Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 18.04.2013 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 209/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 7 SGB 7, § 9 SGB 7, Anl 1 Nr 2109 BKV |
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2109 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV; bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule <HWS> durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - BK 2109).
Der 1964 geborene Kläger durchlief ab dem 01. September 1980 beim Zeugen S eine Ausbildung als Raumausstatter, welche er erfolgreich abschloss, und war bis zum 31. Dezember 1984 im Ausbildungsbetrieb beschäftigt. Im Anschluss arbeitete er, unterbrochen durch die zwischenzeitliche Ableistung seines Grundwehrdiensts, bis zum 31. Dezember 1991 im Raumausstatterbetrieb seines Vaters, des Zeugen F. Seit 1992 ist er in seinem Ausbildungsberuf – zuletzt in Teilzeit – selbständig tätig.
Er zeigte formularmäßig unter dem 24. Januar 2006 bei der Beklagten einen Bandscheibenvorfall in der HWS mit nachfolgender operativer Einbringung einer Prothese, Schmerzen in Nacken und Armen, Schwindelgefühle, Unbeweglichkeit, Unfähigkeit, schwer zu heben oder zu tragen (über 10 kg), als Anhaltspunkte einer BK an. Als Einwirkungen benannte er Überkopfarbeiten, schweres Heben, ständig gebeugt oder kniend. Als gefährdende Tätigkeiten gab er Tapezierarbeiten, Fußbodenlegearbeiten, Dekorationsarbeiten, Polsterarbeiten an. In seiner ausführlichen Tätigkeitsbeschreibung vom 13. März 2006 gab er zum Tätigkeitsbereich „Fußboden verlegen“ u.a. an, mit schweren Geräten von 20 bis 50 kg zu hantieren und Bodenbelagsrollen von 15 bis 40 kg (je nach Qualität des Belags) mit verdrehtem Oberkörper und ausgestreckten Armen zu heben. Im von der Beklagten zur Verfügung gestellten Fragebogen gab er u.a. an, seine Tätigkeit wegen der Wirbelsäulenbeschwerden nicht gewechselt zu haben. Die im Fragebogen enthaltene Frage, ob an seinem Arbeitsplatz technische oder organisatorische Maßnahmen getroffen worden seien, die zur Verringerung oder Unterlassung von wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten geführt hätten, gab der Kläger an: „Arbeitsplatzerhöhung“. Auf dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Erhebungsbogen zur Ermittlung der Belastung durch Heben und Tragen von Lasten etc. gab der Kläger an, von Hand Gegenstände von 10 bis 40 kg, durchschnittlich von 15 bis 20 kg gehoben haben zu müssen. Als technische Hilfsmittel seien Tragegurte und Zangen benutzt worden. Die Gegenstände habe er 20mal pro Arbeitstag bei 200 Arbeitstagen im Jahr heben und über größere Entfernungen (30 bis 50 m) tragen oder halten müssen. Die Gegenstände habe er vor dem Körper, an der Seite, seitwärts mit verdrehtem Oberkörper, auf der Schulter und auf dem Rücken tragen müssen.
Die Beklagte ermittelte zunächst zur BK 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule <LWS> durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) und zur BK 2109. Sie holte Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte ein, so u.a. von der Orthopädin Dr. K, welche unter Beifügung von Anlagen (u.a. Arztbrief der Orthopädischen Fachklinik O vom 15. September 2004, MRT-Bericht des Klinikums vom 16. März 2006 <LWS>, MRT-Bericht vom 09. August 2004<HWS>) über die Bandscheibenproblematik des Klägers und die operative Versorgung am 08. September 2004 mit einer Bandscheibenprothese im HWS-Segment C 5/6 berichtete. Vgl. hierzu auch Befundbericht des Chefarztes beim O Dr. R vom 04. Mai 2006 nebst weiteren Befunden.
