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Flugverfahren; Flugroutenfestsetzung; sog. Wannsee-Route; Feststellungsklage; Umweltverband; Klagebefugnis; UVP-Prüfung; FFH-Prüfung; Planfeststellungsbeschluss; Planfeststellungsverfahren; Fluglärm; Lärmbelastung; Lärmaktionsplan; Risiko eines Flugzeugabsturzes; Forschungsreaktor BER II des Helmholtz-Zentrum; Strategische Umweltprüfung; Erholungsgebiet; ruhige Gebiete; Zumutbarkeitsschwelle; Abwägung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 14.06.2013
Aktenzeichen OVG 11 A 20.13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 4 Abs 3 EUVtr, § 43 Abs 1 VwGO, § 75 Abs 2 S 2 VwVfG, § 75 Abs 2 S 3 VwVfG, § 75 Abs 2 S 4 VwVfG, § 1 Abs 1 S 1 UmwRG, § 2 Abs 1 UmwRG, § 3 UmwRG, § 4 Abs 1 S 1 UmwRG, § 2 Abs 1 S 2 Nr 2 UVPG, § 2 Abs 3 UVPG, § 3 Abs 1a UVPG, § 3b Abs 1 S 1 UVPG, § 6 Abs 3 S 1 Nr 4 UVPG, § 34 Abs 2 BNatSchG, § 47 Abs 1 BImSchG, § 47 Abs 2 BImSchG, § 47d Abs 2 S 2 BImSchG, § 27c Abs 1 LuftVG, § 29 Abs 1 S 1 LuftVG, § 29b Abs 2 LuftVG, § 32 Abs 4 S 1 Nr 8 LuftVG, § 32 Abs 4c LuftVG, § 11 LuftVO, § 26 Abs 2 S 2 LuftVO, § 27a Abs 1 LuftVO, § 27a Abs 2 LuftVO, § 2 Abs 2 FluLärmG, § 247 FluLärmG, LuftVODV 247, Art 8 Abs 1b EGRL 49/2002, Art 4 Abs 1 EURL 92/2011, Art 4 Abs 2 EURL 92/2011, Art 15 EURL 92/2011, Art 6 Abs 3 EWGRL 43/92, Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention

Leitsatz

1. Anerkannte Umweltschutzvereinigungen sind zur Klärung der Frage, ob für die Festsetzung von Flugverfahren nach unionsrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer (ergänzenden) Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, klagebefugt (a.A. OVG Bautzen, Urt. v. 9. Mai 2012 - 1 C 20.08 - juris, Rz. 28 ff.).

2. Es besteht mangels konzeptioneller Rechtsschutzlücke keine Pflicht zur Durchführung einer (ergänzenden) Umweltverträglichkeitsprüfung im Flugroutenfestsetzungsverfahren. Vielmehr erfolgt nach dem nationalen Regelungsgefüge die Koordinierung aller notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfungen - auch in Bezug auf die Auswirkungen von Flugverfahren - im Planfeststellungsverfahren, denn der Planfeststellungsbeschluss muss vorab auch diejenigen Konflikte bewältigen, die durch später von der Grobplanung abweichende Flugver-fahren entstehen können und die nach Art und Umfang durch die progno-stizierten Flugverfahren nicht abgebildet worden sind (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - juris, Rz. 48, 51). Die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren halten auch für den Fall der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses das erforderliche Instrumentarium für eine etwaige Planergänzung oder ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren bereit (vgl. § 75 Abs. 2 S. 2-4).

3. Die Festsetzung eines Flugverfahrens ist rechtswidrig, wenn sie die planungsrechtliche Grundlage konterkariert oder verlässt. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung mit seiner Planung gegen erklärte Planungsziele des Planfeststellungsbeschlusses verstößt, sondern auch dann, wenn ein Flugverfahren abweichend von der Grobplanung über ein Gebiet festgelegt wird, das erkennbar nicht von der planerischen Festsetzung getragen ist und auf das sich die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung deshalb nicht erstreckt hat.
hier: Ein derartiger Verstoß lässt sich mit Blick auf die angegriffenen Flugverfahren nicht feststellen.

Die Festsetzung der sog. Wannsee-Route verstößt nicht gegen die erklärten Ziele des bestandskräftig gewordenen Planfeststel-lungsbeschlusses und verlässt auch nicht dessen Planungsgrundlage. Viel-mehr löst der Planfeststellungsbeschluss mit der vorgenommenen UVP-Prüfung für den Bau des Flugplatzes und dessen (flug-)betriebsbedingte Wirkungen auch die Konflikte, die durch die von der Grobplanung abweichende Festsetzung der Wannsee-Route hervorgerufen werden. Insbesondere musste das Risiko von Flugzeugabstürzen über dem For-schungsreaktor BER II auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrum und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Umwelt nicht in die UVP-Prüfung einbezogen werden. Dieses Risiko zählt nicht zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens im Sinne der UVP-Richtlinie.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen Abflugverfahren für den Flughafen Berlin Brandenburg, die bei Westbetrieb von der Startbahn 25 R zu dem nordwestlich von Ludwigsfelde gelegenen Streckenpunkt DB 241 führen, sodann in nördlicher Richtung zu dem über Berlin liegenden Streckenpunkt DB 243 verlaufen und sich dort in westliche und östliche Destinationen aufteilen (sog. kurzes Verfahren über den Wannsee). Gegenstand ihrer Klage sind die in der 247. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung (Festlegung von Flugverfahren für An- und Abflüge nach Instrumentenflugregeln zum und vom Flughafen Berlin Brandenburg) vom 10. Februar 2012 (BAnz S. 1086) in der derzeit gültigen Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 13. November 2012 (BAnz AT 22.11.2012 V2) festgesetzten Abflugverfahren GERGA 1 A, TUVAK 1 A und DEXUG 1 A. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung hat die der 247. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung zugrunde liegende abschließende Entscheidung über die Festlegung der Flugverfahren in dem Abwägungsvermerk vom 26. Januar 2012 begründet.

