Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 29.04.2011 | |
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Aktenzeichen | 7 Wx 8/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die sofortige weitere Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Beschlüsse des Amtsgericht Frankfurt (Oder) vom 17. August 2009, 7 III 3/09, und des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Januar 2011, 19 T 415/09, wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 3.000,00 festgesetzt.
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Eintragung des A… W… als Vater des M… H… in das Geburtenbuch des Standesamtes S….
Die Mutter des M… H…, S… S…, heiratete am 19. Juni 1998 B… H…. Ab dem 26. Juni 2002 war bei dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg ein Scheidungsverfahren anhängig. Die Ehe wurde am 5. Mai 2005 geschieden.
Am …. Oktober 2002 wurde M… H… geboren. In das Geburtenbuch des Standesamtes S… wurde als Vater B… H…, der Noch-Ehemann der Mutter, eingetragen.
A… W… erkannte am 15. November 2002 vor dem Jugendamt in P… mit Zustimmung der Mutter S… S… die Vaterschaft für M… H… an. B… H… stimmte am 19. März 2009 vor dem Jugendamt des Bezirkes … in B… der Vaterschaftsanerkennung zu.
Das Standesamt S… hat Bedenken, ob A… W… als Vater in das Geburtenbuch eingetragen werden kann, da B… H… nicht innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsurteils der Vaterschaftsanerkennung zugestimmt hat. Es hat die Frage nach § 49 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) zur Entscheidung vorgelegt.
Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) hat durch Beschluss vom 17. August 2009 die Anerkennung der Vaterschaft durch A… W… für wirksam erachtet und den Standesbeamten angewiesen, die Vaterschaftsanerkennung am Randes des Geburteintrags zu vermerken. Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 18. Januar 2011 zurückgewiesen. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 26. Januar 2011 übersandt.
Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde vom 8. Februar 2011 will er durch das Oberlandesgericht entschieden wissen, ob die Jahresfrist aus § 1599 Abs. 2 S. 1 BGB auch für die Zustimmung des geschiedenen Ehemannes gilt.
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Januar 2011, 19 T 415/09, ist zulässig.
Das gerichtliche Verfahren bestimmt sich gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), da der Antrag des Standesamtes der Stadt S… am 9. April 2009 und damit noch vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 bei Gericht eingegangen ist. Die Anwendbarkeit des bisherigen Verfahrensrechts betrifft das gesamte gerichtliche Verfahren einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Instanzenzuges (vgl. OLG Frankfurt vom 26.01.2010, 20 W 18/10, m.w.N.; MüKo-Pabst, FamFG, Art. 111 FGG-RG, Rn. 16).
Gegen die Entscheidung des Landgerichts als Beschwerdegericht findet nach § 29 Abs. 2 FGG die sofortige weitere Beschwerde statt. Der Landrat des Landkreises U… als Standesamtsaufsicht ist nach § 53 Abs. 2 PStG beschwerdebefugt und hat die sofortige weitere Beschwerde nach §§ 29 Abs. 1 und 4, 22 Abs. 1 FGG form- und fristgerecht eingelegt.
2. In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 29 Abs. 4, 27 Abs. 1 FGG.
Zu Recht haben das Amtsgericht Frankfurt (Oder) das Standesamt nach § 49 Abs. 1 PStG angewiesen, A… W… am Rand des Geburtseintrags als Vater des M… H… zu vermerken, und das Landgericht die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Wird die Vaterschaft nach Beurkundung der Geburt des Kindes von einem Dritten wirksam anerkannt, so ist dies nach § 27 Abs. 1 PStG beim Geburtseintrag im Geburtenregister zu beurkunden und der Vater mit den in § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG genannten Angaben einzutragen.
A… W… ist nach § 1592 Nr. 2 BGB der Vater des M… H…, da er wirksam dessen Vaterschaft anerkannt hat.
Grundsätzlich ist zwar nach § 1592 Nr. 1 BGB der Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Dies gilt nach § 1599 Abs. 2 S. 1 BGB aber dann nicht, wenn – wie hier - nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrages ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des der dem Scheidungsantrag stattgebenden Urteils die Vaterschaft anerkennt. Hintergrund der Regelung ist, dass nach der Lebenserfahrung schon im Hinblick auf das Trennungsjahr nach § 1566 BGB während der Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens geborene Kinder in der Regel von dem (Noch-)Ehemann der Mutter stammen. Das Kind hat in diesen Fällen ein berechtigtes Interesse am nahtlosen Übergang der Vaterschaft. Bei Einigkeit soll den Beteiligten deshalb der Aufwand eines Anfechtungsprozesse mit Abstammungsgutachten erspart werden (vgl. MüKo.-Wellenhofer, BGB, 5. Aufl., § 1599, Rn. 50).