Ein Hausbesuch des technischen Aufsichtsdiensts (TAD) der Beklagten beim Kläger am 15. Mai 2006 ergab ausweislich des hierüber gefertigten Protokolls u.a., dass zur Zeit nur noch der Kläger und ein weiterer Mitarbeiter in Teilzeit tätig seien. Seit Mitte 2004 würden aufgrund der Erkrankung des Klägers im Unternehmen keine Fußbodenleger- sowie Malerarbeiten mehr verrichtet. Der Kläger berichtete für die Zeit bis zu seiner Erkrankung folgende Arbeitszeitanteile: Polstern 10 %, Maler- und Tapezierarbeiten 20 %, Dekorationen 10 %, Verlegen von Bodenbelägen 60 %. Bei den Verlegearbeiten seien vorbereitende Tätigkeiten wie das Ausräumen von Möbeln, die Beschaffung des Arbeitsmaterials und des Werkzeugs sowie deren Transport durchgeführt worden. Folgende Gewichte seien zu bewegen gewesen: Spachtelmasse 25 kg, Klebergebinde 20 kg, Bodenbelagsrollen je nach Material und Fläche ab ca. 35 bis 45 kg, die Schleifmaschine 50 kg. Der TAD gelangte hiernach zum Schluss, dass anders, als die BK 2109 es erfordere, der Kläger zwar über zehn Jahre lang Lasten in Form von Bodenbelagsrollen auf der Schulter getragen habe, diese Tätigkeit jedoch weder mit einer bestimmten Regelmäßigkeit, Dauer und Häufigkeit verrichtet worden sei noch die auf der Schulter getragenen Gewichte regelmäßig 50 kg oder mehr gewogen hätten. Zudem fehle es an einer Kopfbeugehaltung. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2109 seien nicht erfüllt.
Nachdem der Gewerbearzt beim Landesamt für Arbeitsschutz Brandenburg unter dem 25. Oktober 2006 die Ablehnung der BK 2108 und 2109 empfohlen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 die Anerkennung der BK 2108 und BK 2109 ab. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien für beide BKen nicht erfüllt. Der Kläger erhob am 17. Januar 2007 Widerspruch und begründete ihn u.a. mit der Schilderung des Wochenablaufs vom 30. Juni bis zum 05. Juli 2003, wonach etwa bereits jede der fünf am Montag, dem 30. Juni 2003 gelieferten Linoleumrollen 60 kg gewogen hätte und der Kläger am 05. Juli 2003 ein ca. 60 kg schweres Sofa allein auf dem Kopf ins dritte Obergeschoss hinaufgetragen habe. Daneben seien diverse Tapeten-, Estrich-, Ausgleichsmasse-, Fassadenfarbe- und Fassadenspachtelgebinde von 25 bis 30 kg pro Stück zu tragen gewesen. Die Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung weiterer Stellungnahmen des TAD vom 05. Juli 2007 und vom 02. Oktober 2007 mit Widerspruchsbescheid vom 04. März 2008 zurück. Der Kläger verfolgte sein Begehren zunächst mit der am 03. April 2008 zum Sozialgericht Potsdam (SG) erhobenen Klage im Verfahren S 2 U 40/08 weiter. Die Beklagte erkannte das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 nunmehr an und sicherte eine erneute, einzelfallbezogene Prüfung der Anerkennung der BK 2108 zu, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärten.
Der Kläger stellte mit Schreiben vom 17. April 2009 bzgl. der Feststellung der BK 2109 einen Überprüfungsantrag. Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme des TAD vom 11. Mai 2009 ein, in welcher er bei seiner bisherigen Einschätzung verblieb und die arbeitstechnischen Voraussetzungen verneinte. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. August 2009 den Überprüfungsantrag ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2010 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 26. April 2010 zum SG erhobenen Klage weiterverfolgt. Er hat sich auf das Merkblatt zur BK 2109 bezogen und ausgeführt, das Tragen schwerer Lasten sei ein zentraler Punkt seiner Tätigkeit gewesen. Keine seiner Tätigkeiten sei ohne das Tragen schwerer Lasten abgelaufen. Die Lasten hätten in der Spitze regelmäßig 50 kg und mehr betragen. Das Tragen der Lasten sei stets mit dem Verdrehen des Oberkörpers verbunden gewesen. Insbesondere beim Tragen von Fußbodenbelagsrollen sei das Beugen des Kopfes erzwungen gewesen. Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2010 abgewiesen. Es hat die arbeitstechnischen Voraussetzungen verneint. Die Tätigkeit des Klägers sei nicht durch langjähriges Tragen schwerer Lasten von über 50 kg auf der Schulter geprägt.