Die Abflugverfahren führen in ihrem gemeinsamen Verlauf zwischen den Streckenpunkten DB 241 und DB 243 östlich an dem Gelände des Helmholtz-Zentrum Berlin in Berlin Wannsee vorbei, auf dem sich der Forschungsreaktor BER II (Berliner-Experimentier-Reaktor II), eine Lagerhalle für Brennelemente sowie die Landessammelstelle für klein- und mittelradioaktive Abfälle befinden. Der Forschungsreaktor verfügt nicht über eine spezielle Schutzhülle oder Betonabschirmung gegen den Absturz von Flugzeugen, Hubschraubern oder massiveren Teilen. Das Betriebsgelände des Helmholtz-Zentrum Berlin ist von dem auf 2000 Fuß höhenbegrenzten Flugbeschränkungsgebiet ED-R 4 umgeben, dessen Radius im März 2012 von 0,8 NM auf 2 NM ausgeweitet worden ist. Dieses Flugbeschränkungsgebiet gilt für Flüge nach Sichtflugregeln, erfasst die hier in Rede stehenden Flüge nach Instrumentenflugregeln aber nicht.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Als anerkannte Umweltschutzvereinigung sei sie klagebefugt für sämtliche Verletzungen des Umweltrechts der Europäischen Union. Sie könne daher rügen, dass im Rahmen der Flugroutenfestsetzung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, weil die erst nach Bekanntwerden der abknickenden Flugrouten festgesetzte Wannseeroute im Planfeststellungsverfahren und in der dort durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung keine Rolle gespielt habe. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei bei Flughafengenehmigungen stets zu untersuchen, welche Rechtswirkungen der jeweilige Rechtsakt besitze und ob die vorangegangene Umweltverträglichkeitsprüfung die nunmehr genehmigten Rechtswirkungen erfasse. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wäre auch mit Blick auf das unionsrechtliche Effektivitätsgebot angezeigt gewesen. Die Regelung in § 3b UVPG i.V.m. Anl. 1 Nr. 14.12 sei daher richtlinienkonform so auszulegen, dass vom „Bau eines Flugplatzes“ auch die Flugroutenfestlegung erfasst werde.

Die Beklagte verkenne die für die Umweltverträglichkeitsprüfung maßgeblichen Gesichtspunkte. Die Flugroutenfestlegung sei als Grundbedingung für die Inbetriebnahme eines Flughafens Teil eines mehrstufigen Genehmigungsverfahrens. Dem stehe auch nicht entgegen, dass Flugrouten regelmäßig geändert würden. Es sei ein grundlegender Unterschied, ob das Flugroutensystem für einen neu angelegten oder einen wesentlich geänderten Flughafen erstmalig festgesetzt werde oder ob bei einem längst betriebenen Flughafen minimale Änderungen der Flugverfahrensfestlegungen vorgenommen würden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung diene dazu, einen Gesamtüberblick über alle umweltrelevanten Auswirkungen eines Vorhabens zu erstellen. Die Beklagte hätte daher die Umweltauswirkungen eines Störfalls im Forschungsreaktor BER II ermitteln müssen, der durch Flugunfälle oder gezielte Angriffe verursacht werden könnte. Die Umweltverträglichkeitsprüfung müsse sich räumlich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Flughafens erstrecken, in dem abwägungserhebliche Auswirkungen des Vorhabens möglich seien. Das gelte auch für die von der Wannsee-Route betroffenen FFH-Gebiete, von denen die Pfaueninsel, der Grunewald und der Westlicher Düppeler Forst SPA-Gebiete seien. Die Gebiete Grunewald und Westlicher Düppeler Forst seien bedeutende Vogelbrutgebiete. Hier seien Vorkommen des Eisvogels, des Drosselrohrsängers, des Mittelspechts, des Neuntöters, des Rotmilans, des Schwarzmilans, des Schwarzspechts, des Seeadlers, der Sperbergrasmücke, des Wespenbussards und des Zwergschneppers heimisch.

Die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung folge zudem aus § 3 Abs. 1a UVPG i.V.m. § 14 b Nr. 1 und der Anl. 3 UVPG. Danach sei in Umsetzung der SUP-Richtlinie eine obligatorische strategische Umweltprüfung bei Verkehrswegeplanungen auf Bundesebene durchzuführen. Der Begriff „Verkehrswegeplanung“ sei in unionsrechtskonformer Auslegung in einem weiten Sinne zu verstehen. Auswirkungen seien auf die Natura-2000-Gebiete Teltowkanalaue, Pfaueninsel, Grunewald und Westlicher Düppeler Forst zu erwarten. Sowohl der von den Flugzeugen ausgehende Lärm als auch die mit den Überflügen verbundenen Schadstoffeinträge ließen Auswirkungen auf die Gebiete erwarten, die Gegenstand einer SUP hätten sein müssen.

Sie sei in unionsrechtskonformer Auslegung des §§ 47 Abs. 1, 2 BImSchG i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention auch hinsichtlich der Verletzung der ruhigen Gebiete in den Gemeindegebieten von Kleinmachnow und Stahnsdorf sowie im weiteren Verlauf der Wannseeroute (Grunewald, Gatow, Kladow, Groß-Glienicke, Westlicher Düppeler Forst, Pfaueninsel, Großes Fenn, Bäkewiese, Rieselfelder Karolinenhöhe) rügebefugt.

