifverträge ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Tariffähigkeit der CGZP entstanden sein soll.

(1) Vertrauensschutz kann da nicht in Frage kommen, wo das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Das Vertrauen ist nicht schutzwürdig, wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Darüber hinaus kann der Staatsbürger auf das geltende Recht bei seinem Planen dann nicht vertrauen, wenn es unklar und verworren ist. In solchen Fällen muss es dem Gesetzgeber bzw. der Rechtsprechung erlaubt sein, die Rechtslage rückwirkend zu klären (vgl. BVerfG 19.12.1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261).

Eine solche Klärung der Rechtslage hat das Bundesarbeitsgericht vorgenommen. Sie war nach der bisher schon geltenden Lehre von der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit auch nicht überraschend.

(2) Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, auf welcher tatsächlichen Grundlage (rechtliche Begutachtung der Satzung der CGZP und/oder der Mitgliedsverbände?) sie nach der bisherigen Rechtsprechung von der Tariffähigkeit der CGZP ausgehen durfte, zumal die CGZP bereits vor Verabschiedung ihrer ersten Satzung Tarifverträge geschlossen hat. Bei Prüfung der Satzung hätten die Arbeitgeber bzw. ihre Verbände mindestens aufgrund der Version von 2003 erhebliche Zweifel an der Tariffähigkeit der CGZP haben müssen. Das LAG Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 07.12.2009 (- 23 TaBV 1016/09 - LAGE § 2 TVG Nr 8) darauf hingewiesen, dass die Aufgabe der Tarifgemeinschaft nach Nummer 3. der Satzung 2003 darin bestanden habe, die tariflichen Interessen der Mitgliedsgewerkschaften zu vertreten und für deren Mitglieder Tarifverträge abzuschließen. Eine weitere Regelung über Aufgaben und Zuständigkeiten für die Zeitarbeitsbranche enthielt die Satzung nicht.

dd) Das von der Beklagten beschriebene Verwaltungshandeln und Äußerungen von Politikern können keinen Vertrauensschutz begründen. Soweit das Bundesarbeitsgericht für die Dauer des Vertrauensschutzes auf die Praxis einer zuständigen Verwaltung abgestellt hat (vgl. BAG 13.07.2006 - 6 AZR 198/06 - BAGE 119, 66; 20.09.2006 - 6 AZR 219/06 - AP Nr 24 zu § 17 KSchG 1969), ging es um eine Fallkonstellation, in der das schutzwürdige Vertrauen durch eine jahrelange ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründet wurde, die sich wegen einer Entscheidung des EuGH nicht mehr aufrecht erhalten ließ.

4. Der Anspruch der Klägerin ist nicht wegen Nichteinhaltung einer Ausschlussfrist erloschen.

a) Die in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristen des CGZP-Vertrags finden schon deshalb keine Anwendung, weil der arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifvertrag unwirksam ist. Die nachfolgende Bezugnahmeklausel auf die DGB-Tarifverträge verstößt – wie ausgeführt - gegen das Transparenzgebot.

b) Die Ansprüche der Klägerin sind nicht aufgrund der in § 18 des Vertrags 2009 vereinbarten zweistufigen Ausschlussfrist erloschen. Gemessen an den oben unter 2. c) cc) (3) dargestellten Grundsätzen hält die Ausschlussklausel der eingeschränkten Inhaltskontrolle anhand des Transparenzgebots nicht stand. Die von der Beklagten verwendete Klausel ist unklar und unbestimmt und benachteiligt dadurch die Klägerin in unangemessener Weise.

aa) Die einzelvertragliche Ausschlussfrist stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung i.S.d. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Gesetzlich bleiben Ansprüche - abgesehen von einer Verwirkung (§ 242 BGB) - erhalten und unterliegen nur den Verjährungsvorschriften. Die Klausel entspricht auch nicht einer tariflichen Bestimmung oder anderen Norm i.S.d. §310 Abs. 4 Satz 3 BGB, die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unmittelbar Anwendung findet.

bb) Die Klausel ist intransparent, da der Arbeitsvertrag 2009 mit der Bezugnahme auf tarifliche Bestimmungen in § 1 und der Ausschlussklausel in § 18 unterschiedliche Ausschlussfristen vorsieht. Während der Vertrag in § 18 auf beiden Stufen eine Frist von drei Monaten bestimmt, enthält der in Bezug genommene CGZP-Tarifvertrag in der ersten Stufe eine Frist von nur zwei Monaten und das aufgrund der Änderungsvereinbarung vom 04.09.2009 in Bezug genommene DGB-Tarifwerk in der ersten und zweiten Stufe eine Ausschlussfrist von jeweils einem Monat. Dieser Konflikt lässt sich nicht durch das Günstigkeitsprinzip auflösen. Die Verlängerung von Ausschlussfristen ist nicht günstiger, da sie für beide Seiten wirkt und eine Trennung für die Ansprüche der einen Seite und die Ansprüche der anderen Seite nicht vorgenommen werden kann (a.A. Sächsisches Landesarbeitsgericht vom 23.08.2011 - 1Sa 322/11 – ArbR 2011, 544). Widersprüchliche Ausschlussfristen benachteiligen die Klägerin aber unangemessen, da sie in der Vorstellung, die Ausschlussfrist sei bereits abgelaufen, die Geltendmachung von Ansprüchen unterlassen könnte.

c) Unabhängig davon hat die Klägerin die Ausschlussfrist gewahrt. Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche im Sinne der vertraglichen Ausschlussfrist begann nämlich frühestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010. Dies ergibt die Auslegung des Begriffs der „Fälligkeit“ im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist.

aa) Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen, die wie hier Bestandteil vom Arbeitgeber vorgegebener allgemeiner Geschäftsbedingungen sind, müssen sich an § 307 BGB messen lassen. Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1BGB).