Der Kläger hat gegen den ihm am 07. Oktober 2010 zugestellten Gerichtsbescheid am 08. November 2010 Berufung eingelegt. Er vertieft sein bisheriges Vorbringen und führt ferner aus, das SG gehe fehl, soweit es annehme, er habe nur einmal in der Woche 50 kg oder mehr getragen. Richtigerweise sei dies an zwei Tagen der Woche der Fall gewesen. Soweit das Merkblatt von einem erhöhten Risiko für eine bandscheibenbedingte HWS-Erkrankung spreche, schließe dies nicht ein Risiko bei geringeren Lasten aus. Zu beachten sei zudem, dass er nicht nur zehn Jahre, sondern erheblich länger Lasten getragen habe. Auf Nachfrage des Senats hat er angegeben, er sei als Raumausstatter bis ca. 2003/ 2004 tätig gewesen. Seitdem arbeite er nur noch als Polsterer. Er führe hierbei nur noch leichtere Tätigkeiten wie Beziehen und Anfertigen von Kissen aus. Bei diesen Tätigkeiten sei die Körperhaltung leicht nach vorne gebeugt. Mit Lasten habe er nichts mehr zu tun. Die tägliche Arbeitszeit erstrecke sich auf höchsten bis zu drei Stunden. Selbst diese kurze Arbeitszeit halte er nur unter Medikamenteneinnahme durch. Im Erörterungstermin vor der früheren Berichterstatterin vom 10. Februar 2012 hat der Kläger angegeben, ab Juli 2004 keine Fußbodenlegearbeiten mehr durchgeführt zu haben. Die anfallenden Polsterarbeiten habe er selbst durchgeführt. Er habe auch Malerarbeiten verrichtet, ferner die ganzen Büro-, Organisations-, Verwaltungsarbeiten meist abends erledigt. Er habe die Lieferungen angenommen, die meistens abends angekommen seien. Er habe keinen Gabelstapler gehabt. Ein Hubwagen habe nicht eingesetzt werden können, weil es Stufen zu überwinden gegolten habe. Er sei derjenige gewesen, welcher die Baubesprechungen geführt habe, anhand derer er das notwendige Material für die zu bearbeitenden Räume zusammengestellt habe. Er habe das Material auf den Lkw geladen und auf der Baustelle wieder abgeladen, bevor er es in die entsprechende Etage transportiert habe. Als Hilfsmittel habe er eine Sackkarre verwendet, mit welcher schwere Linoleumrollen transportiert worden seien. Bei den ganz großen Linoleumrollen hätten auch die Kollegen mithelfen müssen. Die Bodenbelagsrollen hätten zum Großteil mehr als 50 kg gewogen, zumal zum Großteil Linoleum und Gummi verlegt worden sei. Teppichböden seien eher im Rahmen von Privathäusern verlegt worden. Großaufträge von 800 m² oder mehr hätte er sieben- bis achtmal im Jahr gehabt. Der kleinste Durchmesser einer Bodenbelagsrolle habe 30 cm betragen. Täglich zwei bis drei Stunden habe er nur mit dem Tragen von Bodenbelagsrollen zugebracht. Ferner seien auch zwei Schleifmaschinen von je 55 kg und vier Linoleumwalzen von je 60 kg auf Baustellen geliefert worden. Es habe auch Material entsorgt werden müssen. Dies alles habe er übernommen. Auf den Baustellen selbst seien selbst genähte Stoffsäcke mit den Maßen 1,50 mal 0,70 m mit Verschnitt und Resten voll gestopft worden, welche er habe abtransportieren müssen. In jedem Fall habe er 40 Lasthübe und mehr pro Arbeitsschicht mit Lasten, die mehr als 50 kg wögen, ausgeführt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 29. September 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2010 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 19. Dezember 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2008 zurückzunehmen, und festzustellen, dass bei ihm die Berufskrankheit Nr. 2109 nach Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Kläger sei mit seiner Behauptung, während seiner versicherten Tätigkeit regelmäßig 50 kg oder mehr auf den Schultern getragen zu haben, beweisfällig. Die Beklagte legt eine beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Prof. Dr. Z vom 04. April 2013 vor, wonach die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen nicht gegeben seien.
Die vormalige Berichterstatterin hat im Erörterungstermin vom 10. Februar 2012 die Zeugen F, S, S und T uneidlich vernommen.