Bei der Flugroutenfestsetzung sei der Schutz „ruhiger Gebiete“ im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG negiert worden. Die Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf hätten durch Beschlüsse vom 30. Juni 2011 und 23. November 2011 ruhige Gebiete im Sinne des §§ 47 d Abs. 2 Satz 2 BImSchG für Ihre Gemeindegebiete festgesetzt. Die Beklagte habe zwar ihre Abwägungspflicht erkannt, nicht jedoch die Zahl und den Umfang der betroffenen Gebiete ermittelt. Sie hätte berücksichtigen müssen, dass auch der gesamte Grunewald ein ruhiges Gebiet im Sinne des Berliner Lärmaktionsplans darstelle. Die mehr als 6000 ha großen ruhigen Gebiete im Südwesten Berlins umfassten bedeutende Parkanlagen sowie städtische Wald- und Erholungsgebiete, die die Region prägten und ein wesentliches Naherholungsgebiet Berlins darstellten. Die Beklagte habe den Wert der ruhigen Gebiete weder erkannt noch in eine Abwägung mit den zuwiderlaufenden Interessen eingestellt. Sie habe verkannt, dass eine wichtige Alternative zur Wannseeroute die Route entlang des Autobahnrings sei, bei der es zu keiner zusätzlichen Belastung von Siedlungsgebieten käme. Es sei darüber hinaus nicht abgewogen worden, ob die mit der Flugroute verbundenen Lärmerhöhungen mit dem Status der ruhigen Gebiete in Einklang stünden. Die Umgebungslärmrichtlinie verfolge mit dem in ihr enthaltenen Verschlechterungsverbot das Ziel, ruhige Gebiete gegen eine Zunahme des Lärms zu schützen. Dem widerspräche die festgesetzte Flugroute evident. Durch die Wannseeroute würden nicht nur großflächige ruhige Gebiete überflogen, sondern auch erheblich dicht besiedelte Gebiete betroffen. Eine Abwägung dahingehend, dass der Schutz der ruhigen Gebiete hinter dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zurückstehen müsse, gehe daher an den Tatsachen vorbei.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die 247. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung in der derzeit gültigen Fassung der 1. und 2. Änderungsverordnung vom 13. November 2012 rechtswidrig ist und die Kläger(in) in ihren Rechten verletzt, soweit dort bei Benutzung der Startbahn 25 R Abflugverfahren über den Streckenpunkt DB 243 für die Streckführungen GERGA 1 A, TUVAK 1 A und DEXUG 1 A festgelegt sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Klägerin stehe bereits keine Klagebefugnis zur Seite, da es an einem UVP-pflichtigen Projekt fehle. Aus der UVP-Pflichtigkeit der Flughafenzulassung könne nicht darauf geschlossen werden, dass auch die Flugverfahrensfestsetzung UVP-pflichtig sei. Die Klägerin könne eine Klagebefugnis auch nicht aus § 64 BNatSchG herleiten, um die angeblich unterlassene FFH- und SPA-Verträglichkeitsprüfung zu rügen. Es fehle bereits an einem Verfahren, bei dem Mitwirkungsrechte der Klägerin hätten verletzt werden können. Einen isolierten Anspruch eines anerkannten Naturschutzverbandes auf Durchführung solcher Verträglichkeitsprüfungen sähen weder das Unionsrecht noch das nationale Recht vor. Einer Nachholung der UVP im Flugroutenfestsetzungsverfahren zur Herstellung der praktischen Wirksamkeit der Vorgaben des Europarechts bedürfe es nicht. Das deutsche Recht weise weder eine Regelungslücke noch Umsetzungsdefizite auf. Flugverfahren seien kein Projekt im Sinne der Anlagen zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder zur UVP-Richtlinie.

Die Untersuchungsräume für die Schutzgüter habe die Planfeststellungsbehörde anhand der 57-dB(A)-Isophone (Erholungsnutzung Mensch) bzw. der 47-dB(A)-Isophone (Tiere und Pflanzen) und damit grundsätzlich in Abhängigkeit von Flugverfahren definiert. Hinsichtlich der potentiell betroffenen Erholungsgebiete sei festzustellen, dass es durch die streitgegenständlichen Abflugverfahren zu keiner relevanten Änderung, insbesondere zu keiner Ausweitung des betrachteten Untersuchungsraums komme. Die Planfeststellungsbehörde wäre daher auch dann zu keinem anderen Schluss gekommen, wenn sie die Wannseeroute ihrer Betrachtung bereits zugrundegelegt hätte. Darüber hinaus erfolge ein Überflug aufgrund der festgelegten Beschränkungen des Verfahrens weit über der Flughöhe von 600 m, ab der in der Regel keine negativen Reaktionen auf Vogelpopulationen zu erwarten seien. Der Suchraum bzw. die Inventarisierung potentiell betroffener Schutzgebiete in der Planfeststellung habe hinsichtlich der FFH-Verträglichkeit auf der 47-dB(A)-Isophone beruht. Auch hier lasse sich anhand der in der Lärmbetrachtung des Umweltbundesamtes ausgewiesenen 45-dB(A)-Isophonen nachweisen, dass die veränderte Flugwegeführung der Flugverfahren gegenüber der Grobplanung zu keinen Veränderungen in den hier maßgeblichen Bereichen führe. In Bezug auf Natura-2000-Gebiete würden Unterschiede zu dem durch die Planfeststellungsbehörde untersuchten Gebiet nur im Bereich östlich des Flughafens auftreten. Entgegen der Auffassung der Klägerin unterliege die Flugroutenfestsetzung auch nicht einer SUP-Pflicht, da Flugverfahren gerade keine Verkehrswege seien.

Soweit die Klägerin eine umfassende Klagebefugnis für jegliche Berührung von europäischem Umweltrecht – hier: angebliche Fehlgewichtung der ruhigen Gebiete – losgelöst vom jeweiligen Verfahrensrecht in Anspruch nehme, sei dies unzutreffend. Eine derartige umfassende Klagemöglichkeit ergebe sich weder aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention noch könne sie dem deutschen Prozessrecht – auch nicht durch Auslegung – entnommen werden.

Entgegen der Auffassung der Klägerin liege hinsichtlich der ruhigen Gebiete ein Ermittlungsdefizit nicht vor. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung habe sich mit den Aspekten der ruhigen Gebiete durchaus auseinandergesetzt. Da der Umgebungslärm-Richtlinie kein strikt zu beachtendes Verschlechterungsverbot zu entnehmen sei, habe die Beklagte im Rahmen ihrer Festlegung dem Schutz der Gesundheit der in dicht besiedelten Gebieten lebenden Menschen auch generell den Vorzug vor dem Schutz der weniger dicht besiedelten ruhigen Gebiete geben dürfen.

Der Senat hat nach der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2013 in der Sache OVG 11 A 1.13 das hiesige Verfahren zur weiteren Sachaufklärung abgetrennt.

Hinsichtlich des von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrags wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11. Juni 2013 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I. Sie ist zwar als allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) gegen die Festlegung von An- und Abflugverfahren statthaft (vgl. dazu in st. Rechtspr. BVerwG, Urt. v. 24. Juni 2004 – BVerwG 4 C 11.03 – BVerwGE 121, 152 <156> m.w.N.) und – soweit dies für den Senat entscheidungserheblich ist – auch sonst zulässig.

1. Die Klägerin ist als eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische Vereinigung gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG verbandsklagebefugt. Sie kann unter den dort und in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG genannten Voraussetzungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, ohne die Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG findet das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unter anderem Anwendung auf Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die UVP-Prüfung eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Prüfung bestehen kann. Das ist – anders als das Sächsische Oberverwaltungsgericht angenommen hat (Urt. v. 9. Mai 2012 – 1 C 20/08 – juris, Rz. 28 ff.) – für die Frage, ob die Festsetzung von Flugverfahren nach unionsrechtlichen Vorschriften einer (ergänzenden) UVP-Prüfung unterliegen kann, nicht mit der für die Verneinung der Klagebefugnis erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen.