(1) Da Ausschlussfristen vom gesetzlichen Verjährungsrecht abweichen, dürfen sie nach ihrer Ausgestaltung nicht den wesentlichen Grundgedanken des Verjährungsrechts widersprechen, andernfalls sind sie unwirksam (BAG vom 01.03.2005 – 5 AZR 511/05 – AP Nr 10 zu § 307 BGB; 28.09.2005 – 5 AZR 52/05 – BAGE 116, 66). Das Verjährungsrecht ist Ausdruck des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels, Rechtsfrieden herzustellen. Es bezweckt einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz des Schuldners vor einer drohenden Beweisnot und möglichem Verlust von Regressansprüchen gegen Dritte einerseits und der Notwendigkeit, den Gläubiger vor einem ungerechtfertigten Anspruchsverlust zu bewahren, andererseits. Diese Überlegungen treffen ebenso auf den Regelungsgegenstand der Ausschlussfristen zu. Auch hier soll das im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit anzuerkennende Klarstellungsinteresse des Schuldners in Einklang gebracht werden mit dem berechtigten Anliegen des Vertragspartners, vor einem Tätigwerden die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen zu können und nicht zu voreiliger (förmlicher) Geltendmachung gezwungen zu sein.

(2) Maßgeblicher Grundgedanke des Verjährungsrechts ist nach § 199 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Diesem Grundgedanken wird bei Ausschlussfristen durch das Merkmal der „Fälligkeit“ Rechnung getragen (BAG vom 01.03.2005 – 5 AZR 511/05 – a.a.O). Der Begriff der Fälligkeit wird dabei von den Gerichten für Arbeitssachen unter Einbeziehung des Kenntnisstandes des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte interessengerecht ausgelegt (vgl. BAG vom 09.02.2005 – 5 AZR 175/04 – AP BGB § 611 Lohnrückzahlung Nr. 12 mwN). Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne der Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann (BAG vom 28.09.2005 – 5 AZR 52/05 – NZA 2006, 149, 152). Dem Gläubiger muss die Geltendmachung aber auch zumutbar sein, was unter Umständen eine rechtskräftige Entscheidung über Vorfragen voraussetzen kann (vgl. BAG vom 09.02.2005 – 5 AZR 175/04 – a.a.O.). Fälligkeit in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen.

Das ist insbesondere der Fall, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (BAG vom19.02.2004 – 6 AZR 664/02 – AP BAT-O § 70 Nr. 3). Im Rahmen des Verjährungsrechts ist anerkannt, dass der Verjährungsbeginn auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein kann, wenn die Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft ist, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht einzuschätzen vermag, weil es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt (BGH 25.2.1999 IX ZR 30/98 – NJW 1999, 2041-2043 mwN).

bb) Die Klägerin hatte nach diesen Maßgaben frühestens mit Veröffentlichung der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen, die ihr die Geltendmachung ihrer Ansprüche möglich und zumutbar machte.

(1) Die Ansprüche der Klägerin waren abhängig von der Wirksamkeit des in den Arbeitsverträgen in Bezug genommenen Tarifvertrages mit der CGZP, die letztlich nach dem Inhalt der Satzungen der CGZP und ihrer Mitgliedsverbände zu beurteilen war. Hinzu kommt, dass es sich um eine komplizierte, umstrittene Rechtsfrage handelt, die es der Klägerin in beiden Vertragsgestaltungen unzumutbar machte, ohne Klärung der entscheidenden Vorfrage die Ansprüche geltend zu machen (so auch Schüren, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 4. Aufl. 2010 § 10 Rz. 257; Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven 12.05.2011 - 5 Ca5129/10; a.A. Sächsisches Landesarbeitsgericht 23.08.2011 – 1 Sa 322/11 – ArbR 2011, 544: ArbG Köln 07.09.2011 – 20 Ca 4254/11 - juris). Diese Unsicherheit erfasste auch die erste Stufe der Ausschlussfrist, da eine Klärung ohne gerichtliches Verfahren offensichtlich aussichtslos war. Dies zeigen die beim Arbeitsgericht Berlin und Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zahlreich anhängigen Klagen, bei denen es noch nach der genannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts um die Fragen der Aussetzung, der Wirksamkeit der Tarifverträge und der Ausschlussfristen ging bzw. geht.

(2) Interessen der Beklagten erfordern einen früheren Fristbeginn nicht. Die Beklagte hat mit ihren Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge von der in §§ 3 Abs. 1 Ziff. 3, 9 Ziff. 2 AÜG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. Sie konnte sich vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht darauf einstellen, die Klägerin werde – bei festgestellter Tarifunfähigkeit der CGZP – keine Ansprüche geltend machen. Erst ein Untätigbleiben der Klägerin nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hätte bei der Beklagten die Annahme rechtfertigen können, sie werde Ansprüchen nicht mehr ausgesetzt. Daher besteht frühestens ab diesem Zeitpunkt ein unter den Gesichtspunkten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit anzuerkennendes Klarstellungsinteresse des Schuldners, dem Ausschlussfristen und Verjährung dienen.

cc) Mit ihrer Geltendmachung vom 09.03.2011 und ihrer am 15.06.2011 eingegangenen Klage hat die Klägerin nach diesen Grundsätzen beide Stufen der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gewahrt.

5. Die Höhe der Forderung ist nach erstinstanzlicher Beweisaufnahme nicht mehr im Streit.

6. Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

III. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für die Beklagte zuzulassen.