Der Zeuge F, Vater des Klägers, hat angegeben, dass er vor der Wende den Betrieb zuletzt zusammen mit seinem Sohn und einem weiteren Mitarbeiter geführt habe. Schwerpunkt sei vor der Wende die Polsterei gewesen. Dabei seien Sessel und Sofas, teils allein, teils zu zweit auf Kopf und Schulter transportiert worden Herkömmlich gepolsterte Sessel hätten gut anderthalb Zentner, Doppelliegesofas mehr als drei Zentner, Klappsofas etwas weniger gewogen. Die Ausgleichsmasse für Bodenverlegearbeiten sei in 25-kg-Gebinden gewesen, die auf Schulter und Nacken getragen worden seien. Zu DDR-Zeiten habe es nur selten Ausgleichsmasse gegeben, welche dann allerdings in Zentnersäcken abgefüllt gewesen sei, welche auf der Schulter zur Baustelle getragen worden seien. Wenn es in der DDR Fußbodenbelag gegeben habe, sei dies Kunststoffbelag gewesen. Die Rolle habe drei Zentner gewogen und sei von zwei Personen auf der Schulter getragen worden. Nach der Wende waren u.a. große Teppichrollen zu tragen. Sei es nur ein kurzer Weg gewesen, habe man mit den Armen untergegriffen. Sei es ein längerer Weg gewesen, habe man versucht, wenn irgend möglich, sie auf der Schulter zu transportieren. Dabei habe man sich fast den Hals ausgerenkt. Beim Polstereibetrieb seien die Möbelstücke teils von den Kunden gebracht, teils bei diesen abgeholt worden, wofür der Kläger zuständig gewesen sei. Wie oft pro Arbeitsschicht Möbelstücke getragen worden seien, könne er nicht sagen. Pro Woche habe man vielleicht zwei Liefer- bzw. Abholtage gehabt. Da sei natürlich über mehrere Stunden getragen worden. Wie oft Bodenbelagsrollen pro Arbeitsschicht getragen worden seien, könne er nicht konkret angeben. Zum Bewegen von Möbelstücken seien auch Tragegurte eingesetzt worden, welche um den Hals gelegt worden seien.
Der Zeuge T hat angegeben, mit dem Kläger von 1992 bis 2000 zusammengearbeitet zu haben. Auf der Schulter seien Ausgleichsmassegebinde von 25 bis 30 kg, Linoleum in 60 kg und dreieinhalb Zentner schweren Rollen - dann zu zweit - getragen worden. Die Teppichbodenrollen seien wegen ihrer Länge zu zweit getragen worden. Einziges Hilfsmittel sei die Sackkarre gewesen. Weil auf den Baustellen zu viel weggekommen sei, sei das Material immer zunächst in die Werkstatt geliefert worden. Täglich seien ein bis zwei Stunden Tragearbeiten angefallen. Mehr als 50 % des Gesamtmaterials habe 50 kg und mehr gewogen. Aufgabe des Klägers sei es gewesen, das Material zur Baustelle zu liefern und es ggf. zusammen mit Abfall abzutransportieren. Der Kläger habe als Chef die Erstanlieferung erledigt. Er sei an den Transportarbeiten, die dann noch auf der Baustelle angefallen seien, nicht mehr beteiligt gewesen.
Der Zeuge S hat angegeben, mit dem Kläger von 1980 bis 1984, als der Kläger bei ihm in die Lehre gegangen sei, und dann nach der Wende ab 1992/ 1993 zusammengearbeitet zu haben. Ein Sessel habe bis zu 100 kg wiegen können. Sie hätten mangels Aufzüge bis zu vier Stockwerke auf Treppen hoch transportiert werden müssen. Auf den Schultern sei Material wie Stoffballen oder Schaumstoffballen transportiert worden. Ein Ballen von 60 bis 70 kg sei von einer Person allein getragen worden. Nach der Wende habe der Schwerpunkt in Fußbodenverlegearbeiten gelegen. Er habe über zehn Jahre hinweg drei bis vier Aufträge jährlich an den Kläger als Subunternehmer weitergereicht. Linoleumrollen mit 30 m wögen etwa 200 kg. Sie seien mit Sackkarren ins Parterre geschoben oder von zwei bis drei Mann in obere Stockwerke getragen worden.
Der Zeuge S hat angegeben, von 1996 bis 2003 im Betrieb des Klägers angestellt gewesen zu sein. Zu 90 % seien Fußbodenverlegearbeiten durchzuführen gewesen. Die Aufgabe des Klägers habe in der Organisation und Anlieferung des Materials auf die Baustelle bestanden. Er habe die Ware auch hochgetragen, so dass man immer genug zu tun gehabt habe. Bei Großbaustellen, wo man nichts habe vor Ort lagern können, sei der Kläger jeden Trag mit Material aus der Werkstatt zur Baustelle gekommen. Große Linoleumrollen mit fünf Zentnern seien in der Werkstatt zuvor in Bahnen geschnitten worden. Wie viel Zeit der Kläger mit Transportarbeiten verbracht habe, könne er nicht sagen. Bei einer großen Baustelle könne es so gewesen sein, dass der Kläger den ganzen Tag mit mehren Anlieferungen auf die Baustelle verbracht habe. Er könne nicht sagen, welchen Anteil am zu transportierenden Gesamtmaterial Ausgleichsmasse bzw. Bodenbelag gehabt hätten.