Die Durchführung einer UVP-Prüfung bzw. Vorprüfung des Einzelfalls ist zwar bei der Festsetzung von An- und Abflugverfahren im deutschen Recht nicht ausdrücklich vorgesehen. Es kann jedoch schon angesichts des von der Europäischen Kommission gegen die Beklagte eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens als nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen angesehen werden, dass die wirkungsbezogen konzipierte UVP-Richtlinie gemeinschaftsrechtlich zumindest eine ergänzende UVP-Prüfung fordert, falls im vorgelagerten nationalen Planfeststellungsverfahren keine (abschließende) Untersuchung der Umweltauswirkungen einer bestimmten – von der Grobplanung unstreitig abweichend festgesetzten – Flugroute erfolgt sein sollte. Mit Blick auf den für die Darlegung der Klagebefugnis hinreichend substantiierten Vortrag der Klägerin, wonach die von der hier angegriffenen Wannsee-Route betroffenen FFH- und SPA-Gebiete nicht von der im Planfeststellungsverfahren durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung erfasst gewesen seien, ist es unter Berücksichtigung des Effektivitätsgebots (Art. 4 Abs. 3 EUV) möglich, dass eine Pflicht zur Lückenschließung bestehen könnte. Ob eine – unterstellte – Prüfungslücke gegebenenfalls im Flugroutenfestsetzungsverfahren oder in einem ergänzenden Planfeststellungverfahren zu schließen wäre, ist eine rechtlich komplexe Fragestellung, die im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu entscheiden ist, zumal die Klagebefugnis als Zugangsvoraussetzung für eine Sachentscheidung des Gerichts nicht dazu führen soll, dass ernsthaft streitige Fragen, von deren Beantwortung die Begründetheit der Klage abhängt, in die Zulässigkeitsprüfung verlagert werden.

2. Aus den angeführten Gründen bestehen auch keine Bedenken gegen die Klagebefugnis der Klägerin hinsichtlich der von ihr gerügten unterlassenen FFH-Prüfung. Ob eine Flugroutenfestlegung geeignet ist, Gebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BNatSchG in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich zu beeinträchtigen, ist noch nicht entschieden (ausdrücklich offengelassen BVerwG, Urt. v. 24. Juni 2004 – BVerwG 4 C 11.03 – juris, Rz. 46). Der Projektbegriff ist im Bundesnaturschutzgesetz ebenso wenig legaldefiniert wie in der FFH-Richtlinie. Der Europäische Gerichtshof geht davon aus, dass der Projektbegriff in der FFH-Richtlinie angesichts des vergleichbaren Schutzzwecks (Verhinderung von Umweltbeeinträchtigungen) dem der UVP-Richtlinie entspricht. Art. 2 Abs. 1 UVP-Richtlinie enthält eine im Wesentlichen mit Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie gleichlautende Formulierung über die Verträglichkeitsprüfung. Die von der UVP-Richtlinie geregelten Projekte sind somit Projekte, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können (vgl. EuGH, Urt. v. 7. September 2004 - C-127.02 - juris, Rz. 42). Da es nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass Flugrouten zumindest ergänzend UVP-pflichtige Projekte sein können, gilt dies folglich gleichermaßen für eine etwaige FFH-Pflichtigkeit.

3. Es kann dahinstehen, ob der Klägerin wegen der von ihr behaupteten Fehlgewichtung der ruhigen Gebiete eine Klagemöglichkeit zusteht. Über die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärte und in der Literatur kon-trovers diskutierte Frage nach der Reichweite der unionsrechtlichen Verbandsklage (s. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. Februar 2013 – 8 B 10254/13 – juris; Berkemann, DVBl. 2011, 1253; Schink, DÖV 2012, 622; Rehbinder, EurUP 2012, 23) braucht der Senat in dem vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, da die von der Klägerin erhobene Rüge jedenfalls in der Sache nicht durchgreift (siehe dazu unter II.4).

II. Die Feststellungsklage ist jedenfalls unbegründet.

Die in der 247. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung vom 10. Februar 2012 in der derzeit gültigen Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 13. November 2012 (247. DVO) für den Nordbahnbetrieb in Richtung Westen festgesetzten Abflugverfahren GERGA 1 A, TUVAK 1 A und DEXUG 1 A sind in Bezug auf die vorliegend erhobenen Rügen für den Streckenverlauf von dem nordwestlich von Ludwigsfelde gelegenen Streckenpunkt DB 241 bis zu dem über Berlin liegenden Streckenpunkt DB 243 (sog. kurzes Verfahren über den Wannsee) rechtlich nicht zu beanstanden.

Weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht besteht für die dem Bau eines Flughafens nachgelagerte Festsetzung von Flugverfahren eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Prüfung, wenn – wie von der Klägerin vorgetragen – die im vorgelagerten Planfeststellungsverfahren vorgenommene UVP-Prüfung fehlt oder mangels ausreichenden Untersuchungsumgriffs unvollkommen gewesen sein sollte (1). Ebenso wenig folgt die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Flugroutenfestsetzung aus einem Verstoß gegen die erklärten Ziele des bestandskräftig gewordenen Planfeststellungsbeschlusses, noch wird sonst dessen planerisches Konzept durch die Festsetzung der Wannsee-Route konterkariert oder verlassen (2). Die der Flugroutenfestsetzung im Übrigen zu Grunde liegenden Erwägungen zu den ruhigen Gebieten sind ebenfalls nicht zu beanstanden (3). Auf die von der Klägerin hilfsweise beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die durch den Planfeststellungsbeschluss zugelassene und prognostizierte Flugverkehrsmenge ohne eine Festlegung von Flugrouten nicht abgewickelt werden könnte, ohne nicht hinnehmbare Risiken für die öffentliche Sicherheit zur Folge zu haben, kommt es angesichts der mit der 247. DVO tatsächlich festgelegten Flugverfahren nicht entscheidungserheblich an.