Der Vaterschaftsanerkennung zustimmen müssen nach § 1599 Abs. 2 S. 1 BGB die Mutter des Kindes und der Mann, mit dem sie im Zeitpunkt der Geburt verheiratet ist. Diese Erklärungen liegen ebenfalls vor. Streitig ist jedoch, ob auch die Zustimmung innerhalb der Jahresfrist erklärt werden muss.
Mit der Begründung, die Ausnahmevorschrift sei eng auszulegen und ein unnötig langer Schwebezustand zu vermeiden, wird teilweise vertreten, die Jahresfrist gelte auch für die Zustimmungserklärungen (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 2004, 1054, 1055; MüKo-Wellenhofer, BGB, 5. Aufl., § 1599, Rn. 59; Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1599, Rn. 11). Eine verspätete Zustimmung könne daher die Rechtsfolgen des § 1599 Abs. 2 BGB nicht mehr herbeiführen (vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, 2004, § 1599, Rn. 98).
Dem steht jedoch bereits der Wortlaut des § 1599 Abs. 2 BGB entgegen. Die Jahresfrist findet sich allein in Satz 1 bei der Vaterschaftsanerkennung durch den Dritten, nicht dagegen in Satz 2 bei den Zustimmungserklärungen und dies, obwohl Satz 2 auf verschiedene andere Regelungen Bezug nimmt. Eine Einbeziehung der Mutter und des früheren Ehemannes in die Frist würde zudem die Frist für den Dritten verkürzen. Er könnte die ihm vom Gesetz belassene Frist zur Vaterschaftsanerkennung nicht ausschöpfen, da ansonsten für die Mutter und deren früheren Ehemann keine Zeit für eine fristgerechte Zustimmung bliebe.
Auch die Vermeidung eines unnötig langen Schwebezustandes erfordert nicht, die Zustimmungserklärungen in die Frist einzubeziehen. Die gerichtliche Vaterschaftsanfechtung mit Begutachtung und über mehrere Instanzen führt in der Regel zu einem sehr viel länger andauernden Schwebezustand als das freiwillige Verfahren der Vaterschaftsanerkennung nach § 1599 Abs. 2 BGB. Hinzu kommt, dass die Beteiligten den Schwebezustand der Vaterschaftsanerkennung beenden können. Der frühere Ehemann kann nach § 1599 Abs. 2 S. 2 BGB seine Zustimmung erteilen und der Dritte kann sein Anerkenntnis, solange es noch nicht wirksam wurde, ein Jahr lang unter den Voraussetzungen des § 1597 Abs. 3 BGB widerrufen. Der frühere Ehemann, der Dritte, die Mutter und das Kind können nach § 1600 Abs. 1 BGB die Vaterschaft parallel anfechten. Die Vaterschaftsanerkennung nach § 1599 Abs. 2 BGB und die Vaterschaftsanfechtung stehen als rechtliche Möglichkeiten nebeneinander und schließen sich nicht aus (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2008, 68; OLG Köln FamRZ 2005, 734; MüKo.-Wellenhofer a.a.O., § 1599, Rn. 54).
Der Meinung, die Jahresfrist aus § 1599 Abs. 1 S. 1 BGB gelte allein für den Dritten (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 546, 547; OLG Oldenburg, StAZ 2011, 49, 50; OLG Köln StAZ 2011, 48 f.; Palandt/Diederichs, BGB, 69. Aufl., § 1599, Rn. 10; Hahn in Bamberger/Roth, BGB, § 1599, Rn. 3; Gerhardt/v.Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Familienrechts, 8. Aufl., Kap. 3, Rn. 111), ist deshalb nicht zuletzt im Interesse des Kindes an einer freiwilligen, einvernehmlichen Vaterschaftsanerkennung zu folgen.
Die von der Auffassung des Senats abweichende Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart ( OLG Stuttgart, FamRZ 2004, 1054) erfordert nicht die Vorlage an den Bundesgerichtshof. Diese ist nach § 28 Abs. 2 FGG nur geboten und zulässig, wenn der Senat von einer auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart ist nicht im Verfahren der weiteren Beschwerde in einer Personenstandssache ergangen, es handelt sich vielmehr um ein Berufungsurteil in einer Abstammungssache (vgl. OLG Köln StAZ, 2011, 48, 49).
3. Eine Kostenentscheidung nach § 13 a FGG war nicht veranlasst. Die Entscheidung ergeht für den Beschwerdeführer nach § 51 Abs. 1 S. 2 PStG gerichtskostenfrei.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 30 Abs. 2 KostO.