Der Senat hat aufgrund Beweisanordnung vom 21. September 2012 das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W vom 08. Dezember 2012 eingeholt, in welchem er das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der HWS festgestellt hat. Der Kläger habe bei der Exploration angegeben, in seinem Betrieb in Teilzeit weiterzuarbeiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 19. Dezember 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2008. Diese Bescheide sind, soweit darin die Anerkennung einer BK 2109 abgelehnt wird, rechtmäßig. Dementsprechend ist auch der die Rücknahme der vorgenannten Bescheide ablehnende Bescheid der Beklagten vom 13. August 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2010 rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht.
Die Voraussetzungen der für das klägerische Begehren einzig in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 44 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid vom 19. Dezember 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2008 ist zu Recht ergangen. Beim Kläger liegt keine BK 2109 vor.
Als Versicherungsfall gilt nach § 7 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII erleidet (§ 9 Abs. 1 SGB VII). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen.
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung“, „Einwirkungen“ und „Krankheit“ müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 17 f.).
Von der BK 2109 werden bandscheibenbedingte Erkrankungen der HWS durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, erfasst. Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS entstanden sein und noch bestehen. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK Nr. 2109 nicht vor und ist nicht anzuerkennen.
Auch wenn nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme – vgl. schriftliches Sachverständigengutachten von Dr. W vom 08. Dezember 2012- Einiges für das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen, nämlich einer bandscheibenbedingten HWS-Erkrankung (Zustand nach Bandscheibenendoprothese HWK 5/6, links medio-lateraler Bandscheibenvorfall HWK 6/7) bestehen, so fehlt es am zu fordernden Vollbeweis der sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen, welche der BK-Tatbestand mit langjährigem Tragen schwerer Lasten auf der Schulter beschreibt.
Wie bereits dem Wortlaut der BK 2109 zu entnehmen ist, wollte der Verordnungsgeber der BK nicht alle beruflich verursachten Bandscheibenschäden im Bereich der HWS erfassen. Vorangegangen sein muss vielmehr eine langandauernde, die HWS in spezifischer Weise besonders strapazierende Tätigkeit. Hierfür ist auf das vom Bundesminister für Arbeit herausgegebene Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit <BMA>, BArbBl. 3/93 S. 53, abgedruckt etwa bei Mehrtens/ Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Lieferung 2/12) zurückzugreifen. Danach steht unter den beruflichen Faktoren, die bandscheibenbedingte Erkrankungen der HWS verursachen oder verschlimmern können, fortgesetztes Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, einhergehend mit einer statischen Belastung der zervikalen Bewegungssegmente und außergewöhnlicher Zwangshaltung der HWS im Vordergrund. Eine derartige kombinierte Belastung der HWS wird z.B. bei Fleischträgern beobachtet, die Tierhälften oder -viertel auf dem Kopf bzw. dem Schultergürtel tragen. Die nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung und das gleichzeitige maximale Anspannen der Nackenmuskulatur führen zu einer Hyperlordosierung und auch zu einer Verdrehung der HWS. Tätigkeiten mit vergleichbarem Belastungsprofil sind ebenfalls in Betracht zu ziehen. Nach dem Merkblatt ist eine mindestens 10jährige Tätigkeit mit Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, das Tragen von Lastgewichten mit 50 kg oder mehr auf der Schulter und zu fordern, dass die Lasten mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen wurden. Das hat zur Folge, dass das Bild der versicherten Tätigkeit durch das Tragen von Lastgewichten mit 50 kg oder mehr auf der Schulter geprägt sein muss. Diese Erkenntnisse beruhen nach dem Merkblatt auf epidemiologischen Studien, die bei Transportarbeitern in Schlachthöfen gewonnen wurden, die Lastgewichte von 50 kg und mehr trugen. Bei ihnen hatte sich gezeigt, dass nicht nur die unteren Bewegungssegmente gefährdet waren, sondern dass insbesondere oberhalb von C 5/C 6 bis zu C 2/C 3 degenerative Veränderungen beobachtet wurden, die bei der Allgemeinbevölkerung weniger häufig anzutreffen sind (vgl. Abschnitt I des Merkblatts, a.a.O.). Langjährig bedeutet, dass 10 Berufsjahre als die im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit nach den genannten Kriterien zu fordern sind. Dementsprechend benennt auch die amtliche Begründung zur BK 2109 als typische Berufsgruppe Fleischträger in Schlachthäusern, die Lasten auf der Schulter oder Überkopf unter Zwangshaltungen im Bereich der HWS und maximaler Anspannung der Nackenmuskulatur transportieren, und vermerkt weiter, ähnliche Belastungen träten beim Tragen schwerer Säcke auf der Schulter, z.B. bei Lastenträgern, auf (vgl. BR-Drucks. 773/92 S. 9 und etwa Sächsisches Landessozialgericht <LSG>, Urteil vom 30. September 2009 – L 6 U 32/09 -, zitiert nach juris Rn. 23). Epidemiologische Studien ergaben Umschlagsmengen pro Arbeitstag bei Fleischträgern in Schlachthöfen von 5.000 bis 10.000 kg, bei Fleischträgern beim Ausliefern von 3.000 bis 4.500 kg und bei Kohleträgern von 7.000 bis 8.500 kg (etwa Schäfer u.a., Vergleich der Belastungen von Fleisch- und Kohleträgern beim Tragen von Lasten auf den Schultern, Zbl Arbeitsmed 58 <2008>, S. 82, 87).