1. a) Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht Einigkeit, dass die Durchführung einer UVP-Prüfung bzw. Vorprüfung des Einzelfalls bei der Festsetzung von An- und Abflugverfahren im deutschen Recht generell nicht vorgesehen ist. Nach § 3 b des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung – UVPG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. April 2013 (BGBl. I, 734) i.V.m. Anlage 1 Nr. 14.12 ist lediglich für den „Bau eines Flugplatzes im Sinne der Begriffsbestimmungen des Abkommens von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation mit einer Start- und Landebahngrundlänge von 1.500 m oder mehr“ eine UVP-Prüfung erforderlich. Eine solche ist im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld durchgeführt worden (vgl. zusammenfassende Darstellung und Bewertung im PFB S. 1105 ff. und 1139 ff.; vgl. auch Planergänzungsbeschluss – PEB – S. 62 ff., wonach eine zusätzliche UVP-Prüfung nicht für erforderlich gehalten wurde). Aus der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie – ABl. L 26/1 v. 28. Januar 2012), die bei Inkrafttreten der 247. Durchführungsverordnung am 31. Mai 2012 (§ 6 der 247. DVO) bereits Geltung beanspruchte (vgl. Art. 15 UVP-Richtlinie), folgt keine Pflicht zur UVP-Prüfung im Rahmen der Flugroutenfestsetzung. Gemäß Art. 4 Abs. 1 UVP-Richtlinie werden Projekte des jeweiligen Anhangs I einer UVP-Prüfung unterzogen. Darunter fallen Flugverfahren nicht. Anhang I Nr. 7 Buchst. a bezieht sich - soweit hier maßgeblich - auf den Bau von Flugplätzen im Sinne der Begriffsbestimmung des Abkommens von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (Anhang 14) mit einer Start- und Landebahngrundlänge von 2.100 m oder mehr. Anhang II Nr. 10 Buchst. d zu Art. 4 Abs. 2 UVP-Richtlinie betrifft ebenfalls nur den Bau von Flugplätzen, soweit diese nicht unter Anlage I fallen. Nr. 13 des Anhangs II der Richtlinie greift ebenso wenig, denn bei der Festsetzung von Flugverfahren handelt es sich um keine Änderung von Projekten des Anhangs I oder II. Die Flugroutenfestsetzung durch Rechtsverordnung ist nicht Teil der behördlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Flugplatzbau. Vielmehr beziehen sich sowohl die Begriffe „Projekt“ als auch „Bau“ nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs allein auf materielle Arbeiten oder Eingriffe. Insbesondere sei der in Anhang I Nr. 7 Buchst. a UVP-Richtlinie a. F. verwendete Begriff „Bau“ unmissverständlich und im üblichen Sinne zu verstehen, d.h. er beziehe sich auf die Errichtung von vorher nicht bestehenden Bauwerken oder die Veränderung von bereits bestehenden Werken. Erforderlich seien stets materielle Arbeiten am Flugplatz oder seiner Infrastruktur (vgl. EuGH, Urt. v. 1. März 2011 – C-275.09 – juris, Rz. 20 ff., 26 ff.).

Diese unionsrechtlichen Vorgaben sind insoweit durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig umgesetzt worden (§ 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Anlage 1 Nr. 14.12). Zwar trennt das nationale System mit dem durch Planfeststellungsbeschluss zu genehmigenden Bau des Flughafens sowie seines Betriebes einerseits und der durch nachgelagerte Rechtsverordnung festzusetzenden Flugverfahren andererseits rechtlich zwei sachlich untrennbar miteinander verbundene Problemfelder (vgl. dazu nachfolgend unter II.1. b), eine Aufsplitterung von Projekten im Sinne der UVP-Richtlinie mit der Folge, dass diese in ihrer kumulativen Wirkung insgesamt der Verpflichtung zur UVP-Prüfung entzogen würden (vgl. EuGH, Urt. v. 1. März 2011 – C-275.09 – juris, Rz. 36), liegt jedoch ersichtlich nicht vor. Alle notwendigen UVP-Prüfungen – auch in Bezug auf die Auswirkungen der Flugverfahren – haben vielmehr umfassend im Planfeststellungsverfahren zu erfolgen.

b) Angesichts dessen besteht – entgegen der Ansicht der Klägerin – mangels erkennbarer Lücke auch kein Raum für eine ergänzende UVP-Pflichtigkeit im nachgelagerten Verfahren zur Festsetzung von Flugrouten für den Fall, dass im vorgelagerten Planfeststellungsverfahren keine Untersuchung der Umweltauswirkungen einer bestimmten – von der Grobplanung hier unstreitig abweichend festgesetz-ten – Flugroute erfolgt sein sollte.

aa) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG umfasst die UVP-Prüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf die im Gesetz genannten Schutzgüter. Sie erfordert u.a. eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG). Welche Auswirkungen der Flugbetrieb durch die Benutzung des Luftraums in der Umgebung des Flugplatzes hat, wird maßgeblich auch durch die Flugverfahren bestimmt. Dabei genügt für das Planfeststellungsverfahren eine prognostische Grobplanung der An- und Abflüge, die von realistischen Annahmen ausgehen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. Oktober 2011 – 4 A 4000.09 – juris, Rz. 154 f.). Die endgültigen Flugverfahren werden nicht zusammen mit der Entscheidung über die Anlegung oder den Ausbau des Flughafens im Planfeststellungsverfahren, sondern in einem gesonderten Verfahren vom Bundesaufsichtsamt auf der Grundlage von Vorarbeiten der Deutschen Flugsicherung durch Rechtsverordnung festgelegt (§ 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c LuftVG, § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO). Das Planfeststellungsverfahren und das Flugroutenfestsetzungsverfahren stehen insofern in einer Wechselbeziehung, denn die durch Rechtsverordnung festgesetzten Flugverfahren können von der Grobplanung abweichen (BVerwG, Urt. v. 31. Juli 2012 – BVerwG 4 A 5000.10 u.a. – juris, Rz. 51, 48). Auch nach Inbetriebnahme des Bahnsystems können die Flugverfahren geändert werden, so dass die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten und anderer Auswirkungen des Flugbetriebs im Planfeststellungsverfahren systemimmanent mit der Unsicherheit behaftet ist, dass die Flugrouten für die An- und Abflüge nicht feststehen. Der in der Rechtsordnung begründeten Unsicherheit muss durch eine rechtliche Koordinierung beider Verfahren Rechnung getragen werden.

bb) Diese Koordinierung erfolgt hinsichtlich der notwendigen UVP-Prüfungen nach dem nationalen Regelungsgefüge im Planfeststellungsverfahren, denn der Planfeststellungsbeschluss muss nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorab auch diejenigen Konflikte bewältigen, die durch später von der Grobplanung abweichende Flugverfahren entstehen können und die nach Art und Umfang durch die prognostizierten Flugverfahren nicht abgebildet worden sind (Grundsatz der Problembewältigung). Hierfür ist es erforderlich, die gesamte Umgebung des Flughafens, die etwa von abwägungserheblichem Lärm betroffen sein könnte, in den Blick zu nehmen. Für die Konfliktbewältigung genügt es sicherzustellen, dass die Festlegung der An- und Abflugverfahren die Zulassung des Vorhabens an dem vorgegebenen Standort mit der festgelegten Bahnkonfiguration nicht nachträglich als unabgewogen erscheinen lässt. Wenn die Prognose der An- und Abflugverfahren mit dem Bundesaufsichtsamt oder der Deutschen Flugsicherung abgestimmt ist, darf die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich davon ausgehen, dass das Bundesaufsichtsamt Flugverfahren festlegen wird, die Art und Ausmaß der im Planfeststellungsverfahren ermittelten Betroffenheiten nicht wesentlich übersteigen (BVerwG, Urt. v. 31. Juli 2012 – BVerwG 4 A 5000.10 u.a. – juris, Rz. 48, 51; Urt. v. 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4000.09 – juris, Rz. 151 ff.).

