Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 13.09.2013 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 11 S 27.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 12 ImSchG BB, Nr 3.4 FreiZLärmRL, Nr 4.4 FreiZLärmRL |
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 12. September 2013 wird geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin die Erlaubnis zum Abrennen eines Feuerwerks der Klasse IV am 14. September 2013 in der Zeit von 21:15 Uhr bis 21:30 Uhr auf dem Gelände des Golfs Clubs P... zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Antragsgegner.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird für beide Rechtszüge auf 5000 EUR festgesetzt.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die erstinstanzliche Versagung von Eilrechtsschutz ist begründet.
Der angefochtene Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat, kann aus den mit der Beschwerde dargelegten und der Prüfung durch das Oberverwaltungsgericht unterliegenden Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) keinen Bestand haben.
Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass das Verwaltungsgericht sie im Rubrum des erstinstanzlichen Beschlusses fälschlicherweise als GmbH bezeichnet hat, handelt es sich dabei um einen offensichtlichen Schreibfehler. Davon dürfte auch die Antragstellerin ausgehen, da sie mit Beschwerde die Aufhebung des sie belastenden Beschlusses begehrt.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Antragstellerin mit Blick auf den unmittelbar bevorstehenden Termin zur Durchführung des Feuerwerks am 14. September 2013 das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht hat. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung die Antragstellerin allerdings auch einen die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für das Abbrennen des von ihr für den 14. September 2013 geplanten Feuerwerks auf dem dafür in Aussicht genommenen Gelände im Ortsteil K....
Der Anspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Landesimmissionsschutzgesetz (LImSchG). Danach bedarf derjenige, der ein Feuerwerk oder Feuerwerkskörper der Klassen III und IV im Sinne des § 6 Abs. 4 in Verbindung mit Nr. 4.3 der Anlage 1 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) abbrennen will, hierzu der Erlaubnis der örtlichen Ordnungsbehörden, in deren Zuständigkeitsbereich das Feuerwerk oder die Feuerwerkskörper abgebrannt werden sollen. Ein Feuerwerk darf höchstens 30 Minuten dauern und muss um 22:00 Uhr, in den Monaten Juni bis Juli um 22:30 Uhr beendet sein; in dem Zeitraum, für den die mitteleuropäische Sommerzeit eingeführt ist, darf das Ende des Feuerwerks um eine halbe Stunde hinausgeschoben werden (§ 12 Abs. 2 Satz 1 LImSchG). Die Ordnungsbehörde kann bei Veranstaltungen von besonderer Bedeutung Ausnahmen zulassen; die Erteilung der Erlaubnis kann mit Bedingungen und Auflagen zum Schutz anderer und der natürlichen Umwelt verbunden werden (Sätze 2 und 3).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das von der Antragstellerin, die über eine Erlaubnis nach § 7 des Sprengstoffgesetzes zum Umgang und Verkehr mit pyrotechnischen Sätzen und Gegenständen aller Kategorien verfügt, beantragte Feuerwerk, das der Klasse IV zuzuordnen ist, soll in dem Zeitraum zwischen 21:15 und 21:30 Uhr und damit nicht länger als 30 Minuten sowie deutlich vor 22:00 Uhr durchgeführt werden. Dies hat der Antragsgegner nicht in Frage gestellt. Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass die Erlaubnis nur versagt werden darf, wenn sich das Abbrennen des Feuerwerks mit dem Schutzzweck des Landesimmissionsschutzgesetzes nicht vereinbaren lässt. Soweit sich das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze hinsichtlich der von dem Feuerwerk ausgehenden Lärmimmissionen als Orientierungshilfe auf die Freizeitlärm-Richtlinie (Amtsblatt für Brandenburg vom 4. September 1996 S. 878 <891 ff.>) stützt, ist auch dies nicht zu beanstanden. Nach den für seltene Störereignisse zugrunde zu legenden Immissionsrichtwerten in Nr. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie soll erreicht werden, dass die Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) tags innerhalb der Ruhezeit (20 bis 22 Uhr, vgl. Nr. 3.4 der Richtlinie) 65 dB(A) nicht überschreiten, wobei Geräuschspitzen diesen Wert tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten sollen. Dies zugrunde gelegt sind, wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend in seinem vorliegend in Bezug genommenen Beschluss vom 7. September 2012 - VG 4 L 513/12 - erkannt hat, in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 20 bis 22 Uhr Maximalpegel von bis zu 85 dB(A) zulässig. Dass dieser Wert überschritten zu werden droht, behauptet auch der Antragsgegner nicht. Vielmehr hat die Antragstellerin vorgetragen, dass das Feuerwerk bei den betroffenen Anliegern einen „Grenzwert von 80 dB(A)“ nicht überschreiten wird. Dem ist der Antragsgegner weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren entgegen getreten. Der Vortrag des Antragsgegners, dass nach den Erfahrungen des von der Antragstellerin im Jahr 2011 durchgeführten (identischen) Feuerwerks von „erheblichen Belästigungen für die Anwohner“ auszugehen sei, ist dermaßen unsubstantiiert, dass er für die Annahme, dass die Antragstellerin den genannten Grenzwert überschreiten werde, nicht genügen kann. Im Übrigen könnte der Antragsgegner die Erlaubnis mit Bedingungen und Auflagen zum Schutz anderer und der natürlichen Umwelt verbinden (§ 12 Abs. 2 S. 3 LImSchG).
Soweit der Antragsgegner schließlich darauf abstellt, dass er inzwischen nur noch für öffentliche Veranstaltungen Feuerwerke der Klasse IV genehmige, ist der Kontext zum Schutzzweck des § 12 LImSchG weder dargelegt noch bei summarischer Prüfung sonst ersichtlich.
Auf die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage nach der Verfassungsgemäßheit von § 12 Abs. 1 LImSchG kommt es nach allem nicht entscheidungserheblich an (vgl. dazu VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 6. Oktober 2008 - 5 K 392/08 - juris Rn. 29 ff.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Von einer Halbierung des Streitwerts ist mit Blick auf die mit der Entscheidung verbundene Vorwegnahme der Hauptsache abzusehen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).