Dies zugrunde gelegt ist der Senat nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme nicht im nach § 128 Abs. 1 S. 1 SGG des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu fordernden Maße eines Vollbeweises davon überzeugt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen. Zwar ist nicht zu leugnen, dass der Kläger immer wieder schwere Lasten heben und tragen musste. Jedoch steht schon zu bezweifeln, dass die Tätigkeit des Klägers mit den im Merkblatt ausdrücklich in Bezug genommenen Fleischträgern, deren Tätigkeit eben ausschließlich im andauernden Hin- und Hertragen schwerer Lasten von 50 kg oder mehr auf der Schulter besteht, zu vergleichen ist.
Bereits das Berufsbild des Raumausstatters prädestiniert ihn nicht zu einem ständigen Lastenträger. Raumausstatter gestalten sowohl Wohn- als auch Geschäftsräume. Raumausstatter beraten ihre Kunden hinsichtlich der Innenraumgestaltung. Sie planen die Raumausstattung nach deren Wünschen und bereiten diese vor. Dazu erstellen sie Kostenvoranschläge und besorgen nach Auftragsabschluss die benötigten Materialien, mit denen sie die Räumlichkeiten gestalten. Sie bereiten die Untergründe vor, verlegen Bodenbeläge, kleiden Wände und Decken mit Stoffen und Tapeten aus, montieren Licht-, Sicht- und Sonnenschutzanlagen und dekorieren die Räume. Außerdem beziehen sie ggf. Polstermöbel oder reparieren diese (vgl. Tätigkeitsprofil Raumausstatter auf http://berufenet.arbeitsagentur.de). Selbst die Tätigkeit von Raumausstattern im Schwerpunkt Bodenbelag ist nicht vornehmlich vom Tragen schwerer Lastgewichte zumal auf den Schultern bestimmt. Sie kennen sich beispielsweise bestens im vielfältigen Angebot von Bodenbelägen aus. Bevor sie z.B. Teppiche aus Ziegenhaar oder Landhausdielen als Fertigparkett verlegen, prüfen sie den Untergrund. Sie bringen Grundierungen oder Schall- und Wärmedämmstoffe auf. Darüber hinaus sanieren sie Treppenstufen oder nähen und verspannen textile Bodenbeläge. Kunststoffe wie PVC oder Linoleum versiegeln sie, Kork wachsen oder ölen sie. Ggf. entwerfen sie auch Einlegearbeiten, sogenannte Intarsien, oder verschiedenste Designverlegungen für Bodenbeläge (vgl. http://berufenet.arbeitsagentur.de a.a.O.).