cc) Um die abwägungserhebliche Betroffenheit feststellen zu können, muss von der Planfeststellungsbehörde der Einwirkungsbereich des Vorhabens bestimmt werden. Dazu ist eine Prognose der voraussichtlichen Auswirkungen des Flugbetriebs erforderlich. Diese Prognose darf sich deshalb nicht auf die Betrachtung bestimmter, für die Lärmbetroffenheiten repräsentativer Flugrouten beschränken; die UVP-Prüfung muss sich vielmehr räumlich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Flughafens erstrecken, in dem abwägungserhebliche Auswirkungen des Vorhabens möglich sind. Allerdings muss nicht der gesamte Einwirkungsbereich des Flughafens in derselben Intensität untersucht werden. Eine detaillierte Ermittlung und Beschreibung der betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens ist in der Regel nur für die der Planfeststellung zugrunde gelegte, mit dem Bundesaufsichtsamt oder der Deutschen Flugsicherung abgestimmte Grobplanung der Flugrouten erforderlich. Darüber hinaus genügt es regelmäßig, dass die UVP-Prüfung die im Rahmen der Abwägung zu treffende Entscheidung vorbereitet. Ist nach dem planerischen Konzept der Planfeststellungsbehörde Grundlage für die Zulassung des Vorhabens an dem gewählten Standort, dass bestimmte Gebiete von einer Verlärmung durch stark belegte Abflugrouten verschont bleiben, kann dies im Planfeststellungsbeschluss festgestellt werden. Auch wenn dort die Benutzung des Luftraums nicht geregelt werden kann, hat das Bundesaufsichtsamt seinerseits die in der Planfeststellung und der luftrechtlichen Genehmigung getroffenen Entscheidungen zu beachten; deren Ausnutzung darf es nicht vereiteln (vgl. BVerwG, Urteile v. 31. Juli 2012 – BVerwG 4 A 7001.11 u.a. – juris, Rz. 44 sowie – BVerwG 4 A 5000.10 u.a. – juris, Rz. 48 und 51).

dd) Im Ergebnis besteht somit keine konzeptionelle Rechtsschutzlücke, die dem Senat Veranlassung gegeben hätte, die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen hinsichtlich einer UVP-Prüfung im Flugroutenfestsetzungsverfahren dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen. Auch eine nur partielle Nachholung einer u.U. verfahrensfehlerhaft unterbliebenen UVP-Prüfung ist im Flugroutenfestsetzungsverfahren nicht notwendig. Insoweit besteht für eine richtlinienkonforme Auslegung oder unmittelbare Anwendung des Gemeinschaftsrecht auf die Flugverfahrensfestlegung schon deshalb kein Bedürfnis, weil die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren auch für den Fall der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses das erforderliche Instrumentarium für eine etwaige Planergänzung oder ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren selbst bereithalten (vgl. § 75 Abs. 2 S. 2-4 VwVfG). Veränderungen der Betroffenheiten, die sich ergeben, wenn das Bundesaufsichtsamt Flugverfahren festlegt, die von der für das Planfeststellungsverfahren erstellten Grobplanung abweichen, sind zwar keine "nicht voraussehbare Wirkungen" des Vorhabens i.S.v. § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG (vgl. hierzu Urt. v. 7. März 2007 – BVerwG 9 C 2.06 – BVerwGE 128, 177, Rz. 19). Sie sind mit den von dieser Vorschrift erfassten Prognoserisiken - wie etwa einem stärkeren Wachstum der Verkehrsmenge als vorhergesehen - auch nicht vergleichbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 31. Juli 2012 – BVerwG 4 A 5000.10 u.a. – juris, Rz. 52). Allerdings ist die Grenze der hinzunehmenden Veränderungen nach Auffassung des Senats überschritten, wenn die Festlegung der Flugverfahren die planungsrechtliche Grundlage konterkariert oder verlässt. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn das Bundesaufsichtsamt mit seiner Planung gegen erklärte Planungsziele des Planfeststellungsbeschlusses verstößt, sondern auch dann, wenn ein Flugverfahren abweichend von der Grobplanung über ein Gebiet festgelegt wird, das erkennbar nicht von der planerischen Festsetzung getragen ist und auf das sich die erforderliche UVP-Prüfung deshalb nicht erstreckt hat. Eine solche Flugroutenfestsetzung wäre bis zu einer etwaigen planungsrechtlichen „Nachbesserung“ rechtswidrig, denn es fehlte an der erforderlichen – vorgelagerten – planerischen Konfliktbewältigung.

2. Ein derartiger Verstoß lässt sich mit Blick auf die angegriffenen Flugverfahren nicht feststellen. Die Festsetzung der Wannsee-Route verstößt nicht gegen die erklärten Ziele des bestandskräftig gewordenen Planfeststellungsbeschlusses und verlässt auch nicht dessen Planungsgrundlage. Vielmehr löst der Planfeststellungsbeschluss mit der vorgenommenen UVP-Prüfung für den Bau des Flugplatzes und dessen (flug-)betriebsbedingte Wirkungen auch die Konflikte, die durch die von der Grobplanung abweichende Festsetzung der Wannsee-Route hervorgerufen werden.

Die im Einwirkungsbereich des Vorhabens untersuchten Umweltfolgen beschränken sich erkennbar nicht auf die Auswirkungen einer konkreten Flugroutenführung, sondern sind in großem Umfang schutzgutbezogen durchgeführt worden. Die Festsetzung der Wannsee-Route führt zwar - verglichen mit den in der Grobplanung im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegten Flugverfahren - zu einer räumlichen Verschiebung der Belastung der Umgebung des Flughafens durch Fluglärm und Überflüge. Im Hinblick auf die Schutzgüter des Rechts der UVP-Prüfung sind jedoch durch die Abweichungen keine Umweltauswirkungen zu erwarten, die im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden wären. Ebenso wenig treten relevante Beeinträchtigungen der Schutzgüter des europäischen FFH- und Vogelschutzrechts auf, so dass die Festlegung der Wannsee-Route – und das ist mit Blick auf die notwendige Konfliktbewältigung entscheidend – die Zulassung des Vorhabens an dem vorgegebenen Standort mit der festgelegten Bahnkonfiguration nicht nachträglich als unabgewogen erscheinen lässt (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile v. 31. Juli 2012 – 4 A 5000.10 u.a. – juris, Rz. 51, und 4 A 7001.11 u.a. – juris, Rz. 84). Es ist vielmehr mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen, dass die Planfeststellungsbehörde zu einem abweichenden Ergebnis gekommen wäre, wenn sie anstelle der Grobplanung die angegriffenen Flugverfahren zugrunde gelegt hätte. Denn die UVP-Prüfung im Rahmen der Planfeststellung hat sich auf alle wesentlichen Parameter bezogen und diese in einer Weise untersucht, dass die Ergebnisse auch für die von der Wannsee-Route ausgehenden Umweltfolgen aussagekräftig sind. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die von der Klägerin genannten Gebiete nicht in den Untersuchungsraum der im Planfeststellungsverfahren durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung einbezogen worden sind.

a) Im Rahmen der Prüfung des Schutzgutes Luft wurden die Emissionen der startenden und landenden Luftfahrzeuge bis zu einer Flughöhe von 3.000 Fuß (dies entspricht etwa 914 m) über Grund berücksichtigt. Emissionen in größerer Höhe wirken sich nach dem bestandskräftig gewordenen Planfeststellungsbeschluss am Boden nicht mehr in der Weise aus, dass sie dem Flugbetrieb ursächlich zugeordnet werden könnten (PFB S. 715, 11.3.2.; S. 1122, 4.4.1). Das stellt auch die Klägerin nicht substantiiert in Frage. Im Ergebnis sind danach umweltrelevante Auswirkungen durch den Flugverkehr einschließlich des flughafenbedingten Straßenverkehrs im Wesentlichen nur im unmittelbaren Flughafenbereich festzustellen. Dazu gehören die von der Klägerin benannten Gebiete nicht mehr. Um die Wannsee-Route nutzen zu dürfen, müssen die Flugzeuge eine Mindestflughöhe von 5000 Fuß (dies entspricht etwa 1500 m) erreicht haben und über einen erhöhten Steiggradienten verfügen. Auch kann nach den Erläuterungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2013 zu dem Verfahren OVG 11 A 1.13 die für ein Abweichen von der Flugroute erforderliche Einzelfreigabe des Fluglosten nur dann erteilt werden, wenn das Flugzeug eine Flughöhe von 5000 Fuß erreicht hat. Außerhalb des Flughafenbereichs gehen von dem Flugbetrieb keine nachweisbar relevanten negativen Auswirkungen auf die Luftgüte aus. Aus welchen Gründen die nördlich von dem Streckenpunkt DB 241 gelegenen Gebiete, die in einer Höhe von über 5.000 Fuß überflogen würden, von relevanten Stoffeinträgen betroffen sein sollten, ist angesichts der planfestgestellten Ergebnisse weder für den Senat ersichtlich noch von der Klägerin hinreichend substantiiert dargetan.

b) Für das Schutzgut Tiere und Pflanzen steht im Hinblick auf die betriebsbedingten Wirkfaktoren Überflüge und Fluglärm der Schutz der Avifauna und ihrer Lebensräume im Vordergrund. Hauptkriterium zur Sicherstellung des gebotenen Schutzes ist eine einzuhaltende Mindest-Überflughöhe über Vogellebensräume von 600 Metern (PFB S. 1121, 4.3.3.3), die die startenden Flächenflugzeuge mit dem verlangten erhöhten Steiggradienten von 8 % im Bereich der von der Klägerin benannten Gebieten – wie oben dargestellt – bereits weit überschritten haben müssen, um das kurze Wannseeverfahren nutzen zu dürfen. Damit ist sichergestellt, dass über allen hier relevanten Vogellebensräumen in den weiter nördlich des Streckenpunktes DB 241 belegenen Gebieten die Mindestflughöhe von 600 Meter eingehalten wird. Hinsichtlich der Lärmauswirkungen basiert der Untersuchungsraum für das Schutzgut im Planfeststellungsverfahren auf der 47 dB(A)-Kontur.

c) Im Hinblick auf die Schutz- und Erhaltungsziele der Schutzgebiete des europäischen Netzes Natura 2000 können erhebliche neue oder veränderte Beeinträchtigungen gemäß Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie durch das angegriffene Flugverfahren ebenfalls ausgeschlossen werden. Als Untersuchungsraum für die Vorprüfung wurde hinsichtlich der Auswirkungen durch Fluglärm und Überflug der Flächenumgriff der am weitesten reichenden Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Tiere und Pflanzen innerhalb der 47 dB(A) Schallisophone 20XX zu Grunde gelegt (PFB S. 845, 15.2.2.1). Die hier in Rede stehenden Gebiete liegen außerhalb dieses Bereichs.

d) Der Untersuchungsraum für das Schutzgut Mensch wurde in der Planfeststellung durch ein langgestrecktes Rechteck abgegrenzt, das die 55-dB(A)-Isophone (Leq(3,Tag)) umhüllt und die Bereiche 500 m beiderseits der Trassen der Verkehrsanbindungen außerhalb des Flughafengeländes einschließt (PFB S. 1109, 4.2.1). Der Schutz der Wohnbevölkerung und der Erholungssuchenden vor Fluglärm ist auch bei räumlicher Verschiebung der Belastungen durch das allgemein geltende Schutzkonzept der Planfeststellungsbehörde auf gleichbleibendem Niveau sichergestellt (z.B. Lärmschutzauflagen, Flugbetriebsbeschränkungen, Fluglärmüberwachung, Schutz- und Entschädigungsgebiete).