Für eine durch das Tragen schwerer Lastgewichte auf der Schulter bzw. im Nacken bestimmte Tätigkeit im konkreten Fall des Klägers liegt bereits auch nach seinen eigenen Schilderungen weder etwas für die Zeit vor noch nach der Wende 1989 vor. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass der Vortrag des Klägers weitaus weniger konsistent ist, als er selbst glauben zu machen versucht. So vermitteln gerade seine Erstangaben gegenüber der Beklagten nicht den Eindruck, dass seine Tätigkeit vor allem im Heben und Tragen schwerer Lasten bestand. Darüber hinaus verwies er auf Überkopf-, Dekorations-, Polsterarbeiten, vgl. Anzeige vom 24. Januar 2006. Die zu tragenden und zu hebenden Gewichte insgesamt, d.h. in jeglicher Trageform sollen seinen Erstangaben gegenüber der Beklagten zufolge nur 10 bis 40 kg und im Durchschnitt nur 15 bis 20 kg schwer gewesen sein; die Gegenstände seien nur 20mal täglich gehoben worden, vgl. den vom Kläger ausgefüllten Erhebungsbogen nebst Arbeitsplatzbeschreibung vom 13. März 2006. Demgegenüber behauptet der Kläger zuletzt, 40 Lasthübe von mehr als 50 kg täglich vorgenommen zu haben. Hiermit lässt sich auch nicht in Einklang bringen, dass der Kläger noch mit dem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 14. Februar 2011 unter Bezugnahme auf den als beispielhaft geschilderten Wochenablauf vom 30. Juni bis zum 05. Juli 2003 nur zwei Tage mit Lasthüben von mindestens 50 kg behauptet und geltend gemacht hat. Schließlich lässt sich diese Behauptung auch nicht mit den anlässlich des Hausbesuchs des TAD am 18. Mai 2006 angegebenen Arbeitszeitanteilen (Polstern 10 %, Maler-/ Tapezierarbeiten 20 %, Dekorationen 10 %, Verlegen von Bodenbelägen 60 % einschließlich der eigentlichen Verlegearbeiten) in Übereinstimmung bringen, zumal er selbst im Erörterungstermin vor der früheren Berichterstatterin angegeben hat, als Einziger gut spachteln und tapezieren zu können, weshalb er auch als Maler arbeitete. Selbst wenn man die Richtigkeit der jüngeren Angaben des Klägers, 40mal täglich Lasten von mindestens 50 kg gehoben zu haben, unterstellte, ergäbe dies lediglich eine Umschlagsmenge von 2.000 kg, wohingegen die einschlägigen Vergleichsgruppen der Fleischträger in Schlachthöfen mit 5.000 bis 10.000 kg, Fleischträger beim Ausliefern mit 3.000 bis 4.500 kg und Kohleträger mit 7.000 bis 8.500 kg täglich weitaus stärker belastet wären. Davon abgesehen spezifiziert der Kläger bei den behaupteten 40 Lasthüben von mindestens 50 kg täglich nicht, ob die Lasten auf der Schulter getragen wurden.
Selbst soweit man die deutlichen Unstimmigkeiten des mithin bereits unschlüssigen und verfahrensangepasst wirkenden klägerischen Vorbringens außen vor ließe, wäre der Beweis für das tatsächliche Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erbracht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zwar fest, dass vor der Wende, d.h. bis einschließlich 1989 die Tätigkeit des Klägers vor allem im Polstern bestand. Dass sich dabei Tragetätigkeiten etwa beim Liefern und Wuchten von Sesseln und Sofas nicht vermeiden ließen, liegt auf der Hand und wird vor allem von den Zeugen F und S bestätigt, bei welchen bzw. mit welchen zusammen der Kläger vor allem als Polsterer tätig gewesen war. Abgrenzbare Arbeitszeitanteile haben die Zeugen jedoch nicht zu nennen vermocht. Vielmehr hat der Zeuge F bekundet, dass es pro Woche nur zwei Liefertage gab, an denen stundenweise geschleppt wurde. In welchen zeitlichen Anteilen hiervon auf den Schultern getragen wurde, konnte der Zeuge nicht bekunden. Auch der Zeuge S, welcher den Umgang mit den teilweise sperrigen und überaus schwerlastigen Möbelstücken eindrücklich geschildert hat, konnte keine ausgrenzbaren Arbeitszeitanteile fürs Schultertragen benennen. Für die Zeit nach der Wende, als offenbar zunehmend Bodenlegearbeiten den Schwerpunkt der Tätigkeit der gewerblichen Tätigkeit des Klägers bildeten, ist es ebenfalls nicht bewiesen, dass die Tätigkeit des Klägers im Wesentlichen vom Tragen von mindestens 50 kg schweren Lasten auf der Schulter geprägt war. Zwar ist anzunehmen, dass der Kläger – sei es allein oder mithilfe eines seiner Mitarbeiter – etwa schwere Linoleumrollen auch gelegentlich auf der Schulter tragen musste. Gerade für die Linoleum- oder große Teppichrollen werden jedoch unterschiedliche Tragetechniken berichtet. So hat der Zeuge F etwa von der Technik des Untergreifens mit den Armen berichtet, während der Zeuge S etwa auch den Transport auf Wägen beschrieben hat. Davon abgesehen konnte der Kläger als Chef seines Betriebs bei lebensnaher Betrachtung eben nicht ausschließlich mit Transport- bzw. Zulieferarbeiten beschäftigt gewesen sein, zumal der Zeuge T bekundet hat, dass der Kläger mit Transportarbeiten innerhalb der Baustelle nicht befasst war. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger als Betriebsinhaber, wie sich seinen Angaben entnehmen lässt, neben dem Anfahren von Material, eben auch mit den Baubesprechungen, der Akquise und der Verwaltung seines Betriebs beschäftigt war. Auch allein schon das Fahren von der Werkstatt zur Baustelle und zurück wird erhebliche Arbeitszeitanteile in Anspruch genommen und der Tätigkeit ein deutlich anderes Gepräge gegeben haben als Fleischträgern, welche ohne Unterlass vollschichtig schwere Fleischteile hin- und hertragen. Insgesamt konnten die Zeugen keine Angaben machen, von denen sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf hätte schließen lassen können, wie viele Zeitanteile der Kläger damit zubrachte, Lasten über 50 kg auf der Schulter zu transportieren. Hierfür geben die Angaben der Zeugen F und S, welche hierzu am ehesten hätten Auskunft geben können, nichts her; sie sind unergiebig. Zwangsläufig lässt sich hierfür auch nichts den Aussagen der Zeugen T und S entnehmen, deren Wahrnehmung – ihren insofern nachvollziehbaren Angaben zufolge – grundsätzlich auf das Geschehen auf den Baustellen beschränkt war und die Tätigkeiten des Klägers außerhalb des Baustellenbereichs nicht erfassen konnte.
Schließlich verhilft dem Kläger auch sein letztes Vorbringen nicht zum Erfolg, auch schwere Schleifmaschinen von 55 kg bzw. Linoleumwalzen von 60 kg bewegt und 1,50 mal 0,7 m große Stoffsäcke mit Verschnitt und sonstigem Abfall abgefahren zu haben. Bei den sperrigen Maschinen ist von vornherein nicht davon auszugehen, dass der Kläger sie geschultert haben könnte; behauptet hat er dies nicht. Bei den Tragesäcken ist nicht erkennbar, mit welcher Regelmäßigkeit und Häufigkeit er sie auf bzw. über der Schulter trug.
Hiernach kann offen bleiben, ob der Kläger die schädigende Tätigkeit überhaupt gemäß dem Tatbestand der BK 2109 aufgab. Gleichwohl sind Zweifel hieran nicht von der Hand zu weisen. Zwar behauptet der Kläger ausdrücklich, rückenschädigende Verlege- und Tragearbeiten ca. 2003/ 2004 aufgegeben zu haben und seitdem nur noch Polsterarbeiten auszuführen. Jedoch bestehen schon danach Zweifel, ob sich auch die Polsterei ohne jegliche HWS-belastende Tragetätigkeiten ausführen lässt. Davon abgesehen stimmt die Behauptung nicht mit den gegenüber der Beklagten abgegebenen Erklärungen überein. So gab er im unter dem 13. März 2006 ausgefüllten Fragebogen an, wegen der Wirbelsäulenbeschwerden die Tätigkeit nicht gewechselt zu haben. Ferner gab er unter demselben Datum an, ab 01. Januar 1992 selbständig tätig zu sein, und gerade nicht, die Tätigkeit aufgegeben zu haben. Ferner gab er dem Gutachter Prof. Dr. N gegenüber (anlässlich der von der Beklagten in Auftrag gegebenen Begutachtung am 01. Dezember 2008) an, seine Firma als sog. Einmannbetrieb mit allen anfallenden Tätigkeiten im Rahmen seines Berufs weiterzuführen. Auch gegenüber dem Sachverständigen des vorliegenden Berufungsverfahrens Dr. W hat der Kläger laut dem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 08. Dezember 2012 offenbar angegeben, zwei Monate nach der Bandscheibenoperation seine Tätigkeit als Raumausstatter mit zwei bis drei Stunden täglich wieder aufgenommen zu haben. Ferner bietet der Kläger auf seinem Internet-Auftritt unter www.raumausstatter-wendt.de.vu nach wie vor auch Bodenbelagsarbeiten an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.