e) Entgegen der Auffassung der Klägerin hätte das Risiko von Flugzeugabstürzen über dem Forschungsreaktor BER II auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrum und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Umwelt nicht in die UVP-Prüfung einbezogen werden müssen. Dieses Risiko zählt nicht zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens im Sinne der UVP-Richtlinie. Da jeder Flugzeugunfall zwangsläufig Beeinträchtigungen der Umwelt zur Folge hat, würde die Einbeziehung derartiger Szenarien zu einer in der Richtlinie nicht angelegten Ausweitung der im Rahmen der UVP zu betrachtenden Umweltauswirkungen auf sicherheitsspezifische Fragestellungen führen. Die Planfeststellungsbehörde hat das Risiko von Flugzeugunfällen daher zu Recht ausschließlich unter Sicherheitsaspekten und nicht unter Umweltgesichtspunkten geprüft (vgl. PFB S. 423 ff., 7.1.5.1). Soweit nach der im Planfeststellungsverfahren vorgenommenen Sicherheitsanalyse bereits wenige Kilometer von der Startbahn entfernt der Bereich des sog. Restrisikos erreicht ist (zur Sicherheitsanalyse im Planfeststellungsverfahren s. BVerwG, Urt. v. 16. März 2006 - BVerwGE 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 241 ff.), bietet dies nach Auffassung des Senats noch keine verlässliche Grundlage für den Schluss, dass die Schadenseintrittswahrscheinlichkeit eines durch Flugzeugunfall verursachten Störfalls im Forschungsreaktor BER II erst Recht nicht mehr im Bereich eines rechtlich relevanten Risikos liegen könne (vgl. Urt. des Senats v. 23. Januar 2013 - OVG 11 A 1.13 – juris, Rz. 44). Der Senat hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung daher für verpflichtet gehalten, im Rahmen der von der Grobplanung abweichenden Flugroutenfestsetzung sich infolge von Gutachten oder Hinweisen anderer Fachbehörden im Festsetzungsverfahren aufdrängende Sicherheitsbedenken, die im Planfeststellungsverfahren nicht behandelt worden sind, auszuräumen. Diese Verpflichtung folgt aus § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG, wonach es zu den Aufgaben der Luftsicherheitsbehörden gehört, betriebsbedingte Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die durch die Luftfahrt drohen können, abzuwehren (vgl. Urt. des Senats v. 23. Januar 2013, a.a.O., Rz. 30). Der nicht näher substantiierten Anregung der Klägerin, die Frage nach der Reichweite des Begriffs der Umweltauswirkungen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, brauchte der Senat daher nicht zu folgen.

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin unterliegt die Festlegung von Flugrouten auch nicht einer Strategischen Umweltprüfung nach § 3 Abs. 1a i.V.m. § 14b Abs. 1 Nr. 1 und 2 UVPG. Flugrouten gehören nicht zu den Plänen für Verkehrswege auf Bundesebene, da sie keine Verkehrswege im Sinne der genannten Vorschriften darstellen. Es handelt sich bei ihnen nicht um einen körperlich gegenständlichen Bereich als Teil der Erdoberfläche zur Abwicklung von Verkehrsläufen, sondern um eine vertikal und horizontal definierte Linie, die sich im Rahmen eines Flugkorridors kanalisieren lässt. Flugrouten stellen auch keine Ausbaupläne im Sinne von § 3 Abs. 1a UVPG i.V.m. Anlage 3 Nr. 1.2 dar (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 9. Mai 2012 - 1 C 20/08 – juris, Rz. 31 f. unter Bezugnahme auf VGH Kassel, Urt. v. 24. Oktober 2006 - 12 A 2216/05 - NVwZ 2007, 597).

4. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die Beklagte habe bei der Festsetzung der angegriffenen Flugrouten den Schutz ruhiger Gebiete außer Acht gelassen.

Gegen den vom Bundesaufsichtsamt aus Gründen des Gesundheitsschutzes generell angenommenen Gewichtungsvorrang des Lärmschutzes für Siedlungsgebiete vor dem Lärmschutz für Erholungsgebiete und ruhige Gebiete (vgl. Abwägungsvermerk S. 30) ist nichts zu erinnern. Im Übrigen weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass sich aus Art. 8 Abs. 1 lit. b der Umgebungslärm-RL kein strikt zu beachtendes Verschlechterungsverbot ableiten lässt und „ruhige Gebiete“ deshalb nicht absolut gegen eine Lärmzunahme geschützt sind. Die Gebiete sind zwar – ebenso wie Lärmaktionspläne – in die Abwägung einzustellen, aber nicht unüberwindbar (vgl. zum Planfeststellungsverfahren VGH Kassel, Urt. v. 21. August 2009 – 11 C 227.08 T – juris, Rz. 590).

Zwar finden sich – anders als zu der Müggelsee-Route (vgl. Abwägungsvermerk S. 58 ff.) – im Zusammenhang mit der kurzen Wannsee-Route keine über den dargestellten Gewichtungsvorrang hinausgehenden Ausführungen zur Lärmaktionsplanung der Gemeinden Kleinmachnow und Teltow bzw. des Landes Berlin (vgl. Abwägungsvermerk S. 49 f.). Dies stellt bezogen auf die in Berlin gelegenen ruhigen Gebiete keinen Abwägungsmangel dar, weil eine Beeinträchtigung der ruhigen Gebiete in Höhe des im Berliner Lärmaktionsplan gültigen Schwellenwerts von 55 dB(A) nicht zu erwarten ist (vgl. Lärmaktionsplan Berlin von November 2008, S. 107; zum Schwellenwert S. 113). Dies ist angesichts der für die Nutzung der kurzen Wannsee-Route erforderlichen Mindestflughöhe von 5000 Fuß auch für die ruhigen Gebiete in Kleinmachnow und Teltow nicht abweichend zu beurteilen. Der zu erwartende Lärm bewegt sich im Bereich der Wannsee-Route insgesamt weitgehend unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle, die sich aus den Werten des Fluglärmschutzgesetzes ergibt. Der Dauerschallpegel am Tag liegt nach dem Vortrag der Beklagten unter 45 dB(A) sowie nachts unter 40 dB(A). Nach § 14 des Fluglärmschutzgesetzes sind bei der Lärmaktionsplanung die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Abs. 2 des Fluglärmschutzgesetzes zu beachten (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4000.09 – Rn. 180). Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass diese Werte überschritten würden. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass mit Lärmwerten oberhalb dieser Zumutbarkeitsschwelle zu rechnen sei. Da die zu erwartende Lärmbelastung unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle liegt, gilt bei der Flugroutenfestsetzung das abgeschwächte Abwägungsprogramm (s. dazu Urt. des Senats v. 14. Juni 2013 – OVG 11 A 10.13 – Müggelsee-Route). Danach besteht hier kein Optimierungsgebot dahingehend, dass im Rahmen der Lärmverteilung durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung dem der Lärmaktionsplanung zu Grunde liegenden Ziel, eine Zunahme des Lärms in den ruhigen Gebieten zu verhindern, bestmöglich Rechnung zu tragen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt.